Mein Ausbildungsjahr im Rahmen der Refugee Law Clinic Tübingen startete im April 2020. Trotz offensichtlich erschwerten Bedingungen, die die Corona-Pandemie mit sich brachte, hat sich das Team der RLC schnell angepasst und es für uns möglich gemacht, mit der Ausbildung (im Online-Format) zu beginnen.
Aufgrund der Informationsveranstaltung im Januar 2020 wusste ich bereits, was mich erwartete: zwei Semester, in denen die Teilnehmenden durch Vorlesungen im Migrationsrecht und Völkerrecht sowie in verschiedenen Jour Fixe fundierte Kenntnisse im Asylrecht und interdisziplinäre Schlüsselqualifikationen erlangen können. Um dies nicht nur in der Theorie zu lernen, sollten auch Beratungstermine angeboten werden, bei denen dieses Wissen angewandt werden konnte, um den Menschen zu helfen. In meinem Jahrgang war es ausnahmsweise unklar, ob und wie Beratungstermine überhaupt angeboten werden können, da sich die weitere Entwicklung der Pandemie schwer vorhersehen ließ. Daher starteten meine Kommiliton:innen und ich zunächst mit dem theoretischen Teil der Ausbildung, indem wir (online) an den Vorlesungen und den Jour Fixe teilnahmen. Das Team der RLC, Prof. Armbruster sowie Prof. von Bernstorff schafften es trotz ungewohnten Umständen, das Wissen in diesen spannenden Rechtsgebieten klar und verständlich zu vermitteln.
Als die Inzidenz im Sommer stark sank, bot das Team der RLC uns an, Beratungstermine wahrzunehmen. Aufgrund der noch anhaltenden Pandemie waren die Beratungstermine ausnahmsweise freiwillig, damit alle Teilnehmenden selbst entscheiden konnten, ob sie in Präsenz beraten gehen wollten oder nicht. Meine Kommiliton:innen und ich haben uns aber zu Terminen angemeldet, damit wir einen Blick in die Praxis der Beratung gewinnen können. Die Beratung, an der ich teilnahm, fand im Asylzentrum Tübingen statt. Dort durfte ich direkt zusammen mit den freundlichen Sozialarbeiterinnen in mehreren Sitzungen mitwirken. Die Menschen kamen mit ganz unterschiedlichen Anliegen zur Beratung, die mithilfe des Teams des Asylzentrums gut gelöst werden konnten.
Im Oktober begann das zweite Semester der Ausbildung, in welchem wir eine weitere Vorlesung zum Migrationsrecht bei Prof. Armbruster und RiVG Snowadsky hörten und an mehreren Jour Fixe teilnahmen. Angesichts der inzwischen wieder gestiegenen Infektionszahlen mussten diese Veranstaltungen ebenfalls im Online-Format durchgeführt und die Beratungstermine leider ausgesetzt werden. Die Aufgabe der Abschlussarbeit wurde uns im März 2021 gestellt, welche zwar anspruchsvoll aber durch das in den letzten zwei Semestern Gelernte gut lösbar war. Die Arbeit beinhaltete die Bearbeitung zweier Fälle im Asyl- und Migrationsrecht auf ca. 5-7 Seiten, für die wir bis Mitte April Zeit hatten.
Ich bin froh, die Ausbildung zum Berater von Geflüchteten gemacht zu haben. Trotz der Pandemie konnte ich mir Wissen zu einem spannenden Rechtsgebiet aneignen, das zwar für Jurastudierende kein Pflichtfachstoff, aber trotzdem sehr wichtig ist. Durch die Jour Fixe hatte ich die Möglichkeit, interdisziplinäre Kompetenzen zu erwerben, die in der Praxis von Bedeutung sind. Das Wichtigste jedoch ist, dass man durch die Beratung tatsächlich Menschen helfen kann.
Marcel Buckmayer
Als ich am Anfang meines Jurastudiums von der RLC erfahren habe, war mir sofort klar, dass ich an dem Ausbildungsprogramm teilnehmen möchte. Zu Beginn des Sommersemesters 2020 war es dann endlich so weit. Meine Freude wurde etwas dadurch getrübt, dass das Ausbildungsjahr wegen der Coronapandemie ausschließlich digital stattfinden konnte. Die RLC hat sich aber schnell an die neuen Gegebenheiten angepasst und so konnte das Ausbildungsjahr beginnen.
Im ersten Semester standen zunächst die Vorlesungen Migrationsrecht I und Völkerrecht III (Menschenrechte) auf dem Programm. Dazu kamen einige Jour Fixe und verschiedene Workshops. Die Vorlesung Migrationsrecht I bot eine gute Gelegenheit, erstmals das im Jura-Pflichtfachstoff gar nicht behandelte Asyl-und Ausländerrecht kennenzulernen. Die Vorlesung zu den Menschenrechten hat sehr geholfen, den völkerrechtlichen Background dieser Rechtsgebiete zu verstehen. Zudem konnte man hier einen ersten Eindruck vom Stoff des Völkerrechts-Schwerpunktes (4 a)) gewinnen. Im zweiten Semester haben wir neben weiteren Workshops und Jour Fixe die Vorlesung Migrationsrecht II gehört. Zum Ende des Semesters mussten wir noch eine Abschlussarbeit anfertigen. Dabei war keine Bearbeitung im Gutachtenstil gefordert und man durfte die Arbeit auch als Team abgeben.
Insgesamt hat mir das Ausbildungsprogramm der RLC sehr gefallen: die Vorlesungen wurden meist von Praktikern gehalten und waren deswegen sehr anschaulich. Ergänzt wurden die Vorlesungen durch die Jour Fixe, bei denen die wichtigsten Themen erneut vom Team der RLC erklärt und zusammengefasst wurden. Besonders interessant waren die verschiedenen Workshops. Diese wurden ebenfalls von Praktikern abgehalten und haben ein weites und spannendes Themenfeld abgedeckt. Neben der Arbeit eines Rechtsanwalts in der Praxis haben wir uns in den Workshops auch mit Themen wie Ethnologie und Trauma-Awareness befasst. Hierbei kam es oft zu spannenden Gesprächen und Diskussionen, gerade auch mit den Student*innen der anderen Fachrichtungen.
Auch wenn wegen der Coronapandemie keine eigene Beratung möglich war, hat mich die RLC perfekt auf die eigenständige Beratung Geflüchteter vorbereitet. Das Ausbildungsjahr hat in mir ein großes Interesse am Asyl- und Ausländerrecht geweckt. Ich habe danach mehrere Praktika bei Anwält*innen in diesen Rechtsbereichen gemacht und konnte wegen der Ausbildung durch die RLC relativ schnell eigenständig mitarbeiten.
Das Ausbildungsprogramm ist also eine hervorragende Gelegenheit, das Asyl-und Ausländerrecht kennenzulernen und einen Blick über den Tellerrand des Pflichtfachstoffes zu werfen. Das Programm ist zudem eine der wenigen Möglichkeiten im Jurastudium, das abstrakte Wissen praktisch anzuwenden und die Erfahrung zu machen, wie man mit juristischem Wissen tatsächlich anderen Menschen helfen kann. Für alle Student*innen, die nach einer Möglichkeit suchen, sich während des Studiums in der Rechtsberatung von Geflüchteten zu engagieren, ist das Ausbildungsprogramm der RLC genau das Richtige!
Micha Heinkelein