Slavisches Seminar

Aktuelles

10.01.2023

6. Februar "Mehrsprachigkeit unter die Lupe genommen: Warum Mehrsprachigkeit einfach (mehr) ist"

Vortrag von Barbara Mertins (Dortmund), 16:15, Hörsaal 426

Abstract

In dem heutigen gesellschaftlichen und bildungspolitischen Diskurs wird Mehrsprachigkeit nicht mehr als eine Art gesellschaftliche Last dargestellt. Dies ist zunächst zu begrüßen, da sich dadurch, zumindest teilweise, die tiefe Kluft zwischen den wissenschaftlichen Erkenntnissen zur Mehrsprachigkeit und deren Wahrnehmung in Politik und Gesellschaft schließt. Dennoch muss festgehalten werden, dass Mehrsprachigkeit nicht als eine natürliche Gegebenheit wahrgenommen wird, sondern eher im Sinne einer Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen diskutiert und rezipiert wird. Global, aber auch lokal gesehen, werden die meisten zwei- oder mehrsprachigen Kinder in den entsprechenden sprachlichen Kontext natürlich hineingeboren. Mit anderen Worten, für die meisten Mehrsprachigen ist die Existenz der Mehrsprachigkeit mit Merkmalen wie Haarfarbe oder Körpergröße zu vergleichen. Aus dieser Perspektive erscheint die Vorteil-Nachteil-Debatte absurd und zum Teil sogar menschenfeindlich, für wenig privilegierte Sprachen (wie im deutschen Kontext das Türkische oder das Russische) gar rassistisch. In meinem Vortrag werde ich an dieses Thema über den Begriff der monolingualen Fiktion und der zugrundeliegenden sprachlichen Norm herangehen. Ich werde mich mit der Ebene der Aussprache und ihrer soziolinguistischen Stellung beschäftigen und diese kritisch hinterfragen. Außerdem präsentiere ich Einblicke in die psycholinguistische Forschung zu Code-Switching und Koaktivierung. Um die skizzierte Problematik möglichst multidimensional zu beleuchten, werde ich darüber hinaus die vermeintliche Wertigkeit von Sprachen unter die Lupe nehmen. Der Vortrag wird mit einer Reihe von neuen Zugängen und Perspektiven aus eigener Forschung abgeschlossen. Durch diese neuen Zugänge soll Mehrsprachigkeit nicht als eine Kontroverse, sondern als eine natürliche Gegebenheit dargestellt werden.

 

Back