Katholisch-Theologische Fakultät

Studienfächer

Alte Kirchengeschichte, Patrologie und Christliche Archäologie

Im Fach Alte Kirchengeschichte, Patrologie und Christliche Archäologie geht es um die ersten Jahrhunderte der Geschichte des Christentums bis in die Zeit Kaiser Justinians (+ 565) im Osten bzw. bis zur dauerhaften Etablierung der gentilen Reiche im Westen (Langobarden in Norditalien ab 568). Es wird der Weg nachgezeichnet, auf dem das Christentum als zunächst sehr vielgestaltiges Phänomen zu Ausbildung großkirchlicher Strukturen voranschritt und sich dabei mehr und mehr in die spätrömische Gesellschaft integrierte, bis es dann im 4. Jahrhundert zur staatstragenden Religion wurde (römisch-alexandrinische Orthodoxie als Staatsreligion: 380) Dabei werden neben althistorischen Frage- und Problemstellungen auch die altchristliche Theologie- und Literaturgeschichte behandelt (Patrologie) sowie die Monumente der altchristlichen Frömmigkeit und Kunst (Christliche Archäologie), von der kirchlichen Bautätigkeit bis hin zu Objekten der Kleinkunst. So wird versucht, mit komplexen Methoden zu einem möglichst differenzierten Bild des antiken Christentums zu kommen. Neben den Vorlesungen werden deshalb regelmäßig Lektürekurse zu patristischen Quellen (schwerpunktmäßig der westlich-lateinischen Tradition) sowie archäologische Seminare und Exkursionen angeboten. Darüber hinaus gehört die (kirchen-)historische Wissenschaftstheorie zu den Arbeitsbereichen.

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Altes Testament

Als Heilige Schrift Jesu und der frühen Christenheit ist das Alte Testament heute, zusammen mit dem Neuen Testament, die gemeinsame Norm des Glaubens der christlichen Kirchen. Das Alte Testament besticht durch seine in vielen Jahrhunderten und sehr unterschiedlichen Konstellationen erprobte Lebens- und Erfahrungsnähe einerseits, seine so unterschiedlichen und sogar widersprüchlichen Gottes-, Gottesvolk- und Menschenbilder andererseits. Die Vielgestaltigkeit der alttestamentlichen Erzählungen, Lieder, Gedichte, Weisheitssprüche und Prophetenreden zeugen von der Ernsthaftigkeit und Wahrhaftigkeit der Rede von und vor allem mit Gott in Israel. Die gemeinsame Berufung auf die hebräisch verfaßten Bücher der Heiligen Schrift stellt das Christentum vor die Aufgabe, die Nähe zum Judentum im Geheimnis von Gott, Welt und Mensch endlich anzuerkennen und daraus, vor allem für die Christologie, die theologischen Konsequenzen zu ziehen.

Die alttestamentliche Wissenschaft gehört zu den innovativen theologischen Wissenschaften; wer das Alte Testament studieren will, muß deshalb auf Veränderungen, sogar Paradigmenwechsel gefaßt sein. Das Bemühen um die Auslegung der alttestamentlichen Texte, die Exegese, steht im Schnittfeld historischer und sprachwissenschaftlicher Zugänge und lebt vom Austausch mit den Nachbardisziplinen: der Altorientalistik, Ägyptologie und Archäologie, der Geschichtswissenschaft, Soziologie und Kulturanthropologie, der Semitistik, Linguistik und der allgemeinen Sprachwissenschaft. Deshalb gehört in Tübingen die Erforschung der Hebräischen Sprache, vor allem seiner Syntax, zu den Forschungsschwerpunkten des Lehrstuhls. Seminare werden daher sehr häufig interdisziplinär, mit anderen Fächern zusammen, durchgeführt. Die Texte schließlich, die im Zentrum der Lehrveranstaltungen stehen, sind die drei großen "P"s: Priesterschrift (die Grundschrift des Pentateuch), Propheten und Psalmen.

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Dogmatik

Der Lehrstuhl "Dogmatik" behandelt die Themenbereiche "Gotteslehre, Schöpfungslehre, Dogmatische Prinzipienlehre, Eschatologie".....
Ein Schwerpunkt der Lehre und der Forschung liegt auf dem Verhältnis von Christentum und Judentum. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (vgl. Nostra aetate, Artikel 4) kündigte sich ein Wendepunkt im Verhältnis von Kirche und Judentum an, dessen Leitperspektiven die Aufgabe einer durchgängigen und grundlegenden systematisch-theologischen Verortung impliziert. Diese Herausforderung ist bisher nur anfanghaft und punktuell angenommen worden.

Im Kontext der Spätmoderne soll nach Wegen und Zeichen eines christlich-jüdischen Gesprächs Ausschau gehalten werden. Die Rückbesinnung auf die eigenen Wurzeln, die Erkenntnis, dass das jüdische Gegenüber Genese und Struktur christlicher Theologie bis in ihr Proprium hinein bestimmt, ermöglicht und eröffnet neue Perspektiven des Selbstverständnisses von "Dogmatik". Dabei soll vor allem das Gespräch mit jüdisch-inspirierter Philosophie gesucht werden.

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Dogmatik und Dogmengeschichte

Der Lehrstuhl für Dogmatik und Dogmengeschichte ist für den Teil der Systematischen Theologie verantwortlich, der sich mit der Glaubenslehre der Kirche sowie den expliziten und impliziten Theologien im Bereich von Christologie, Ekklesiologie und Sakramentenlehre befasst. Die Auseinandersetzung erfolgt vor allem in dogmen- und theologiegeschichtlicher Perspektive (re)konstruktiv-kritisch so, dass nach der Überzeugungskraft im heutigen Lebenskontext gefragt wird. Hinzu tritt eine dezidiert ökumenische und interreligiöse Perspektive, die in Kooperation mit dem Institut für Ökumenische Forschung und der Professur für Theologie der Kultur und des Interreligiösen Dialogs wahrgenommen wird.

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Fundamentaltheologie

Fundamentaltheolog*innen geht es ums Grundsätzliche: Sie fragen danach, welche Gründe dafürsprechen, von der universalen Geltung christlicher Selbst- und Weltdeutung überzeugt zu sein. Zugleich widmen sie sich der kritischen Reflexion konkreter Gehalte christlichen Glaubens und fragen danach, welche Gehalte sich auch heute, unter den Bedingungen spätmoderner und postsäkularer Gesellschaften, sich vor dem Forum der Vernunft als tragfähig und verantwortbar erweisen, und welche Gehalte diese Voraussetzung in ihrer überlieferten Form nicht (mehr) erfüllen können und daher einer Transformation bedürfen. Das anvisierte argumentative Verfahren und der fundamentaltheologische Begründungsdiskurs beziehen sich jedoch nicht auf abstrakte Wahrheiten, auf „Glaubenssätze“, die für wahr gehalten werden und die es apologe­tisch gegen kritische Einwände abzusichern gilt. Die funda­mental­theologische Grundlagenreflexion bezieht sich vielmehr zum einen auf eine Hoffnungs­botschaft, die einem jeglichen Leben zugesagt ist, nicht nur den Lebenden, sondern auch den Toten, und die unbeschadet ihrer Universalität in besonderem Maße an die Armen und Entrechteten, die Opfer und Besiegten der Geschichte adressiert ist. Zum anderen bezieht sich jene Reflexion nicht allein auf theoretische Überzeugungen, sondern auf eine konkrete Glaubenspraxis, die sich mitten in Geschichte und Gesellschaft vollzieht, und genau darin die oben genannte Hoffnung antizipiert. Glaubensüberzeugung und Glaubenspraxis erweisen sich so als wechselseitig aufeinander bezogen, und das funda­mental­theologische Interesse gilt daher beiden Vollzügen des Glaubens gleichermaßen, ohne Theorie und Praxis, Überzeugung und Handlung, dichotomisch voneinander abzugrenzen.

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Kirchenrecht

Die römisch-katholische Kirche ist als Glaubensgemeinschaft ihrem Selbstverständnis nach zugleich eine spezifisch verfasste Rechtsgemeinschaft. Vor diesem Hintergrund werden im Fach „Kirchenrecht“ u.a. folgende Fragen beantwortet:

  • Welche Funktion bzw. Relevanz hat das Recht in der Kirche und wie wird es ausgelegt?
  • Wie ist die Kirche rechtlich verfasst? Welche Vollmachten haben Papst und Bischöfe und welche Rechtsstellung die übrigen Gläubigen?
  • Was ist eine Ehe nach katholischem Verständnis? Welche Voraussetzungen müssen für eine gültige Heirat gegeben sein und wann kann eine Ehe für nichtig erklärt oder aufgelöst werden?
  • Was ist bei der Spendung der übrigen Sakramente zur Erlaubtheit und Gültigkeit zu beachten?
  • Welche rechtlichen Rahmenbedingungen prägen das Verhältnis von Staat und Kirche?

Ziel der kirchenrechtlichen Lehre ist es, Studierenden grundlegende Kenntnisse des geltenden kirchlichen Rechts zu vermitteln und sie zu befähigen, kirchenrechtlich relevante Ereignisse in Kirche und Gesellschaft zu erkennen und kirchenrechtswissenschaftlich angemessen zu analysieren und zu bewerten. So lernen Studierende zugleich, sich eigenständig in der kirchlichen Rechtsgemeinschaft zu orientieren.

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Liturgiewissenschaft

Das Fach „Liturgiewissenschaft“ wurde durch das II. Vatikanische Konzil zu einem der Hauptfächer der Theologie erhoben (Vgl. Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium Art. 16). Diese Vorgabe wurde an der Katholisch-theologischen Fakultät der Eberhard Karls Universität Tübingen im Jahre 1992 durch die Errichtung eines eigenen Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft umgesetzt.

Der Schwerpunkt des Tübinger Lehrstuhls für Liturgiewissenschaft liegt in seiner praktisch-theologischen Ausrichtung. Es geht um die Frage nach den Bedingungen und Möglichkeiten des Gottesdienstes heute angesichts der reichen liturgischen Tradition, die die Kirche gesammelt hat. Die Liturgie der Kirche soll dabei als ein Ort möglicher „symbolischer Erfahrung“ verstehbar werden, mittels derer Leben und Glauben verbunden werden können. Das Gott-Feiern in der Liturgie kann so als Horizont verstanden werden, von dem her das Leben neu gedeutet werden kann. Dabei ist Ausgangspunkt die Liturgiekonstitution Sacrosanctum Concilium, die mit dem Diktum vom Pascha-Mysterium (Art. 6b) die entscheidende theologische Füllung des Liturgiebegriffes bereitstellt.

Ziel ist, den reichen Schatz der Rituale, die die Kirche in ihrer Geschichte gesammelt hat, sachgerecht beurteilen und als lebendige Überlieferung wertschätzen zu können. Dabei wird die Methodenvielfalt genutzt, die innerhalb wie außerhalb der Theologie üblich ist: Interdisziplinär werden humanwissenschaftliche Fragestellungen einbezogen; hier erweist sich praktisch-theologische Liturgiewissenschaft als Teil der „ritual studies“, einer vor allem im anglo-amerikanischen Raum betriebenen umfassenden Ritualforschung. Intradisziplinär geht es um die klassischen historischen, systematisch-theologischen sowie exegetischen Fragestellungen, von denen her die rituelle Tradition der Kirche beleuchtet wird.

Neben dem Grundkurs, der in Methodik, Vorgehensweise und Ziel einer praktisch-theologischen Liturgiewissenschaft einführt, geben die Vorlesungen einen Einblick in die einzelnen Bereiche des liturgischen Tuns der Kirche (Eucharistische Liturgie, Stundenliturgie, Sakramentliche Liturgie usw.), widmen sich Grundlagenfragen oder dem Phänomen der Liturgiereformen. In den Seminaren wird der Blick vertiefend auf einzelne Phänomene fokussiert, etwa die räumliche Dimension liturgischen Feierns oder ausgewählte Höhepunkte der Liturgie wie das Triduum Paschale. Die Forschungsschwerpunkte des Lehrstuhls, Ritualforschung, Liturgiegeschichte des Mittelalters sowie die ökumenische Dimension der Liturgie schlagen sich in den Vorlesungen wie den Seminaren nieder.

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Mittlere und Neue Kirchengeschichte

Warum Kirchengeschichte?

Nicht etwa, weil Jahreszahlen, endlos erscheinende Ereignisketten und die Taten vermeintlich Großer (Männer zumeist...) ihren Sinn schon in sich selbst trügen!

Ziel des Studiums

Ziel des Studiums der Kirchengeschichte ist es, Denken in Geschichte als Grundkategorie christlicher und theologischer Identitätsbildung zu vermitteln.
Indem wir uns mit den Menschen befassen, die vor uns Christen gewesen sind, den Prominenten wie den Marginalen, sprechen wir - mittelbar - von Gott. Wir sprechen von dem Gott, wie er geglaubt, geliebt, gefürchtet, erlitten und zurückgewiesen wurde. Zu dieser Geschichte des "geglaubten Gottes" gehört unmittelbar, dass dieser Glaube eine soziale Gestalt angenommen hat: In Kirchen mit allen ihren institutionellen Verästelungen, Hierarchien, Gemeinden und Gruppen, aber auch über die Kirchen im engeren Sinne hinaus in ganzen Gesellschaften, ihren politischen Konzepten und ihren Selbstverständnissen, in Ritualen und Bauten, Texten und Bildern, in Macht und Geld, in Krieg und Gewalt, kurz: in der ganzen Ambivalenz alltäglich gelebten Lebens. Die Geschichte des "geglaubten Gottes" ist in diesem Sinne eine "totale" Geschichte. Nicht eine umfassende, anmaßend-unmögliche Rekonstruktion der vergangenen Wirklichkeit als Ganze ist gemeint, sondern eine Geschichte, die das politische, soziale, kulturelle und wirtschaftliche Leben der Menschen in engster Beziehung zur deren christlicher Identität begreift. Insofern gibt es grundsätzlich kein Feld historischer ‚Wirklichkeit', das nicht zum Gegenstand einer solchen Geschichte werden könnte.

Die Geschichte des Christentums legt den Grund für das Verständnis der Entwicklung christlicher Lehre, Ethik und Praxis; sie spiegelt in der Geschichte der religiösen Gruppen und Individuen und der kirchlichen Institutionenbildungen, Sozialformen, Frömmigkeitshaltungen und Mentalitäten das historisch gelebte Verständnis von Bibel und Glauben wider. Daher ist nicht nur das Denken der Menschen von Interesse (Ideengeschichte), nicht nur die Kirche als Körperschaft mit mächtigen Repräsentanten (Institutionen- und Personengeschichte), sondern ebenso die politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Bedingungen, die sich auf religiöses Verstehen und Leben auswirken; gleichzeitig wird im Blick behalten, wie Religion sich verändernd auf eben jene Faktoren gestaltend auswirkt. Demnach geht es um eine Wechselbeziehung zwischen Religion und Gesellschaft; die Tübinger Kirchengeschichte im Bereich MNKG versteht sich daher als eine "Gesellschaftsgeschichte des Christentums", die das Verhältnis zu den anderen gesellschaftlich und politisch bedeutsamen Religionen, besonders dem Judentum und dem Islam, nicht außer Acht lässt.

Das Fach Mittlere und Neuere Kirchengeschichte arbeitet vom Übergang zum frühen Mittelalter bis zur aktuellen Zeitgeschichte der sechziger Jahre des 20. Jahrhunderts. Der weite Epochenumfang (frühes und hohes Mittelalter, Spätmittelalter und Reformationszeit, Frühe Neuzeit und Neuzeit, Zeitgeschichte) wird an zentralen Gelenkstellen und mit Blick auf lange Entwicklungsbögen behandelt.
Auf diese Weise fördert das Fach den Prozess christlicher Identitätsbildung und hält ihn offen und unabschließbar gegen Fundamentalismus, gegen triumphalistische Geschichts- und Selbstbilder und gegen die Absolutsetzung konfessioneller Identitäten.

Vgl.: A. Holzem, Die Geschichte des "geglaubten Gottes". Kirchengeschichte zwischen "Memoria" und "Historie", in: A. LEINHÄUPL-WILKE, M. STRIET (Hg.), Katholische Theologie studieren: Themenfelder und Disziplinen, Münster - Hamburg - London 2000, 73-103.

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Moraltheologie

In einer Zeit, in welcher Ethik als Lebensorientierung, als Verantwortung und als Basis sozialer Solidarität besonders gefragt ist, steht die Ethik oft im öffentlichen Mittelpunkt, muß sich aber zugleich gegenüber starker Konkurrenz im säkularen ethischen Denken (Philosophie, Humanwissenschaften) konstruktiv behaupten. Ethische Fragen stehen der menschlichen Vernunft offen. Im Sinnhorizont des Glaubens werden sie entfaltet. Die motivierenden Kräfte des Glaubens tragen zur ethischen Einsicht und Praxis bei. Dies alles geschieht heute besonders im Kontext der christlichen Ökumene, des interreligiösen und interkulturellen Dialoges sowie des philosophischen Diskurses. Die beiden Fächer der Theologischen Ethik haben sich im deutschen Sprachraum aus dem unterschiedlichen Bezug der Ethik auf Personen und Institutionen herausgebildet (letzteres in Korrespondenz zur sogenannten katholischen Soziallehre).Sie bleiben aber in den Fragen der richtigen Normen und der Modelle des guten Lebens im Kontext von Schrift, Tradition und systematischer Reflexion miteinander verbunden.

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Neues Testament

Gemäß dem Zweiten Vatikanischen Konzil ist das Studium der Heiligen Schrift gleichsam die Seele der Theologie" (Dei verbum Nr. 24). Die frühchristlichen Schriften, welche die Kirche schon sehr zeitig, im 2. Jahrhundert, zur Schriftensammlung ihres "Neuen Testaments" vereint hat, besitzen nämlich zusammen mit dem "Alten Testament" als Norm ihres Glaubens überragende Bedeutung. Die Faszination, die von den neutestamentlichen Texten auf die heutigen Leser ausgeht, besteht nicht zuletzt darin, dass man an ihnen verfolgen kann, wie die Kirche entstand, wie die Anhänger Jesu von Nazareth im Horizont des jüdischen Denkens ihre Erfahrungen mit ihm zum ersten Mal zu buchstabieren lernten und in einer atemberaubenden Dynamik ihren Glauben in den hellenistisch-römischen Kulturraum der Mittelmeerwelt hineintrugen. Der Reichtum der dabei entstandenen Ausprägungen von christlichem Leben und Denken stellt für uns heute eine Herausforderung, aber auch eine Ermutigung dar angesichts der epochalen Aufgabe, Kirche in unserer immer mehr de-christianisierten Welt neu zu beheimaten.

Neutestamentliche Wissenschaft ist dreidimensional: Als Textwissenschaft bemüht sie sich auf der Basis der griechischen Philologie mit literaturwissenschaftlichen Methoden um die Auslegung der Schriften, als Geschichtswissenschaft arbeitet sie im Zusammenspiel mit Judaistik, Alter Kirchengeschichte, Liturgiewissenschaft und hellenistisch-römischer Profan- und Kulturgeschichte an der Rekonstruktion der Anfänge des frühen Christentums. Dabei versteht sie sich als Anwältin der Texte, deren unverwechselbare Stimme sie profilieren will, in der Überzeugung, dass diese gerade in ihrer historischen Fremdheit und Andersartigkeit Bedeutung für uns erlangen. Die dritte Dimension der neutestamentlichen Wissenschaft ist die theologische . Sie besteht in der Aufgabe, die Polyphonie des Kanons (der z.B. nicht ein Evangelienbuch enthält, sondern deren vier) von seiner Mitte her, der Christusbotschaft, hörbar zu machen.

Am Lehrstuhl in Tübingen werden folgende Bereiche des Faches besonders gepflegt: das Verhältnis des frühen Christentums zum Judentum; die großen theologischen Entwürfe des Paulus, des Hebräerbriefs und des Johannesevangeliums als Säulen einer neutestamentlichen Theologie; die Deuteropaulinen und das Corpus Pastorale. Neben den regelmäßigen Lehrveranstaltungen zu den Hauptschriften des Neuen Testaments wird auch die Lektüre des frühjüdischen Schrifttums sowie von Texten hellenistischer Denker, z. B. Plutarch und Epiktet, gepflegt.

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Ökumenische und Interreligiöse Forschung

Das Institut für Ökumenische und Interreligiöse Forschung ist eine spezifische Lehr- und Forschungseinrichtung innerhalb der Katholisch-Theologischen Fakultät. Die Lehrveranstaltungen des Instituts, dessen Schwerpunkt auf dem Gebiet der Forschung liegt, bilden eine Ergänzung zu den Lehrangeboten der beiden theologischen Fakultäten. Neben Themen der ökumenischen Theologie im engeren Sinne pflegt das Institut eine weitgehende Interdisziplinärität, sowohl mit anderen theologischen Disziplinen als auch mit anderen Wissenschaften.
Aktuelle Schwerpunkte: innerchristliche theologische Ökumene (Forschungsprojekt: Communio-Ekklesiologie), neureligiöse Bewegungen (Forschungsprojekt: Nachchristliche Religiosität und Christentum), ökumenische und interreligiöse Dialogpraxis (Forschungsprojekt: Wandel von Erfahrung, Sprache und Denkformen im Kontext der religiösen Individualisierung, Kommunikative Theologie), Theologie und Naturwissenschaften.
Die umfangreiche Spezialbibliothek des Instituts ist seit SS 1996 in die Bibliothek des Theologicums integriert; ein historisch und systematisch erschlossener bibliographischer Forschungskatalog der theologischen Literatur von 1945-1993 sowie Archivmaterialien (z.B. zum Zweiten Vatikanischen Konzil) stehen für Spezialisten zur Verfügung.

Homepage: Institut für Ökumenische und Interreligiöse Forschung

Philosophische Grundfragen der Theologie

Philosophie ist der Versuch des Menschen, allein durch die Vernunft Klarheit über sich selbst und über die Wirklichkeit im Ganzen zu gewinnen. Durch ihren Vernunftbezug unterscheidet sich die Philosophie von den Religionen, für die eine göttliche Offenbarung, die im Glauben entgegengenommen wird, den letztgültigen Maßstab bildet. Während die Religionen individuelle Glaubensentscheidungen voraussetzen und somit partikular bleiben, bildet die Vernunft ein universal zugängliches Medium der Verständigung und der Argumentation.

Im Studium der katholischen Theologie stehen Philosophie und Religion in einem kontinuierlichen Gespräch. Das Christentum ist wie kaum eine anderen Weltreligion daran interessiert, den Glauben vernünftig zu reflektieren und im Raum der Vernunft zu artikulieren, um so allen Menschen seinen Anspruch verdeutlichen zu können. Es ist deshalb von sich her an der Philosophie interessiert. Die Philosophie nimmt in bezug auf den christlichen Glauben und dessen theologische Reflexion auch die Stellung einer Vermittlerin zu dem ein, was außerhalb des christlichen Diskurses gedacht wird. An der Schwelle plaziert, steht sie bald draußen im Gespräch mit anderen Philosophen, bald drinnen im Gespräch mit den Theologen - trägt das eine hinaus, das andere hinein, und tut das Ihrige dazu, daß christlicher Glaube den lebendigen Kontakt zur geistigen Kultur seiner Zeit nicht verliert.

Zu den "philosophischen Grundfragen der Theologie" gehören vor allem die Fragen nach den Fundamenten der Wirklichkeit (Metaphysik, Philosophische Gotteslehre), nach Gut und Böse (Philosophische Ethik), nach wahr und falsch (Erkenntnistheorie), nach dem Wesen des Menschen (Philosophische Anthropologie) und nach den Grundlagen der Religion (Religionsphilosophie).

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Praktische Theologie

Die Praktische Theologie ist eine Wahrnehmungs- und Handlungswissenschaft aus der Perspektive theologischer Vorgegebenheit und Notwendigkeit. Dabei ist zu unterscheiden zwischen dem Wahrnehmen und Handeln Gottes auf der einen und dem Wahrnehmen und Handeln der Menschen auf der anderen Seite. Die biblische Offenbarung spricht davon, dass Gott die Menschen und ihre Geschichte und Geschichten wahrnimmt und zu Gunsten der Vertiefung und Erlösung ihres Lebens handelt. Von dieser Vorgegebenheit der Erfahrungen mit Gott her sieht die Praktische Theologie in die Gegenwart und Zukunft, prüft die entsprechende Gottes- und Menschenbeziehung, identifiziert die Notwendigkeit von Veränderungen zum Besseren hin und ruft zu entsprechendem Handeln auf.

Derart versucht sie die "Zeichen der Zeit" nicht nur auszumachen, sondern jenes Handeln in den Blick zu nehmen, das buchstäblich notwendig ist, und die dafür Verantwortlichen zu nennen. Diese Prozedur bezieht sich auf alle Bereiche des Lebens: auf Glaube und Verkündigung, auf die Gestaltung von kirchlicher Gemeinschaft und gesellschaftlicher Verantwortung, auf die Solidarität mit von Leid, Ungerechtigkeit und Gewalt betroffenen Menschen (also auf die Bereiche der Caritas und der politischen Diakonie).

Immer geht es dabei um die Verwurzelung des christlichen Handelns im Handeln Gottes an uns (in seiner Gnade) und um die Hoffnung auf die Auferstehung auf eine endgültige Gerechtigkeit und Versöhnungsmöglichkeit im Gericht. Von einer solchen Hoffnung kann jetzt ausgehalten werden, was nicht verändert werden kann, kann hingenommen werden, was christliches Handeln an Risiko und Nachteil bedeuten kann, ohne dabei die Hoffnung zu verlieren, ohne bei Enttäuschung und Misserfolg in Gewalttätigkeit oder Resignation zu verfallen.

In all ihren Forschungsbereichen verwirklicht sich die Praktische Theologie auch wissenschaftlich in der gleichen Form, die ihr inhaltlich aus der Verbindung von Gott und Geschichte, von Glaube und Leben, von Kirche und Gesellschaft vorgegeben ist: So konstituiert sie sich wissenschaftstheoretisch im Lebensbereich der Universität in der Verbindung von Theologie und Humanwissenschaften, je nach Forschungsbereich, der untersucht wird. Es handelt sich um Partnerwissenschaften, ohne die die Praktische Theologie weder auf wissenschaftlichem Niveau wahrnehmen noch notwendiges Handeln entwerfen kann.

Bei alledem versteht sich die Praktische Theologie als eine Begleitung und Unterstützung christlicher und kirchlicher Existenz, sei es in der ermutigenden Verstärkung gegenwärtiger Motivationen und Handlungen, sei es im prophetischen Aufruf und in der Mitverantwortung für eine neue und bessere Praxis: im Verändern der Verhältnisse genauso wie im von der Hoffnung getragenen (Mit-)Aushalten des Nichtveränderbaren.

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Religionspädagogik

Die Abteilung für Religionspädagogik, Kerygmatik und kirchliche Erwachsenenbildung ist Teil der Praktischen Theologie und reflektiert und gestaltet religiöse Erziehungs- und Bildungsprozesse. Dabei setzt er sich mit drei Bereichen auseinander: (1) in der Religionspädagogik mit dem Lernort Schule und dem Religionsunterricht, (2) in der Kerygmatik mit der Verkündigung des Evangeliums an (christliche) Menschen in Predigt und Hinführung zu den Sakramenten sowie (3) in der kirchlichen Erwachsenenbildung mit den Lehr- und Lernprozessen von Erwachsenen.
Damit verweist der Name der Abteilung darauf, dass es ganz allgemein um religiöses Lernen, religiöse Erziehung, Bildung, Sozialisation und Entwicklung in Familie, Schule, Kirche und Gesellschaft geht. Hierdurch wird auch der Bezug der Religionspädagogik als theologische Disziplin zu den sozialwissenschaftlichen Disziplinen, wie z.B. der Pädagogik, Psychologie usw., deutlich.
Ebenso zeigt sich aber auch die Nähe bzw. Verbindung zur Katechese, d.h. dem Lehr- und Lernprozess des Christseins. Denn gelingende religiöse Bildungsprozesse müssen den Lernenden mit Inhalten konfrontieren, ihn zur Auseinandersetzung und schließlich zu einer persönlichen Entscheidung–in die eine oder andere Richtung - herausfordern.

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Theologische Ethik / Sozialethik

In der Sozialethik geht es zunächst um die richtige Konstitution von Gesellschaftsordnungen und um die Prinzipien (Personenprinzip, Gerechtigkeit und Solidarität), die dabei grundlegend sind. Dabei ist den Gerechtigkeitstheorien, den internationalen Verteilungsstrukuren und den theologischen Motiven (Reich Gottes, Befreiung) besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Das politische Ethos der Menschenrechte sowie die Rechts- und Institutionenethik bereiten die speziellen Fragen der Wirtschafts-, Arbeits- und Umweltethik sowie der Kulturethik (u.a. der Sportethik) und der Familienethik vor. Ein besonderer Schwerpunkt liegt in der ethischen Herausforderung des technischen Wandels.

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