Philologisches Seminar

Simon Grund

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72074 Tübingen
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Sprechzeiten

Während des Semesters: Mi 11-12 Uhr

Während der vorlesungsfreien Zeit: nach Vereinbarung

 

Curriculum Vitae

2017/18
Erstes Staatsexamen an der Eberhard Karls Universität Tübingen

in den Fächern Lateinische Philologie und Philosophie/Ethik

2018–2020
Stipendiat des Promotionsverbundes 'Theorie der Balance - Formen und Figuren des Gleichgewichts in Medien- Kunst- und Literaturwissenschaft'
2020–2021
Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Graduiertenkolleg 1808: 'Ambiguität - Produktion und Rezeption'

Assoz. Mitglied seit 2018

Seit Okt. 2021
Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Philologischen Seminar

Assistentur des Lehrstuhls für Lateinische Philologie (Prof. Robert Kirstein)

02/2022–05/2022

Gastwissenschaftler an der New York University (NYU) gefördert durch den DAAD

2023
Promotion in Klassischer Philologie (Latinistik)

Titel: 'Exzess ohne Boden: Balance und Ambiguität in Ovids Tristien' (Promotionspreis der Philosophischen Fakultät 23/24)

Forschung

Forschungsinteressen

Ovid

Exildichtung

Ambiguität

Theorien der Balance in Literatur und Kunst

Narratologie und Semiotik

Aktuelle Projekte

Kleine Mommsen-Tagung 2023: 'Identität als Erzählung – Antike Perspektiven im Kontext' zusammen mit Dr. Francesco Padovani

Grund, S., Kirstein, R., Wagner, J. (eds.): Ambiguity and Narratology. Interdisciplinary and Diachronic Perspectives. In preparation for Narratologia. Contributions to Narrative Theory, Berlin, Boston: De Gruyter. (est. 2023)

Grund, S., Pulina, D. (eds.): Ovids Spiel mit dem Kalender. Die Fasti zwischen poetischer Originalität und kritischer Geschichtsdeutung. In preparation for Philologus Supplemente, Berlin, Boston: De Gruyter. (est. 2023)

Dissertation

Exzess ohne Boden – Balance und Ambiguität in Ovids Tristien

Das Projekt setzt sich mit der Frage auseinander, welche Rolle Ambiguität in der Exilliteratur Ovids spielt. Dabei soll gezeigt werden, dass eine strategische Verunklarung der Umstände und Erlebnisse im Exil ein poetisches Mittel ist, das eine verlorene Balance des Dichters auf der Ebene des textlichen Diskurses realisiert. Ausgangspunkt der Arbeit sind zwei Beobachtungen zu Ovids Exilliteratur, die bislang zwar getrennt voneinander beschrieben, bislang aber noch nicht dezidiert miteinander in Verbindung gebracht worden sind.

(1) In seinen Tristien, einer ersten Sammlung elegischer Exilgedichte, die gemeinhin den Beginn dieser Gattung in der abendländischen Literaturgeschichte markieren, schildert der römische Dichter Ovid die Erfahrungen seiner Verbannung (8 n. Chr.), seine Reise nach und seine Erlebnisse in seinem zugewiesenen Exilort Tomis an der Küste des Schwarzen Meeres. Dabei schildert er eine Welt, in der nicht nur Jahreszeiten und Klima, sondern auch seine körperliche und seelische Verfassung aus dem Gleichgewicht geraten. Mit metaphorischen und poetologischen Bildern des Gleichgewichts (z.B. Ikarus als Reflexionsfigur) stellt der Dichter seinen Sturz als radikalen Verlust des Gleichgewichtes dar, in dem Leben und Dichtung in eine Krise gestürzt sind, die einer Neuorientierung und eines neuen stabilen Standes bedürfen. Diese Thematik ist von der bisherigen Forschung zwar beschrieben, dabei aber lange Zeit als einseitige Selbst-herabsetzung des Dichters nach der Verbannung empfunden worden.

(2) Die Exilgedichte sind geprägt von einem hohen Maß an Unbestimmtheit, Vagheit und Ambiguität. Dies zeigt sich in verschiedenen Bereichen: Bis heute sind etwa die Gründe für die Verbannung auf persönlichen Erlass des Augustus unbekannt und ein Rätsel, das die Forschung lange beschäftigt hat. Grund dafür sind nicht nur der Mangel an historischen Quellen (außer Ovid selbst schrieb keiner seiner Zeitgenossen darüber), sondern auch eine Strategie des Textes, der immer wieder um dieselbe informationelle Leerstelle kreist, den Verbannungsgrund metaphorisch umschreibt und ihn dadurch erwähnt und doch nicht erwähnt. Andererseits entstehen die Gedichte in einem politischen Kontext, in dem der öffentliche Diskurs immer mehr beschnitten wird und letztlich auch, wie im Falle Ovids, in direkten Konflikt mit diesem sich neu konsolidierenden Machtsystem von Augustus geraten können. Die Tristien stellen den vordergründigen Versuch dar, sich mit dem Kaiser zu versöhnen, sind jedoch bei genauerem Hinsehen von doppelten Lesarten, kritischen Untertönen und spitzen Pointen durchzogen, die einer hermeneutischen Festlegung in der Interpretation entgegenstehen. Zuletzt ist auch die in den Texten sprechende Dichterstimme fluide und als Vexierbild aus einander widerstreitenden literarischen ‚Masken‘ (personae) zu betrachten, die sich den Lesenden auf verschiedene Weise annähern und die Grenzen des autobiographischen (oder: autofiktionalen) Sprechens vor dem Hintergrund eines ‚intentionalen Trugschlusses‘ weit ausloten.

Die Arbeit unternimmt den Versuch, diese beiden charakteristischen Merkmale von Ovids Dichtung zu verbinden und die Ambiguität (2) als poetische Strategie zu interpretieren, die das verlorene Gleichgewicht des Dichters im Exil (1) auf der Ebene des Textes realisiert. Indem dem Text wichtige informationelle Fundamente entzogen werden, so der Ansatzpunkt, geraten die Gedichte gewissermaßen selbst ‚aus dem Gleichgewicht‘ und machen den Sturz des Dichters rezeptionsästhetisch erfahrbar.

 

Publikationen

Aktuelle Publikationen

Grund, S., Kirstein, R., Wagner, J. (2024) (Hrsg.): Ambiguity and Narratology. Interdisciplinary Perspectives and Diachronic Case Studies (= Narratologia 92). Berlin, Boston: De Gruyter. (link)

Grund, S. (2024): “Ambiguous Narration – Narrative Ambiguity. Theoretical Reflections on Terms and Concepts”, in: Grund, S., Kirstein, R., Wagner, J. (Hrsg.): Ambiguity and Narratology. Interdisciplinary Perspectives and Diachronic
Case Studies (= Narratologia 92). Berlin, Boston: De Gruyter, 7–28.

Grund, S., Kirstein, R. (2024): “‘If anyone among this people ...’ – Ambiguity and Multiple Addressing in Latin Literature (Plautus, Catullus, Ovid, Thomas Morus)”, in: Grund, S., Kirstein, R., Wagner, J. (Hrsg.): Ambiguity and Narratology. Interdisciplinary Perspectives and Diachronic Case Studies (= Narratologia 92). Berlin, Boston: De Gruyter, 239–272.

eine vollständige Liste finden Sie hier

Vorträge

Vorträge in Auswahl

2023

  • Narrative Identity and Ambiguity: The Autofictional Mode in Ovid’s Tristia. Conference: Identität als Erzählung – Antike Perspektiven im Kontext/Identity as Narration – Ancient Perspectives in Context, 10. Kleine Mommsen-Tagung Tübingen Oct. 13–14.
  • Out of the Shadows – Spatial Semantics in Cicero's Reception of Plato’s Allegory of the Cave. Conference: The Transformation of the Platonic Dialogue in the Early Imperial Age, Gießen Oct. 06–07.
  • Der antike Diskurs um Gesundheit und Krankheit in der Metapher der Balance. Conference: Wie lässt sich vernünftig über Krankheit sprechen?, Tübingen (Institute for the Ethics and the History of Medicine) Aug. 01–02.
  • Mitte ohne Ende. Balance als Daseinsmetapher in Ovids Spätwerk. Forschungskolloquium Prof. Melanie Möller, Berlin Aug. 20 (with Robert Kirstein).
  • Narrating a State in Between – ‘Daseinsmetaphern’ in Ovid’s late Poetry. Conference: Ovid’s Poetry and its Afterlife. New Approaches and Perspectives, Liège Mar. 29–30 (with Robert Kirstein).
  • Geschichte(n) schreiben. Caesars Überschreitung des Rubikon als literarisches Ereignis. Conference: 42. Metageitnia, Basel Jan. 13–14.

2022

2021

  • A ‘State of in Between’ – Strategic Ambiguity in Ovid’s Tristia. Tandem-talk (together with Prof. Gareth Williams, Columbia University, NY): Tübingen May 06.
  • Ambiguity and Narratology: The State of the Art. Conference: “Ambiguity and Narratology”, Tübingen Apr. 22-24.

2020

  • Ereignishaftigkeit im griechischen und römischen Epos. Research Colloquium Prof. Robert Kirstein, Tübingen Jul. 03.
  • Ambiguity and Focalization. New Perspectives on Ambiguous Perspective?. Conference: Perspectives of Ambiguity, Heiligkreuztal Jan. 10-12.

2019

  • ‚Triumph of Fiction‘ – Bilder der Balance in Ovids Exildichtung. Conference: “Theory of Balance/Theorie der Balance”, Harvard University (Barker Center) Oct. 01-02.
  • ‚Crying Icarus‘: Präsenz und Absenz von Objekten in Ovids Tristien. Conference: “Flying Icarus – Mensch – Objekt – Maschine – Schnittstelle”, Tübingen (Museum of the University) June 06-07.

2018

  • Gleichgewicht als Ideal: Die Idee der Gütergemeinschaft in Thomas Morus Utopia und ihre ethischen und anthropologischen Implikationen. Conference: “Gleichgewicht und Ökonomie”, Tübingen (Forum Scientiarum) Nov. 15-16.

 

Varia

Mitgliedschaften

Tübingen Working Group Narrative Dynamics in Latin Literature Link
International Ovidian Society (IOS) Link
Mommsen-Gesellschaft (Jungmitglied) Link
DFG-Graduiertenkolleg 1808 Ambiguität: Produktion und Rezeption (Alumnus) Link
Promotionsverbund Theorie der Balance – Formen und Figuren des Gleichgewichts in Medien-, Kunst- und Literaturwissenschaft (Alumnus) Link
DAAD-Alumni network Link

Gutachtertätigkeiten

BICS (Bulletin of the Institute of Classical Studies)