Ludwig-Uhland-Institut für Empirische Kulturwissenschaft

Konstituierung von Region als Wissensraum. Der Beitrag von Volkskunde und Sprachforschung in Württemberg (1890-1930)

Förderung Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG)
Projektleitung Prof. Dr. Bernhard Tschofen
Wissenschaftliche Mitarbeiterin Dr. Lioba Keller-Drescher
Studentische und wissenschaftliche Mitarbeiter*innen Karin Bürkert, Stefan Buri, Rebekka Bürkle, Simon Schmid, Renate Deregowski, Eberhard Forner
Projektlaufzeit 08/2006 - 07/2008

Das Projekt ist Teil eines Verbundprojektes zur Vorbereitung einer DFG-geförderten Forschergruppe. Dieses trägt den Titel: Volkskundliches Wissen und gesellschaftlicher Wissenstransfer: zur Produktion kultureller Wissensformate im 20. Jahrhundert.
Der Forschungsverbund von sechs Instituten des Faches Volkskunde/Europäische Ethnologie/Empirische Kulturwissenschaft dient der Erprobung und Stärkung innerdisziplinärer wie interdisziplinärer Zusammenarbeit, der Entwicklung von kooperativen Forschungsmodellen und der Bearbeitung wissenschaftstheoretisch relevanter Fragestellungen auf dem Feld der Wissensproduktion und des Wissenstransfers. Der Forscherverbund soll neue Einsichten in die Konstruktion von Wissenskulturen erbringen, indem er konkrete Praxen der Wissensproduktion, -distribution und -rezeption im Rahmen einer historisch vertiefenden Forschung im Bereich der Sozial-, Kultur- und Geisteswissenschaften untersucht und dabei neue Zusammenhänge zwischen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Kontexten des Wissenstransfers sichtbar macht. Dies geschieht am Beispiel der Volkskunde, weil sie wie kaum eine andere geisteswissenschaftliche Disziplin von einer Tradition populärer und angewandter Wissensproduktion geprägt ist. (zitiert aus Mantelantrag)

Das Tübinger Teilprojekt untersucht die Rolle volkskundlichen/ethnografischen Wissens bei der Konstituierung von Staat, Region und Landesbewusstsein am Beispiel Württembergs. Es geht davon aus, dass hier ein vergleichsweise starkes staatliches Engagement mit Blick auf die Konstruktion von Landeseinheit dafür gesorgt hat, dass Württemberg am Ende des 19. Jahrhunderts als der landeskundlich am besten erforschte Staat des Kaiserreiches galt. Gleichzeitig formierten sich hier Öffentlichkeiten, die zur weiteren Popularisierung volkskundlichen Wissens gleichermaßen beitrugen wie zu seiner praktischen Generierung (Schwäbischer Albverein, gegr. 1888; Schwäbischer Heimatbund, gegr. 1909).
Die territoriale Integration Württembergs und sein Einschreiben in den nationalen Horizont wurden seit dem frühen 19. Jahrhundert begleitet von der Entdeckung regionaler Eigenarten, ihre Feststellung und Beschreibung diente gleichzeitig der Bestätigung der kleinräumigen Differenziertheit wie auch im Sinne von Einheit in der Vielfalt der Herstellung eines homogenen Kultur- und Erinnerungsraumes und damit der Konstruktion von Landeseinheit. Ein besonderes Augenmerk soll daher den raumexplorierenden Wissensformaten der Sprachgeografie und Namenkunde gewidmet werden, die dazu beigetragen haben, die Kohärenz der Region erzähl- und vermittelbar zu machen. Ausgehend von den großen Unternehmungen der Landesbeschreibung und den frühen Publikationsreihen der Volkskunde sowie den populären Periodika sollen die unterschiedlichen Wissensformate und deren Akteure untersucht werden. Dabei werden die Jahrzehnte um den Ersten Weltkrieg besonders ins Visier genommen und nach der Rolle regionalen Orientierungswissens in politischen Neuordnungsprozessen gefragt. Damit verfolgt das Projekt eine wissensbasierte Perspektive auf die Zusammenarbeit von Politik und Wissenschaft bei der Schaffung administrativer Räume.

Näheres zum Verbundprojekt siehe unter: www.volkskundliches-wissen.de