Universitätsbibliothek

Umzug auf das Tübinger Schloss

Am 20. Oktober 1819 kündigte der Oberbibliothekar Prof. Dresch, im Hauptberuf Historiker, dem Rektor an, dass zu Beginn des Wintersemesters „das mit der Bibliothek verbundene Lesezimmer … nunmehr eröffnet werden kann“. Mit dieser Eröffnung kam der langersehnte Umzug der Universitätsbibliothek auf das Tübinger Schloss zum Abschluss.

Seit der Gründung der Universität war die Bibliothek in der Alten Aula bzw. deren 1535 niedergebranntem Vorgägnerbau, der sog. „Sapienz“ untergebracht gewesen. Seit Beginn des 18. Jahrhunderts, mit verursacht durch eine Schenkung von 15.000 Bänden war es jedoch nicht mehr möglich, alle Bände in den zur Verfügung stehenden zwei Sälen (in den Stockwerken unter dem jetzigen Saal) unterzubringen. Die Bücher wurden selbst in den Fensternischen aufgestellt und Ausweichquartiere, unter anderem im „neuen Bau“ - dem Martinianum - und im Klinikum – damals in der Burse - wurden angemietet. Nachdem auch noch der Oberbibliothekar Professor Dresch Bücher in seiner Wohnung unterbringen musste, genehmigte am 5.11.1816 der neue König Wilhelm die Verlegung der Bibliothek auf das Schloss.

Das Schloss, das unter Herzog Ulrich (1487-1550) seine heutige Gestalt erhielt, hatte – infolge neuer Kriegstechniken – Anfangs des 18. Jahrhunderts seine strategische Bedeutung verloren und konnte anderen Nutzungen zugeführt werden, unter anderem eine Weinstube im Rittersaal. 1752 war der Universität zunächst erlaubt worden, auf dem Schloss ein Obser­vatorium zu errichten, und zwar auf dem Nordostturm, der dann Anfang des 19. Jahr­hun­derts zum Ausgangspunkt der Landesvermessung unter Professor Bohnenberger wurde. Ab 1803/04 erhielt die Universität dann weitere Bereiche des Schlosses zur Nutzung: für das Naturalienkabinett Räume im Südflügel, für die physikalische Instrumentensammlung im Nordflügel und im Ostflügel eine Wohnung für den Astronomieprofessor Bohnenberger, der dann 1822 auch das Amt als Oberblbiothekar übernehmen musste.. Zur gleichen Zeit wie die Bibliothek wurde die Schlossküche in ein chemisches Laboratorium umgewandelt.

Hauptraum der neuen Bibliothek wurde der heute „Rittersaal“ genannte Raum, der in seiner Ausdehnung erst zu diesem Zweck ab 1817 ausgebaut wurde, er fasste 120.000 Bände. Doch die Bibliothek beschränkte sich nicht auf das Erdgeschoss des Nordflügels: im ersten Stock­werk desselben Flügels wurden ein weiterer Saal und zwei Räume ausgebaut, später wurden weitere Räume dazugenommen, auch das Naturalienkabinett musste dem Wachstum der Bibliotheksbestände weichen.

Quellen:

Universitätsarchiv Tübingen 5/7: Verwaltung der Bibliothek (1592–1830)

Universitätsarchiv Tübingen 44/2,2: Bibliotheksausschuss II (1802-1819)

Literatur:

Sohnle, Werner Paul: Gelehrtenwirtschaft hinter Schloß und Riegel. Die Universitätsbibliothek Tübingen am Anfang des 19. Jahrhunderts (1798-1836). Tübingen 1976 (Contubernium; Bd. 9).

G[eiger], K[arl]: Ein Blick in den großen Bibliothekssaal des Schlosses. In: Tübinger Blätter 3 (1900) 21-22.

 

Bericht des Oberbibliothekars Prof. Dresch an den Rektor vom 20. Oktober 1819

Quelle: UAT 5/7 Bibliotheksverwaltung 1592-1830.

 

Euer Magnifizenz,

habe ich die Ehre anzuzeichen, daß das mit der Bibliothek verbundene Lesezimmer im bevorstehenden Semester nunmehr eröffnet werden kann.