Unter der Leitung von Professor Andreas Holzem vom Lehrstuhl für Mittlere und Neuere Kirchengeschichte und Felix Maier vom Lehrstuhl für Dogmatik, Dogmengeschichte und Ökumenische Theologie wird eine gemeinsame Übung angeboten:
Francis Poulencs (1899–1963) Oper „Gespräche der Karmelitinnen/Dialogues des Carmélites" (1957) erzählt die Geschichte der „Märtyrerinnen von Compiègne“, die während der „Grande Terreur“ 1794 auf der Guillotine hingerichtet wurden, nachdem sie sich geweigert hatten, ihre Ordensgelübde zu brechen. Das Werk wirft fundamentale Fragen zu religiöser Praxis in existentiellen Grenzsituationen und politischen Umbruchsereignissen von weltgeschichtlicher Bedeutung auf. Die Revolution in Frankreich stellt den zentralen Schlüssel zum Verständnis der Christentumsgeschichte der Neuzeit dar.
Die Übung untersucht die Oper und ihre literarische Grundlage vor diesem Hintergrund als Anschauungsbeispiel. Die Karmelitinnen von Compiègne werden so zu einem Fallbeispiel für die Frage, wie sich Glaubenserfahrungen unter den Bedingungen politischer Umbrüche und religiöser Verfolgung artikulieren. Dabei steht nicht nur die Reflexion der historischen Ereignisse zur Zeit der Erzählung sowie zur Zeit der Uraufführung im Mittelpunkt, sondern auch die Frage, was aus theologischer Perspektive zu sagen ist, wenn Theater und Religion aufeinandertreffen. Die bevorstehende Neuinszenierung an der Staatsoper Stuttgart unter Regie von Ewelina Marciniak bietet die spannende Gelegenheit, diese historischen Glaubenserfahrungen in ihrer zeitgenössischen Interpretation zu betrachten. Dabei wird zu diskutieren sein, wie zutiefst religiöse Stoffe in einer Zeit ästhetisiert werden, in der das Christentum schwer vermittelbar geworden scheint. Die Frage wird zu besprechen sein, ob dem zeitgenössischen Musiktheater tatsächlich nur die „Resignation vor dem Totalverlust der Transzendenz“ bzw. die „Kapitulation vor dem Unbegreiflichen“ (FAZ über die Neuinszenierung von „Saint François d’Assise“ 2023) bleibt.
In Blockterminen werden sowohl die historischen Quellen als auch die dramaturgische und insbesondere die musikalische Interpretation analysiert und diskutiert. Für die thematischen Einheiten zu Inszenierung und Musik sind GastreferentInnen aus den Württembergischen Staatstheatern Stuttgart angefragt. Ein gemeinsamer Besuch der Aufführung in Stuttgart am 01.04.26 ist (fakultativer) Teil der Lehrveranstaltung.
Das Plakat und Informationen zur Anmeldung finden Sie hier.