Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Dr. Lilian Marx-Stölting

PostDoc-Projekt (ab 2007)

Dr. Lilian Marx-StöltingMenschen als "Mitschöpfer"?

Eine Untersuchung von Reproduktionstechniken aus biologischer und ethischer Perspektive in Auseinandersetzung mit Thesen der jüdischen Bioethik-Diskussion

Zusammenfassung
Im Rahmen meines Postdoc-Projekts möchte ich mich mit dem Problemkontext der Reproduktionstechniken beschäftigen. Hierzu gehören einerseits bereits etablierte Verfahren wie die Präimplantationsdiagnostik (PID), die zwar in Deutschland verboten, weltweit gesehen jedoch bereits im Einsatz sind, andererseits aber auch solche Techniken, die noch in der Entwicklungsphase sind bzw. bislang noch utopisch anmuten, nämlich die Keimbahntherapie und das reproduktive Klonen. Ziel des Projekts ist die Bewertung dieser Reproduktionstechniken aus biologischer und ethischer Perspektive.

Bei der Bearbeitung des Themas wird es zunächst darum gehen, die biomedizinisch-technischen Grundlagen der behandelten Techniken zu analysieren, einen Überblick über bereits mögliche, bzw. denkbare Anwendungen zu gewinnen und ihr Problemlösungspotenzial, aber auch die damit verbundenen Risiken aus biologischer Perspektive abzuschätzen.

Zur ethischen Diskussion dieses Problemkontextes gehören Fragen nach dem Status des Embryos, der Zulässigkeit der Forschung bzw. Manipulation an Embryonen, die Frage nach der Möglichkeit und Zulässigkeit von Verbesserungen (Enhancement) des Menschen und die Frage, inwiefern und innerhalb welcher Grenzen Menschen zu Mitschöpfern von Menschen werden dürfen.

Die ethische Entscheidungsfindung soll in Auseinandersetzung mit Thesen der jüdischen Bioethik-Diskussion stattfinden. Hierzu gehören auch, aber nicht ausschließlich, traditionelle Positionen, die überwiegend forschungsfreundlich und den neuen Technologien gegenüber sehr aufgeschlossen sind. Ausgehend von dieser Auseinandersetzung soll die Frage aufgeworfen werden, welchen Beitrag die jüdische Bioethik-Diskussion zur universalen Diskussion um moderne Reproduktionstechniken leisten kann.

Assoziiertes Dissertationsprojekt (2004-2007)

Pharmakogenetik und Pharmakogentests. Biologische, ethische wissenschaftstheoretische Aspekte des Umgangs mit genetischer Variation

Die Pharmakogenetik ist ein Forschungsgebiet im Schnittfeld von Genetik, Genomik und Pharmakologie. Variationen im menschlichen Genom, welche für das Auftreten individuell unterschiedlicher Reaktionen auf Medikamente verantwortlich sein könnten, sollen für die "individualisierte", d.h. auf das genetische Profil eines Patienten abgestimmte Arzneimitteltherapie genutzt werden. Dadurch sollen Nebenwirkungen verhindert und Krankheitszeiten reduziert werden. Die Pharmakogenetik durchläuft seit ca. 5 Jahren eine rasante Entwicklung, in deren Mittelpunkt der Einsatz individueller genetischer Diagnostik (Pharmakogentests) steht. Die breite Einführung von pharmakogenetischen Analysen in die ärztliche Praxis könnte bereits in wenigen Jahren stattfinden.

In meiner Doktorarbeit werde ich die Ziele, Methoden und Anwendungen molekularer Diagnostik für pharmakogenetische Zwecke aus biologischer und ethischer Perspektive diskutieren und dabei mögliche gesellschaftliche Implikationen berücksichtigen. Besonders wichtig ist dabei die Einbeziehung der naturwissenschaftlichen Grundlagen der Pharmakogenetik und deren sowohl empirische als auch wissenschaftstheoretische Reflexion. Die Arbeit soll einerseits zur Förderung des Problembewusstseins innerhalb der Biomedizin beitragen und andererseits ein Beitrag zur öffentlichen Debatte um die Nutzung der personalisierten Medizin sein.



Die Dissertation wurde im April 2006 abgeschlossen und 2007 publiziert:
Marx-Stölting, Lilian: Pharmakogenetik und Pharmakogentests: Biologische, wissenschaftstheoretische und ethische Aspekte des Umgangs mit genetischer Variation. Berlin 2007.

Zur Person

Studium der Biologie (Diplom) in Heidelberg, Storrs (Connecticut) und New York City. Von 2001 bis 2007 Promotionsstudentin und von 2001 bis 2002 wissenschaftliche Hilfskraft am Lehrstuhl für Ethik in den Biowissenschaften der Uni Tübingen. Von 2002-2005 Stipendiatin der Heinrich-Böll Stiftung und von 2004 bis 2006 assoziiertes Mitglied im Graduiertenkolleg Bioethik. Seit 2005 wissenschaftliche Mitarbeiterin des Arbeitsbereichs Ethik und Bildung des IZEW und seit 2007 PostDoc im Graduiertenkolleg Bioethik. Freie Mitarbeit bei verschiedenen Projekten zur Gentechnik in der Landwirtschaft und in der Humangenetik. Außerdem Volkshochschulkurse und Schülerprojekte.

Kontakt

E-Mail: lilian.marx-stoelting[at]uni-tuebingen.de