Deutsches Seminar

Publikationen der Germanistischen Mediävistik

Auswahl: Monographien und Sammelbände

Personifikationen als ästhetische Reflexionsfiguren. Studien zu Sangspruch und Totenklagen

Julia Fischer
De Gruyter | 2024
Andere Ästhetik. Studien 6

Abstract: Personifikationen sind in der mittelhochdeutschen Literatur ein überaus beliebtes und divers eingesetztes Stilmittel. Diese Beliebtheit gründet sich in einer Darstellungsvielfalt, die, so die These, vornehmlich durch ihr Handeln begründet ist. Dieses wird als Scharnierstelle verstanden, über das die Darstellung von Personifikationen reflektiert, variiert und unterschiedlich komplex inszeniert wird. Personifikationen sind in der Nähe von Allegorie und Metapher zu verorten. Sie beruhen auf metaphorischen Basisprozessen und können im Einzelfall zu einer Allegorie ausgeformt werden. Dadurch ist das Stilmittel als uneigentliches Sprechen zu verstehen, das es zum Ziel hat, Sachverhalte evident zu machen und implizit ein Verständnis vom Stilmittel selbst zu verhandeln: Mittels Personifikationen kann nicht nur erzählt werden, in ihrer Verwendung wird von einem Verständnis des Stilmittels selbst erzählt. Diese Überlegungen lassen sich besonders an pragmatisch orientierten Gattungen aufzeigen, die einen lebensweltlichen Bezug haben. Aus diesem Grund bieten sich Sangspruch und Totenklage als abgeschlossene Kleinformen an, da sie einen besonders variablen Umgang mit der Personifikation pflegen und so erlauben, ästhetische Reflexionen zu erfassen.


Schein und Anschein. Dynamiken ästhetischer Praxis in der Vormoderne

Hg. von Annette Gerok-Reiter, Martin Kovacs, Volker Leppin und Irmgard Männlein-Robert
De Gruyter | 2023
Andere Ästhetik. Koordinaten 3

Abstract: Der Sonderforschungsbereich Andere Ästhetik untersucht, wie vormoderne Artefakte ihren ästhetischen Status reflektieren. Hieran anknüpfend, geht der vorliegende Band einem seit der Antike bis heute zentralen Themenfeld ästhetischer Diskussion nach: der Spannung von Schein und Anschein. Ausgangspunkt ist die Polyvalenz von Begriff wie Phänomen des Scheins, die im Wesentlichen drei Möglichkeiten eröffnet: Schein als Leuchten, Schein als Sichtbarwerden und In-Erscheinung-Treten sowie Schein als ,bloßer‘ Schein, als Täuschung. Der Band diskutiert den variantenreichen Umgang mit Phänomenen von Schein, Erscheinung und Anschein anhand ausgewählter Texte, Monumente und Bildwerke von der Antike bis in die Frühe Neuzeit. Die Beiträge aus unterschiedlichen Disziplinen verfolgen dabei insbesondere die Frage, unter welchen kulturhistorischen Voraussetzungen und in welchen konkreten Formen ästhetische Konfigurationen als erkenntnisfördernder und ,erhellender‘ Schein, wann als verstellender, ja täuschender Anschein wahrgenommen und bewertet werden.


Ästhetik und Pragmatik der Zeit im 16. Jahrhundert

Christian Kiening
Hg. von Annette Gerok-Reiter und Anna Pawlak
Tübingen University Press | 2023
Special Lectures. Andere Ästhetik 1

Abstract: Christian Kiening behandelt mit seinem Beitrag zu „Ästhetik und Pragmatik der Zeit im 16. Jahrhundert“ zwei zentrale Tendenzen im Umgang mit der Zeit in der Geistes-, Kultur- und Literaturgeschichte im 16. Jahrhundert: die Tendenz, sich zunehmend mit der Zeit als einem ästhetischen Phänomen zu beschäftigen, und die Tendenz, Fragen der Zeitlichkeit auf Dimensionen des Messbaren, des Alltäglichen und der Lebenszeit zu beziehen. Am Beispiel unterschiedlicher visueller und schriftlicher Zeugnisse wird nach dem Zusammenhang dieser Tendenzen gefragt. Im Hinblick auf das Verhältnis von Erscheinungsform und Reflexionsform sowie die praxeologische Dimension des Ästhetischen kommen dabei auch programmatische Aspekte des SFB 1391 zur Sprache.


Figurenkonstellation und Gesellschaftsentwurf. Annäherungen an eine narratologische Kategorie und ihre Deutungspotentiale

Hg. von Henrike Schwab
Winter | 2023
Beiträge zur älteren Literaturgeschichte

Abstract: Das wissenschaftliche Interesse an der literarischen Figur hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten zunehmend intensiviert, sodass man die Figurenforschung inzwischen als eigenes Forschungsfeld greifen kann. Überraschenderweise hat es bislang aber kaum Bemühungen gegeben, die narratologische Kategorie der Figurenkonstellation systematisch zu entwickeln – dabei ist diese doch geeignet, über einzelne Figurenbeziehungen hinaus nach ganzen Gesellschaftsentwürfen zu fragen. Der vorliegende Band unternimmt es, die vorhandenen Ansätze aus verschiedenen (Fach-)Perspektiven – enthalten sind Beiträge aus Alt- und Neugermanistik, Romanistik, Anglistik, den Digital Humanities und der dramaturgischen Praxis – zusammenzutragen, weiterzuentwickeln und am konkreten Textbeispiel auf Anwendbarkeit und Übertragbarkeit zu prüfen.


Materialität und Medialität. Grundbedingungen einer anderen Ästhetik in der Vormoderne

Hg. von Jan Stellmann und Daniela Wagner
De Gruyter | 2023
Andere Ästhetik. Koordinaten 5

Abstract: Ästhetische Akte und Artefakte sind durch ihre Materialien ebenso grundlegend bedingt wie durch die medialen Prozesse, in die sie eingebunden sind. Ausgehend von dieser Prämisse widmen sich die im Band versammelten Beiträge aus interdisziplinärer Perspektive einerseits den Eigenlogiken, Semantiken und Widerständigkeiten des Materials. Andererseits arbeiten sie mit der Medialität die ästhetisch zentrale Spannung zwischen künstlerischer Gestaltung und gesellschaftlich orientierten Vermittlungsfunktionen heraus. Dabei rücken die Materialität medialer Prozesse, die Vermitteltheit von Materialbezügen sowie Intermaterialität und Intermedialität als produktive Grenzüberschreitungen in den Fokus.


Auszählen und Ausdeuten. Quantitative und qualitative Zugänge zum ästhetischen Wortschatz der mittelhochdeutschen Literatur

Hg. von Manuel Braun und Marion Darilek
V&R unipress | 2022
Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 69.1

Abstract: Welches ‚Ästhetik'-Verständnis hat die deutschsprachige Literatur des Mittelalters? Die Beiträge des Hefts möchten dieses erschließen, indem sie das ästhetische Vokabular mittelhochdeutscher Texte historisch-semantisch untersuchen. Da die mittelhochdeutschen Texte zuvor annotiert worden sind, können herkömmliche qualitative Zugriffe um quantitative ergänzt werden. Den methodischen Ausgangspunkt bildet ein praxeologisches Ästhetik-Modell, welches das Zusammenspiel von ‚Kunst'-Auffassung und sozialem Handeln ins Zentrum stellt. Als Untersuchungsgegenstand werden mit Sangspruch, Mystik und Lehrdichtung daher bewusst diskursiv und funktional gebundene Texte gewählt. Deren ästhetische Selbstkonzeption soll an der Schnittstelle von Selbst- und Fremdreferenz gefasst werden.


Andere Ästhetik. Grundlagen – Fragen – Perspektiven

Hg. von Annette Gerok-Reiter, Jörg Robert, Matthias Bauer und Anna Pawlak
De Gruyter | 2022
Andere Ästhetik. Koordinaten 1

Abstract: Was ist Kunst? Was leistet Kunst? Warum bewegt uns Kunst? Und warum kommt ästhetischen Fragestellungen gerade heute wieder eine besondere Relevanz zu? Diesen Fragen geht der seit 2019 von der DFG eingerichtete Tübinger Sonderforschungsbereich 1391 Andere Ästhetik nach. Dabei möchte er die historische Tiefenschicht eines Perspektivwechsels aufarbeiten, der sich darauf richtet, Kunst und Künste nicht in autonomen Sonderräumen zu situieren. Hierfür bringt das Forschungsprojekt die 2000-jährige europäische Kunst- und Kulturgeschichte vor dem 18. Jahrhundert neu in Anschlag. Der Band erläutert, worin der Gewinn der Konzentration auf die Vormoderne besteht, welche Neujustierung der Analyseinstrumentarien damit verbunden ist und welche grundsätzlichen Konsequenzen für Fragen der Ästhetik sich hieraus ergeben. Die Beiträge, die von den Philologien über die Kunstgeschichte, Archäologie und Musikwissenschaft bis hin zur Geschichtswissenschaft, Theologie und den Digital Humanities reichen, bieten hierfür konkrete Beispiele. Ziel ist es, von den ästhetischen Reflexionen der Vormoderne aus Impulse auch und gerade für die Diskussionen in der Gegenwart zu gewinnen.


ÄsthEthik der Fremde des Herzog Ernst B. Die Kartographie des 12./13. Jahrhunderts als ästhEthisches Reflexionsmedium der mittelalterlichen Literatur

Olivia Kobiela
Brill | 2022
MittelalterStudien 33

Abstract: Ästhetische Fragen erleben gegenwärtig ein überraschendes Interesse. Doch was ist unter ‚ästhetisch‘ insbesondere vor der Etablierung der „Ästhetik“ im 18. Jahrhundert als eigenständige Disziplin zu verstehen? Die vorliegende Studie geht dieser Frage nach und versucht an einem der frühesten Romane deutschsprachigen Erzählens exemplarisch aufzuzeigen, wie Texte der europäischen Vormoderne ihren ästhetischen Status im Text selbst bestimmen. Mit dem Suchbegriff „ÄsthEthik“ rückt die Studie hierbei die Relation zwischen den Eigenlogiken und den sozialen bzw. anthropologischen Funktionen des Textes in den Mittelpunkt. Sie konturiert so ein historisches Ästhetik-Verständnis, das dazu beiträgt, vormoderne Texte jenseits der Paradigmen der „Ästhetik“ des 18. Jahrhunderts neu zu deuten.


Artifizialität und Agon. Poetologien des Wi(e)derdichtens im höfischen Roman des 12. und 13. Jahrhunderts

Jan Stellmann
De Gruyter | 2022
Andere Ästhetik. Studien 3

Abstract: Die Studie entfaltet die These, dass das Wiederdichten, wie es in den Poetologien deutschsprachiger höfischer Romane des 12. und 13. Jahrhunderts reflektiert wird, nicht nur als artifizielle Poiesis, sondern auch als Praxis der Nachahmung und des Wettstreits verstanden werden muss. Diese doppelte Dimensionierung des Wieder- als Widerdichtens wird historisch aus der Ars poetica des Horaz sowie der Poetria nova Galfrids von Vinsauf hergeleitet und konzeptionell mit den Begriffen Artifizialität und Agon erfasst.


Elemente grotesken Erzählens in der europäischen Versnovellistik

Reinhard Berron
V&R unipress | 2021
Kölner Germanistische Studien. Neue Folge 13

Abstract: Vor allem in den Fabliaux und in den Mären, aber auch in Giovanni Boccaccios Decameron, fiel schon früh die Präsenz des Grotesken auf, das sich vor allem in entfesselter Gewalt, sexueller Triebhaftigkeit und Verhöhnung geistlicher Institutionen äußert. Die Erscheinungsformen dieser als Teil der mittelalterlichen Komik zu verstehenden Elemente zeichnet die Studie über eine Wirkungszeit von ca. 500 Jahren in fünf verschiedenen europäischen Literaturräumen nach und fragt dabei nach den Zusammenhängen zwischen der Form der literarischen Kunstwerke und dem Grotesken. Dabei zeigt sich, dass die Chronologie des Grotesken durch die gegenseitige internationale Beeinflussung keineswegs eindeutig ist, was sich auch durch neuere Handschriftenfunde bestätigt. Allgemein scheinen Texte in Versen mehr zum Grotesken tendieren als solche in Prosa, was Rückschlüsse auf das Publikum zulässt. Doch auch die Themen, die groteske Elemente fördern, variieren von Sprachraum zu Sprachraum.


Füchsische Desintegration. Studien zum ‚Reinhart Fuchs‘ im Vergleich zum ‚Roman de Renart‘

Marion Darilek
Winter | 2020
Germanisch-Romanische Monatsschrift. Beiheft 100

Abstract: Der ‚Reinhart Fuchs‘ inszeniert, ausgehend von der Erkrankung des Löwenkönigs, eine substanzielle Verunsicherung und Auflösung von Ordnungen und Ordnungsgewissheit. Die fundamentale ‚füchsische Desintegration‘ umfasst diverse Bezugsfelder und Ebenen (literarische, sprachliche, religiöse, rechtliche, soziale, politische u. a. m.). Die vorliegende Studie verbindet philologisch fundierte Textinterpretationen des ‚Reinhart Fuchs‘ daher mit einer weiten literar- und kulturhistorischen Kontextualisierung. Erstmals werden dabei systematisch Ansätze der ‚Cultural Literary Animal Studies‘ für die Analyse und Interpretation des mittelhochdeutschen Fuchsepos herangezogen. Ergänzt werden die Untersuchungen um vergleichende Lektüren des ‚Roman de Renart‘. Die untersuchten altfranzösischen Passagen werden auf Basis aktueller Editionen neu ins Deutsche übersetzt. Vorgelegt wird so eine nuancierte Gesamtinterpretation des ‚Reinhart Fuchs‘, die der Radikalität und Schonungslosigkeit des Tierepos Rechnung trägt.


Aushandlungen religiösen Wissens / Negotiated Religious Knowledge

Hg. von Annette Gerok-Reiter, Anne Mariss und Markus Thome
Mohr Siebeck | 2020
Spätmittelalter, Humanismus, Reformation 115

Abstract: Religiöses Wissen, so die Grundannahme des DFG-Graduiertenkollegs Religiöses Wissen im vormodernen Europa (800–1800), entsteht in der Auseinandersetzung mit dem in der Bibel offenbarten, aber nicht greifbaren Wissen. Im alltäglichen Umgang der religiösen Experten und Laien wird es jedoch immer wieder transformiert und an die zeitspezifischen Gegebenheiten angepasst. Die dabei entstehenden diskursiven Konkurrenzen zwischen religiösem Wissen und anderen Wissensfeldern wie der Naturforschung, der Kunst oder Literatur stehen im Fokus des interdisziplinär angelegten Sammelbands. Die Beiträge thematisieren die unterschiedlichen Verfahrensweisen, durch die religiöses Wissen in den angrenzenden Wissensfeldern der Naturforschung, der Kunst oder der Literatur adaptiert und modelliert wird, sowie die dabei zu Tage tretenden Spannungen, Konkurrenzen oder Synergien.


Raum und Zeit im Minnesang. Ansätze – Spielarten – Funktionen

Hg. von Annette Gerok-Reiter, Anna Sara Lahr und Simone Leidinger
Winter | 2020
Studien zur historischen Poetik 29

Abstract: Das Spiel mit den Kategorien ‚Raum‘ und ‚Zeit‘ ist für den Minnesang von grundlegender Bedeutung. Es prägt die Lieder auf solch unterschiedlichen Ebenen wie Minneauffassung, Rollenkonzept, Sprechsituation, Lexem-Inventar oder Bildlichkeit. Die Beiträge einer Tübinger Tagung, die der vorliegende Band versammelt, machen ‚Raum‘ und ‚Zeit‘ in umfassender Weise als Interpretamente für den Minnesang fruchtbar und arbeiten einer Systematisierung des Minnesangs mit Hilfe von räumlichen und zeitlichen Kriterien zu.


Marienlob im Spätmittelalter. Studien zur Interferenz von poetologischer und theologisch-mariologischer Metaphorik

Sabrina Keim
S. Hirzel | 2020
Mediävistik

Abstract: Die Marienlobdichtungen des Spätmittelalters vereinen religiöse Sinnstiftung und höchste Artifizialität. Sie reflektieren dichtungsbezogene und geistlich-religiöse Thematiken, indem sie diese mittels einer multivalenten Metaphorik zusammenführen, ineinander spiegeln und auf diese Weise wechselseitig erhellen sowie neu perspektivieren. Sabrina Keim untersucht dieses Phänomen der Interferenz poetologischer sowie theologisch-mariologischer Metaphorik, wobei sie Metaphern ausgehend von kognitiven Ansätzen als 'Denkmodelle' begreift. Ihr Textkorpus umfasst insbesondere 'geblümte' Marienpreisdichtungen des 13. bis 15. Jahrhunderts, z. B. Konrads von Würzburg "Goldene Schmiede", Eberhards von Sax "Marienlied", das Marienlob des Pseudo-Gottfried von Straßburg, Frauenlobs "Marienleich", Heinrichs von Mügeln "Der Tum" sowie "Der Meide Kranz" und einige Lieder des Spruchdichters Muskatblut.


Diversität als Potential. Eine Neuperspektivierung des frühesten Minnesangs

Anna Sara Lahr
Winter | 2020
Studien zur historischen Poetik 32

Abstract: Die frühesten Zeugnisse des Minnesangs stehen innerhalb der Minnesang-Philologie seit jeher weniger im Fokus als die Strophen der Hohen Minne und der späteren Phasen; vielmehr gelten jene frühen Lieder, vermutlich entstanden ab der Mitte des 12. Jahrhunderts, eher als eine Art Vorstufe, weniger ausdifferenziert und nuancenreich. Demgegenüber versucht die vorliegende Arbeit, die frühesten Strophen aus der Fluchtlinie des hohen Sangs herauszurücken und sie mittels der bereits verschiedentlich festgestellten ‚Vielfältigkeit‘, ihrer Diversität, beschreibbar zu machen als neuartigen Ausdruck einer personalen, weltlichen Minne, die sich hier in einer neuen Literaturgattung konstituiert und allererst selbst ‚erfindet‘. Dieser Versuch der Neuperspektivierung erfolgt dabei über eine genaue Textanalyse, die sich anhand der Parameter Gender, Emotion, Raum/Zeit/Natur sowie Fiktionalität entfaltet und so einen Vorschlag zu einer differenzierteren Beurteilung der Anfänge des Minnesangs macht.


Die Kunst der Intrige. Studien zur höfischen Epik des 12. Jahrhunderts

Claudia Lauer
Winter | 2020
Beiträge zur älteren Literaturgeschichte

Abstract: Das Erreichen eigener Ziele auf klugen Umwegen von List, Lüge und Täuschung, der Gegenstand der Intrige, gehört zum Grundrepertoire abendländischer Erzählkultur. Was als literatur- und kulturgeschichtliches Phänomen früh in antiken Dramen und Epen fassbar ist und spätestens mit der Aufklärung seinen Siegeszug in der Moderne antritt, wirft aus mediävistischer Perspektive fundamentale Fragen auf. Die Arbeit lenkt den Blick auf eine signifikante mittelalterliche Begriffslücke und verfolgt die Frage, auf welche Weise die Intrigenmaterie in der deutschsprachigen Literatur des Mittelalters präsent ist. Mit Hilfe eines eigenen methodischen Ansatzes sowie exemplarischer Studien zu vier prominenten Texten des 12. Jahrhunderts (‚Eneasroman‘, ‚Rolandslied‘, ‚Iwein‘, ‚Tristrant‘) legt die Arbeit nicht nur verschiedene Spielarten der Intrige im Spannungsfeld von Antike und Moderne offen. Sie macht die Intrige auch poetologisch für das Verständnis mittelalterlichen Erzählens und Dichtens fruchtbar und lädt damit insgesamt dazu ein, den Primat der Neuzeit für die heutige Bedeutung der Intrige zu überdenken.


Komplizen des Erzählers. Auctoriale Figuren in der mittelhochdeutschen Epik

Myriam Bittner
Tectum | 2019
Wissenschaftliche Beiträge. Reihe Germanistik 12

Abstract: Wissen als Handlungsmacht – Anhand fünf mittelhochdeutscher Epen wird das Erzählprinzip der ‚Auctorialen Figur‘ herausgearbeitet: Durch herausragendes Wissen zur Handlungslenkung befähigt, wird sie dem Erzähler auf der Ebene narrativer Regie zur Seite gestellt, um dort einzugreifen wo es ihm selbst verwehrt ist. Im ersten Teil wird basierend auf der Forschungslage ein Kriterienkatalog herausgearbeitet, welcher in der vorliegenden Interpretation auf Figuren im Nibelungenlied, Iwein, Herzog Ernst B, Parzival und Tristan angewendet wird. Je stärker diese Kriterien für die untersuchten Figuren erfüllt sind, desto näher kommen sie dem Prinzip der Auctorialität – sie sind dem Urheber der Erzählung in Wissen und Lenkungsmacht ähnlich geworden und avancieren häufig auch zu den heimlichen Helden des Epos, sowohl für den Erzähler als auch für den Rezipienten.


Religiöses Wissen im vormodernen Europa. Schöpfung – Mutterschaft – Passion

Hg. von Renate Dürr, Annette Gerok-Reiter, Andreas Holzem und Steffen Patzold
Ferdinand Schöningh | 2019

Abstract: Religion und Wissen waren im vormodernen Europa keine Gegensätze. Sie befruchteten sich vielmehr gegenseitig; und ihr komplexes Zusammenwirken hat kraftvoll dazu beigetragen, dass sich in Europa jene spezifische Wissensgesellschaft ausbildete, die im Selbstverständnis der westlichen Moderne bis heute einen prominenten Platz einnimmt. Der Band untersucht, wie im Laufe der Jahrhunderte die Auseinandersetzung mit drei zentralen Themen der Bibel neue Wissensbestände und Formen des Wissens hervorgebracht hat. Die Autorinnen und Autoren gehen aus von den biblischen Aussagen zur Schöpfung, zur Jungfräulichkeit und Mutterschaft Mariens und zur Passion Christi. Sie beobachten, wie aus der immer wieder neuen Aktualisierung und Aneignung dieser Aussagen in Texten, in Bildern und in Ritualen neues Wissen über die Welt entstand – ein Wissen, das Lebensbereiche auch fern der Religion strukturieren konnte und schließlich auch den Geltungsanspruch des Bibeltextes selbst in Frage stellte.


Ästhetische Reflexionsfiguren in der Vormoderne

Hg. von Annette Gerok-Reiter, Anja Wolkenhauer, Jörg Robert und Stefanie Gropper
Winter | 2019
Germanisch-Romanische Monatsschrift. Beiheft 88

Abstract: Was heißt ‚Ästhetik’ in Zeiten und Kulturen vor der expliziten Ästhetik des 18. Jahrhunderts? Dieser Band fragt danach, was uns vormoderne Texte und Artefakte über ihre ästhetischen Grundlagen mitteilen. Die interdisziplinären Beiträge aus Archäologie, Latinistik, Germanistik, Skandinavistik, Romanistik, Anglistik und Amerikanistik suchen nach Formen, Typen und Figurationen, in denen sich ästhetische Selbstreflexionen und -kommentare ‚im Vollzug’ manifestieren.
Am Beispiel von Zeugnissen aus unterschiedlichen Sprachen, Kulturen und Medien werden Beschreibungsszenarien und heuristische Kategorien entwickelt, die eine ‚andere‘ Ästhetik – eine Ästhetik der Vormoderne – konturieren helfen. Für diese konkreten Formen und Manifestationen ästhetischer Selbstreflexion wird der Begriff der ‚ästhetischen Reflexionsfigur‘ vorgeschlagen. Die Beiträge untersuchen, inwieweit mithilfe von ‚ästhetischen Reflexionsfiguren‘ eine ‚andere‘ Ästhetik in ihren Erscheinungsformen, Funktionen und soziokulturellen Bedeutungen erschlossen werden kann.


Dietmar von Aist: Vielschichtige Poetik. Studien zu einer literarhistorischen und forschungsgeschichtlichen Standortbestimmung

Simone Leidinger
Winter | 2019
Studien zur historischen Poetik 30

Abstract: Dietmar von Aist ist eine Herausforderung für die Minnesangforschung. Sein heterogenes Textkorpus ist innerhalb der sogenannten frühen Lyrik eines der umfangreichsten, die Autorschaft der Lieder dabei umstritten: Überlieferungslage, Editionsgeschichte und literarhistorische Annahmen werfen zahlreiche Fragen auf. Die vorliegende Arbeit unterbreitet einen methodischen Vorschlag, mit diesem Befund und dem Paradigma der Autorschaft umzugehen. Im Mittelpunkt der Textanalysen steht dabei die Frage, inwiefern die Heterogenität der Dietmar-Lieder auf Lied- und Korpusebene als vielschichtige Poetik aufgefasst werden kann: Gezeigt wird, wie unterschiedliche formale und inhaltliche Merkmale poetisch ineinandergreifen und wie Legitimierung und Ästhetisierung von Liebe dabei Hand in Hand gehen.


Räume erzählen – erzählende Räume. Raumdarstellung als Poetik. Mit einer exemplarischen Analyse des ‚Nibelungenliedes‘

Franziska Hammer
Winter | 2018
Beiträge zur älteren Literaturgeschichte

Abstract: Die germanistische Literaturwissenschaft hat sich im Zuge des ‚spatial turn‘ äußerst produktiv mit dem Raum als Interpretament literarischer Texte auseinandergesetzt. Um den Raum als Analysekategorie im Bereich der Mediävistik weiter zu fundieren, erscheint es lohnend, die literaturwissenschaftliche Raumforschung in der Auswertung und Weiterentwicklung der Vorarbeiten auf eine solide theoretische und methodische Basis zu stellen, um von dort aus ein möglichst breit anwendbares Interpretationsinstrumentarium für die Analyse der Raumdarstellung in mittelalterlicher Erzählliteratur zu entwickeln. Welche neuen Perspektiven eine raumbezogene Interpretation auf die mittelhochdeutsche Erzählliteratur eröffnen kann, demonstriert eine exemplarische Analyse des ‚Nibelungenliedes‘. Hierbei erweist sich die Raumdarstellung im Sinne eines alternativen Kohärenzmusters als Modus eines (synchronen) Erzählens, welches den Untergang der nibelungischen Welt auf geographischer, topographischer und kommunikativer Ebene begründet, einleitet, betreibt und schließlich auch zeigt.


Freiheit, Ordnung und Gemeinwohl. Reformatorische Einflüsse im Meisterlied von Hans Sachs

Uta Dehnert
Mohr Siebeck | 2017
Spätmittelalter, Humanismus, Reformation 102

Abstract: Hans Sachs war nicht nur Nürnberger Schuster, sondern auch Dichter und Meistersinger: Mit der »Wittenbergisch Nachtigall« legte er sein persönliches reformatorisches Bekenntnis ab. Er steht im Mittelpunkt der vorliegenden Untersuchung, um anhand seiner Meisterlieder exemplarisch für einen Handwerker der Frühen Neuzeit die Frage zu beantworten, wie ein Laie im städtischen Kontext des 16. Jahrhunderts das Anliegen der Reformation verstanden und dieses persönlich für sich und andere in das praktische Leben übersetzt hat. Welche Schwerpunkte waren für ihn konkret als Handwerker wichtig, welche Lehren erschienen ihm als besonders lebensnah und animierten ihn zur Nachahmung? Die Rezeption der theologischen Lehren Luthers wird in dieser Arbeit konsequent aus der Perspektive von Hans Sachs analysiert, der als Meistersinger seine Lieder auf der Singschule vortrug und zur Diskussion stellte. Vor diesem Hintergrund verdichten Meisterlieder auf kleinstem Raum, was im Großen den Prozess der Meinungsbildung bestimmte. Uta Dehnert zeigt, inwiefern sie Spiegel der Dynamik der Reformation sind, deren Anstoß bei den Wittenberger Theologen um Luther zu suchen ist. Dies führte zu einem neuen Selbstbewusstsein unter den Laien in den Reichsstädten, indem dieselben sich unabhängig mit religiösen Fragen beschäftigten und die Bibel eigenständig, angeleitet durch reformatorische Traktate, auszulegen begannen.


Figurenkonstellation und Gesellschaftsentwurf. Annäherungen an eine narratologische Kategorie und ihre Deutungspotentiale

Sandra Linden
Reichert | 2017
Münchener Texte und Untersuchungen zur deutschen Literatur des Mittelalters 147

Abstract: Exkurse setzen im mittelalterlichen höfischen Roman die Ordnung des Erzählens aus, indem der Erzähler eine alternative Sprechhaltung annimmt und sich meist direkt an sein Publikum wendet. Im Laufe der Gattungsgeschichte prägen sich inhaltliche Konventionen und Stilmerkmale des Exkurses aus, die die Studie über exemplarische Analysen von den Romanen Hartmanns von Aue bis zu Minne- und Aventiureromanen um 1300 analysiert und zu einer Poetik des Exkurses verdichtet. Es zeigt sich, dass der Exkurs in einem artistisch kompetenten höfischen Erzählen ein zentrales Darstellungsmittel ist.


eleos und compassio. Mitleid im antiken und mittelalterlichen Theater

Ulrich Barton
Fink | 2016

Abstract: Die Intention, bei den Zuschauern Mitleid zu erregen, verbindet zwei wichtige, voneinander unabhängige Theaterformen des vormodernen Europa: die antike Tragödie und das mittelalterliche Passionsspiel. Inwiefern unterscheidet sich das mittelalterliche vom antiken Mitleid und dementsprechend das Passionsspiel von der Tragödie? Ein Vergleich von Tragödie und Passionsspiel wurde bislang kaum je unternommen, weil die Unterschiede als zu groß gelten: Das Christentum markiere eine Zäsur in der Geschichte des Mitleids, und in einem christlichen Kontext seien tragische Wirkungen unmöglich. Ein genauerer, komparatistischer Blick vermag neben den Differenzen die kaum beachteten Ähnlichkeiten aufzudecken und an beiden Theaterformen Dimensionen freizulegen, die ohne den interdisziplinären Zugriff verborgen blieben. Weil sowohl die Tragödie als auch das Passionsspiel im jeweiligen religiösen Kult verortet sind, ist das Mitleid im Spannungsfeld von Religion und Ästhetik zu bestimmen.


Literatur- und Kulturtheorien in der Germanistischen Mediävistik. Ein Handbuch

Hg. von Christiane Ackermann und Michael Egerding
De Gruyter | 2015
De Gruyter Reference

Abstract: Der Band stellt aktuelle Theorieansätze aus den Kultur- und Literaturwissenschaften ausführlich vor und zeigt deren Rezeption und Diskussion im Bereich der Germanistischen Mediävistik auf. Zu jedem Kapitel tritt eine exemplarische theoriebasierte Analyse eines zentralen Textes der mittelalterlichen deutschen Literatur. Beigegeben sind umfangreiche Literaturangaben und ein Glossar der ‚Schlüsselbegriffe‘.


Proverbium in der Gelehrtenkultur. Ein lateinischer Fabelkommentar des 15. Jahrhunderts mit deutschen Reimpaarepimythien. Untersuchung und Edition

Rebekka Nöcker
De Gruyter | 2015
Deutsche Literatur. Studien und Quellen 16

Abstract: Die Studie untersucht die Handschriftenüberlieferung und Bildungshintergründe eines spätmittelalterlichen lateinisch gelehrten Kommentars zu den Fabeln des Anonymus-Neveleti mit deutschen Reimpaarepimythien, einem bislang nicht erschlossenen Proverbien- und Sentenzencorpus. Die Auswertung der Provenienzen, Mitüberlieferung und Kommentarinhalte zeigt einen Fabelkommentar akademischen Studienniveaus: Er ist in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts an Bildungsinstitutionen im ostmittel- und südostdeutschen Raum verbreitet und vermittelt anspruchsvolle artistische und klerikale Kernkompetenzen der spätmittelalterlichen Bildungskultur. Die deutschen Epimythien sind für den lateinisch-sprachsozialisierten Benutzer bestimmt als ein text- und wissensorganisierendes Kommentarelement von mnemotechnischer Qualität; zusammen mit den lateinischen Äsopsentenzen der Proverbia Esopi gelangt es in die Drucküberlieferung. Die in der Studie enthaltene Edition der Kommentartexte dokumentiert erstmals die spezifische Existenzweise der volkssprachigen Proverbien im Kontext der Gelehrtenkultur.


Auszählen und Ausdeuten. Quantitative und qualitative Zugänge zum ästhetischen Wortschatz der mittelhochdeutschen Literatur

Hg. von Annette Gerok-Reiter und Claudia Lauer
V&R unipress | 2014
Mitteilungen des Deutschen Germanistenverbandes 61.3


Themenorientierte Literaturdidaktik: Helden im Mittelalter. Konzept und Praxisbeispiele

Hg. von Franziska Küenzlen, Anna Mühlherr und Heike Sahm
UTB | 2014
UTB 4163

Abstract: Helden aus der Literatur des Mittelalters machen den Deutschunterricht von heute spannend! Die Faszinationskraft von „Helden“ ist nutzbar für eine spannende und fruchtbare Gestaltung des Deutschunterrichts: Was haben Lancelot oder Herzog Ernst gemeinsam mit Harry Potter oder Batman? Welche Helden werden zu welcher Zeit verehrt ... und warum? Didaktisch strukturiert vermittelt der Band germanistisches Fachwissen, das sich im Deutschunterricht umsetzen lässt, und beantwortet erstmals die Frage, welche Kernstellen älterer Literatur zur Helden-Thematik sinnvoll in der Schule einsetzbar sind.


Die Aktualität der Vormoderne. Epochenentwürfe zwischen Alterität und Kontinuität

Hg. von Klaus Ridder und Steffen Patzold
Akademie Verlag | 2013
Europa im Mittelalter 23

Abstract: Die Begriffe „Vormoderne“ und „Europa“ haben Konjunktur: In den historisch arbeitenden Kultur- und Geisteswissenschaften wird die klassische Dreigliederung der Epochen in Antike, Mittelalter und Neuzeit zunehmend abgelöst von der Scheidung zwischen Vormoderne und Moderne. Dieser Neuzuschnitt von Zeitkategorien ist nicht zuletzt in einer räumlichen Erweiterung der Perspektiven begründet: Untersuchungen im engen nationalen Gehäuse werden ergänzt und hinterfragt durch Studien zu Verflechtungen auf europäischer und globaler Ebene. Im Zuge dessen erweisen sich auch die überkommenen, ganz in und an (West )Europa entwickelten Epochengliederungen als fragwürdig. Die jüngere Diskussion über fundamentale Zeit- und Raumkategorien hat Konsequenzen für die Forschungspraxis, für die Institutionen der Lehre und Forschung innerhalb der einzelnen Fächer und für die Grenzen zwischen den Disziplinen. Der Band bietet einerseits eine Bestandsaufnahme der Diskussion in verschiedenen Fächern und stellt damit Nutzen und Kosten, Chancen und Risiken der aktuellen Neuvermessung von Raum und Zeit in den Kultur- und Geisteswissenschaften zur Debatte. Andererseits führt das Buch Fallstudien aus der Geschichte Europas zusammen, die die Aktualität der Vormoderne exemplarisch veranschaulichen. Sie zeigen die Vormoderne als fremde Gegenwelt zu unseren eigenen Erfahrungen im Europa der Gegenwart, aber auch als eine ferne Vorgeschichte, aus der Entwicklungslinien wirkmächtig bis in unsere Gegenwart hineinführen.


Traum und Vision in der Vormoderne. Traditionen, Diskussionen, Perspektiven

Hg. von Annette Gerok-Reiter und Christine Walde
Akademie Verlag | 2012

Abstract: Gerade die europäische Kultur weist hinsichtlich Traum und Vision einen dichten Traditionszusammenhang auf. Dieser Zusammenhang erlaubt eine präzise Differenzierung und Abgrenzung einzelner Diskurse in Religion, Naturwissenschaft, Geschichtsschreibung, Philosophie und Literatur, die in Sichtweite zueinander operieren oder untergründig miteinander verbunden sind. Der vorliegende, interdisziplinär orientierte Essay-Band stellt die entscheidenden Diskurse sowohl der antiken und byzantinischen als auch der jüdischen, islamischen und christlichen Tradition innerhalb der Vormoderne vor. Der zeitliche Schwerpunkt liegt auf dem Mittelalter. In systematischer Hinsicht diskutiert der Band den Umgang mit Träumen und Visionen vor allem unter zwei Perspektiven: Zum einen in ihrer Dimension als unbeeinflussbare, unwillkürliche Imaginationstätigkeit, deren Wirkung und Einschätzung den Formen der Phantasieproduktion ähnlich ist; zum anderen als Medium genau reflektierter Inszenierung und Funktionalisierung. Dabei zeigt er durch die Explorationen bis in die Neuzeit durchaus auch Anknüpfungsmöglichkeiten für die moderne Diskussion auf.


Unorte. Spielarten einer verlorenen Verortung. Kulturwissenschaftliche Perspektiven

Hg. von Matthias Däumer, Annette Gerok-Reiter und Friedemann Kreuder
transcript | 2010
Mainzer Historische Kulturwissenschaften 3

Abstract: Seit mehreren Jahren haben sich Raumtheorien als produktive Katalysatoren kulturwissenschaftlicher Untersuchungen bewiesen. Offen blieb dabei bisher, was die Negation des Räumlichen – ein ›Unort‹ – in kulturwissenschaftlichen Kontexten zu leisten imstande ist. Die Beiträge dieses Bandes bieten eine nach Michel Foucault, Michel de Certeau und Marc Augé erarbeitete theoretische Auffächerung des Begriffs und erproben sie an Objekten aus verschiedenen Disziplinen.


Ulrich von Liechtenstein. Leben – Zeit – Werk – Forschung

Hg. von Sandra Linden und Christopher Young
De Gruyter | 2010
De Gruyter Lexikon

Abstract: Der steiermärkische Ministeriale Ulrich von Liechtenstein präsentiert sich in seinen Werken in ganz unterschiedlichen Rollen: Die Manessische Liederhandschrift weist ihn als bedeutenden Minnesänger des 13. Jahrhunderts aus, mit dem ‚Frauenbuch‘ nimmt Ulrich am lehrhaften Diskurs über Fragen des höfischen Lebens teil, und in seiner fiktiven Autobiographie ‚Frauendienst‘ begegnet er als unverdrossen dienender Ritter zweier höchst unterschiedlicher Minnedamen und veranstaltet vor realistisch geschilderter historischer Kulisse aufwändige Kostümfahrten. Das Handbuch bietet einen nach relevanten Forschungsfeldern geordneten systematischen Zugriff auf das vielschichtige Werk Ulrichs und ordnet sein literarisches Schaffen in den historischen Kontext ein. Neben der Basis eines detaillierten Forschungsüberblicks gibt das Handbuch Impulse zu weiterführenden Diskussionen: Die einzelnen Kapitel widmen sich neben der von Gattungstradition und Themenfeld gelenkten Analyse auch übergreifenden literaturtheoretischen (Narrativik, Autorrolle, Fiktionalität), anthropologischen (Gender, Emotion) und rezeptionsästhetischen Gesichtspunkten (Überlieferung, Literaturgeschichtsschreibung, neuzeitliche Rezeption).


Texte zum Sprechen bringen. Philologie und Interpretation

Hg. von Christiane Ackermann und Ulrich Barton
Niemeyer | 2009

Abstract: „Texte zum Sprechen bringen“ - dies erfordert philologische Genauigkeit ebensowohl wie interpretatorischen Weitblick, beides Tugenden, die Paul Sappler in hervorragendem Maße auszeichnen. Dem hiermit vorgegebenen Leitbild suchen die über 30 Aufsätze der Paul Sappler zu seinem 70. Geburtstag gewidmeten Festschrift nahezukommen. Sie stammen von älteren wie jüngeren Kolleginnen und Kollegen des Jubilars, und ihre Schwerpunkte liegen auf dessen eigenen Interessensgebieten: höfische Lyrik, höfische und heroische sowie Kleinepik, mittelalterliches und frühneuzeitliches Schauspiel, Textedition und Kommentierung, Lexikographie; einzelne Beiträge gehen ‑ durchaus im Sinne von Paul Sappler ‑ über die engeren mediävistischen Fachgrenzen hinaus. Wie sie in ihrer thematischen Breite die Interessenvielfalt des Jubilars spiegeln, so verbinden sie sich alle zu einem polyphonen Ausdruck der Dankbarkeit dafür, dass Paul Sappler sich über Jahrzehnte unermüdlich und nachhaltig für das Fach und nicht zuletzt für die mit ihm gemeinsam Tätigen eingesetzt hat.


Alterstopoi. Das Wissen von den Lebensaltern in Literatur, Kunst und Theologie

Hg. von Dorothee Elm, Thorsten Fitzon, Kathrin Liess und Sandra Linden
De Gruyter | 2009

Abstract: Menschliches Altern unterliegt immer der kulturellen Interpretation. Der kontinuierliche biologische Prozess von Reifung und Abbau der physischen und psychischen Kraft wird so in der Vorstellung der Lebensalter erst erkennbar und bedeutsam. Topoi wie beispielsweise diejenigen vom einfältigen Kind oder dem grauhaarigen Weisen erschließen dabei als habituelle Verstehens- und Denkmuster das soziale und kulturelle Wissen von den Lebensstufen in Tradition und Wandel. Die Alterstopoi offenbaren in ihrer Wiederholbarkeit bei historisch je unterschiedlicher Diskursivierung ein Argumentationspotenzial, das konventionelle Alterszuschreibungen weiterdenkt und umkodiert. Dies wird am Beispiel von Text- und Bildzeugnissen von der alttestamentlichen Tradition bis ins 21. Jahrhundert untersucht. Im Mittelpunkt stehen literarische und religiöse Konzepte menschlicher Lebensalter, die um Perspektiven aus der Kunst-, Medizin- und Rechtsgeschichte ergänzt werden. Dabei erweist sich die Variation der Alterstopik als Beispiel dafür, wie sich innerhalb der Tradition kontinuierlich neue Denkräume zur Interpretation des menschlichen Alters eröffnen. Die topische Struktur des skizzierten Wandlungskontinuums eröffnet auch neue Perspektiven auf andere anthropologische Themen wie Liebe, Leben und Tod, die sich an das kulturelle Interpretament der Lebensalter anschließen.


Dichtung und Didaxe. Lehrhaftes Sprechen in der deutschen Literatur des Mittelalters

Hg. von Henrike Lähnemann und Sandra Linden
De Gruyter | 2009

Abstract: Der Band „Dichtung und Didaxe“ stellt anlässlich der Neuausgabe von Johannes Rothes „Ritterspiegel“, hg. von Christoph Huber und Pamela Kalning (de Gruyter 2009), die Frage nach lehrhaftem Sprechen in der deutschen Literatur des Mittelalters. Als umfangreichste ritterliche Standeslehre des Mittelalters, die eine Vielzahl von Quellen rezipiert und verarbeitet, bietet der „Ritterspiegel“ ein Paradebeispiel der Verbindung von Dichtung und Didaxe. Ausgehend davon werden grundlegende Aspekte lehrhaften Sprechens in zentralen Texten des 12. bis 15. Jahrhunderts beleuchtet. In den 30 Beiträgen renommierter internationaler Germanisten werden Texte vom Minnesang bis hin zu Rechtsbüchern, vom „Tristan“ Gottfrieds von Straßburg bis zur spätmittelalterlichen Erbauungsliteratur auf ihre Lehrhaftigkeit hin untersucht und in ihrer didaktischen Strategie neu positioniert; so kehrt das lange vernachlässigte Genre der Lehrdichtung in den wissenschaftlichen Diskurs zurück. Darüber hinaus eröffnet der Band eine grundlegend geänderte Sichtweise auf die Funktionszusammenhänge mittelalterlicher deutscher Literatur und entwirft ein konsistentes Gesamtbild der Literatursituation des ausgehenden Mittelalters.


Fastnachtspiele. Weltliches Schauspiel in literarischen und kulturellen Kontexten

Hg. von Klaus Ridder
Niemeyer | 2009

Abstract: Das Forschungsinteresse an der Gattung Fastnachtspiel ist in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Die Komplexität des Phänomens erfordert literatur- und theaterwissenschaftliche sowie kultur- und sozialhistorische Herangehensweisen. Der Band dokumentiert die Beiträge einer internationalen Tagung zum spätmittelalterlichen Fastnachtspiel (Blaubeuren 2007). Germanisten, Romanisten, Niederlandisten sowie Theater- und Kulturhistoriker behandeln Fastnachtspiele unter folgenden Gesichtspunkten: Spielthemen und Stadtpolitik, Performanz und Rezeption, Beziehungen zum geistlichen Schauspiel, zu literarischen und brauchtümlichen Traditionen, ferner Überlieferung, Edition und Kommentierung sowie komparatistische Aspekte. Der Schwerpunkt der hier versammelten Aufsätze liegt auf den Spielen der Nürnberger Tradition; es werden jedoch auch andere Spielgegenden wie der niederdeutsche Sprachbereich, die Schweiz und Tirol sowie vergleichbare Erscheinungsformen aus Frankreich und den Niederlanden behandelt.


Der Ritterspiegel. Edition – Übersetzung – Kommentar

Johannes Rothe
Hg. von Christoph Huber und Pamela Kalning
De Gruyter | 2009

Abstract: „Der Ritterspiegel“ des Johannes Rothe (4.108 Verse) ist die umfangreichste ritterliche Standeslehre des Mittelalters in deutscher Sprache. Sie wurde für junge Adlige vermutlich im Zusammenhang mit Rothes Tätigkeit als Schulleiter in Eisenach ab 1414 verfasst. Abgesehen von der literarhistorischen Bedeutung als Lehrgedicht, ist das Werk eine reiche Quelle für die Kultur- und Rechtsgeschichte des Rittertums, welche die traditionellen Züge des Standesmodells auf die Situation des 15. Jahrhunderts zuspitzt. Rothes Tugendadel-Konzept impliziert soziale Mobilität, also Auf- und Abstieg innerhalb der Ständehierarchie. Erörtert werden eine Geschichte des Rittertums; das Recht auf die Führung von Wappen und sieben Standesprivilegien; Regeln zu Kampf und Kriegsführung, die christlich moralisierend oder rein praktisch ausgerichtet sind; Aufgaben des Heerführers; Bedeutung der Astrologie. Der thüringische Text wurde auf Basis der Kasseler Handschrift neu ediert und übersetzt, der Kommentar erschließt sprachliche Fragen, historische Bezüge und den Quellenfundus des Werkes.

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