Die Rede des Jahres 2023
Ursula von der Leyen: „Europa einen und stärken“
Das Seminar für Allgemeine Rhetorik der Universität Tübingen verleiht die Auszeichnung „Rede des Jahres“ 2019 an Ursula von der Leyen. Sie erhält die Auszeichnung für ihre Wahlrede vor dem Europäischen Parlament am 16. Juli 2019. Die Rede sei ein eindrucksvolles und glaubwürdiges Bekenntnis zu Europa, ein Beweis für die Integrationskraft der Idee „Europa“ und ein engagiertes Plädoyer für eine europäische Wertegemeinschaft, so die Jury in ihrer Begründung.
Ursula von der Leyen hatte nicht die besten Ausgangsbedingungen für ihre Bewerbung zur EU-Kommissionspräsidentin. Bis zur Abstimmung war offen, wie sich das Europäische Parlament entscheiden würde. In dieser krisenhaften Situation gelingt es von der Leyen jedoch in vorbildlicher Weise, Überzeugungsarbeit zu leisten, für ihr Programm zu argumentieren und für Europa zu werben.
In ihrer halbstündigen Rede kämpft sie für eine Erneuerung Europas und bezieht deutlich Position zu aktuellen Herausforderungen wie Klimawandel, Digitalisierung und Brexit. Pointiert deutet sie die Einigung Europas als ein „gewaltiges Werk“ und beschwört das Parlament, Europa zu einen und zu stärken. Unter Beifall erklärt sie den Klimaschutz zu einer zentralen Herausforderung und wirbt überzeugend für einen „Green Deal“. In der sorgsam durchkomponierten Rede spannt sie einen weiten Bogen von Sachthemen, um schließlich einen emotionalen Appell für Europa zu formulieren: „The world needs more Europe“.
Von der Leyen spricht engagiert und wohl artikuliert, sie zeigt mit einer akzentuierten Gestik und Körperhaltung, wie wichtig ihr Europa ist. Ihre in drei Sprachen gehaltene Rede (Französisch, Englisch, Deutsch) ist ein Muster für die Realität der politischen Rede in der vielsprachigen Europäischen Union und illustriert damit die kulturelle Vielfalt des Kontinents in souveräner Weise. In Zeiten von starker Polarisierung setzt von der Leyen auf die integrative Kraft Europas, wirbt für Einheit und Zusammenhalt. Ihr Einsatz für Europa wird dabei plausibel aus der eigenen Biographie abgeleitet: „Deshalb bin ich in Brüssel geboren und Europäerin gewesen, bevor ich später gelernt habe, dass ich Deutsche bin und Niedersächsin.“
In Straßburg etabliert sich von der Leyen als „leidenschaftliche Kämpferin“ für Europa, die eindrucksvoll für die Idee Europa streitet, Rechtstaatlichkeit und moralische Standards hochhält. Dabei macht es sich die Rednerin nicht leicht, weil sie Probleme und Schwierigkeiten in ihrer Rede eben nicht ausspart. Ein Zitat ihres Vaters weist dabei den Weg: „Europa ist wie eine lange Ehe. Die Liebe wird nicht größer als am ersten Tag, aber sie wird tiefer.“ Am Ende steht der emotionale Ausruf „Es lebe Europa!“, ein Appell, der aus tiefstem Herzen zu strömen scheint. Damit war ihr nicht nur der Applaus der Abgeordneten sicher, sondern auch die Mehrheit der Stimmen (383 von 747).
Jury: Jutta Beck, Nico Bosler, Dr. Simon Drescher, Dr. Gregor Kalivoda, Rebecca Kiderlen, Prof. Dr. Joachim Knape, Sebastian König, Prof. Dr. Olaf Kramer, Michael Pelzer, Clara Rohloff, Viktorija Romascenko, Pia Rox, Frank Schuhmacher, Prof. Dr. Dietmar Till, Dr. Thomas Zinsmaier, Peter Weit
Ansprechpersonen: Viktorija Romascenko & Frank Schuhmacher
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