Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Wie lässt sich KI-Regulierung interdisziplinär und transatlantisch diskutieren?

Die zunehmende Nutzung von Systemen wie ChatGPT (OpenAI) oder Deep Seek in beruflichen, offiziellen, aber auch privaten und persönlichen Anwendungskontexten, zeigt, dass generative KI-Systeme längst elementarer Bestandteil unseres Alltags geworden sind. Nicht überraschend haben sich inzwischen ebenso vielfältige wie kritische Perspektiven zum gesellschaftlichen Einfluss dieser Technologien entwickelt. Zu diesem Diskurs gehört auch, in den Blick zu nehmen, auf welche Art und Weise die mittlerweile weit verbreiteten Systeme reguliert werden (können). 

Ein Ort solch einer Auseinandersetzung war im März 2025 die interdisziplinäre Tagung „Towards a Transatlantic Roadmap for AI Regulation“. Eine interdisziplinäre Gruppe aus Wissenschaftler*innen der Universität Tübingen und der University of North Carolina (UNC-Chapel Hill) kamen in Chapel Hill zusammen, um gemeinsam über das Zusammenspiel von KI Systemen und Regulierung zu diskutieren. 

Von Seiten des Ethikzentrums waren Andreas Baur, Jana Hecktor, Lisa Koeritz und Jessica Heesen vor Ort. Die Veranstaltung fand im Rahmen des Partnerschaftsprogramms der beiden Universitäten statt und wurde von Forschenden des IZEWs sowie der UNC Hussman School of Journalism and Media organisiert. 

Im August 2025 wurde nun im Anschluss an diese Tagung das Positionspapier "AI Governance & Democracy: A Statement of Principles and Transatlantic Research Goals" veröffentlicht. Darin haben die 22 unterzeichnenden Forschenden eine Reihe von Prinzipien und geteilten Forschungsziele festgehalten, die ihre interdisziplinären Sichtweisen und Expertisen bündeln und die zu weiterer Forschung sowie konkreten Maßnahmen im Feld der KI-Regulierung aufrufen. 

Ein Kernelement ist das gemeinsame Verständnis, dass eine wirksame KI-Governance über technische Lösungen hinausgehen muss, um grundlegende Fragen der Machtverteilung, der sozialen Gerechtigkeit und der Menschenwürde anzugehen:

Die Forschenden legen gemeinsam dar, dass sie sich weiterhin dem transatlantischen Dialog und der Verpflichtung auf gemeinsame demokratische Werte verschreiben. Sie sehen in der Verbindung der Innovationsstärke der USA mit EU-Standards zum Schutz der Menschenrechte einen Schlüssel zur Beantwortung der dringenden Herausforderungen bei der Gestaltung künstlicher Intelligenz zum Wohl der Gesellschaft.

Entsprechend stellen sie im Positionspapier gemeinsame Prinzipien auf, denen die Regulierung und Gestaltung von KI folgen sollte. Der Forschungsrahmen soll somit einen Fahrplan für die künftige transatlantische Zusammenarbeit zu KI-Governance und KI-Regulierung bieten.

Zu den wichtigsten Handlungsfeldern des Position Papers gehören:

  • Gemeinsame demokratische Prinzipien für KI-Governance

  • Engagement für Menschenrechte und soziale Gerechtigkeit

  • Rahmenbedingungen für ein Gleichgewicht zwischen Innovation und Schutzmaßnahmen

  • Gestaltung von KI im Einklang mit Arbeitnehmerinteressen und dem Umweltschutz

  • Forschungsvorschläge in fünf kritischen Bereichen

Die Arbeit an diesem Positionspapier ist Bestandteil der sich intensivierende Zusammenarbeit zwischen Forschenden am IZEW und der UNC-Chapel Hill. Gefördert vom gemeinsamen Seed Feed der Universität Tübingen und der UNC-Chapel Hill sind in den letzten zwei Jahren bereits drei Tagungen und Workshops zum Thema KI und Gesellschaft organisiert und durchgeführt worden. 

Die Initiative ist ein Beispiel für die laufende akademische Zusammenarbeit zwischen US-amerikanischen und europäischen Institutionen, obgleich der Dialog zwischen den Regierungen in letzter Zeit immer wieder Rückschläge erlitten hat. Sie kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, an dem Technologieunternehmen unterschiedliche Visionen der KI-Entwicklung vorantreiben, die mit demokratischen Werten in Konflikt geraten können. Das Positionspapier zeigt, dass ein Dialog zu KI und seiner Regulierung als interdisziplinäre sowie globale Herausforderungen betrachtet und entsprechend diskutiert werden muss.

Verfasst von: Jana Hecktor, Lisa Koeritz