Fachbereich Wirtschaftswissenschaft

Top News

01.08.2017

Frauen im Aufsichtsrat und Vorstand

Mit einem Forschungsgegenstand hoher Aktualität befasst sich Professorin Kerstin Pull vom Fachbereich Wirtschaftswissenschaft. Ihr lebendiger Vortrag fesselte die zahlreichen Zuhörer/innen der Sommeruniversität Tübingen.

Es sind besonders zwei Fragestellungen, die Kerstin Pull und ihr Team interessieren:

1. Welchen Effekt hat der Frauenanteil im Vorstand auf die Unternehmensperformance?

2. Welche Auswirkungen hat das Rollenmodell auf jüngere Frauen?

Ausschlaggebend war das Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen, das 2016 in Kraft trat. In den 101 deutschen DAX 30 Unternehmen müssen seither 30 % Frauen im Aufsichtsrat vertreten sein. Der Anteil hat sich von 15,7 % auf 30,2 % erhöht, der Prozentsatz weiblicher Vorstände liegt bei 11 %. Mit welchen Effekten? Die Professorin für Personal und Organisation ging in ihren Forschungen drei Thesen nach: Frauen haben keinen Effekt, einen negativen Effekt, einen positiven Effekt. Die eigenen Studien ergaben positive Effekte. Frauen erhöhten die Anwesenheitsquote in Vorstandssitzungen, was einen positiven Effekt auf die Unternehmensperformance habe.

Welche Eigenschaften kennzeichnen Frauen?

Der Führungsstil von Frauen gilt als kollegial und demokratisch, sie verfolgen hohe ethische Standards und haben eine höhere Risikoaversion. Aber: „Sind Frauen im Aufsichtsrat anders?“ Durch spezielle Interviewtechniken wurde herausgefunden, dass Frauen eine andere Perspektive auf die Dinge haben als Männer, Diskussionen versachlichen und de-emotionalisieren sowie zwischen unterschiedlichen Interessen ausgleichen können. Lässt dies den Schluss zu, dass sich Diversität vorteilhaft auswirkt? Ja, aber die Datenerkenntnisse weisen darauf hin, dass dies erst ab einer kritischen Masse von 30 % Frauen im Vorstand geschehe, so Kerstin Pull.

Weiblicher Führungsnachwuchs in Unternehmen

Wie sieht es mit dem weiblichen Nachwuchs in den Unternehmen aus? Faktoren wie gesellschaftliche Geschlechterrollen, Familie, Kinderbetreuung, Wettbewerbsorientierung oder Risikoaversion beeinflussen Entscheidungen von Frauen für eine Tätigkeit in Vorständen. Hier kann die Attraktivität für weibliche Nachwuchskräfte noch deutlich gesteigert und das Rollenvorbild gestärkt werden.

Bei welchen Unternehmen bewerben sich Studentinnen und wo die Studenten?

Schließlich spielt die unterschiedliche Geschlechterverteilung in der Geschäftsführung eine Rolle bei Bewerbungen in Unternehmen, wie empirische Untersuchungen bei Studierenden ergaben. Bei Firmen ohne Frauen in Führungspositionen sowie einem ausgewogenen Verhältnis von Männern und Frauen zeigten männliche als auch weibliche Studierende etwa gleiches Interesse an der Ausschreibung. Waren ein Drittel der Führungskräfte Frauen, so nahm das Interesse von Männern um 9 % ab. Dass auch andere Faktoren, wie beispielsweise Fairness, Mitarbeiterorientierung und Funktion die Bewerbung um eine Stelle beeinflussen, dessen sind sich die Forscherinnen bewusst.

Ramona Gresch

Bild: Fotolia┬®Andrey Popov

Back