Institut für Physikalische und Theoretische Chemie

Sarah Bieger (Promotion)

Aminopolyphosphonate wie Diethylentriaminpentakis(methylenphosphonsäure) (DTPMP) und Ethylendiamintetrakis(methylenphosphonsäure) (EDTMP) sind vielseitige Chemikalien, die als Komplexbildner, Korrosionsinhibitoren und Bleichmittel-stabilisatoren haushaltsnah und industriell Anwendung finden. Über 7000 Tonnen Aminopolyphosphonate wurden 2019 in Deutschlands u.a. in Wasch- und Reinigungsmitteln [1] und darüber hinaus in der Papier- und Textilindustrie, in der Wasseraufbereitung und in Kühlkreisläufen eingesetzt. In Kläranlagen werden ca. 80 – 90 % durch Adsorptionsprozesse zurückgehalten.[2] Der verbliebene Anteil erreicht die Oberflächengewässer, wo Konzentrationen im µg/L-Bereich im Flusswasser und im mg/kg-Bereich in Sedimenten detektiert wurden.[3] 

Aufgrund ihrer hohen Stabilität und bekannten Transformationsprodukten wie Phosphat und Aminomethyl-phosphonsäure (AMPA) kommen Aminopolyphosphonate zunehmend in den Fokus der Umweltanalytik. Die Bildung von Transformationsprodukten aus DTPMP und EDTMP ist, auch aufgrund von analytischen Herausforderungen, bislang kaum untersucht. Eine Meta-Analyse von internationalen Gewässerdaten zeigte eine deutliche Abwassergebürtigkeit von Glyphosat und dessen Abbauprodukt AMPA und stellte die Hypothese auf, dass Glyphosat wie auch AMPA nicht über seine Verwendung als Herbizid eingetragen wird, sondern aus Aminopolyphosphonaten gebildet wird. [4] Damit wären die Aminopolyphosphonate eine langjährige bisher nicht beachtete Quelle für Glyphosat in Oberflächengewässern. 

Im Fokus meiner Doktorarbeit stehen daher technische und umweltrelevante Prozesse, die für diesen bisher nicht beachteten Eintragspfad relevant sein können. Untersucht werden die Transformationsprodukte von EDTMP und DTPMP bei: Oxidation in Gegenwart von Übergangsmetallen, Photolyse, Ozonung und bei Abbau in Klärschlamm (hierzu wurde auch schon ein Paper veröffentlicht: [5]). Sowohl C-N- als auch C-P-Bindungen können gebrochen werden, und es kommt zu Oxidationen an Kohlen- und Stickstoffatomen, was zu einer Vielzahl von strukturell eng miteinander verbundenen und teilweise isomeren Transformationsprodukten führt. Ziel meiner Doktorarbeit ist die Identifizierung von Transformationsprodukten und die Aufklärung der verschiedenen Transformations- und Abbaupfade bei DTPMP und EDTMP um unter anderem die Bildung von Glyphosat und AMPA aus den Aminopolyphosphonaten zu verstehen. 

Ich benutze für diese non-target bzw. suspect-target Analytik viele verschiedene analytische Methoden wie Kapillarelektrophorese-Massenspektrometrie, Flüssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie, 1H- und 31P-NMR-Spektroskopie sowie in Zusammenarbeit mit anderen Arbeitskreisen und Institutionen weitere analytische Methoden, z.B. unter Verwendung von Ionenchromatographie. Zudem zählt auch die Synthese von potentiellen und vermuteten Transformationsprodukten für die qualitative Identifizierung von Probenbestandteilen zu meinem Aufgabengebiet, da Interne Standards meist nicht kommerziell erhältlich sind. 

 

 

Kooperationspartner:

  • Zweckverband Landeswasserversorgung, Betriebs- und Forschungslabor

  • Universität Stuttgart, Institut für Siedlungswasserbau, Wassergüte und Abfallwirtschaft

  • Berliner Wasserbetriebe 

Lehre:

  • Fortgeschrittenen-Praktikum Physikalische Chemie für Bachelor Chemie (AN3P)
  • Physikalisch-Chemisches Praktikum für Studierende der Bioinformatik, Informatik, Physik
  • Physikalisch-Chemisches Praktikum für Studierende der Pharmazie

Quellenverzeichnis:

[1] Industrieverband Körperpflege- und Waschmittel e.V. (IKW), Nachhaltigkeitsbericht 2021.

[2] Rott, E.; Happel, O.; Armbruster, D.; Minke, R. Behavior of PBTC, HEDP, and Aminophosphonates in the Process of Wastewater Treatment. Water 2020, 12, 53. doi.org/10.3390/w12010053. 

[3] Eisemann, L. Phosphonate in Wasch- und Reinigungsmitteln und deren Verbleib in der Umwelt –Umweltbundesamt, 2021, ISSN 1862-4804.

[4] Schwientek, M.; Rügner, H.; Haderlein, S.B.; Schulz, W.; Wimmer, B.; Engelbart, L.; Bieger, S.; Huhn, C., Glyphosate contamination in European rivers not from herbicide application?, Water Research 2024, 263, 122140. doi.org/10.1016/j.watres.2024.122140. 

[5] Engelbart, L.; Bieger, S.; Thompson, K.; Fischer, L.; Bader, T.; Kramer, M.; Haderlein, S.B.; Röhnelt, A.M.; Martin, P.R.; Buchner, D.; Bloch, R.; Rügner, H.; Huhn, C., In-situ formation of glyphosate and AMPA in activated sludge from phosphonates used as antiscalants and bleach stabilizers in households and industry. Water Research, 2025, 280, 123464. doi.org/10.1016/j.watres.2025.123464.