Institut für Erziehungswissenschaft

Laufende Qualifikationsarbeiten / Current PhD Theses


Anika Klein, M. A.

Die Bedeutung von Aneignungsprozessen im Biografieverlauf für die Ernährungsweise / The Relevance of Biographic Acquisition Processes for the Eating Behavior

Die Ernährung stellt ein täglich wiederkehrendes Handlungsmuster dar, das einerseits auf der physiologischen Notwendigkeit des grundsätzlichen Nährstoffbedarfs beruht. Auf der anderen Seite erfährt die Ernährung auch aufgrund unzureichender handlungsleitender Instinkte eine kulturelle Regulierung: Erst im Lebensverlauf wird erlernt, was als Nahrungsmittel gilt, wie dieses zuzubereiten ist, wie verschiedene Speisen zu verzehren sind und welche kulturellen Vorgaben dabei zu berücksichtigen sind. Dabei erfolgen diese lebenswichtigen Aneignungsprozesse zumeist beiläufig und außerhalb formaler Bildungskontexte.

Während aus verschiedenen Disziplinen Studien zu einzelnen Zusammenhängen zwischen der Herausbildung von Ernährungsweisen und verschiedenen Faktoren, wie sozioökonomische Rahmenbedingungen, biologische Veranlagungen oder individuelle (Sozialisation-)Erfahrungen vorliegen, sind nur wenige Kenntnisse zum Zusammenwirken der verschiedenen Faktoren vorhanden.

Vor diesem Hintergrund beschäftigt sich das Qualifikationsvorhaben mit der Bedeutung sich im Biografieverlauf vollziehender Aneignungsprozesse für die zu einem Zeitpunkt gegebene Ernährungsweise, um so ein tieferes Verständnis für das (zeitliche) Zusammenwirken verschiedener Faktoren zu erlangen. Ein weiteres Ziel besteht in der Formulierung konkreter Handlungsempfehlungen, beispielsweise für die Entwicklung und Optimierung präventiver und intervenierender Maßnahmen im Rahmen der Ernährungsbildung.

Das methodische Vorgehen orientiert sich an der Grounded Theory nach Strauss und Corbin. Die zentrale Datengrundlage der Studie bilden biografische Interviews mit Eltern im jüngeren bis mittleren Erwachsenenalter. Der Einbezug weiterer Daten wird in Abhängigkeit vom Forschungsverlauf erwogen, z. B. zusätzliche Befragungen von Familienangehörigen, die Erstellung von Ernährungstagebüchern oder Fotodokumentationen.
 

Nora Leben, M. A.

Digitale Plattformstrukturen in der wissenschaftlichen Weiterbildung aus governancetheoretischer Sicht

(Arbeitstitel)

Als gesamtgesellschaftliches Phänomen der Digitalisierung erhalten Plattformen verstärkt Einzug in die Lebenswelt, Arbeit und (Digital-)Wirtschaft. Hierbei werden Plattformen als digitale Infrastrukturen verstanden, die mit ihren Vermittlungsleistungen intermediäre Funktionen innerhalb unterschiedlichster gesellschaftlicher Teilsysteme erfüllen und dadurch neue Steuerungs- und Koordinationsformen von digitaler Organisation und Dienstleistungen hervorbringen. Dies gilt auch für die wissenschaftliche Weiterbildung, die in ihrer hybriden Positionierung Bezüge sowohl zum Hochschulsystem als auch zum Weiterbildungsmarkt aufweist: Anbieter bauen einzeln und im Verbund eigene Kollaborations-, Lern- und Marketingplattformen auf. Zudem agieren vermehrt privatwirtschaftliche Digitalunternehmen als Plattformbetreiber und Anbieter im Feld der wissenschaftlichen Weiterbildung. Vor diesem Hintergrund deuten sich vielfältige Dynamiken in der Akteurskonstellation an.
Anknüpfend an die soziologische und betriebswirtschaftliche Plattformforschung untersucht das Dissertationsprojekt aus einer erziehungswissenschaftlichen Perspektive digitale Plattformen in der pluralen wissenschaftlichen Weiterbildungslandschaft. Ziel der kumulativen Dissertation ist es, Erkenntnisse über Plattformstrukturen und ihre Organisations- und Steuerungsformen zu gewinnen, die Aufschluss über die Strukturentwicklung der wissenschaftlichen Weiterbildung geben und einen Beitrag für die Professionalisierung und das Weiterbildungsmanagement leisten. Um die plattformspezifischen Organisations- und Steuerungsformen zu untersuchen, orientiert sich das Vorhaben an einem analytischen Governanceverständnis, das sich von linear-staatszentrierten und normativen Steuerungsansätzen löst. Stattdessen werden multipolare Akteure und mehrdimensionale Formen der Steuerung und Handlungskoordination in der wissenschaftlichen Weiterbildung betrachtet.
Um Plattformen als vielfältige Phänomene mit verschiedenen Bezugsebenen in den Blick zu nehmen, gliedert sich die empirische Untersuchung dabei in drei Teilprojekte: Im ersten Teil wird das theoretisch bislang weit gefasste Konzept Plattform mittels eines Scoping Reviews systematisch erschlossen, theoretisch genauer konturiert und eine Standortbestimmung des Plattformsdiskurs vorgenommen. Im Anschluss werden in zwei weiteren Beiträgen über ein Mixed-Methods-Design (Durchführung von leitfadengestützten Interviews, Dokumentenanalysen und einer standardisierten Befragung) Wirkmechanismen und Akteurskonstellationen digitaler Plattformen empirisch untersucht sowie (neue) Handlungs- und Koordinationsanforderungen analysiert. Ein Schwerpunkt liegt auf den Auswirkungen von Plattformen auf die Governance des (digitalen) Weiterbildungsmarketings.
Ein Teil des Dissertationsprojektes ist in der wissenschaftlichen Begleitforschung GOMA@BW verortet.

 

Dipl.-Päd. Ilze Skuja

Weiterbildungspolitik und ihre Bedeutung für die Employability der älteren Arbeitnehmer. Eine vergleichende Studie zwischen Deutschland und Lettland / Further Education Politics and their Relevance for the Employability of Elder Employees. A Comparative Study between Germany and Latvia

Im Spannungsfeld der aktualisierten Debatte über die Wettbewerbsfähigkeit Europas und dem demographischen Wandel gewinnt die Employability der älteren Arbeitnehmer zunehmend an Bedeutung. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, wird berufliche Weiterbildung eine bedeutsame Rolle spielen. Je nach Wohlfahrtsstaatstypus verfolgen Deutschland und Lettland diesbezüglich unterschiedliche Politiken.

Die leitenden Fragen des Projektes sollen klären, in welchem Maße in der nationalen Weiterbildungs- und Employabiltiy-Politik ältere Arbeitnehmer zum Thema gemacht werden, wer die relevanten Akteure dabei sind und welche Programmatik sie verfolgen.

Im Sinne des Governance-Konzeptes und des akteurzentrierten Institutionalismus Ansatzes stehen die nationale Weiterbildungs- und Beschäftigungspolitik im Zentrum der Untersuchung. Eine systematische Sekundäranalyse vorhandener Dokumente und darauf aufbauende ExpertInneninterviews sollen dazu beitragen, die spezifischen Politiken und Politiktraditionen der beruflichen Weiterbildung zu rekonstruieren und darzustellen, welcher Programmatik sie folgen, um die Employability älterer Arbeitnehmer im demographischen Wandel zu fördern.

Das Promotionsvorhaben wird im Rahmen des von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten Promotionskollegs zu „International-vergleichender Forschung zu Bildung und Bildungspolitik im Wohlfahrtsstaat“ an der Universität Tübingen durchgeführt.
 

Laura Uhl, M. A.

Formierung und Wandel von Berufsbildern in der öffentlichen Erwachsenenbildung. Eine historische Analyse aus konventionensoziologischer Perspektive.

(Arbeitstitel)

Im Vergleich zu anderen Bildungsbereichen gibt es in der Erwachsenenbildung kaum rechtli-che Vorgaben zu Berufszugängen, Qualifikationen, Aufgaben und Kompetenzen des hauptberuflichen pädagogischen Personals. Die Rekrutierung und Stellenprofilierung liegt vielmehr in der Hand der Weiterbildungsorganisationen selbst. Jedoch wurden seit der Bildungsreformära der 1960er und 1970er Jahre Versuche unternommen, Berufsbilder für die Erwachsenenbildung zu etablieren, die von bildungspolitischen, verbandlichen und wissenschaftlichen Akteuren ausgingen. Bislang gibt es keine Forschungen dazu, welchen Einfluss diese Konzeptionen auf die kollektive Professionalisierung des Berufsfeldes hatten. Am Beispiel der Volkshochschulen untersucht das Dissertationsprojekt die historische Entwicklung und den Wandel von Berufsbildern in der öffentlichen Erwachsenenbildung.
Methodisch basiert die Studie auf einer qualitativ-quantitativen Inhaltsanalyse von historischen Dokumenten (idealtypische Berufskonzepte, bildungspolitische Planungsdokumente, Gesetzestexte, verbandliche Statistiken) und Stellenanzeigen von Volkshochschulen seit der Bildungsreformära bis heute, die in ihrem Zusammenhang analysiert werden. Mittels der Dokumentenanalyse wird untersucht, welche Akteure an der Entwicklung und Verbreitung von idealtypischen Berufsbildern beteiligt waren und welche Aufgaben, Qualifikationen und Kompetenzen jeweils betont wurden. Da davon ausgegangen wird, dass idealtypische Berufsbilder auf Bezugnahmen in den Einzelorganisationen angewiesen sind, um sich mittel- bis langfristig durchsetzen zu können, werden Stellenanzeigen von Volkshochschulen aus dem gesamten Bundesgebiet analysiert (1952-2022; n=4418). Durch die historischen Stellenanzeigen wird deutlich, inwiefern die idealtypischen Berufsbilder von den Volkshochschulen aufgegriffen und welche eigenen Stellenprofilierungen von ihnen vorgenommen wurden, z. B. vor dem Hintergrund neuer Anforderungen wie der digitalen Transformation. Einzelorganisationen tragen so zu einer Versteigung und einem Wandel von bekannten und anerkannten Berufsbildern bei.
Den theoretischen und forschungsmethodologischen Rahmen des Forschungsprojektes bildet die Soziologie der Konventionen. Indem Berufsbilder als Forminvestitionen verstanden werden, wird zugleich analysiert, auf welche Qualitätskonventionen sich diese stützen und wie sich dies im historischen Verlauf möglicherweise gewandelt hat.
Das Projekt leistet einen Beitrag zur Professionalisierungsgeschichte der Erwachsenenbildung sowie zu Debatten zur Veränderung und Entgrenzung von hauptberuflichen Tätigkeiten, z. B. im Kontext des neoliberalen Strukturwandels oder der gegenwärtigen Digitalisierung.

Das Dissertationsprojekt ist im DFG-Projekt „StellA“ verortet.

 

Silas Steinhilber, M. A.

Organizational Reframe – eine relationstheoretische Perspektive auf die Transformation organisationaler Identität im Kontext organisationalen Lernens

Mit der Dissertation soll die Frage erörtert werden, in welcher Beziehung organisationale Identität und organisationales Lernen stehen und wie sich diese relationstheoretisch konstituieren und modellieren lässt. Die grundlagentheoretisch angelegte Arbeit wird um einen empirischen Teil ergänzt, in dem mithilfe einer Delphi-Studie Stimmigkeit, Übertragbarkeit und Einsatzmöglichkeiten des Modells durch Expert:innen überprüft und diskutiert werden.