Institut für Astronomie & Astrophysik

Magnetische Aktivität im Hertzsprung-Russell Diagramm

Als magnetische Aktivität bezeichnet man alle Beobachtungsphänomene, die auf ein dynamo-erzeugtes stellares Magnetfeld zurückgehen. Das bestbekannte Beispiel eines aktiven Sterns ist unsere Sonne; der 11-jährige Sonnenzyklus ist ein klares Indiz für das Wirken des solaren Dynamos. Sonnenähnliche Dynamos beruhen auf dem Zusammenspiel von Rotation und Konvektion, und sind daher nur für Sterne mit ähnlichem inneren Aufbau möglich. Bei sehr massearmen, vollständig konvektiven Sterne werden aber auch starke Merkmale von Aktivität beobachtet, d.h. ein möglicherweise andersgearteter Dynamo ist vermutlich auch hier am Werk.

Bedingt durch das Magnetfeld nimmt die Temperatur in den Atmosphären aktiver Sterne nach außen hin zu, von der Chromosphäre über die `Transition Region' bis zur Korona. Diese Schichten der Atmosphäre verdanken ihre Existenz dem stellaren Dynamo. Sie treten durch Strahlungsemission bei sukzessive kürzeren Wellenlängen (vom optischen, über das UV bis zum Röntgenbereich) in Erscheinung. Multi-Wellenlängenstudien von magnetischer Aktivität bieten daher Rückschlüsse auf die Struktur der Sternatmosphären.

Aktivitätszyklen

Der wohlbekannte 11-Jahreszyklus der Sonne beruht auf der sich periodisch wiederholenden Umkonfigurieren des Sonnenmagnetfelds. Es ist daher zu erwarten, dass andere Sterne mit dynamo-erzeugtem Magnetfeld ebenfalls Aktivitätszyklen unterhalten. Der Sonnenzyklus manifestiert sich im gesamten elektromagnetischen Spektrum durch Variation der Strahlung auf der charakteristischen 11-Jahre Zeitskala. Für andere sonnenähnliche Sterne (Spektraltyp G) konnte bereits in the 1990er Jahren gezeigt werden, dass Zyklen mit einer Periodizität von ungefähr 2-20 Jahren existieren. Diese Messungen wurden durch optische Spektroskopie im Licht der chromosphärischen Kalzium H&K Emissionslinien erreicht. Das Äquivalent dieser Chromosphären-Zyklen in der äußeren Sternatmosphäre, der Korona, ist bist heute schwierig zu identifizieren. Durch immer wiederkehrende kurze Beobachtungen mit dem Röntgensatelliten XMM-Newton konnten wir Koronazyklen auf zwei jungen sonnenähnlichen Sternen, iota Hor und eps Eri, detektieren (siehe Abbildung). Inzwischen befassen wir uns mit einer detallierten Charakterisierung der Korona dieser Sterne. Insbesondere haben wir eine neue Methode entwickelt, die es erlaubt die Präsenz und die Größe von magnetischen Strukturen verschiedenen Typs (genannt "Aktive Regionen", "Kerne von Aktiven Regionen" und "Flares") auf der Sternkorona festzustellen, obwohl die Oberfläche der Sterne nicht räumlich aufgelöst werden kann. Die Methode besteht im  Modellieren der stellaren XMM-Newton Daten mit Ergebnissen für unsere Sonne, auf der die obengenannten Magnetfeldstrukturen direkt beobachtet wurden. 

Identifikation von jungen Sternen mittels Röntgensurveys

Nach Verlust der Akkretionsscheibe (siehe Thema "Sternentstehung") ähnelt die optische/IR Emission von jungen Sternen dem Spektrum von Hauptreihensternen, die bereits die Phase des Kernbrennens erreicht haben. Daher sind diese sogenannten "weak-line" T Tauri Sterne schwierig zu identifizieren. Einen Ausweg bildet die Röntgenstrahlung, die bei Vorhauptreihensternen -- unabhängig von der Präsenz von zirkumstellarem Material -- bis zu einem Faktor tausend stärker ist als auf der Hauptreihe. Beobachtungen von Sternentstehungsregionen im Röntgenlicht sind ein effizientes Mittel, um "weak-line" T Tauri Sterne zu identifizieren. Sie sind komplementär zu Surveys im Infrarotbereich, welche hauptsächlich die Population der jungen Sterne mit Scheiben (sogenannte "klassische" T Tauri Sterne) entdecken. Aktuell beschäftigen wir uns mittels Röntgendaten der eROSITA Teleskope mit der Erhebung von vollständigen Stichproben von Vorhauptreihensternen in Sternentstehungsregionen [siehe Abb. rechts].

Aktivität und Rotation bei massearmen Sternen

Eine empirische Beziehung zwischen stellarer Rotationsrate und magnetischer Aktivität (gemessen als Leuchtkraft im Röntgenlicht) gilt historisch als erster Hinweis dafür, dass ausser unserer Sonne auch andere Sterne dynamo-erzeugte Magnetfelder besitzen. Bis zum heutigen Tag ist die Rotations-Aktivitäts Beziehung allerdings für sehr massearme Sterne vom Spektraltyp M nur unzureichend bestimmt. M Sterne sind vollständig konvektiv, weshalb eine qualitative Änderung der magnetischen Aktivität im Vergleich zu sonnen-ähnlichen Sternen erwartet wird. M Sterne rotieren sehr langsam, mit Perioden von Wochen bis Monaten, was lange Beobachtungskampagnen erfordert. Diese langen Rotationsperioden gepaart mit geringer (Röntgen-)Leuchtkraft erschweren die Untersuchung der Rotations-Aktivitäts Beziehung von M Sternen. Aktuell befassen wir uns mit diesem Problem durch eine Kombination von empfindlichen Messungen der Röntgenleuchtkraft als Mass für die Aktivität (Aufnahmen der Satelliten Chandra, XMM-Newton und eROSITA/SRG) und hoch präzisen optischen Lichtkurven der NASA-Missionen Kepler, K2 und TESS, aus welchen die Rotationsperioden bestimmt werden.

 

 

 

Flares

Flares sind stochastisch auftretende Helligkeitsausbrüche auf magnetisch aktiven Sternen, bei denen infolge einer Rekonfiguration des Magnetfeldes ("Rekonnexion") Energie freigesetzt und in  elektromagnetische Strahlung umgewandelt wird. Die Strahlung verschiedener Wellenlängen  kommt aus verschiedenen Schichten der Sternatmosphäre: Das Flare-Phänomen in der Photosphäre manifestiert sich in optischer Emission, während die Korona Röntgenflares erzeugt. 

Optische Flares werden in großer Zahl von den photometrischen Langzeitbeobachtungen der Weltraumteleskope Kepler und TESS gemessen. Obwohl diese Satelliten für die Suche nach Exoplaneten mit der Transitmethode gebaut wurden, enthalten ihre Lichtkurven eine Vielzahl von Informationen über magnetische Aktivität (siehe Abbildung rechts). Wir beschäftigen uns u.a. mit der Entwicklung von Algorithmen für die Identifikation von Flares in der zukünftigen ESA Mission PLATO. 

Neben einem besseren Verständnis der magnetischen Prozesse auf dem Stern hat die Untersuchung von stellaren Flares große Bedeutung für das Studium von Exoplaneten. Die Sternstrahlung, und insbesondere ihre Variabilität, sind entscheidende Faktoren bei Berechnungen zur möglichen Bewohnbarkeit ("Habitabilität") von Planeten. Wieviel Energie ein Planet von seinem Mutterstern erhält, hängt von mehreren Faktoren ab, u.a. von der Helligkeit des Sterns und der Entfernung des Planeten vom Stern (siehe Abbildung rechts). 

Optische Flares gehen in der Regel mit Helligkeitsausbrüchen im Röntgenlicht einher, da die magnetische Rekonnexion Emission in allen Schichten der Sternatmosphäre verursacht. Allerdings gibt es für Röntgenlicht keine Instrumente, die systematische Langzeitbeobachtungen einer großen Anzahl von Sternen durchführen können, analog dem monate- bis jahrelangen Monitoring der Kepler und TESS Missionen. Neben der oben geschilderten Quantifizierung der Strahlung in optischen Flares beschäftigen wir uns daher auch mit der Umrechnung der im optischen Band ausgestrahlten Flare-Energie in den Strahlungsausstoß der Röntgen-Korona.  

Aktivität auf Ultrakühlen Zwergen

Objekte von Spektraltyp M7 und spaeter werden als "Ultrakühle Zwerge" bezeichnet. Diese Gruppe umfasst sowohl Sterne sehr geringer Masse als auch Braune Zwerge. Ultrakühle Zwerge sind vollständig konvektiv, weshalb man erwartet, dass ihre Aktivität anders geartet ist, als bei sonnenähnlichen Sternen. Außerdem sind die Photosphären nur gering ionisiert, so dass es fraglich ist, ob die Materie an das Magnetfeld koppeln und damit magnetische Aktivität erzeugen kann. Wir untersuchen die magnetische Aktivität von ultrakühlen Zwergen im Radio-, optischen und Röntgenbereich und stellen Vergleiche mit Sternen vom Spektraltyp GKM an. Aktuell ist das eROSITA Instrument von großem Interesse, da es den Himmel vollständig durchmustert und damit viele neue Röntgenquellen identifizieren kann, die bislang unerkannt blieben. Bereits im ersten der 8 geplanten Himmelsabmusterungen von eROSITA wurde die Anzahl der röntgen-emittierenden ultrakühlen Zwerge verdreifacht (siehe Abb. rechts). Weitere Detailuntersuchungen zur Variabilität und Temperatur der Korona auf diesen sehr leuchtschwachen Objekten sind im Gang.