Koreanistik

PS/HS Koreanisch-chinesische Beziehung

Die Geschichte des koreanischen Volkes hat sich spätestens seit dem 4. Jahrhundert vor Christus in enger Beziehung zu China entfaltet. Die Drei Königreiche entwickelten sich unter starkem kulturellen Einfluss von China, aber bewahrten ihre politische Unabhängigkeit in der militärischen Auseinandersetzung mit Invasionen chinesischer Reiche. China entwickelte sich zu einem großen Reich, gerüstet mit einer sinozentrischen Ideologie, dem Konzept von “Alles unter dem Himmel“ (천하, 天下) und militärischer Macht. Die allgemeinen Werte der chinesischen Zivilisation basierten auf der konfuzianischen Morallehre und dem Rationalismus. Auf Grundlage dieser Ideologie positionierte sich China als Sohn des Himmels (천자, 天子) und als Leiter der zivilisierten Welt Ostasiens und forderte Nachbahrstaaten und ethnische Gruppen, sich seinem „Alles unter dem Himmel“ unterzuordnen. Dies war die Formation der ostasiatischen Zivilisation.

In der letzten Zeit ist bei einem Teil koreanischer Historiker, nicht zuletzt in Konfrontation mit aufkommenden Geschichtskonflikten, die Forderung lauter geworden, die enge, nationalstaatliche Perspektive zu überwinden. Viele suchen die Alternative in der Verstärkung der regionalgeschichtlichen Perspektive. In diesem Proseminar wird versucht, bei der Behandlung der Beziehungsgeschichte zwischen Korea und China, diese Perspektive zu thematisieren. Die koreanische Kultur wurde in der Antike durch den Einfluss der chinesischen Schriftkultur, des Konfuzianismus, des Rechtssystems, der Historiographie und des Buddhismus von China aus sehr bereichert. Sowohl in der Kunst und Keramik als auch in den Naturwissenschaften, der Technologie und der landwirtschaftlichen Entwicklung war der chinesische Einfluss von großer Bedeutung. Aber war dieser Zivilisierungsprozess ein einseitiger Kulturtransfer? Wie bewahrte und entwickelte das koreanische Volk eigene Charakteristika während des langfristigen Kontakts mit der chinesischen Hochkultur? Was waren die kulturellen Gemeinsamkeiten in Ostasien und was war die Besonderheit der koreanischen Kultur? Wie war eigentlich das Tributverhältnis zwischen koreanischen und chinesischen Dynastien?

Seit dem Eindringen der westlichen Imperialmächte änderte sich die regionale Ordnung in Ostasien sehr stark. China, Chosŏn und Japan reagierten unterschiedlich auf die große Herausforderung und Krisen. Das gegenseitige politische Verhältnis zwischen den drei Staaten änderte sich radikal. Schließlich zeigte Japan sich als neuer Hegemon Ostasiens. Aber das Ende des Pazifikkriegs und der Beginn des Kalten Krieges in der Region brachten wieder eine völlig neue Ordnung. Die chinesiche Revolution von 1949 und der Koreakrieg und die chinesische Teilnahme(抗美援朝戰爭) daran hatten eine prägende Auswirkung auf den Kalten Krieg in Ostasien. Erst das weltgeschichtliche Ende des Kalten Kriegs ermöglichte den Staatsvertrag und die Normalisierung zwischen China und Südkorea. China entwickelte sich in den letzten 20 Jahren zum größten Handelspartner Südkoreas. Beide Staaten entwickelten auf politischer Ebene eine strategische Partnerschaft. Die Verbesserung der innerkoreanischen Beziehungen, die Lösung der nordkoreanischen nuklearen Bedrohung und selbst die friedliche Vereinigung der koreanischen Halbinsel sind ohne eine konstruktive Hilfe Chinas unvorstellbar. Chinas Rückkehr als Hegemonialmacht verlangt eine Revision der bisherigen südkoreanischen Bündnispolitik. In den koreanisch-chinesischen Beziehungen gibt es Vieles, sowohl in der Geschichte als auch in der Gegenwart, das neu überlegt werden muss. Dies alles ist Gegenstand dieses Kurses.

Ausgewählte Literatur: