Institut für Soziologie

Familienbilder in politischen Beschreibungen der Gegenwart

Die Familie ist seit einigen Jahren wieder verstärkt Gegenstand politischer Debatten. Dabei werden Maßnahmen wie beispielsweise die Einführung des Elterngelds oder der fortschreitende Ausbau von Kindertagesstätten kontrovers diskutiert. Auch die rechtliche Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften („Ehe für alle“) oder die Ausgestaltung der Sexualaufklärung im Schulunterricht waren zuletzt politisch umstritten. Während der Wandel von Familienformen und Geschlechterverhältnissen einerseits als undramatisch beziehungsweise positiv wahrgenommen wird, gibt es andererseits Perspektiven, die die skizzierten Entwicklungen aus verschiedenen Gründen kritisch betrachten. Auf parteipolitischer Ebene wendet sich insbesondere die AfD gegen die bisherige Familienpolitik. Mein Promotionsprojekt interessiert sich für diese politischen Diskussionen um Familie und Geschlecht. Welche Familien- und Geschlechtervorstellungen stehen hinter der Bereitschaft, politisch aktiv zu werden? Auf welche Problemwahrnehmungen sind bestimmte Ansichten über Familie und Geschlecht bezogen?
In der modernen Gesellschaft gibt es vielfältige Lebensentwürfe und unterschiedliche Definitionen von Familie. Lange Zeit stützten sich etwa die Institutionen des (west)deutschen Wohlfahrtsstaats normativ auf die (heterosexuelle) Kleinfamilie und eine geschlechterdifferenzierende Arbeitsteilung. Dabei sollte die Familie die individuelle Existenz und den gesellschaftlichen Zusammenhalt konsolidieren. Bis heute werden mit der Familie bestimmte Vorstellungen von Solidarität und Fürsorge verbunden. In diesem Zusammenhang hat unter anderem die bundesdeutsche Familien- und Sozialpolitik der vergangenen Jahre dazu geführt, dass Familienformen und Geschlechterverhältnisse sich gewandelt haben. Im Rahmen der Gleichstellung von Frauen konnte vor allem die Frauenerwerbsquote seit den 1990er Jahren erhöht werden und auch Konstellationen jenseits der traditionellen Familie wurden in Teilen gleichgestellt. In diesem Sinne sind die Familien- und Geschlechterverhältnisse pluraler und komplexer geworden. Neuere Vereinbarkeitsmöglichkeiten von Familie und Beruf sind allerdings mitunter unzureichend ausgebaut (Kinderbetreuung) oder lediglich für bestimmte Einkommensgruppen und Familienkonstellationen vorteilhaft (Elterngeld). Außerdem wird (wieder) zunehmend thematisiert, dass Fürsorge- und Hausarbeiten in der Familie wohlfahrtsstaatlich kaum abgesichert sind und gesellschaftlich nicht angemessen anerkannt werden. Es zeigt sich, dass insbesondere Alleinerziehende, Familien mit geringem Einkommen und Mütter, die Unterbrechungen in der Geschichte ihres Erwerbslebens aufweisen, von Armut bedroht sind. Insbesondere Frauen übernehmen nach der Geburt des ersten Kindes unbezahlte Fürsorgearbeiten in der Familie. Gleichzeitig wird auch von Männern beziehungsweise Vätern vermehrt erwartet, dass sie den Ansprüchen in der Familie und im Beruf gleichermaßen gerecht werden.

 

 

Gesprächspartnerinnen und Gesprächspartner gesucht

Vor diesem Hintergrund interessiert sich mein Promotionsprojekt dafür, welche Ansichten über die Familie und die Geschlechterverhältnisse der Bereitschaft zugrunde liegen, dass Menschen sich politisch einbringen. Mein Vorhaben verfolgt dabei eine qualitative und offene Herangehensweise. Ich suche daher Personen, die mit mir über ihre Vorstellungen von Familie sprechen wollen. Wie erleben Sie die soziale Situation von Familien? Wie sehen Sie die familien- und sozialpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre? Bei Interesse und für weitere Informationen schreiben Sie gerne eine E-Mail an: daniel.lehnert@uni-tuebingen.de