Workshop der Special Interest Group (SIG)
Quellen des Sinns – Fragen von Religiosität, Spiritualität und Ethik in Bildung und Unterricht
Universität Tübingen, 5.-6. Oktober 2022
In Bildung und Unterricht, auch in der Lehramtsausbildung, wird Fragestellungen zu Religiosität, Spiritualität und Moral/Ethik selten breitere Aufmerksamkeit geschenkt. Der Workshop im Oktober 2022 hat sich vorgenommen, diese Themen ins Zentrum der Debatten zu stellen, um Perspektiven für die Lehre an Schulen und Universitäten zu eröffnen, die jenseits von rein rational-argumentativen Auseinandersetzungen liegen. Diese sind für Bildung fraglos von Bedeutung, aber andere Herangehensweisen an menschliches Leben, Erleben, Denken und Handeln verdienen ebenfalls tiefer gehende Diskussionen.
Die Tagung wird sich Themen aus Bildung und Unterricht widmen, die gegenwärtig noch nicht im Zentrum der Debatten in der Lehramtsausbildung stehen, nämlich Fragen nach Religiosität, Spiritualität und Ethik im Unterricht. Dabei soll es nicht vorrangig um sachliche Kenntnisse etwa der Weltreligionen gehen, sondern explizit die Frage angesprochen werden, welche sinnstiftende und Orientierung gebende Rolle Religion, Glauben und Spiritualität für das Selbstverständnis und das Handeln von Menschen haben oder haben können. Ebenso sind alternative Quellen spiritueller Erfahrung in unseren Gesellschaften in der Diskussion, werden aber auch in Schule und Unterricht selten thematisiert (Meditation, Yoga, nicht-europäische Philosophien etc.). In diesem Zusammenhang ist auch die Frage von Relevanz, inwiefern sich zeitgenössische Formen von Sinnstiftung der Vereindeutigung entziehen (Stichwort: patchwork) oder diese gerade in neuer Weise hervorzubringen versuchen (Stichwort: Fundamentalismus).
Eingeladen werden daher auch Beiträge, die sich mit geschlossenen Sinnangeboten befassen: Wie soll man mit Vertreter*innen von Religionen umgehen, die ihre Weltsicht fundamentalistisch begründen und den demokratischen Grundüberzeugungen liberaler Gesellschaften widersprechen? Neben religiösem Fundamentalismus sind auch Themen wie das Erstarken populistischer Strömungen und Parteien, und die Zunahme anti-rationaler und anti-wissenschaftlicher Aktivitäten wie die Querdenker-Bewegung Themen, die auf der Tagung analysiert und diskutiert werden können.
Es stellen sich auf verschiedenen Ebenen ethische Fragen, die debattiert werden können und sollten. Auch hinsichtlich dieser Themen kann es um Aspekte der Ethik gehen, die über rationales Argumentieren hinausgehen, und berücksichtigen, dass Menschen nicht nur rein rationale Wesen sind, sondern Gefühle, körperliche Bedürfnisse und soziale und gesellschaftliche Bindungen haben. Sinn erscheint damit als ein Phänomen, das nicht allein rationalistisch begründet ist.
Auch und gerade Schulen sind Orte, an denen diese Fragen zur Sprache kommen, sei es als Gegenstand des Unterrichts oder als Elemente des gemeinsamen Umgangs im System Schule. Insofern gilt es die Kompetenzen von (angehenden) Lehrer*innen zu stärken, mit diesen Herausforderungen umgehen zu können. Daher sind auch Beiträge eingeladen, die sich mit (konkreten) schulischen Kontexten und der Lehrer*innen-Bildung befassen.
Wir beabsichtigen, die Beiträge der Teilnehmenden in einem Band in einer Reihe der Universität Tübingen zu veröffentlichen.
Die Special Interest Groups unter dem Dach von TüSE Research sind themenspezifische Forschungsgruppen im Bereich der Lehrerbildungs-, Schul- und Unterrichtsforschung an der Universität Tübingen. Die Tübingen School of Education fördert derzeit sieben SIGs.