Seit Januar 1998 stellt die Abteilung der Älteren Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen archäologische Untersuchungen an den Geelbek Dunes an. Das Dünenfeld liegt etwa 90 km nördlich von Kapstadt und nur wenige Kilometer von der atlantischen Küste entfernt. In den Bereichen zwischen den Dünen finden sich zahlreiche Steinartefakte und Knochenfunde. Die Untersuchungen werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert; das Projekt hat folgende Ziele:
Eine Liste der Publikationen zum Projekt finden sie hier, eine Liste der beteiligten Wissenschaftler hier.
Dem aktuellen Forschungsstand zufolge ist der Süden Afrikas eine der Wiegen der anatomisch modernen Menschen homo sapiens. Diese Spezies verließ Afrika und ließ sich im nahen Osten, in Europa, Asien und dem Rest der Welt nieder und gilt als Vorfahr aller heute lebenden Menschen. Archäologische Ausgrabungen im Süden Afrikas haben also das Potenzial, wichtige Informationen zum Entstehen der modernen Menschen zu Licht zu bringen. Funde wie die fossilierten menschlichen Fußspuren in Langebaan, MSA gravierter Ocker, Muschelperlen und Knochenwerkzeuge aus der Blombos Höhle, die Freilandfunde von Elandsfontein und mittelpaläolithische menschliche Überreste von Hoedjiespunt bewirkten, dass die Südafrika-Archäologie oft im Fokus der archäologischen Disziplin steht. Die Abteilung für Ältere Urgeschichte und Quartärökologie der Universität Tübingen hat ihre Forschungen in den Geelbek Dunes abgeschlossen. Die Erkenntnisse ergänzen wichtige Entdeckungen, die an anderen Fundorten in der Western Cape Province und in Südafrika gemacht wurden. Durch diese Arbeiten wird ein Einblick in ein wichtiges Kapitel der Menschheitsgeschichte ermöglicht.
Die stratigraphische Abfolge der Dünen zu verstehen erwies sich als die nützlichste Methode, das relative Alter des archäologischen Materials an der Oberfläche zu ermitteln. Bei den freiliegenden äolischen Sedimenten und den darunter liegenden geologischen Strata handelt es sich um voneinander trennbare Schichten von vom Wind verwehten Sand, der Prozesse der Bodenbildung durchlaufen hat. Drei verschiedene Sandschichten bilden Ancient Dunes (AD), die während Trockenperioden entstehen und in wärmeren, feuchteren Perioden Bodenbildungsprozesse durchlaufen. Manche dieser Sandschichten verfestigten sich unterirdisch durch versickertes Wasser. Mindestens fünf Kalkretbanken bestehen aus solchen Schichten; sie entstanden meist durch primäre und sekundäre Akkumulationsprozesse. Wegen windbedingten Abträgen liegen diese Sand- und Kalkrethorizonte in den verschiedenen Bereichen in Geelbek unterschiedlich weit frei. Die Horizonte sind die Grundlage dafür, die Veränderungen im Klima in der Region während des späten mittleren und dem späten Pleistozän nachzuvollziehen. Des Weiteren lässt sich aus ihnen schließen, dass die freiliegenden kulturellen Überreste einer geologischen Einheit jünger sind als der Zeitpunkt, an dem die Einheit entstand.
Um die räumliche Fundverteilung der diversen Fundkategorien zu untersuchen, verwendeten wir ein dreidimensionales System (x, y, z) zur Dokumentation mit einer Genauigkeit im Millimeterbereich. Den geographischen Daten wurde jeweils eine detaillierte Beschreibung jedes Fundes zugewiesen bevor sie kartiert wurden. Mithilfe des Electronic Distance Measurement (EDM) Programms von Harold Dibble und Shannon McPherron und einer Leica Total Station konnte das Feldteam jedes Fundstück, das größer als 2 cm war, einzeln einmessen. Insgesamt wurden über 30 000 Datensätze auf den Husky 16 Feld-Computer überspielt.
Für jeden Fund registrierte der Computer den Namen der Örtlichkeit, die Fundnummer, Koordinaten, Bereich, Streuung, Fundbeschreibung, Datum, Uhrzeit, Bearbeiter, geologischen Kontext und die Höhe des verwendeten Reflektors. Unseren persönlichen Rekord mit dieser nicht nur zeitlich effizienten Methode erzielten wir mit 679 Funden an der Örtlichkeit Shelly am 30. März 2000. Die schnelle Anwendung ermöglichte, hohe Anzahlen von Funden auf einer Fläche von 120 000 m^2 zu dokumentieren. Nach dem Datentransfer auf eine Microsoft Access Datenbank wurden die Datensätze mit Golden Software's Surfer und ESRI's ArcMap kartiert. Die Funde wurden im Feld in neun große Kategorien klassifiziert, basierend auf dem Material der Fundstücke:
Die Fundstellen der Geelbek Dunes sind überwiegend dem MSA und dem LSA zuzurechnen und zeugen von kurzzeitiger Bewohnung, während der die Menschen einer Vielzahl unterschiedlicher Aktivitäten an verschiedenen Orten nachgingen. Geelbek ist günstig situiert; durch die Küstennähe konnten marine Ressourcen genutzt werden, und Tiere der oft diversen küstennahen Fauna aber auch der terrestrischen Fauna wurden bejagt und gefangen. Rohmaterial zur Steinwerkzeugproduktion wurden von bis zu 25 km herangeschafft. Eine Vielzahl an Aktivitäten fanden statt: Steinwerkzeuge wurden hergestellt und für die Jagd modifiziert, Ocker und pflanzliches Material wurde gemahlen, Walfleisch wurde gebraten und Walfett gewonnen, Perlen aus Straußeneischalen und Molluskenschalen wurden hergestellt, Schalentiere wurden als Nahrungsquelle genutzt, man begrub seine Toten. Die Zeugnisse dieser Aktivitäten erhielten sich und zeigen auf, dass menschliche Aktivitäte im MSA und LSA mitnichten auf solche, die in Höhlen und und unter Felsdächern stattfinden, begrenzt sind - was lange Stand der Forschung war.
Dieses großräumige Forschungsprojekt ist eines von vielen, die sich im Süden Afrikas mit Freilandfundstellen beschäftigen. Die gewonnen Erkenntnisse zeigen auf, dass die Menschen flexibel agierten und sich eine Vielzahl an unterschiedlichen Ressourcen zunutze machten. Diese Einblicke in kurzzeitige Besiedlungen ermöglichen uns, Aspekte des menschlichen Verhaltens zu verstehen, die uns in dichteren Fundhorizonten längerer Besiedlungen verborgen geblieben wären. Wir hoffen, dass unsere Unternehmungen dieser großräumigen Freilandgrabung den Nutzen und das Potenzial, den dieser Ansatz für die Forschung birgt, aufzeigen konnten.
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