Die Jüdisch-Islamische Forschungsstelle zielt auf die Förderung des wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Austausches zwischen diversen Perspektiven (religiös, theologisch, spirituell, religionswissenschaftlich, kulturell, profan etc.) von Akteur:innen des Judentums und des Islam. Die Stärkung eines auf kritisch reflektierende Verständigung ausgerichteten Diskurses zwischen Jüd:innen und Muslim:innen wird dabei nicht als exklusiv verstanden; vielmehr verweist dieser Diskurs von sich her auf allgemeinere religiöse und gesellschaftliche Verständigungsprozesse und Auseinandersetzungen um die Entwicklung unseres in sich vielfältigen Gemeinwesens.
Weltweit, und gerade auch in Deutschland, hat sich der interreligiöse Dialog in den letzten Jahrzehnten verstärkt. Über die Herstellung einer kommunikativen Nähe hinaus, beginnt dieser Dialog nicht nur wissenschaftliche, sondern auch wichtige gesellschaftliche Früchte hervorzubringen. Allerdings sind in diesen Dialog – sofern wir uns auf jenen zwischen den sogenannten abrahamitischen Religionen konzentrieren – bisher fast ausschließlich das Judentum und Christentum oder der Islam und das Christentum einbezogen. Der Dialog zwischen Jüd:innen und Muslim:innen hingegen ist nach wie vor ein Desiderat. Dabei legen nicht nur die geschichtlichen und theologischen Berührungspunkte zwischen Judentum und Islam eine akademischen Standards verpflichtete Erforschung und Diskussion der Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider religiösen und kulturellen Traditionen nahe; gerade auch aus der Perspektive aktuell brisanter gesellschaftlicher und politischer Probleme ist die Entwicklung einer miteinander geführten Diskussion dringend notwendig. Der Diskursraum der Universität, und in besonderer Weise des Tübinger Campus der Theologien bietet eine ideale Verankerung für diese Diskussion, einen Diskursraum, in dem sich diese kritisch reflektiert entfalten kann, um von dort aus, öffentliche Auseinandersetzungen zu befruchten.
Die Jüdisch-Islamische Forschungsstelle zielt vor diesem Hintergrund darauf ab, den interreligiösen Dialog zwischen Jüd:innen und Muslim:innen sowie die gemeinsame kritische Auseinandersetzung mit jüdischen und muslimischen Quellen in einer Weise zu fördern, in der sich wissenschaftliche und gesellschaftliche Anliegen gegenseitig befruchten und letztlich in eine umfassendere, auch andere Religionen einbeziehende interreligiöse Fragestellung münden. Die kritische Anamnese der Wechselbeziehungen zwischen Judentum und Islam zielt mithin darauf, den wechselseitigen Zuschreibungen imaginärer Identitäten, die die ideologischen Diskurse der Gegenwart tragen, den Boden zu entziehen und eine positive Auseinandersetzung in der gemeinsamen Aneignung der geschichtlichen und kulturellen Erfahrungen zu begründen.
Die Jüdisch-Islamische Forschungsstelle ist im deutschsprachigen Raum präzedenzlos und stellt mit ihrer kooperativen Verankerung ein Alleinstellungsmerkmal dar, das eine hohe inhaltliche und methodische Kompetenz und Ausstrahlung besitzt.