30.04.2021
Forum Junge Rechtswissenschaft: Dr. Kristin Boosfeld M.Jur. (Oxon.) bietet spannende Einblicke in altniederländisches Recht
Intertemporalität mit Internationalität zu verbinden, ist eine Herausforderung – Dr. Kristin Boosfeld M.Jur. (Oxon.) ist dies mit ihrem Vortrag am 22.4.2021 in höchst anregender Weise gelungen. Frau Boosfeld hatte sich auf die Suche nach der Entstehung eines Numerus Clausus dinglicher Rechte begeben und entdeckte Erstaunliches: Während sich das Prinzip, dass der Einzelne keine neuartigen dinglichen Rechte begründen kann, im deutschen Recht in der Pandektistik im 19. Jahrhundert etablierte und sich von dort im gesamten europäischen Rechtsraum verbreitete, findet sich ein solcher Grundsatz bereits explizit in niederländischen Kodifikationsentwürfen des frühen 19. Jahrhunderts. Allein aus politischen Gründen wurden diese nicht umgesetzt. Erst zum Ende des 19. Jahrhunderts sollte sich das Prinzip dann in den Niederlanden durchsetzen. Damit ist die These widerlegt, dass der sachenrechtliche Numerus Clausus seine Wurzeln in der Pandektistik habe. Dies wirft spannende Fragen nach Gründen und Wechselwirkungen auf, für die Frau Boosfeld verschiedene Hypothesen aufstellte. Sie sieht eine Verbindung zum einheitlichen Eigentumsbegriff Grotius‘, der damit als Wegbereiter für den Numerus clausus dinglicher Rechte gelten könnte. In der anschließenden Diskussion wurde vor allem der Idee einer geschlossenen Zahl von Rechten nachgegangen. Unter anderem wurde diskutiert, inwieweit die Klagerechte im römischen Recht bereits abschließend waren und ob das heutige Sachenrecht überhaupt einen Numerus Clausus kennt. Das Spannungsfeld zwischen Privatautonomie und der Begrenzung von Rechten auf eine bestimmte Zahl wurde näher beleuchtet und schließlich auch auf kollisionsrechtliche Aspekte eingegangen.
Der erste Vortrag im Sommersemester 2021 war eine besondere Freude, nicht nur für rechtsgeschichtlich Interessierte, und bot einmal mehr die Möglichkeit der Internationalität: Die Zuhörerschaft war teils aus England, Österreich und der Schweiz zugeschaltet.
Der nächste Vortrag im Rahmen des Forums findet am Mittwoch, 19.5.2021 um 18.30 Uhr, wiederum digital statt. Vortragen wird Dr. Ríán Derrig zum Thema „Educating American Lawyers: The New Haven School’s Jurisprudence of Personal Character”.
Den Zugangslink erhalten Sie wie stets unter sabine-magdalena.schaeufler. @uni-tuebingen.de
Text: Sabine Schäufler
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