Institut für Astronomie & Astrophysik

XIPE

XIPE (X-ray Imaging Polarimetry Explorer) ist ein internationales Satellitenobservatorium mit Tübinger Beteiligung, das aktuell geplant und evaluiert wird. Die Mission beschäftigt sich mit der Erforschung der Polarisierung der Strahlung astronomischer Objekte im Röntgenbereich. Da es sich um die erste dedizierte Satellitenmission für diesen Zweck handelt, wird erwartet, dass XIPE hier einen Durchbruch für das Verständnis von Polarisierungs-Mechanismen in der Hochenergieastrophysik ermöglicht.

Röntgenpolarimetrie

Die Polarisation einer elektromagnetischen Welle beschreibt die Richtung der Oszillation des elektrischen Feldes. Astronomische Quellen sind überwiegend unpolarisiert, das heißt, die Lage der Schwingungsebene der elektromagnetischen Wellen ist statistisch verteilt und besitzt keine Vorzugsrichtung.

Im Hochenergiebereich der Physik gibt es aber einige Prozesse, die zur Erzeugung polarisierter Strahlung (d.h. ein gewisser Teil der ausgesandten Strahlung weist eine Polarisation auf) führen. Dazu gehören zum Beispiel nicht-thermische Emissionsprozesse wie Synchrotronstrahlung, asymmetrische Streu-/Reflektionsgeometrien und Effekte aus der Quanten-Elektrodynamik, die vor allem in Objekten mit starken Magnetfeldern auftreten. Mit den beiden durch XIPE zugänglichen Meßgrößen Polarisierungsrichtung und Polarisierungswinkel können dann präzise Aussagen zu bisher nur schwer zugänglichen Eigenschaften der Quellen gemacht werden.

In der Astronomie, im optischen Bereich des elektromagnetischen Spektrums, ist Polarisierung schon seit Jahren erforscht, doch im Röntgenbereich konnte bis jetzt nur die Polarisirung einer einzigen Quelle quantifiziert werden: beim Krebsnebel. Das bekannte kosmische Objekt ist der Überrest der Explosion eines Sterns in einer Supernova, die im Jahre 105 von Chinesischen Astronomen beobachtet wurde. Im Inneren liegt ein Pulsarwind-Nebel, den man im Röntgenbereich beobachten kann. In den 70er Jahren konnte von unabhängigen Experimenten ein Polarisierungsgrad von 20% bestimmt werden. Für andere Quellen sind bisher nur Obergrenzen bekannt.

Wenn XIPE finanziert wird, wird die Entwicklungszeit ca. 8-10 Jahre betragen und der Sattelit würde die Fähigkeit besitzen, den Grad und die Richtung der Polarisation zeitlich, spektral und räumlich auflösen zu können und auch die Empfindlichkeit von Röntgenpolarisierungs-Messungen drastisch verbessern.

40 Jahre nach der ersten Polarisierungsmessung im Röntgenbereich wird damit gerechnet, dass die Anzahl der bekannten polarisierten Röntgenquellen somit von einer auf hunderte von Quellen steigt.

Die Technik hinter XIPE

Die XIPE Mission besteht aus drei Hauptelementen: dem Spiegelmodul, den Instrumenten in der Fokalebene und der Steuerelektronik. Der größte Teil des Satelliten, der 4m lange Teleskoptubus, ist komplett leer.

Das Spiegelmodul

Das Spiegelmodul besteht aus drei identischen kleineren Modulen (Abbildung c, unten). Da Röntgenstrahlen sehr energetisch sind, würden sie von gewöhnlichen Spiegeln nicht reflektiert werden, sondern durch diese hindurchdringen. Bei kleinen Winkeln unterhalb von 1° kann Röntgenstrahlung aber noch reflektiert werden. Aus diesem Grund bestehen Röntgenteleskope aus innen verspiegelten, ineinander verschachtelten Spiegelröhren.

Die Fokalebene

In der Fokalebene (wo die Fokuspunkte der Spiegel liegen) sind drei identische Gas Pixel Detektoren (GPD) untergebracht. Eingehende Röntgenphotonen treffen auf den Detektor und wechselwirken mit dem enthaltenen Gas. Durch den Photoeffekt werden die Photonen von den Gasatomen absorbiert und ein Elektron emittiert. Das erzeugte Elektron erhält einen Impuls und ionisiert wiederum die umliegenden Atome und hinterlässt damit ein Ionisationsmuster auf seiner Bahn, das durch einen Gas-Elektronen-Vervielfältiger ein Signal der Spur in der Elektronik erzeugt. Aus der Richtung der Spur, die vom ursprünglichen Elektron hinterlassen wird, lässt sich die Polarisierung des Photons rekonstruieren, weil die Elektronen bevorzugt in Richtung des elektrischen Feldes des eingehenden Photons emittiert werden.

Die Steuerelektronik

Die Steuerelektronik dient zur Instrumentensteuerung, zur Stromversorgung und zur Datenverarbeitung. Sie wird am Institut entwickelt. Die Daten der Instrumente werden ausgewertet, gespeichert und sog. Quick Look Analysis Daten - vorläufige Analysen der Daten - werden erstellt. Außerdem wird der Zustand der Instrumente von der Steuerelektronik kontinuierlich überwacht und zusammenfassende Daten über die Entwicklung der wichtigsten Parameter, wie Temperatur, Stromverbrauch und Datenfluss werden erzeugt.

IAAT Beteiligung

Das Institut für Astronomie und Astrophysik in Tübingen (IAAT) ist an XIPE folgendermaßen beteiligt:

  • Entwicklung der Steuer- und Ausleseelektronik (siehe oben)
  • Entwicklung des XIPE Electrical Ground Support Equipment
  • Teilnahme an Tests und Kalibrierung der Detektor- und Elektronik-Prototypen
  • Simulationen und Datenanalyse
  • Mitarbeit in den wissenschaftlichen Arbeitsgruppen
  • Mitarbeit bei der Vorbereitung des Science Data Centers

Letztes Update 08/2018: Eva Laplace, Inga Saathoff, Chris Tenzer