Bundesweite Befragung von Schöffinnen und Schöffen
Die Studie knüpft an ein bereits abgeschlossenes, ebenfalls bundesweit durchgeführtes Forschungsprojekt zur Verständigung im Strafprozess an. Beauftragt vom Bundesjustizministerium, hatte das IfK zwischen 2018 und 2020 gemeinsam mit Forschungsteams der Universitäten Düsseldorf (Leitung: Prof. Dr. Karsten Altenhain) und Frankfurt am Main (Leitung: Prof. Dr. Matthias Jahn) untersucht, inwieweit sich die professionellen Akteure an den Strafgerichten, in der Staatsanwaltschaft und der Strafverteidigung an die gesetzlichen Vorgaben zur Verständigung halten. Ein Aufsehen erregendes Ergebnis der damaligen Umfrage war, dass rund ein Fünftel der Befragten berichtete, regelmäßig von sogenannten illegalen Deals zu hören. Über 15% gaben sogar an, sich selbst häufig an diesen zu beteiligen. Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz erklärte damals als Reaktion, die Erforderlichkeit weiterer gesetzlicher Regelungen prüfen zu wollen. Die neu gewählte Ampelregierung hat in ihrem Koalitionsvertrag nunmehr angekündigt, „die Verständigung im Strafverfahren einschließlich möglicher Gespräche über die Verfahrensgestaltung“ neu zu regeln.
Die Befragung der Schöffinnen und Schöffen sollte dazu dienen, deren Rolle bei der Verständigung im Strafprozess zu untersuchen. Dies ist deswegen besonders wichtig, weil es sich bei Schöffinnen und Schöffen zwar um juristische Laien handelt, sie aber den Berufsrichterinnen und -richtern formal gleichgestellt sind und über das gleiche Stimmrecht verfügen.
Zur Durchführung des Forschungsprojekts konnte sich das IfK die Unterstützung der Justizministerien sämtlicher 16 Bundesländer sichern, wodurch die bundesweite Online-Befragung erst möglich wurde. Die Umfrage wird zudem unter anderem von der Deutschen Vereinigung der Schöffinnen und Schöffen unterstützt.
Insgesamt konnten mit der Befragung fast 9000 Schöffinnen und Schöffen erreicht werden. Die Studie ist damit – soweit ersichtlich – die umfangreichste Schöffenbefragung, die bisher in Deutschland durchgeführt wurde.
Die Ergebnisse des Forschungsprojekts wurden im Mai des Jahres 2023 unter dem Titel „Die Rolle der Schöffen bei Absprachen im Strafprozess. Ergebnisse einer Befragung von knapp 9.000 Laienrichtern“ im Nomos-Verlag veröffentlicht. Der Forschungsbericht ist sowohl kostenlos open access einsehbar als auch in einer Printversion zu erwerben.
Die Studie bestätigt bestehende Befunde, nach denen illegale Absprachen unverändert weit verbreitet sind. Prekär ist zudem, dass die Laienrichter nur selten über den Einfluss auf den Ausgang des Strafverfahrens verfügen, den sie eigentlich haben müssten. Stattdessen sind sie häufig nur Statisten.
Erfreulicher fiel dagegen ein anderes Ergebnis der Umfrage aus: So hält eine klare Mehrheit der Schöffen ihr Amt für wichtig. Obwohl die Laienrichter mit ihrer Tätigkeit mehrheitlich zufrieden sind, formulieren sie dennoch zahlreiche Verbesserungsmöglichkeiten.
Siehe auch: Pressemitteilungen der Universität vom 17.12.2021 und vom 16.6.2023 .