Teilprojekt A 06: Bilder des Wandels. Entwicklungen ikonographischer Ressourcen am Übergang von der Bronze- zur Eisenzeit im Ostmittelmeerraum
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Projektleitung: Dr. Virginia Herrmann, Prof. Dr. Jens Kamlah
MitarbeiterInnen: Steve Faust, Giuliana Paradiso
Zusammenfassung
Das Teilprojekt zielt darauf ab, Entwicklungen im Umgang mit Ressourcen beim Übergang von der Spätbronze- zur Eisenzeit in der Levante zu erforschen. In der ersten Phase dieser Ansatz wurde auf die Südlevante fokussiert. Das Teilprojekt umfasste eine Doktorandenstelle und erforschte die Bedeutung des überregionalen Austauschs als Ressource in der Spätbronzezeit und der frühen Eisenzeit im Kontext der sozio-kulturellen Entwicklungen in der Südlevante. Ausgehend von den Ergebnissen der ersten Phase und von dem modifizierten Ressourcenkonzept des SFB sollen die Untersuchungen in der zweiten Phase auf die gesamte Levante ausgeweitet werden. Außerdem soll der Schwerpunkt auf die politischen Aspekte dieser Übergangsepoche gelegt werden, um erforschen zu können, in welcher Weise politische Strukturen, Handlungsfelder und Identitäten der Spätbronzezeit in der früheisenzeitlichen Periode der Fragmentierung und Neu-Staatenbildung weitergeführt oder transformiert wurden. Dafür wird das Teilprojekt die Entwicklung und Re-Kontextualisierung ikonographischer Ressourcen (Medien, Motive und Stilrichtungen) untersuchen, die eng mit dem Format zentralisierter Staaten verbunden waren.
Das spätbronzezeitliche überregionale Interaktionssystem basierte auf formalisierten Hierarchien und kommunizierte über imperiale Kanzleien. Es wurde in der frühen Eisenzeit abgelöst durch ein anderes Spektrum von Sprachen und Schriften, einen unabhängigeren Handel sowie durch einen Wettbewerb zwischen kleineren Staaten (‚peer-polities‘). Bestimmte Einrichtungen zentralisierter Staaten wie schriftliche Verwaltung, administrative Ämter, kunstfördernde Eliten und monumentale Bautätigkeit wurden während dieses Übergangs unterbrochen und erst allmählich wieder aufgebaut, teilweise auf der Grundlage spätbronzezeitlicher Traditionen. Zahlreiche Elemente des reichhaltigen Repertoires gemeinsamer überregionaler Bildsprachen und Medien, die mit spätbronzezeitlichen Hofritualen und elitären Identitäten verbunden waren, überstanden den Niedergang der Staaten und erschienen erneut in der Eisenzeit. Teilprojekt A 06 wird in der zweiten SFB-Phase die Rolle dieser symbolischen und kommunikativen Ressourcen der späten Bronzezeit im Zusammenhang der Entstehung neuer, eisenzeitlicher Staaten untersuchen. Zwei zusammenhängende detaillierte Fallstudien werden einerseits Veränderungen bei der Verwendung von Rollsiegeln und andererseits Entwicklungen im Bereich der monumentalen Skulptur im Verlauf der Übergangszeit erforschen.
Architektonische Skulptur stand zunächst im spätbronzezeitlichen Großreich der Hethiter in Blüte. Nach dessen Niedergang florierte sie während der Eisenzeit noch Jahrhunderte in den kleineren Staaten, die in den ehemals hethitischen Bereichen der Nordlevante neu entstanden. Dort war sie primär dem Milieu staatlicher Rituale und des Totenkults zugeordnet. Rollsiegel dagegen waren in der spätbronzezeitlichen Levante als personengebundene Mittel der Verwaltung und Autorisierung verbreitet. Ihre Anzahl ging während der Eisenzeit sehr stark zurück und die wenigen Stücke waren zumeist importiert. Die Auswahl der beiden Fallstudien ermöglicht es also, mit den Aspekten von Ausweitung und Rückgang zwei gegensätzliche Ressourcen-Dynamiken zu untersuchen.
Beide Dissertationsvorhaben der Fallstudien werden die Tragfähigkeit der Hypothese überprüfen, der zufolge sich ikonographische Medien in der eisenzeitlichen Levante als Evokationen spätbronzezeitlich politischer Systeme zu Ressourcen für die Erneuerung und Legitimierung der Beziehungen zwischen Göttern, herrschenden Eliten und Untertanen entwickelt hätten. Sie werden außerdem untersuchen, ob – und wenn ja wie – sich Bedeutung und soziale Signifikanz sowohl der Bilder als auch der Bildträger durch ihre selektive Aufnahme und Re-Kontextualisierung verändert haben. Nicht nur Veränderungen und Kontinuitäten der Objekte selbst werden dabei behandelt, sondern auch ihr räumlicher und sozialer Kontext, um zu einem besseren Verständnis darüber zu gelangen, welche Bedeutung diese Objekte und Bilder während der frühen Eisenzeit innerhalb der neuen Gefüge und RessourcenKomplexe von Kunsthandwerk, öffentlichen Ritualen, Handel und Verwaltung übernommen haben.
Beide Fallstudien werden deskriptive und raumbezogene Daten in die Spacialist Datenbank-Plattform integrieren und mit dem Projekt S kooperieren. Für beide Fallstudien sind intensive Museumsrecherchen in Europa und im Nahen Osten erforderlich, um Skulpturen und Rollsiegel zu untersuchen und zu dokumentieren, unter anderem mithilfe der ,Structure-from-Motion‘-Photogrammetrie zur Erstellung von digitalen 3D Modellen. Bei den Rollsiegeln sollen außerdem soweit möglich Röntgenfluoreszenzanalysen zur Material- und Herkunftsbestimmung durchgeführt werden.
Teilprojekt A 06 wird durch die Erforschung von Bildern und Medien die Aufgabe übernehmen, das Ressourcenverständnis des SFB auf Gegenstände anzuwenden, deren Wert primär durch ihre symbolische Bedeutung bestimmt ist. Sowohl ,Materialität von Ressourcen‘ als auch ,WissensRessourcen‘ werden Schlüsselthemen des Teilprojekts sein.