Braunkohlebergbau in Ostdeutschland 

In Deutschland gibt es vier Braunkohle- und zwei Steinkohlereviere. Die Braunkohlereviere sind das Rheinische Braunkohlerevier, das Lausitzer Revier, das Mitteldeutsche Braunkohlerevier und das Helmstedter Revier und die Steinkohlereviere sind das Ruhr Revier und das Lothringer Becken (Dierke 2013, S. 50). Jedoch wird sowohl im Helmstedter Revier als auch in den beiden Steinkohlerevieren heute kein Abbau mehr betrieben (DEBRIV - Bundesverband Braunkohle 2019). Da während der Exkursion lediglich das Mitteldeutsche Braunkohlerevier bereist wurde, ist dieses auch der Mittelpunkt der Betrachtung.
Im Lausitzer Revier sind heute noch 4 Tagebaue aktiv. Der nächste, der jedoch stillgelegt werden soll, ist der Tagebau Jänschwalde, welcher seit 1971 betrieben wird und 2023 stillgelegt werden soll. Im Gegensatz dazu, soll der Tagebau Nochten, welcher bereits seit 1960 betrieben wird, noch bis 2050 weiterbetrieben werden. Die beiden übrigen Tagebaue Welzow-Süd, sei 1959 in Betrieb, und Reichwalde, seit 1980 in Betrieb, sollen noch bis etwa 2040 betrieben werden (Schubert 2018).

Mitteldeutsches Braunkohlerevier

In der Region des Mitteldeutschen Reviers leben etwa 2 Millionen Menschen, was einer Einwohnerdichte von 270 EW / km² entspricht, etwas mehr als dem Bundesdurchschnitt. Insgesamt werden im sächsischen und sachsen-anhaltinischen Teil 12.200 Hektar für den Braunkohleabbau und die Weiterverarbeitung beansprucht. 2019 gab es etwa 2300 Beschäftigte in der Braunkohleindustrie (Sächsisches Staatsministerium für Regionalentwicklung 2021a).
Die Braunkohle aus dem Mitteldeutschen Braunkohlerevier hat verglichen mit dem Rheinischen Braunkohlerevier und dem Lausitzer Revier eine hohe Qualität. Der Heizwert der dort geförderten Braunkohle beträgt 9000-11300 kJ/kg, während er bei den anderen beiden lediglich zwischen 7800 und 10000 bzw. 10500 kJ/kg liegt (DEBRIV - Bundesverband Braunkohle 2019). Bei der Fördermenge hingegen liegt das Mitteldeutsche Revier deutlich abgeschlagen hinter den beiden anderen Revieren. Im Jahr 2018 wurden hier etwa 19,2 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert, was aber nur einem Anteil von 11,6% entspricht. 51,9% der gesamten geförderten Braunkohle innerhalb Deutschlands kommt aus dem Rheinischen Revier, etwa 86,3 Millionen Tonnen und mit 36,5%, was 60,7 Millionen Tonnen entspricht, belegt die Lausitz den zweiten Rang (DEBRIV - Bundesverband Braunkohle 2019). Es gibt noch drei Tagebaue im Revier, die betrieben werden. Zum ersten den Tagebau Amsdorf, welcher etwa 17 km westlich von Halle/Saale liegt. Amsdorf ist mit Abstand der kleinste Tagebau mit einer Fördermenge von ca. 500000 Tonnen im Jahr 2019. Gleichzeitig mussten aber 5 Millionen Tonnen Abraum abgetragen werden, da die Kohleflöze mit einer ca 80m dicken Deckschicht begraben sind. Amsdorf wird außerdem, anders als die beiden anderen Tagebaue von der Betreiberfirma ROMANTA GmbH betrieben. Besonders ist auch die Kohle, die in diesem Tagebau gefördert wird, da sie sehr bitumenreich ist. In der direkt angeschlossenen Montanwachsfabrik wird mit dieser Kohle Montanwachs produziert. Die derzeitige Abbaufläche beträgt 16 km² und es sind noch zusätzliche 0,42 km² genehmigt. Beschäftigt sind im Moment 86 Personen im Tagebau selber und insgesamt 292 in Tagebau, Kraftwerk und Montanwachsfabrik zusammen (Schubert 2018). Zum zweiten gibt es den Tagebau „Vereinigtes Schleenhain“. Dieses Gebiet umfasst die Abbaufelder Schleenhain, Peres und Groitzscher Dreieck. Er liegt ca. 20km südlich von Leipzig im Weiße-Elster-Becken. Hier werden ca. 8,5 Millionen Tonnen Rohbraunkohle gefördert und Abraum in einer Menge von 30 bis 38 Millionen Kubikmeter pro Jahr. Betriebsbeginn war 1949 und der Betrieb soll bis ca. 2040 fortgesetzt werden. Ein Problem bei Tagebauen ist eintretendes Wasser. Daher müssen große Mengen an Wasser abpumpt werden. Die Gesamtwasserhebung betrug zuletzt 35 bis 44 Millionen Kubikmeter pro Jahr, was sowohl Grund- als auch Oberflächenwasser einschließt. Dieses wird teilweise über eine Grundwasserreinigungsanlage abgepumpt und nach der Reinigung in die Pleiße eingeleitet. Hauptkunde für die Braunkohle ist das Kraftwerk Lippendorf, welches über eine Bandanlage direkt versorgt werden kann und unter anderem Fernwärme für etwa 60 Prozent der Leipziger Haushalte bereitstellt. Betreiberfirma ist die MIBRAG, was für Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft mbH steht, welche auch den benachbarten Tagebau Profen betreibt (Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft mbH (MIBRAG) 2021b). Zum dritten gibt es den Tagebau Profen, welcher auch im Zuge der Exkursion besichtigt wurde. Er zählt zu den ältesten in Deutschland und wurde bereits 1941 aufgeschlossen. Er besteht heute aus drei Abbaufeldern: Profen Süd, Schwerzau und Domsen. Der Betrieb soll noch bis 2035 aufrechterhalten werden. Bis dahin sollen pro Jahr etwa 8 Millionen Tonnen Braunkohle gefördert werden (Schubert 2018). Tatsächlich wurden in den vergangenen Jahren nur 5,5 Millionen Tonnen pro Jahr gefördert. Gleichzeitig fielen 35-40 Millionen Tonnen Abraum an. Außerdem musste Wasser aus dem Tagebau gepumpt werden, was einer Menge von 59 bis 70 Millionen Kubikmetern pro Jahr entspricht (Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft mbH (MIBRAG) 2021a).


Braunkohle in der DDR

In Zeiten der DDR wurde der Braunkohleabbau massiv vorangetrieben, um die Autarkie der Energieversorgung zu gewährleisten und die Braunkohle Treibstoff für ganze Industriezweige war. Besonders stark wurde die Erschließung neuer Abbaufelder nach der Ölkrise 1973 vorangetrieben. Die DDR-Regierung verfolgt nun eine radikale Auskohlungspolitik, um die eigene Energieversorgung zu gewährleisten. Die Ausmaße dieser Politik werden bei Betrachtung der Pläne, ein Drittel des Bezirkes Cottbus zu zerstören, deutlich. Die Bevölkerung sah sich massiven Eingriffen in die Natur und ihrer Heimat konfrontiert jedoch befanden sich sehr viele in einem Dilemma, da in so gut wie jeder Familie in den Braunkohlerevieren der DDR, mindestens eine Person ihr Geld in der Braunkohleindustrie oder einer eng verknüpften Industrie verdiente. So kam man in den Konflikt zwischen Heimat und Arbeit wählen zu müssen. Dies erklärt auch, warum die Proteste gegen die Abbaggerung von Orten zunächst recht gering ausfielen. Bis in die 1980er Jahre hinein gab es auf dem Gebiet der damaligen DDR insgesamt 39 Tagebaue (Mitteldeutscher Rundfunk 2020a, 2020b).
Der Massive Ausbau führte aber nicht nur zur Zerstörung der Landschaft, sondern auch zum Ausstoß von Unmengen von Schadstoffen, wie Kohlendioxid, Schwefeldioxid und Asche, aber auch Schwermetalle und giftige Gase, nicht nur aus den Tagebauen selbst, sondern auch aus den zahlreichen Fabriken zur Herstellung aller Möglicher Waren, welche aus Kohle gewonnen werden konnten, wie Briketts und Koks, Teer Öl oder Gas. Zu Spitzenzeiten wurden in der DDR über 300 Millionen Tonnen Braunkohle pro Jahr gefördert, was die DDR zum Spitzenreiter in der Welt machte. Vergleicht man diese Förderzahlen mit heute, so kann man erkennen, dass im vereinigten Deutschland heute nur noch etwa die Hälfte dieser Menge pro Jahr abgebaut wird, was aber immer noch bedeutet, dass Deutschland einer der weltweit größten Produzenten von Braunkohle ist (Mitteldeutscher Rundfunk 2020a, 2020b).

Kohleausstieg

Die erste große Zäsur im Braunkohlebergbau kam mit der Wiedervereinigung. Waren Ende der 80er Jahre noch etwa 700000 Menschen in Deutschland in der Braunkohleindustrie beschäftigt, waren es Anfang der 2000er Jahre nur noch etwa 100000. Dies traf die Ostdeutsche Braunkohleindustrie besonders hart, da es zu einer Umorientierung von Kohle als Energieträger hin zu Öl, Gas und Uran gab (DBFZ - Deutsches Biomassenforschungszentrum gemeinnützige GmbH 2020). Allein zwischen 1989 und 1999 wurden auf dem Gebiet der ehemaligen DDR 31 Tagebaue mit 207 Restlöchern stillgelegt (StuBA - Bund-Länder-Geschäftsstelle für die Braunkohlesanierung 2021).
Im Juli 2020 verabschiedete der Bundestag ein Gesetz, welches ein Enddatum für die Verstromung von Kohle in Deutschland bis 2038 vorsieht. Der erste sächsische Block soll 2029 abgeschaltet werden. Somit wird weniger Braunkohle benötigt und die aktuell genehmigten Erweiterungsfelder werden ausreichen, um den Bedarf bis 2038 zu decken.
Es gibt ein umfassendes Finanzabkommen zwischen der Bundesregierung und den Kohleländern. In den kommenden 20 Jahren werden diese mit insgesamt 40 Milliarden Euro unterstützt. Dieses Geld soll vor allem in die Schaffung von Industriearbeitsplätzen fließen. Von diesem Geld fließen 14,8 Milliarden nach NRW, 4,8 Milliarden nach Sachsen-Anhalt, 10,1 Milliarden Euro nach Sachsen und 10,3 Milliarden Euro nach Brandenburg. Zusätzlich hat der Bund versprochen in den betreffenden Regionen 5000 zusätzliche öffentliche Stellen zu schaffen, sowie weitere Bundesbehörden in den Kohleregionen anzusiedeln (Tagesschau 2019). Somit stehen die deutschen Braunkohleregionen vor einem tiefgreifenden Transformationsprozess. Dieser kann aber auch als große Chance für die Zukunft gesehen werden. Eine Gefahr eines verfrühten Kohleausstiegs ist, dass die Braunkohleunternehmen, welch auch für die Renaturierung der Tagebaue verantwortlich sind, bei einem früheren Kohleausstieg nicht genug Finanzmittel für die Renaturierung zur Verfügung haben, da nicht genug Kohle verkauft wurde, um die Investitionen am Anfang eines Aufschlusses auszugleichen und dann ein Finanzpolster für die Renaturierung aufzubauen.

Renaturierung

Die Landschaft ist nach einem Tagebau geprägt durch die enorme Tagebaugrube, großen Abraumhalden, aber auch eventuell zurückgelassenen Gerätschaften. Sie gleichen häufig Mondlandschaften mit so gut wie keiner Vegetation und die Böschungen können instabil sein.
Im Mitteldeutschen Braunkohlerevier übernimmt die LMBV, was für „Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH steht, die Sanierung und Gestaltung der Nachfolgelandschaften des Baunkohlebergbaues. Das Unternehmen ist vollständig im Besitz des Bundes. 1994 trat sie in die Rechtsnachfolge der ehemaligen DDR-Braunkohlekombinate (StuBA - Bund-Länder-Geschäftsstelle für die Braunkohlesanierung 2021). Ihre Aufgaben sind die Verbesserung der Wasserqualität der Tagebaurestseen, die Stabilisierung der Böschungen, der Verkauf von Grundstücken und Immobilien, die Sanierung Bergbau-Altlasten, Verfüllung und Sicherung der Tagebaue. Sie fördert die Ansiedlung von Industrie du Gewerbe sowie die touristische Nutzung der ehemaligen Bergbauflächen (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) 2021a). Finanziert wird sie überwiegend aus Mitteln des Bundes, wobei sich die Länder mit einem Anteil von 25% beteiligen. Bis Ende 2020 wurden rund 11,43 Milliarden Euro in der Braunkohlesanierung verwendet. Grundlage ist das Bund-Länder-Verwaltungsabkommen über die Finanzierung ökologischer Altlasten“ (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) 2021b).
Für die Kohlereviere in der Lausitz und in Mitteldeutschland gibt es zwei große Projekte. Das „Lausitzer Seenland“, welches nach der Mecklenburgischen Seenplatte die zweitgrößte Seenplatte Deutschlands werden würde und im Südraum von Leipzig, das „Leipziger Neuseenland“, in welchem sieben neue Seen entstehen sollen (Sächsisches Staatsministerium für Regionalentwicklung 2021b). Teilweise füllen sich die Restlöcher der Tagebaue durch den Grundwasserwiederanstieg von selbst, aber zusätzlich flutet man sie auch noch mit externem Wasser. Dazu gibt es, angesichts des durch den Abbau der Kohle entstandenen Massendefizites keine andere wirtschaftlich vertretbare Alternative (StuBA - Bund-Länder-Geschäftsstelle für die Braunkohlesanierung 2021). Außerdem entstehen große landwirtschaftlich und forstwirtschaftlich nutzbare Flächen, sowie Naherholungsflächen (Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) 2021c). Die dem Braunkohlebergbau folgende Rekultivierung gilt weltweit als vorbildlich, gleicht bergbaubedingt, befristete Landinanspruchnahme aus und schafft neue Kultur- und Naturräume (DEBRIV - Bundesverband Braunkohle 2019). Man muss aber auch sagen, dass die Anlage solcher Seen weltweit einzigartig ist und ein Langzeitexperiment mit ungewissem Ausgang darstellt. Außerdem muss man dazu sagen, dass die Menschen natürlich nicht allein von Naherholungsgebieten und Bergbaumuseen leben können.
 

Literaturverzeichnis: