Juristische Fakultät

Refugee Law Clinic

Die Juristische Fakultät der Universität Tübingen bietet seit dem Sommersemester 2016 in Kooperation mit der Abteilung Überfachliche Bildung und berufliche Orientierung (TRACS) und dem studentischen Rechtsberatungverein Refugee Law Clinic Tübingen e.V. das zertifizierte Ausbildungsprogramm „Refugee Law Clinic - Human Rights Law in Practice“ an. Ein neuer Ausbildungsjahrgang startet jedes Jahr zum Sommersemester und geht über zwei Semester.

Im Rahmen des Ausbildungsprogramms erwerben und vertiefen die Teilnehmer:innen zunächst ihre Fachkenntnisse im Bereich des Ausländer-, Flüchtlings- und Asylrechts und erlernen parallel interdisziplinäre Schlüsselqualifikationen wie Trauma-Awareness und Beratungskompetenz, ehe sie unter der Anleitung und Supervision erfahrener Praktiker:innen selbst als Berater:innen aktiv werden können. Die Refugee Law Clinic antwortet so einerseits auf den dringenden Bedarf der Zivilgesellschaft sowie der schutzsuchenden Menschen in Tübingen, Reutlingen und der Region. Zugleich bietet sie engagierten Student:innen der Rechtswissenschaft und aller sonstigen Fachrichtungen die Möglichkeit, Einblicke in eine spätere Berufspraxis zu erlangen, Beratungserfahrung zu sammeln, ihre Kenntnisse in den Bereichen Völkerrecht und Menschenrechte für ihr Studium zu vertiefen und tiefergehende Kenntnisse des Verwaltungsrechts insbesondere des besonderen Bereichs des Ausländer- und Asylrechts zu erwerben.

Nach Abschluss des Ausbildungsprogramms erhalten die Teilnehmer:innen der RLC das universitäre Zertifikat "Refugee Law Clinic - Human Rights Law in Practice" und können auf Wunsch auch weiter in der Flüchtlingsberatung aktiv bleiben. Studierende der Rechtswissenschaft im Hauptfach können zusätzlich eine Schlüsselqualifikation nach JaPrO erhalten. Hinzu kommen variierende Angebote zu Vorträgen, Workshops und Exkursionen.

Das Projekt wird durch die Schirmherren Prof. Dr. Jochen von Bernstorff, LL.M. sowie den ehemaligen Vizepräsidenten des VG Sigmaringen Prof. Wolfgang Armbruster unterstützt. Es wird von Ulrike Schulze als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl und von Micha Heinkelein und Selin Wacker als universitäre Hilfskräfte betreut.

Kontakt: rlcspam prevention@jura.uni-tuebingen.de

Beratungsanfragen bitte an den Verein Refugee Law Clinic Tübingen e.V.: rlc.tuebingenspam prevention@gmx.de


Das Ausbildungsprogramm

Start des neuen Ausbildungsjahrgangs im Sommersemester 2024:

Informationsveranstaltung: Donnerstag, 08.02.2024 um 18 Uhr s.t. in Raum 236 (Neue Aula).

Die Bewerbungsfrist für den neuen Ausbildungsjahrgang endet am 31. März 2024.
Die Bewerbungsunterlagen müssen einen tabellarischen Lebenslauf, ein Motivationsschreiben (max. 1,5 Seiten), eine aktuelle Immatrikulationsbescheinigung der Universität Tübingen und (falls vorhanden) Leistungsnachweise aus dem bisherigen Studium (z.B. Transcript of Records) beinhalten und sind in einer pdf-Datei via E-Mail einzureichen.

Ausbildungskonzept

Programm der Ausbildung
  • Sommersemester (Semester 1)
    • Vorlesungen: Migrationsrecht I; Völkerrecht III: Internationaler Menschenrechtsschutz, Nebengebiete
    • Workshops: Trauma-Awareness; Anwaltliche Praxis / Fallarbeit
    • Jour Fixe
    • Praxis
  • Wintersemester (Semester 2)
    • Vorlesungen: Migrationsrecht II
    • Workshops: Ethnologie; Anwaltliche Praxis / Fallarbeit
    • Jour Fixe
    • Praxis
    • Schriftliche Ausarbeitung (Abschlussarbeit)

Vorteile der Teilnahme

  • Universitäres Zertifikat "Refugee Law Clinic - Human Rights Law in Practice"
  • Studienleistungen:
    • Studierende der Rechtswissenschaft im Hauptfach: Schlüsselqualifikation nach § 3 Abs. 5 JaPrO BW
    • Nebenfachstudierende / Fachfremde: evtl. ECTS-Punkte entsprechend der eigenen Prüfungsordnung
  • Besondere Fachkenntnisse im Verwaltungsrecht (insbesondere dem Ausländer- und Asylrecht)
  • Angebote zu variierenden Vorträgen, Workshops und Exkursionen (je nach Angebot)
  • Kontakte zu Anwälten, Richtern und anderen Praktikern in der Region
  • Blick "über den Tellerrand" und in eine spätere Berufspraxis

Erfahrungsberichte

Erfahrungsbericht Refugee Law Clinic - Ausbildungsjahrgang 2022/23

Als ich im Frühjahr 2022 von Heidelberg an die Universität Tübingen gewechselt habe, war für mich sofort klar, dass ich mich für den kommenden Ausbildungsjahrgang der Refugee Law Clinic bewerben wollte. Ich hatte zuvor in Heidelberg schon eine Ringvorlesung zum Ausländer- und Asylrecht besucht, jedoch war diese lange nicht so umfangreich und tiefgehend, wie das über zwei Semester laufende Programm der RLC.

Neben Vorlesungen zum Migrations- und Völkerrecht waren es vor allem auch die Jour-Fixe zu verschiedenen Themengebieten und die Workshops mit Personen, die aus der Praxis berichteten, die sehr bereichernd waren. Dabei wurden nicht nur die rechtlichen Grundlagen besprochen, sondern auch Themen wie Trauma-Awareness und ethnologische Perspektiven auf die Beratung im Migrationsrecht beleuchtet.

Da nach der Corona Pandemie wieder mehr oder weniger Normalität eingetreten war, gab es in meinem Jahrgang auch wieder Pflicht-Beratungsstunden. Diese fühlten sich jedoch nie wie eine Aufgabe an, die abgearbeitet werden musste, sondern waren zu jeder Zeit unglaublich interessant. Die Möglichkeit so auch selbst praktische Erfahrung in der Beratung zu sammeln war sehr wertvoll.

Zum Ende hatten wir in unserem Jahrgang die Möglichkeit zwischen einer Abschlussarbeit und der Teilnahme an einem zweitägigen Workshop mit kolumbianischen Jura-Studierenden zu wählen. Ich habe mich für den Workshop entschieden und so haben ich und meinen Kommiliton:innen uns mit den Kolumbianer:innen zwei Tage lang über die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Migrationsrecht in den zwei Ländern ausgetauscht.

Unsere Zertifikate haben wir anschließend bei einer kleinen Feier überreicht bekommen, die den perfekten Abschluss gebildet hat.

Ich habe in dem Jahr bei der RLC sehr viel gelernt und mein Interesse am Migrationsrecht wurde dadurch nur weiter gestärkt. Ich bin sehr froh, dass dieses Angebot in Tübingen existiert und die Studierenden so die Möglichkeit haben, einen Überblick über dieses so umfangreiche und politisch wichtige Rechtsgebiet zu gewinnen.

Franca Leutloff

Erfahrungsbericht Refugee Law Clinic - Ausbildungsjahrgang 2021/22

Ich habe im Rahmen des Ausbildungsjahres 2021/2022 die Refugee Law Clinic in den frühen Semestern meines Studiums absolviert. Während der Coronapandemie habe ich nach Möglichkeiten gesucht, die Zeit sinnvoll zu nutzen und praktische Erfahrung außerhalb des theoretischen, „klassischen“ Jurastudiums zu sammeln. Mit der RLC habe ich dafür das optimale Ausbildungsprogramm gefunden.

Wir haben Vorlesungen zum Migrations- und Völkerrecht gehört, welche das eigene juristische Wissen erweitert und das Interesse an diesen Rechtsgebieten immens gefördert haben. Leider waren die Vorlesungen des ersten Semesters ausschließlich online. Dafür war die Vorlesung im Migrationsrecht II im darauffolgenden Semester aufgrund der Lockerungen wieder in Präsenz. Die ergänzenden Jour Fixe haben spezifische und für die Beratung wichtige Bereiche des Ausländerrechts behandelt, sodass wir noch tiefere Kenntnisse beispielsweise zum Familien-nachzug und der Dublin III-Verordnung erwerben konnten.

Die Workshops zur Trauma-Awareness, Ethnologie sowie zur rechtsanwaltlichen Praxis mussten wegen der Pandemie online abgehalten werden. Die Dozierenden haben sich jedoch viel Mühe gegeben, sodass nicht das Gefühl entstanden ist, nur online zugeschaltet zu sein. Für die spätere Beratung waren die Workshops überaus förderlich und haben beim feinfühligen Umgang mit den geflüchteten Menschen geholfen.

Während meines Ausbildungsprogramms wurden die Pflichtberatungsstunden ausgesetzt, sodass ich das eigentliche Ziel, beraten zu gehen, zunächst nicht verfolgt habe. Erst gegen Ende meines Ausbildungsjahres bin ich erstmalig beraten gegangen. Vor Ort sind immer erfahrene Personen, die einen bei der Beratung unterstützen, Fragen beantworten und bei Bedarf neue Vorgänge erklären. Oft sind dies auch Studierende, die die RLC bereits abgeschlossen haben. Bereichernd sind die Momente, in denen man einer geflüchteten wirklich Person helfen konnte. Heute möchte ich es nicht mehr missen und gehe seitdem (fast) wöchentlich beraten.

Auch die Abschlussarbeit ließ sich in den letzten Semesterferien des Programms in Teamarbeit gut bewältigen. Das gesamte Team rund um die RLC hat sich sehr viel Mühe gegeben, auch die Onlinelehre sinnvoll und unterhaltsam zu gestalten. Schlussendlich habe ich in meinem Ausbildungsjahr viel materielles Wissen erlernt und bin froh teilgenommen zu haben. Mir hat das Programm viel Spaß gemacht, weshalb ich als studentische Hilfskraft dabeigeblieben bin.

Selin Wacker

Erfahrungsbericht Refugee Law Clinic - Ausbildungsjahrgang 2020/21

Mein Ausbildungsjahr im Rahmen der Refugee Law Clinic Tübingen startete im April 2020. Trotz offensichtlich erschwerten Bedingungen, die die Corona-Pandemie mit sich brachte, hat sich das Team der RLC schnell angepasst und es für uns möglich gemacht, mit der Ausbildung (im Online-Format) zu beginnen.

Aufgrund der Informationsveranstaltung im Januar 2020 wusste ich bereits, was mich erwartete: zwei Semester, in denen die Teilnehmenden durch Vorlesungen im Migrationsrecht und Völkerrecht sowie in verschiedenen Jour Fixe fundierte Kenntnisse im Asylrecht und interdisziplinäre Schlüsselqualifikationen erlangen können. Um dies nicht nur in der Theorie zu lernen, sollten auch Beratungstermine angeboten werden, bei denen dieses Wissen angewandt werden konnte, um den Menschen zu helfen. In meinem Jahrgang war es ausnahmsweise unklar, ob und wie Beratungstermine überhaupt angeboten werden können, da sich die weitere Entwicklung der Pandemie schwer vorhersehen ließ. Daher starteten meine Kommiliton:innen und ich zunächst mit dem theoretischen Teil der Ausbildung, indem wir (online) an den Vorlesungen und den Jour Fixe teilnahmen. Das Team der RLC, Prof. Armbruster sowie Prof. von Bernstorff schafften es trotz ungewohnten Umständen, das Wissen in diesen spannenden Rechtsgebieten klar und verständlich zu vermitteln.

Als die Inzidenz im Sommer stark sank, bot das Team der RLC uns an, Beratungstermine wahrzunehmen. Aufgrund der noch anhaltenden Pandemie waren die Beratungstermine ausnahmsweise freiwillig, damit alle Teilnehmenden selbst entscheiden konnten, ob sie in Präsenz beraten gehen wollten oder nicht. Meine Kommiliton:innen und ich haben uns aber zu Terminen angemeldet, damit wir einen Blick in die Praxis der Beratung gewinnen können. Die Beratung, an der ich teilnahm, fand im Asylzentrum Tübingen statt. Dort durfte ich direkt zusammen mit den freundlichen Sozialarbeiterinnen in mehreren Sitzungen mitwirken. Die Menschen kamen mit ganz unterschiedlichen Anliegen zur Beratung, die mithilfe des Teams des Asylzentrums gut gelöst werden konnten.

Im Oktober begann das zweite Semester der Ausbildung, in welchem wir eine weitere Vorlesung zum Migrationsrecht bei Prof. Armbruster und RiVG Snowadsky hörten und an mehreren Jour Fixe teilnahmen. Angesichts der inzwischen wieder gestiegenen Infektionszahlen mussten diese Veranstaltungen ebenfalls im Online-Format durchgeführt und die Beratungstermine leider ausgesetzt werden. Die Aufgabe der Abschlussarbeit wurde uns im März 2021 gestellt, welche zwar anspruchsvoll aber durch das in den letzten zwei Semestern Gelernte gut lösbar war. Die Arbeit beinhaltete die Bearbeitung zweier Fälle im Asyl- und Migrationsrecht auf ca. 5-7 Seiten, für die wir bis Mitte April Zeit hatten.

Ich bin froh, die Ausbildung zum Berater von Geflüchteten gemacht zu haben. Trotz der Pandemie konnte ich mir Wissen zu einem spannenden Rechtsgebiet aneignen, das zwar für Jurastudierende kein Pflichtfachstoff, aber trotzdem sehr wichtig ist. Durch die Jour Fixe hatte ich die Möglichkeit, interdisziplinäre Kompetenzen zu erwerben, die in der Praxis von Bedeutung sind. Das Wichtigste jedoch ist, dass man durch die Beratung tatsächlich Menschen helfen kann.

Marcel Buckmayer

 

Als ich am Anfang meines Jurastudiums von der RLC erfahren habe, war mir sofort klar, dass ich an dem Ausbildungsprogramm teilnehmen möchte. Zu Beginn des Sommersemesters 2020 war es dann endlich so weit. Meine Freude wurde etwas dadurch getrübt, dass das Ausbildungsjahr wegen der Coronapandemie ausschließlich digital stattfinden konnte. Die RLC hat sich aber schnell an die neuen Gegebenheiten angepasst und so konnte das Ausbildungsjahr beginnen.

Im ersten Semester standen zunächst die Vorlesungen Migrationsrecht I und Völkerrecht III (Menschenrechte) auf dem Programm. Dazu kamen einige Jour Fixe und verschiedene Workshops. Die Vorlesung Migrationsrecht I bot eine gute Gelegenheit, erstmals das im Jura-Pflichtfachstoff gar nicht behandelte Asyl-und Ausländerrecht kennenzulernen. Die Vorlesung zu den Menschenrechten hat sehr geholfen, den völkerrechtlichen Background dieser Rechtsgebiete zu verstehen. Zudem konnte man hier einen ersten Eindruck vom Stoff des Völkerrechts-Schwerpunktes (4 a)) gewinnen. Im zweiten Semester haben wir neben weiteren Workshops und Jour Fixe die Vorlesung Migrationsrecht II gehört. Zum Ende des Semesters mussten wir noch eine Abschlussarbeit anfertigen. Dabei war keine Bearbeitung im Gutachtenstil gefordert und man durfte die Arbeit auch als Team abgeben.

Insgesamt hat mir das Ausbildungsprogramm der RLC sehr gefallen: die Vorlesungen wurden meist von Praktikern gehalten und waren deswegen sehr anschaulich. Ergänzt wurden die Vorlesungen durch die Jour Fixe, bei denen die wichtigsten Themen erneut vom Team der RLC erklärt und zusammengefasst wurden. Besonders interessant waren die verschiedenen Workshops. Diese wurden ebenfalls von Praktikern abgehalten und haben ein weites und spannendes Themenfeld abgedeckt. Neben der Arbeit eines Rechtsanwalts in der Praxis haben wir uns in den Workshops auch mit Themen wie Ethnologie und Trauma-Awareness befasst. Hierbei kam es oft zu spannenden Gesprächen und Diskussionen, gerade auch mit den Student*innen der anderen Fachrichtungen.

Auch wenn wegen der Coronapandemie keine eigene Beratung möglich war, hat mich die RLC perfekt auf die eigenständige Beratung Geflüchteter vorbereitet. Das Ausbildungsjahr hat in mir ein großes Interesse am Asyl- und Ausländerrecht geweckt. Ich habe danach mehrere Praktika bei Anwält*innen in diesen Rechtsbereichen gemacht und konnte wegen der Ausbildung durch die RLC relativ schnell eigenständig mitarbeiten.

Das Ausbildungsprogramm ist also eine hervorragende Gelegenheit, das Asyl-und Ausländerrecht kennenzulernen und einen Blick über den Tellerrand des Pflichtfachstoffes zu werfen. Das Programm ist zudem eine der wenigen Möglichkeiten im Jurastudium, das abstrakte Wissen praktisch anzuwenden und die Erfahrung zu machen, wie man mit juristischem Wissen tatsächlich anderen Menschen helfen kann. Für alle Student*innen, die nach einer Möglichkeit suchen, sich während des Studiums in der Rechtsberatung von Geflüchteten zu engagieren, ist das Ausbildungsprogramm der RLC genau das Richtige!

Micha Heinkelein