Hohenmölsen und die Braunkohle

Besonders die jüngere Vergangenheit der Stadt Hohenmölsen ist untrennbar mit dem Braunkohletagebau verbunden. Begonnen hat die Geschichte des Bergbaus in Hohenmölsen aber schon in den 1830er Jahren als erkannt wurde, dass der Boden einen Brennwert hat. Zwischen 1830 und 1900 wurde dann das komplette Kohlevorkommen kartiert. Da aber der oberflächliche Abbau bald zu wenig Ertrag brachte, wurde mit dem Kohletiefbau begonnen. Mit der abgebauten Kohle konnten verschiedene Industriebetriebe betrieben werden, beispielsweise verschiedene Salinebtriebe, eine Zuckerfabrik und auch eine Brikettfabrik, welche heute die älteste noch erhaltene Brikettfabrik Deutschlands ist. Ab den 1850er Jahren wurde zudem begonnen mit Hilfe des Riebech´schen Verfahren Kohle zu veredeln. Ende der 30er Jahre reichte die aus den Tiefgruben geförderte Kohle nicht mehr aus, weshalb entschieden wurde einen Tagebau aufzuschließen (Haugk 2021). 1941 begannen die Entwässerungsarbeiten für die Aufschließung des Tagebaus Profen (Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft mbH (MIBRAG) 2021). Somit ist der Tagebau Profen einer der ältesten Tagebaue Deutschlands.

Der Aufschluss des Tagebaus führte zur Abbaggerung ganzer Landstriche und daher auch von einigen Gemeinden. Einige dieser Orte wurden an einer anderen Stelle wiederaufgebaut, andere wurden abgetragen und die Bewohner wurden in Neubausiedlungen in anderen Ortschaften untergebracht. So kam es, dass die Bewohner vieler devastierter Ortschaften nach Hohenmölsen umgesiedelt wurden. Das erste Dorf, das umgesiedelt wurde, war das Dorf Gaumnitz, welches bereits 1930 devastiert wurde. Es folgten die Orte Mutschau und Köttichau in den 50er Jahren. Der letzte Ort, der devastiert wurde, war die Gemeinde Großgrimma mit ihren Teilorten. Die Bewohner entschieden sich schon frühzeitig vor dem eigentlichen Abbau gemeinsam in eine Neubausiedlung in Hohenmölsen umzusiedeln, was 1994 vollzogen wurde. Die Bewohner der Gemeinde wurden großzügig entschädigt, sodass sie sich eine neue Existenz aufbauen konnten. Dies führte teilweise zu Spannungen mit Bürgern, welche ihre Ortschaften ebenfalls verlassen mussten, aber zu Zeiten der DDR in eine neu errichtete Plattenbausiedlung ziehen mussten. Heute sind diese Konflikte aber überwunden. Auch die Gemeinde Hohenmölsen hat von der Aufnahme der Bewohner profitiert. So wurde ein neues Gymnasium, Sportplätze und ein Bürgerzentrum errichtet (Haugk 2021). Eine Besonderheit der Umsiedlung von Großgrimma war außerdem, dass sich dazu entschieden wurde mit einem Teil der Entschädigungsgelder die „Kulturstiftung Hohenmölsen“ zu gründen, welche sich mit dem Bergbau und dessen Folgen in der Region befasst, sowie durch Öffentlichkeitsarbeit das Gedenken an die devastierten Ortschaften und die Industriegeschichte der Region aufrechtzuerhalten und Außenstehende Personen für das Thema zu sensibilisieren. Auch werden Projekte durchgeführt, welche den Bewohnern der devastierten Orte helfen sollen und ihnen einen Ort der Erinnerung schafft. Dafür wurde am Mondsee ein Labyrinth mit Aussichtsplattform errichtet, in dem die abgetragenen Ortschaften mit Gedenktafeln verortet wurden (Kalteich 2021). Insgesamt mussten für die Tagebaue Profen und Pirkau 15 Ortschaften umgesiedelt werden (Haugk 2021). Als Gedenkstätte für die verlorenen Kirchen der devastierten Orte, wurde in der Stadtkirche St. Peter ein Gedenkraum eingerichtet, in welchem die Kirchen in Holztafeln eingeschnitzt und in die Wandvertäfelung eingelassen sind. Diese Gedenkangebote werden von den ehemaligen Bewohnern auch sehr gut angenommen und häufig genutzt (Kalteich 2021). Betrachtet man das gesamte Mitteldeutsche Revier, so mussten hier bereits über 50000 Menschen für den Braunkohletagebau ihre Heimat dauerhaft verlassen (Schulz und Schwartzkopff 2018, S. 19). Im Januar 2021 gab die Sächsische Staatskanzlei nach Verhandlungen mit der Mitteldeutschen Braunkohlegesellschaft (MIBRAG) bekannt, dass keine weiteren Gemeinden im Mitteldeutschen Braunkohlerevier für den Abbau von Braunkohle umgesiedelt werden müssten. Dieser Entscheidung ging ein jahrelanger Kampf der Bewohner der Ortschaft Pödelwitz für den Erhalt ihres Ortes voraus (Sächsische Staatskanzlei 2021).

In der heutigen Zeit steht die Region vor den Problemen des demographischen Wandels und des Kohleausstiegs. So sind von den 50000 Arbeitsplätzen in den 70er Jahren heute nur noch etwa 1000 übrig. Das Durchschnittsalter liegt bei 54, mit steigender Tendenz und insbesondere die gut ausgebildeten, jungen Frauen verlassen die Region. Mittlerweile hat die Kernstadt Hohenmölsen noch 6700 Einwohner, was verglichen mit dem Höchststand von 10000 im Jahr 1988 ein Rückgang von einem Drittel entspricht. Um darauf zu reagieren wurden viele leerstehende Wohnungen vom Markt genommen und der Prozess einer kontrollierten Schrumpfung eingeleitet, um die Attraktivität der Stadt zu erhalten (Haugk 2021). Betrachtete man die Arbeitsplätze, so hat die Stadt heute noch die höchste Bergarbeiterdichte. Jedoch wird darauf geachtet auch Arbeitsplätze zu schaffen, welche über den Kohleausstieg 2034 hinaus, zukunftsfähig sind. Der Energie-& Industriepark Profen hat heute fast 2000 Arbeitsplätze und spezialisiert sich auf die Wasserstoffherstellung. Zusätzlich siedelte sich ein großes Unternehmen für Landmaschinentechnik an, welches 500 Arbeitsplätze bietet und diese in den nächsten Jahren verdoppeln möchte. Aber durch seine Lage zwischen Leipzig, Halle, Gera und Jena ist Hohenmölsen heute auch eine klassische Auspendlerstadt (Haugk 2021). Die Stadt Hohenmölsen ist somit ein Beispiel für die Positiven und Negativen Zeiten des Braunkohleabbaus und auch dafür, wie sich eine Gemeinde nach den großen Einschnitten der Wende 1990 und dem geplanten Kohleausstieg entwickeln kann.

Literaturverzeichnis

  • Haugk, Andy (2021): Die Geschichte von Hohenmölsen. Kulturstiftung Hohenmölsen. GEX Mitteldeutschland. Hohenmölsen, 10.08.2021.
  • Kalteich, Ulrike (2021): Folgen des Braunkohleabbaus. Umsiedlungen und Bergbaufolgelandschaften. Kulturstiftung Hohenmölsen. GEX Mitteldeutschland. Hohenmölsen, 10.08.2021.
  • Mitteldeutsche Braunkohlegesellschaft mbH (MIBRAG) (2021): Tagebau Profen. Online verfügbar unter https://www.mibrag.de/geschaeftsfelder/bergbau/tagebau-profen/, zuletzt geprüft am 09.09.2021.
  • Sächsische Staatskanzlei (Hg.) (2021): Pödelwitz bleibt! MIBRAG verzichtet auf Inanspruchnahme der Abbaugebiete Pödelwitz und Groitzscher Dreieck. Online verfügbar unter https://www.medienservice.sachsen.de/medien/news/245773, zuletzt geprüft am 10.09.2021.
  • Schulz, Sabrina; Schwartzkopff, Julian (2018): Europäische Braunkohleregionen im Wandel. Herausforderungen in Deutschland und Tschechien. Hg. v. Heinrich-Böll-Stiftung Prag und Deutsche Umwelthilfe in Zusammenarbeit mit Glopolis und E3G. Online verfügbar unter https://www.boell.de/sites/default/files/2018-05-16-europaeische-braunkohleregionen.pdf, zuletzt geprüft am 09.09.2021.