Anke Springer - Promotionsprojekt
Das ‚Persönliche Budget‘ und seine Langzeitwirkungen auf die Handlungsspielräume von Menschen mit einer Behinderung
(Menschen mit einer geistigen Behinderung, die mit Hilfe des ‚Persönlichen Budgets‘ von einem stationären Setting in eine private Wohnform ziehen)
Menschen mit Behinderung haben in der BRD einen Rechtsanspruch auf eine Vielzahl von Hilfen durch sogenannte Rehabilitationsträger, wie zum Beispiel die Sozialhilfeträger, die Rentenversicherungsträger, die Krankenversicherung, die Bundesagentur für Arbeit. Die Zuständigkeit und die Zugangsvoraussetzungen für Hilfen, die als Leistungen zur Teilhabe bezeichnet werden, sind je nach Rehabilitationsträger unterschiedlich in den jeweiligen Rechtsnormen geregelt.
Bis in die 90iger Jahre stand bei den Hilfen für Menschen mit Behinderung das Prinzip der Fürsorge im Vordergrund. Durch Emanzipationsbewegungen der Betroffenen und ihrer Angehörigen wurde auch in der BRD das Prinzip der Fürsorge erweitert durch Selbstbestimmung und Teilhabe. Neben der Etablierung neuerer Unterstützungskonzepte (zum Beispiel ‚Selbstbestimmt Leben‘) finden die Forderungen nach Selbstbestimmung und Teilhabe ihren Ausdruck in der Einführung des Sozialgesetzbuches IX (SGB IX), das am 1. Juli 2001 in Kraft trat. Leistungen zur Teilhabe sollen nach § 4 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX eine möglichst selbstständige und selbstbestimmte Lebensführung ermöglichen.
Ein Persönliches Budget ist eine Geldleistung und wird im SGB IX erstmals als mögliche Leistungsform zur Ausführung von Leistungen zur Teilhabe durch die Rehabilitationsträger genannt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurden Leistungen zur Teilhabe überwiegend durch Sachleistungen erbracht. Mit dem Persönlichen Budget kann der Mensch mit Behinderung durch den Rehabilitationsträger einen Geldbetrag erhalten, dessen Höhe sich am individuellen Bedarf orientieren muss. Mit diesem Geldbetrag können sich behinderte Menschen die benötigte Hilfe selbst auswählen und einkaufen.
Gegenstand der Forschungsarbeit sind die Langzeitwirkungen des Persönlichen Budgets auf die Handlungsspielräume von Menschen mit einer sogenannten geistigen Behinderung, die von einem stationären Wohnsetting in eine private Wohnform wechseln.
Die untersuchten Handlungsspielräume werden im Lebenslagenkonzept von Böhnisch (theoretisches Analysemodell) benannt und von Frau Nahnsen ausdifferenziert. Es handelt sich um kein behinderungsspezifisches Analysemodell.
Methodisches Vorgehen
Um diese Ausgangsfrage beantworten zu können, werden drei Menschen mit einer geistigen Behinderung, die mit Hilfe des Persönlichen Budgets von einer stationären (Außen-)Wohngruppe in eine private Wohnform zogen, zu drei Zeitpunkten (1/4 Jahr, ¾ Jahr und 5 Jahre nach erstmaligen
Erhalt des Persönlichen Budgets) in Form von Problemzentrierten Interviews qualitativ befragt.
Für die anschließende Fallstrukturierung, wurde das Material in Abhängigkeit zur Fragestellung (Auswirkungen auf die Handlungsspielräume) gegliedert und in einzelne Kategorien geordnet. Als qualitatives Analysemodell zur Einzelfallanalyse wurde hierzu die Qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring verwendet, die dem Untersuchungsgegenstand und dem Instrument der Datengewinnung (Personenzentriertes Interview) adäquat erscheint.
Die Forschungsarbeit zielt nicht auf eine Generierung von spezifischen Typen ab, sondern will in erster Linie Langzeitwirkungen des Persönlichen Budgets auf die Handlungsspielräume eines bereits durch die Fragestellung definierten Typus (spezifische Zielgruppe und Nutzungstyp) herausarbeiten.
Dabei verfolgt die Forscherin trotz der spezifischen Fragestellung das Ziel, der Lebenswelt der Befragten gerecht zu werden, indem durch ein induktives Vorgehen unerwartete Aspekte und die jeweiligen Kontexte, die die Fragestellung und die analysierten Entwicklungen tangieren, erkannt und
erfasst werden. Insgesamt werden mit dem vorliegenden Datenmaterial drei Einzelfallanalysen erarbeitet.
In einem weiteren Schritt werden diese drei Einzelfallanalysen miteinander vergleichend analysiert.
In diesem Schritt können Gemeinsamkeiten der drei bereits im Vorfeld typisierten interviewten Personen (Budgetnehmer/in mit einer geistigen Behinderung und spezifische Nutzung des Budgets) und Besonderheiten des Einzelfalls aufgezeigt werden.
Persönliches Budget
Wechsel Wohnform
Handlungsspielräume nach Nahnsen
1) Versorgungs- und Einkommensspielraum
2) Kontakt- und Kooperationsspielraum
3) Lern- und Erfahrungsspielraum
4) Muße- und Regenerationsspielraum
5) Dispositionsspielraum