Ur- und Frühgeschichte und Archäologie des Mittelalters

Graduiertenkolleg 1662: Religiöses Wissen im vormodernen Europa (800-1800)

Erkenntnisinteresse

Mit dem Forschungskonzept des „ReligiösenWissens“ soll untersucht werden, wie sich im vormodernen Europa die sogenannte Wissensgesellschaft herausbilden konnte. Das Konzept geht nicht von einem Gegensatz zwischen ‚Wissen‘ und ‚Religion‘ aus, sondern im Gegenteil von einem dynamisierenden Zusammenspiel beider Felder.

Vormoderne

Der Begriff der Vormoderne bietet einen pragmatischen Orientierungs-rahmen für die Zeit zwischen 800 und 1800 (von der „correctio“ bis zur „Sattelzeit“) und ermöglicht es, Brüche und Zäsuren in der europäischen Wissensgeschichte jenseits der herkömmlichen Epochengrenzen zu betrachten.

Religiöses Wissen

Das religiöse Wissen bildete sich in fortwährender Auseinandersetzung mit dem Offenbarungswissen heraus und wurde medial in andere Kontexte transferiert und damit auch transformiert. Durch diese stetigen Adaptationen blieb es über die Jahrhunderte handlungsleitend für die Menschen. Es lassen sich vier Verfahrensweisen des Transfers und der Transformation religiösen Wissens voneinander abgrenzen: rituelle, kommentierende, ästhetische und empirische Verfahren.

Verfahren des Transfers und der Transformation

Leitende These ist, dass durch die einzelnen Verfahrensweisen Denkfiguren, Differenzierungen und Argumentationsstrukturen eingeübt wurden, die den Weg zur modernen Wissensgesellschaft mit anbahnten.


„ΚYΡΙE ΒΟΗΘΕΙ Τω Cω ΔΟΥΛω“ -Herr, hilf Deinem Diener: Zum Kontext von Bild, Text und Form byzantinischer Enkolpien

Enkolpien sind Reliquienbehälter, die als Anhänger getragen wurden. Das nicht sichtbare Heilige wird durch die äußere Gestaltung kenntlich gemacht. Das Verhältnis von Form, Bild und Text ist entscheidend für das Verständnis der Artefakte.
In einer vergleichenden Studie werden (Kreuz-) Enkolpien des 8.–14.Jh. aus dem ostmediterranen Raum untersucht. Die Objekte sind Gegenstand einer kontextbezogenen Analyse von Funktion, Form, Bildaussage und Textinhalt, die Sekundärquellen mit einbezieht.

Zielsetzung

Die Objekte werden interdisziplinär untersucht, um Transformationsprozesse religiösen Wissens– d.h. von der Aneignung religiösen Wissens bis zum Transfer auf den Bildträger– nachzuvollziehen. Es handelt sich um ästhetische Verfahrensweisen: Nicht nur der Wissensinhalt, sondern auch die Form und das Motiv bestimmen den Vermittlungsprozess. Die Kommunikatoren- und Rezipientenkreise werden durch den Grad der Mannigfaltigkeit der ikonographischen Programme und der Komplexität der Inschriften differenziert. Aufbauend auf älteren, nicht-christlichen Traditionen zeichnen sich in gestalterischen Veränderungen Verfahren einer Aneignung und Funktionalisierung des Heiligen ab. Diese basieren auf seiner Chiffrierung und Neuformulierung in Bildern und Inschriften.


Konfessionalisierung in Süddeutschland: Katholische und protestantische Grabdenkmäler im Vergleich

Wie wirkt sich der theologische Wandel im 16. und 17.Jh. auf die Gestaltung und die Funktion der Grabdenkmäler aus? Im Fokus des Projekts stehen Grabmonumente als Überlieferungsträger religiösen Wissens.
Im Zeitalter der Konfessionalisierung dienten Grabdenkmäler einerseits der Bewahrung von Traditionen, andererseits auch der konfessionellen Transformation von Offenbarungswissen und religiösem Wissen. So wurde z.B. die Konversion des Johannes Gockel mit der Errettung durch den Guten Hirten gleichgesetzt und gezielt zur konfessionellen Positionierung des Verstorbenen genutzt.

Lässt sich anhand dieses Grabdenkmals also tatsächlich der häufig angenommene Funktionswandel vom vorreformatorischen Stiftungswerk hin zum nachreformatorischen Bekenntniswerk feststellen?

Kontinuität und Wandel

Es zeigt sich u.a. bei der Wahl der Attribute eine konfessionsübergreifende Kontinuität mittelalterlicher Traditionen. Gleichzeitig gewinnt die spezifische Ausgestaltung einzelner Elemente an Bedeutung.

Konfessionelle Positionierung

Untersucht wird daher, ob Grabdenkmäler als Überlieferungsträger religiösen Wissens Verwendung fanden und inwiefern äußere Faktoren au fsie einwirkten. Wurden Grabdenkmäler bewusst für die Darstellung von Glaubensvorstellungen und für die gezielte Vermittlung konfessionsspezifischer Botschaften genutzt?

Kontinuität und Wandel

Es zeigt sich u.a. bei der Wahl der Attribute eine konfessionsübergreifende Kontinuität mittelalterlicher Traditionen. Gleichzeitig gewinnt die spezifische Ausgestaltung einzelner Elemente an Bedeutung.

Konfessionelle Positionierung

Untersucht wird daher, ob Grabdenkmäler als Überlieferungsträger religiösen Wissens Verwendung fanden und inwiefern äußere Faktoren au fsie einwirkten. Wurden Grabdenkmäler bewusst für die Darstellung von Glaubensvorstellungen und für die gezielte Vermittlung konfessionsspezifischer Botschaften genutzt?

Ansprechpartnerinnen:
Julia U. Gaus: julia-ulrike.gausspam prevention@uni-tuebingen.de
Kristina Seizinger: kristina.seizingerspam prevention@uni-tuebingen.de