Neuere Geschichte

Dr. Anne Mariss

Wissenschaftliche Mitarbeiterin

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Frau Dr. Anne Mariss ist seit 10/2016 Akademische Rätin auf Zeit an der Universität Regensburg.

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Vita Lehrveranstaltungen Publikationen

Forschungsschwerpunkte

Disseration

„A World of New Things“. Praktiken der Naturgeschichte bei Johann Reinhold Forster.

In meiner Dissertation frage ich ausgehend von dem Universalgelehrten und Naturhistoriker Johann Reinhold Forster (1729-1798) nach den Wissenspraktiken von Naturgeschichte im Zeitalter der Aufklärung. Lange Zeit wurde die Naturgeschichte sowohl von der Biologie- als auch von der Philosophiegeschichtsschreibung als eine Art Vorläuferin der Biologie und ein immobiles, faktenanhäufendes Wissenssystem begriffen. Seit einigen Jahren wird die persistente Vorstellung einer in ihren Klassifikationsschemata erstarrten, immobilen Naturgeschichte von der kulturhistorischen Wissenschaftsgeschichte jedoch behutsam revidiert. Als eines der umfassendsten und weitreichendsten Wissensgebiete der Aufklärung ist die Naturgeschichte nicht nur als wissenschaftliches System, sondern als breit gefächertes sozio-kulturelles Phänomen zu erfassen – so die zentrale These der Arbeit. Mehr noch als andere Wissensgebiete zeichnete sich die Naturgeschichte in der Frühen Neuzeit durch ihre spezifischen sozialen und kulturellen Praktiken aus, die allein durch eine ideen- oder mentalitätsgeschichtliche Herangehensweise nicht zu greifen sind.

Über das Leben und Wirken Johann Reinhold Forsters verschaffe ich mir gewissermaßen ›Eintritt‹ in die Wissensräume der Naturgeschichte in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Während ein thematisch-disziplinärer Zuschnitt die Gefahr birgt, Prozesse oder Entwicklungen der Naturgeschichte im Sinne einer Zielgerichtetheit zu suggerieren und eine disziplinäre Trennung der Naturwissenschaften auf das 18. Jahrhundert zu projizieren, ermöglicht die verräumlichte Untersuchungsperspektive, die »eigentümliche Epistemologie« (Müller-Wille : 2007) der Naturgeschichte zu analysieren.

Dabei wird der makrohistorischen Ebene der Welt bzw. des Weltmeeres die mikrohistorische Perspektive des Schiffs gegenübergestellt. Der verräumlichte Blick auf die Dynamiken, die aus der unauflöslichen Verschränkung von Meer und Schiff hervorgehen, soll neue Perspektiven auf die Bedingungen, Möglichkeiten und Begrenzung naturhistorischer Wissensproduktion auf Weltreisen ermöglichen. Der zweite von mir untersuchte Wissensraum der Naturgeschichte ist die frühneuzeitliche Gelehrtenrepublik. Diese begreife ich als eine gleichsam virtuelle Konstellation von miteinander verwobenen Menschen, Objekten, Texten und Ideen sowie als ein weitgespanntes Netz von Patronagebeziehungen. Forsters bislang unerschlossene Korrespondenz dient mir dabei der Analyse naturhistorischer Praktiken innerhalb der res publica litteraria. Abschließend nehme ich die frühneuzeitliche Universität als einen räumlich-konkreten Ort naturhistorischen Wissens in den Blick.