Internationales Zentrum für Ethik in den Wissenschaften (IZEW)

Naturschutz, Umweltethik und Nachhaltigkeitstransformationen gut debattieren

Wie kann Thomas Potthast, Sprecher des Ethikzentrums und Professor für Ethik, Theorie und Geschichte der Biowissenschaften angemessen gedankt und beglückwünscht werden? Indem man sich auf einem Symposium mit ihm über einige seiner Lieblingsthemen austauscht, und zwar in einem Modus, der ihm große Freude macht: der Debatte.

Thematisch fokussierte das Symposium auf drei Themen, mit denen sich Thomas Potthast in den vergangenen Jahren in einer akademischen und ehrenamtlichen Funktion beschäftigte, und zwar Naturschutz, Umweltethik und Nachhaltigkeitstransformationen. Zu jedem dieser drei Themen führten je zwei seiner Weggefährt*innen eine Debatte, zu der nach einer Weile Thomas hinzugebeten wurde, bevor schließlich die versammelten Gäste mitdiskutierten. Im ersten Block beschäftigten sich Dr. Hans-Werner Frohn (Leiter der Stiftung Naturschutzgeschichte) und Prof. Hubert Weiger (Ehrenvorsitzender des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland) mit historischen Orientierungen und gegenwärtigen Herausforderungen des Naturschutzes in Deutschland. Im Fokus stand die traditionelle Staatsorientierung des deutschen Naturschutzes und die Gründe dafür, künftig verstärkt Allianzen mit Bürger*innen zu suchen. Im Fokus der Debatte zwischen Dr. Uta Eser (Geschäftsführerin des Büros für Umweltethik) und Prof. Dr. Marcus Düwell (Universität Darmstadt) stand die Frage, welche Orientierung die Umweltethik für künftige Herausforderungen bieten kann. Als eine Aufgabe wurde dabei unter anderem gesehen, eine anspruchsvolle Vorstellung des Menschen als eines leiblichen Wesen in der Welt zu entwickeln und diese als Ausgangspunkt dafür zu nehmen, um moralische Rechte in einer sich rapide verändernden Welt zu formulieren und zu begründen. Im dritten Block wurde das Augenmerkt auf die Governance von Nachhaltigkeitstransformationen gelenkt, die thematisch auch in den vorherigen Debatten schon angesprochen wurde. Hier diskutierten Dr. Franziska Wolff (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz, früher Öko-Institut) und Prof. Dr. Michael Pregernig (Universität Freiburg). Ihr Blick richtete sich auf die institutionelle Gestaltung solcher Transformationen und die Chancen partizipativer Formen der transformativen und transdisziplinären Wissensproduktion als Möglichkeit, die Akzeptabilität von politischen Entscheidungen zu erhöhen. Die lebhaften Debatten und zahlreichen Beiträge der versammelten Gäste hätten problemlos eine mehrtägige Veranstaltung füllen können und zogen sich noch bis weit in den Abend hinein.

Das Symposium ging schließlich in den Festakt über, der mit den Grußworten von Prof. Dr. Thilo Stehle (Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät) und Prof. Dr. Taiga Brahm (Mitglied des Beirat für Nachhaltige Entwicklung) begann. Beide würdigten Thomas Potthasts Wirken in der Fakultät sowie als geschäftsführender Vorsitzender des Beirats für Nachhaltige Entwicklung. Die Festrede hielt Prof. Dr. Regina Ammicht Quinn (Co-Sprecherin des IZEW). In ihrer wertschätzenden und humorvollen Art betonte sie das »Dazwischen« im Leben des inter- und transdisziplinär arbeitenden Philosophen und Biologen. Wie es sich für ein Symposium gehört, fehlte auch der Gesang nicht; für ihn sorgte der Ernst-Bloch-Chor Tübingen, der damit sein langjähriges Mitglied beschenkte. Im Rahmen des Festaktes wurde als weiteres Präsent die Festschrift »Ich lehne mich jetzt mal ganz konkret aus dem Fenster: […]« überreicht.

Das letzte Wort gebührte dem erfreuten Jubilar, der in Abwandlung eines Slogans der französischen Gewerkschaftsbewegung seinen Gästen bestätigen konnte, dass ein Leben nach 60 möglich sei.

Philosophisch geschulten Ethiker*innen ist durchaus bewusst, dass ein Symposium keine trockene akademische Angelegenheit sein muss, sondern im Gegenteil eine gesellige Veranstaltung im Sinne des Austausches auf Augenhöhe, während derer sich die Teilnehmer*innen über ernste Fragen auseinandersetzen, sein kann. Als Veranstaltungsort war die Orangerie im Park des Schlosses Kilchberg gewählt, was sich als glückliche Fügung herausstellte, denn der Park lag am Festtag, dem 6. Oktober 2023, in einer warmen Herbstsonne und lud in den Pausen zum Lustwandeln ein. Für die kulinarischen Freuden sorgte das Team vom Gasthaus Hirsch in Kilchberg. Damit war ein wunderbarer Rahmen gesetzt, um gemeinsam zu debattieren und miteinander auf den Jubilar anzustoßen.

Simon Meisch und Cordula Brand