Institut für die Kulturen des Alten Orients

Die Forschungsgeschichte

Das Tabqa-Staudammprojekt der syrischen Regierung gab in den 1970er Jahren den Anlass zu umfangreichen Rettungsgrabungen im Bereich des mittleren Euphrats. In dem Ruinenhügel, der bei der modernen Stadt Meskene liegt, etwa 100 km östlich von Aleppo entfernt, wurden die Rettungsgrabungen von zwei französischen Teams zwischen 1972 und 1976 durchgeführt. Die Ausgrabung der altorientalischen Stadt Emar erfolgte unter der Leitung von Jean-Claude Margueron, während die Erforschung der sich im östlichen Teil des Hügels befindenden byzantinischen und islamischen Stadtanlage, resp. Barbalissos und Balis genannt, André Raymond oblag.

In Emar haben die französischen Ausgräber einen Tempelbereich, der die Heiligtümer des Wettergottes Ba’al und - vielleicht - seiner Gemahlin Aschtarte umfasste, sowie mehrere Wohnhäuser freigelegt, die in die Spätbronzezeit (13. und Anfang des 12. Jahrhunderts v. Chr.) datieren. In vielen Arealen wurden Tontafeln entdeckt, ca. 800 Keilschrifttexte, die von dem Philologen Daniel Arnaud (Paris) bearbeitet und veröffentlicht wurden. Die Untersuchung der zahlreichen, auf den Tontafeln abgedruckten bzw. abgerollten Siegel übernahm indes Dominique Beyer (Straßburg).

Nach dem Ende der französischen Ausgrabungen fiel die ohne Bewachung zurückgelassene Ruinenstätte systematischen Plünderungen zum Opfer, die das Feld wie eine Mondlandschaft durchlöchert haben und den Antikenmarkt mit neuen Tontafeln belieferten. Bislang wurden ca. 370 Texte aus Privatsammlungen im Libanon, den Vereinigten Staaten von Amerika, Japan und Israel publiziert. Im Jahre 1992 nahm sich schließlich die syrische Antikenverwaltung der Ruine an und begann wieder mit wissenschaftlichen Ausgrabungen unter der Leitung von dem Archäologen Shawki Sha’ath und dem Philologen Farouk Ismail. Im Jahre 1996 wurde eine Zusammenarbeit mit der Universität Tübingen aufgenommen, aus der bis einschließlich 2001 vier Grabungskampagnen unter der Leitung von Uwe Finkbeiner resultierten. Seit 1999 vertritt Jamil Massouh die syrische Antikenverwaltung. Die syrisch-deutschen Ausgrabungen konnten neben spätbronzezeitlichen Befunden außerdem früh- und mittelbronzezeitliche Siedlungsschichten (d. h. aus der zweiten Hälfte des 3. und der ersten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr.) erfassen.