Practical Theology III

Dr. Manuel Stetter


Abstract
 
Reanimationen/Deanimationen. Zum funeralen Umgang mit den Toten in der religionspluralen Gesellschaft

Für den Protestantismus liegt der programmatische Akzent der Bestattungspraxis traditionell auf der diskursiven Adressierung der Lebenden. Mit dieser Zuspitzung rückt ein bedeutender Komplex funeraler Praxis in den Hintergrund: der Umgang mit den Toten. In meinem Habilitationsprojekt ziele ich auf eine qualitativ-empirische Erforschung dieses Komplexes. Dabei knüpfe ich an konstruktivistische Zugänge zu Umgangsformen mit den Verstorbenen an, wonach der Tod nicht einfach als ein biologisches Faktum aufzufassen ist, sondern als Größe in Betracht gezogen wird, die immer auch durch kulturelle Praktiken sozial hervorgebracht wird. 

Vor diesem Hintergrund lässt sich die analytische Leitfrage des Projekts wie folgt umschreiben: Wie wird im Rahmen der Bestattung mit den Toten umgegangen? Was wird in diesem Umgang mit den Toten aus ihnen gemacht? Und welche Rolle kommt Religion in dieser funeralen Konstruktion der Verstorbenen zu?

Für das ethnographisch angelegte Forschungsdesign erweisen sich vier Leitperspektiven als relevant:

  • Praxis: Der funerale Umgang mit den Toten wird als Praxis erforscht, womit insbesondere auch die materiellen Komponenten der Bestattungspraxis (Räume, Körper, Artefakte) in die Analyse miteinbezogen werden.
  • Prozess: Der funerale Umgang mit den Toten wird als Prozess erforscht, der nicht in den rituellen Inszenierungen der Trauerfeiern aufgeht, sondern von der Abholung bis zur Beisetzung der Verstorbenen ein reiches Spektrum diverser Praxiskomplexe umfasst.
  • Perspektivität: Der funerale Umgang mit den Toten wird als multiperspektivisch gebrochenes Feld erforscht, das durch die Sichtweisen und Handlungslogiken mehrerer Akteur*innen (Pfarrerinnen, Bestatter, freie Redner, Angehörige) geprägt ist.
  • Pluralität: Der funerale Umgang mit den Toten wird schließlich als ein pluraler Praxiszusammenhang erforscht, zu dem kirchlich verantwortetes Handeln ebenso gehört wie die Inszenierungen freier Ritualanbieter, in dem die Tätigkeitsbereiche der Bestattungsunternehmen genauso zu berücksichtigen sind wie die Aktionsformen der Angehörigen, so dass von einer diversen religiösen Signatur des Totenumgangs auszugehen ist. 

In methodischer Hinsicht setzt das Projekt auf eine flexible Forschungsstrategie, die Verfahren der teilnehmenden Beobachtung mit Befragungen und gegenstandsspezifischen Detailuntersuchungen (z.B. Artefaktanalysen oder Raumanalysen) kombiniert.