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Zwischen Einheitsessen und Ratsherrnschnitte - studentische Verpflegung im Wandel der Zeiten

Verpflegungsorte

Um den kleinen oder auch großen Hunger zu stillen, stehen den Studierenden seit 1921 verschiedene Einrichtungen zur Verfügung: Mensen im Tal und auf dem Berg, Erfrischungsräume (früher) und Cafeterien. Auslöser für die Einrichtung einer Mensa, in der sich die Student*innen mit einem nahrhaften und vor allem preiswerten Essen versorgen konnten, war die schlechte Ernährungs- und Wirtschaftslage nach dem Ersten Weltkrieg. Diese ließ die Preise für Lebensmittel in die Höhe schnellen, auch die Essenspreise in den Gaststätten stiegen. Immer mehr Studierende nutzten daher die städtische Volksküche in der Schulstraße. Tübinger Bürger, Studenten und Lehrende sowie einige Vertreter des Kultur- und Ernährungsministeriums setzten sich im Mai 1920 für die Errichtung eines Studentenwohnheims mit integrierter „Studentenspeiseanstalt“ ein. Es wurde der Verein „Tübinger Studentenhilfe“ gegründet, der zunächst die Volksküche pachtete und sich parallel nach einem geeigneten Gebäude zur Einrichtung einer Mensa umsah. Die Wahl fiel auf das Hotel „Prinz Karl“. Bereits im April 1921 konnten rund 700 Studenten in der im Erdgeschoss eingerichteten Mensa mit einem „nahrhaften Einheitsessen“ versorgt werden. Etwas vornehmer ging es im Restaurant im 1. Obergeschoss zu. Dort servierte man das Einheitsessen gegen Aufpreis auf Porzellantellern. Ab den späten 1940er Jahren bis zum Jahr 2001 diente außerdem das Adolf-Schlatter-Haus (Österbergstraße 2) der Evangelischen Studentengemeinde als zusätzlicher Mensabetrieb. Die rapide ansteigenden Studierendenzahlen ab Mitte der 1950er Jahre machte den Neubau einer Mensa erforderlich. Die neue Mensa in der Wilhelmstraße, die zu Beginn des Sommersemesters 1966 ihren Betrieb aufnahm, umfasste neben dem Mensabereich einen Erfrischungsraum, das öffentliche Restaurant „Fergenhans“ und den Bierkeller. Der Bau war für den Bedarf einer Universität von 11.000 Studierenden geplant, eine Zahl, die bereits im Wintersemester 1966/67 überschritten wurde. Deshalb blieb die Mensa „Prinz Karl“ bis heute bestehen und schon bald begann die Planung eines zweiten Neubaus im Erweiterungsgebiet auf der Morgenstelle (Eröffnung im Jahr 1975).

Verpflegungsangebote

„Mozart“-Pastetchen, Ratsherrnschnitte oder Seezunge „Müllerin“ – bei diesen Gerichten denkt man sicherlich nicht sofort an Mensa und studentische Verpflegung.
Wollte man sich als Studierender mal etwas Besonderes zum Mittagessen gönnen, konnte man bis zum Jahr 1980 dem Restaurant „Zum Fergenhans“ in der Mensa Wilhelmstraße einen Besuch abstatten. Auskunft über das reichhaltige Speisen- und Getränkeangebot geben die Speisekarten des Restaurants, die im Bestand UAT 183/181 (Materialien zur Geschichte des Tübinger Studentenwerks e.V. und des Studentenwerks Tübingen A.d.ö.R ) überliefert sind. Im „Fergenhans“ gab es nicht nur eine richtige Speisekarte, sondern auch weiße Tischdecken und bodenlange Vorhänge sowie Bedienung am Tisch durch zumeist studentische Aushilfen.

1981 wurde das Restaurant in einen modernen Wahlessenbereich umgebaut. Informationen über das Speiseangebot in den Mensen und Cafeterien des Studierendenwerkes sind in der Überlieferung des Universitätsarchivs rar gesät. Einen kleinen Einblick in die Welt der studentischen Verpflegung bieten die Notizen in den seit 1979 erscheinenden „Informationen“ des Studentenwerks Tübingen (UAT S 3/261). Diesen ist beispielsweise zu entnehmen, dass ab dem Wintersemester 1980/81 zum Eintopf und dem Stammessen eine Scheibe Vollkornbrot angeboten wird („Das Gesundheitsbewusstsein wächst“). Im Rahmen der Reformkostwoche im Februar 1983 werden in den Mensen Wilhelmstraße und Morgenstelle erstmals vegetarische Gerichte zum günstigen Preis des Stammessens angeboten.

Quellen und Literatur:

UAT 183/181, 5: Mensa-Speisekarten

UAT S 3/261: „Information“, herausgegeben vom Studentenwerk Tübingen

UAT 289/15, 36 und 60: Hotel „Prinz Karl“, Mensa Academica

Punkt 100 : ein Jahrhundert Studierendenwerk / herausgegeben von Rudolf Pörtner ; unter Mitwirkung von Philipp Mang (61 B 281)