Universitätsbibliothek

Runenstabkalender aus dem Jahr 1656

Dieser hölzerne Runenstabkalender stammt nach derzeitiger Kenntnis aus der Provinz Dalarna in Mittelschweden und ist der einzige Kalender dieser Art im Bestand der Universitätsbibliothek. Geschenkt hat ihn der Bibliothek Wilhelm Otto Abel (1802-1886), zweiter Pfarrer in Leonberg, zusammen mit seinem umfangreichen Büchervermächtnis. Abel war nicht nur Pfarrer, sondern auch Skandinavienreisender und interessiert an Geschichte und Mythologie des hohen Nordens. Unser Runenstabkalender hat seinen Weg sicherlich über eine seiner Reisen zu uns gefunden, Näheres bleibt leider ungeklärt.

Runenstabkalender sind „ewige Kalender“ und stammen aus einer schwedischen Tradition, die sich in ganz Nordeuropa vom späten 13. Jahrhundert bis in die Mitte des
18. Jahrhunderts ausgebreitet hat. Die Kalenderstäbe waren ein wichtiges Instrument für die Landbevölkerung und sind Vorläufer der später entstandenen „Bauernkalender“. Runenstabkalender kennzeichnen wichtige Feiertage, Sonntage und Neumondphasen, die maßgeblich für die Abläufe in der Landwirtschaft waren.

Das Einmaleins der Runen:

  • Geritzt wurden die Runen vom Runenmeister oder der Runenmeisterin
  • Die Zeichen bestehen aus drei Teilen, die unterschiedlich kombiniert werden können: Stab, Zweig, Haken
  • Gelesen wird in der Regel von links nach rechts (rechtsläufig), aber auch linksläufig ist möglich und nicht unüblich
  • Jede Rune steht für einen Laut UND für einen bestimmten Begriff (Runenname)
  • Das Wort „run“ bedeutet so viel wie Heimlichkeit, Geheimnis, geheimer Berater
  • Runen finden Verwendung als Inschriften, nicht als Gebrauchsschrift
  • Odin ist der Herr der Runen
  • „Futhark“ heißt das runische Alphabet und bezeichnet die Reihenfolge der Runen
    (das ältere Futhark bis ca. 750 n. Chr. mit 24 Zeichen und das jüngere Futhark mit 16 Zeichen plus Punktierungen vor allem während der Wikingerzeit)

Auf unserem Kalenderstab sehen wir das erste Halbjahr mit jeweils drei Zeilen für die Monate Januar-März und April-Juni. Auf der Rückseite dasselbe für das zweite Halbjahr.
 

Ein Runenkalender setzt sich immer aus drei Zeilen zusammen:

In der ersten Zeile (hier F) stehen wichtige Feiertage, die den Heiligen gewidmet sind, einige davon mit eigenen Symbolen, z.B. ein Schlüssel für Petrus. Auch kleinere Festtage und andere wichtige Tage für die Bauernschaft sind zu sehen, beispielsweise ein Baumsymbol für die erste Winternacht.

Die zweite Zeile (hier S) steht für die Datierung des Sonntags in einem Jahr. Es stehen dort die ersten sieben Runen des Futharken     in 52maliger Wiederholung für 52 Wochen, wobei in jedem Jahr eine bestimmte Rune einen bestimmten Wochentag repräsentiert – in Abhängigkeit zum Sonnenzyklus, der auf der schmalen Seite des Kalenderstabs zu sehen ist.
Die dritte Zeile (hier G) kennzeichnet das Datum der Mondphasen, die sogenannten goldenen Zahlen, wonach sich Aussaat und Ernte richtet.
 

Quellen:
Runenstab-Kalender aus Schweden: UB-Signatur Me II 3

Digitalisat: idb.ub.uni-tuebingen.de/opendigi/MeII3


Runen : Geschichte - Gebrauch - Bedeutung / Arnulf Krause. UB-Signatur: 58 A 5034

https://www.khm.uio.no/english/research/publications/7th-symposium-preprints/runic-calendar.pdf