Reviews
Amin, Yasmin. „Geschlechtergerechtigkeit Im Ḥadīṯ – Ein Oxymoron?“
In Eine Frage Des Geschlechts? Islamisch-Theologische Perspektiven Für Eine Gendergerechte Theologie Der Gegenwart, herausgegeben von Dina el Omari, Asmaa el Maaroufi, und Katajun Amirpur, Islam & Gender, Band 3. Baden-Baden: Ergon Verlag, 2023, S. 141–160.
Sind Hadithe mit Geschlechtergerechtigkeit unvereinbar? Der Beitrag von Yasmin Amin ist ein hervorragender Einstieg in das Thema. Er gibt einen lesenswerten Einblick in die zwei prinzipiellen Ansätze der bisherigen Forschung: Nämlich inhaltlich (wie werden Frauen in Hadithen dargestellt?) und überlieferungsgeschichtlich (welche Rolle haben Frauen in der Überlieferung von Hadithen gespielt?).
Die Autorin bietet zunächst eine kurze, aber auch ausgewogene Übersicht über feministische Hadith-Hermeneutiken (Mernissi, Shaikh) bzw. über Überlegungen zu den Möglichkeiten und Formen eines geschlechtergerechten Ansatzes gegenüber dem Hadith (Azza Karam, Abou El Fadl, Abdul Kodir, Barazangi). Wichtig ist die mehrfach formulierte Einsicht, dass der islamische Feminismus unglaubwürdig wird, wenn er der Hadithüberlieferung schulterzuckend ausweicht und sich auf einen mehr oder weniger bewussten Qur’anismus zurückzieht.
Dabei gäbe es bemerkenswerte Anknüpfungspunkte, von denen Amin dankenswerter Weise einige aufführt, wie z.B. folgender Umstand, der von al-Dhahabī, immerhin jemand der für seine "kritische Strenge" (tashaddud) bekannt ist, festgestellt wird: „Es gibt viele Männer, die Ḥadīṯe fabriziert haben, jedoch wurde keine Frau in der Geschichte des Islam der Fabrikation beschuldigt. Wenn daher die intellektuelle und religiöse Integrität von irgendjemandem in Frage gestellt werden sollte, dann die von Männern. Frauen haben religiöses Wissen immer wahrheitsgemäß übermittelt“.
Nach Yasmin Amin liegen die Herausforderungen eines feministisch sensibilisierten Umgangs mit Hadithen vor allem in der Frage der Normativität der prophetischen Verkündigung, in der "symbolischen" Funktion der Hadithüberlieferung in muslimischen Gesellschaften und in der “atomistischen Natur”, d.h. in der dekontextualisierten Darstellungsform von Hadithen. Sie plädiert dafür, feministische Hadith-Hermeneutiken nicht auf die Authentizitäts-Problematik zu reduzieren, da sich patriarchale Strukturen nicht durch die Texte, sondern durch die Interpretationen derselbigen legitimieren würden. Diese Einsicht ist sicherlich wertvoll und bildet vielleicht den Schlüsselsatz dieser Studie - schade nur, dass die Autorin nicht versucht hat, ihn konsequent anzuwenden (dazu unten mehr).
Zunächst folgerichtig stützt sich Amin auf rezeptionshistorische Forschung (Stowasser, Geisinger), um Lösungsansätze zu skizzieren. Dafür nimmt Amin insbesondere Hadithe in den Blick, in denen der Gehorsam der Ehefrau gegenüber ihrem Gatten im Vordergrund steht. Die Ambiguität des Hadith als Quelle für die Beziehung der Geschlechter wird deutlich, wenn die Autorin auch eine ganze Reihe von Hadithen erwähnt, in denen die Erfahrungen und Bedürfnisse von Frauen im Mittelpunkt stehen. Es ist schade, wobei sicherlich auch in Anbetracht der Größe der Aufgabe entschuldbar, dass nicht der Versuch unternommen wird, diese Ambiguität theologisch tiefer zu reflektieren. Auch folgende Frage wäre in diesem Zusammenhang interessant: Wie passt die von Amin aufgeführte Tatsache, dass Frauen für die Überlieferung von Hadithen eine so wichtige Rolle gespielt haben zusammen mit der breiten Tradierung von jenen Hadithen, die von der Autorin als im Widerspruch zur Geschlechtergerechtigkeit stehend und daher als “Befleckung des Propheten” ausgewiesen werden? Anders gesagt: Haben sich diese Muḥaddithāt etwa nicht an diesen Hadithen gestört?
Man kann sich auch fragen, ob der einzig mögliche Weg, mit dieser Ambiguität umzugehen, letztendlich doch in die gehabten Muster führen muss? Jedenfalls sollen die Übereinstimmung bzw. Widersprüchlichkeit mit dem Qur’an und dem Prophetenleben, sowie die Menge der Überlieferungswege als Kriterien für die Beurteilung von Hadithen dienen, da individuelle Überlieferungen (aḥād) grundsätzlich zweifelhaft seien. Handelt es sich dabei nicht etwa faktisch um einen neo-mu’tazilitischen Ansatz, der ja so neu gar nicht mehr ist und bisher nicht wirklich hilfreich war? Und entgegen der anfänglichen Kritik der Autorin gegen eine Fixierung auf die Authentizitätsproblematik, steht dieselbige jetzt auch hier wieder im Mittelpunkt. Ob solche und ähnliche Lösungsansätze theologisch zufriedenstellend sind und dem Potenzial des Themas gerecht werden, muss sich erst noch erweisen. Bis dahin zeigt Yasmin Amins willkommene Studie jedenfalls eindrucksvoll, wie unumgänglich der Hadith für die Entfaltung einer geschlechtergerechten Theologie ist, die (im wahrsten Sinne des Wortes) Glaubwürdigkeit beanspruchen will und kann.
(Ruggero Vimercati Sanseverino)
Karagedik, Ulvi. „Die Juden und der Hadith: Ein zeitgenössischer Versuch einer hermeneutischen Interpretation“.
In Jüdisch-Muslimische Beziehungen im Wandel der Zeit, herausgegeben von Ednan Aslan und Margaret Rausch, Wiesbaden: Springer VS, 2023, S. 35–50.
Nützliche Studie zu einem wichtigen und bisher vernachlässigten Thema. Während Juden und das Judentum in den qur’anischen Studien ein immer wieder und auf vielfältige Weise erforschtes Themenfeld darstellen, haben sich bisher nur wenige Hadith-Forscher (insb. Vajda 1937) dafür interessiert, auf welche Weise, in welchen Zusammenhängen und mit welchen Anliegen Juden in Hadithen erwähnt werden. Bisherige Studien haben sich vor allem mit dem Einfluß jüdischer Überlieferungskulturen und Rechtstraditionen auf die Hadithüberlieferung beschäftigt. Karadegik geht in seiner Studie zunächst auf den historischen Kontext ein und ordnet die verschiedenen Ereignisse in der Entstehungsgeschichte des Islams als politischen Konflikt zwischen der ums Überleben kämpfenden muslimischen Gemeinde und den etablierten jüdischen Gemeinden des Hijaz ein. Schließlich liefert der Autor einen thematischen Überblick über Juden in Hadithen: die religiöse Verhältnisbestimmung des Islams zum Judentum, die Beziehung der medinenischen Juden zum Propheten, prophetische Prophezeiungen über Juden, die Bedeutung jüdischer Überlieferungen für den Islam. Die Analyse dieser Themen ergibt ein vielfältiges und mehrdeutiges Bild: sowohl negative als auch positive Darstellungen, sowohl Abgrenzungen als auch das Betonen von Gemeinsamkeiten werden sichtbar, sind jedoch stark quellen- und zeitabhängig, resümiert der Autor. Dies bringt ihn zu dem Versuch, hermeneutische Überlegungen für die Islamische Theologie zu formulieren: “Es ist notwendig, darüber nachzudenken, welches Ereignis und welcher Zeitraum des jüdisch-prophetischen Zusammenlebens als religiöse Quelle für Muslime heute repräsentativ ist und worin der Nutzen einer Überlieferung besteht”. Hierfür stellen die “Prophezeiungen über die Juden im Jenseits” und “über den zukünftigen Umgang mit den Juden” sicherlich eine besondere theologische Herausforderung dar, zumal solche Überlieferungen im Zusammenhang der zeitgenössischen geo-politischen Konflikte ideologisch mißbraucht werden.
Freilich bleibt der Begriff “Juden” in dem Beitrag etwas unbestimmt. Differenzierungen zwischen “empirischem” und “diskursiven Juden”, zwischen Judentum und jüdischem Leben usw., wie sie z.B. in der Forschung zur Judenfeindlichkeit entwickelt worden sind, wäre möglicherweise hilfreich gewesen. Außerdem konnten die muslimischen Rezeptionsweisen dieser Hadithe, insbesondere in den exegetischen Traditionen, nicht wirklich in die Überlegungen eingebracht werden, was aber vermutlich den Rahmen dieses Beitrags gesprengt hätte. Das gleiche gilt für die Frage, inwiefern solche Überlieferungen überhaupt die prophetische Lehre und Praxis gegenüber den Juden wiedergeben, oder doch nur die Anliegen späterer Gesellschaftsgruppen. Wie sollen wir also mit diesen Überlieferungen heute theologisch umgehen? Karagedik plädiert jedenfalls für eine Differenzierung der “inhaltlichen Ebenen” (z.B. zwischen den Juden in Medina und dem Judentum allgemein) und eine Berücksichtigung des jeweiligen Kontexts (z.B. die Rolle der medinensischen Juden in der Auseinandersetzung mit den Quraysh). Dies kann freilich nur ein erster Schritt sein; es bleibt noch sehr viel Arbeit für die theologischen Hadith-Studien, aber dafür liefert der Beitrag einen hilfreichen Anfang.
(Ruggero Vimercati Sanseverino)
Davidson, Garrett A. Carrying on the Tradition: A Social and Intellectual History of Hadith Transmission across a Thousand Years. Bd. 160. Islamic History and Civilization. Boston: Brill, 2020, 333 Seiten, mit 11 teils farbigen Bildern.
(The English version of the review has been published in the Wiener Zeitschrift für die Kunde des Morgenlandes, 113/2023).
Haben wir ein hinreichendes wissenschaftliches Verständnis davon, wie Hadithüberlieferung funktioniert? Und verstehen wir, warum Hadithe bis heute mündlich überliefert werden und warum z.B. die Überlieferungsketten für Muslime immer noch eine Rolle spielen? Diese Fragen sind wohl eher jeweils mit einem „nein“ zu beantworten. Der derzeitige Diskussionsstand bezüglich des Hadith in der Islamforschung, aber auch im öffentlichen Diskurs, wird immer noch unter der Voraussetzung geführt, dass der Hadith ein schriftliches Dokument ist, dessen Sinn und Zweck allein darin besteht, geschichtliche Ereignisse gleich einer Historiographie faktenhaft zu dokumentieren. Dies hat nicht nur etwas mit einer bestimmten, seit der Aufklärung gängigen Epistemologie zu tun, die im überlieferten Zeugnis, das der Hadith ja ist, eine Form von Wissenserwerb sieht, die gegenüber der unmittelbaren Wahrnehmung (perception) von Fakten oder dem logischen Rückschluss (inference) als minderwertig zu bewerten ist (vgl. dazu B. McMyler, Testimony, Trust and Authority 2011). Einem Zeugnis zu vertrauen, d.h. einem vermittelten und daher auf sozialer Kooperation, epistemischer Verantwortlichkeit und personaler Interaktion beruhenden Wissensform, gilt als „intellektuell naiv, oder zumindest als epistemisch fahrlässig“ (idem S. 74).
Aus dieser Epistemologie lässt sich gut die bisher tendenziell einseitige Fokussierung der Hadithforschung auf die Problematik der „Authentizität“ nachvollziehen, insofern damit die Frage nach der Brauchbarkeit von Hadithen als historische Dokumente für die Erforschung der Entstehungsgeschichte des Islams gemeint wird. Und obwohl es bereits seit längerem eine ganze Reihe von Studien gibt, die diese Frage bewusst ausklammern, um die Hadithüberlieferung als Quelle für die soziale und kulturelle Geschichte muslimischer Gesellschaften verwenden zu können, so heißt Hadithforschung doch für viele - fachkundige und fachunkundige der Islamforschung gleichermaßen - gefühlt immer noch hauptsächlich jene Detektivarbeit, deren Ziel darin besteht herauszufinden, ob und welche Hadithe als historisch authentisch beurteilt werden können bzw. auf welchen Zeitraum man ausgehend von der Quellenlage ihre Entstehung datieren kann. Epistemologisch und damit auch wissenschaftstheoretisch betrachtet kommt eine solche Fokussierung jedoch einer Weigerung gleich, den Hadith in seiner Eigenheit anzuerkennen, nämlich als Zeugnis mit den entsprechenden epistemischen Voraussetzungen. Ohne die Verdienste der historisch-kritischen Rekonstruktion von Hadithen minimieren zu wollen, lässt sich mittlerweile doch feststellen, dass eine Hadithforschung, die sowohl ihrem Gegenstand als auch ihrem wissenschaftlichen Anspruch gerecht werden will, nun vor der Aufgabe steht, ein differenziertes und perspektivisches Verständnis des Hadith zu entwickeln, welches sich dadurch auszeichnet, den Zeugnischarakter des Hadith methodologisch ernst zu nehmen, anstatt quasi selbstverständlich davon zu abstrahieren. Die Hadithforschung beginnt nun seit einiger Zeit sich einer kritischen Hinterfragung der oben genannten Voraussetzung und Betrachtungsweise anzunähern. Nur um einige wenige Beispiele zu nennen: Wael Hallaq (1999) sieht in der Authentizitätsfrage ein „Pseudo-Problem“ der Forschung; Sebastian Günther (2000) untersucht Hadithe als „fiktionale Narrative“ und unterscheidet sie von Berichten, Dokumentationen oder Historiographien; ausgehend von einem ästhetischen Ansatz zeigt Stefan Sperl (2007), dass der Hadith in eine komplexe Hintergrundnarration eingebettet ist; Jonathan Brown (2009, 2014) thematisiert den geistesgeschichtlichen Hintergrund und die damit einhergehenden Prämissen der Authentizitäts-Problematik, und noch in diesem Jahr wird ein Sammelband mit dem Titel Beyond authenticity unter der Herausgeberschaft von Mohammed Ghareibeh erscheinen.
Vor diesem Hintergrund stellt die von Garrett A. Davidson vorgelegte Studie einen spannenden und zukunftsweisenden Beitrag dar. Mit seinem Carrying on the Tradition legt Davidson ein Werk vor, dass tatsächlich eine große Lücke füllt und, wie der Autor richtig anmerkt, „die erste ausführliche Darstellung des Phänomens der post-kanonischen Hadithüberlieferung“ (3) anbietet. Auch wenn die epistemischen (man könnte auch sagen: textgattungsspezifischen) Voraussetzungen der Hadithüberlieferung hier nicht explizit erörtert werden, so stellt Carrying on the Tradition doch für die Hadithforschung einen wichtigen Schritt nach vorne dar. Gerade die oben angesprochene interpersonale Komponente des Zeugnisses, deren Dokumentation anhand des isnāds ja konstitutiver Bestandteil des Hadith ist, wird hier auf vielfältige und beeindruckende Weise thematisiert und erschlossen.
Inhalt
Die Studie gliedert sich in drei Teile, die insgesamt sieben Kapitel enthalten, wobei die letzten sechs Kapitel eigentlich Fallbeispiele darstellen, die die in Kapitel 1 aufgeführten Thesen und Grundlinien anhand bestimmter Überlieferungspraktiken (2,3,4) und Literaturgattungen (5,6) sowie von Debatten über Überlieferung in der Moderne (7) erörtern. Die Studie widmet sich der long-duree und behandelt, wie der Untertitel angibt, einen Zeitraum von einem Jahrtausend. Dieses ambitionierte Vorhaben kann in dieser Hinsicht als durchaus gelungen gelten und vor allem ist es begrüßenswert, dass man hier versucht, ein weites Panorama der Hadithüberlieferung zu zeichnen, ohne dabei auf findige Details und eine reichhaltige Dokumentation verzichten zu müssen.
In der Einleitung werden bereits die grundlegenden Thesen der Arbeit formuliert (sieh dazu unten). Im Kapitel 1 entwickelt der Autor seine Argumentation und behandelt die „Ideologie“ und die „Soziale Logik“ der Hadithüberlieferung. Der Begriff „Ideologie“ ist in diesem Zusammenhang jedoch missverständlich, zumal der Autor zwar versucht die Weltanschauung der Hadithgelehrsamkeit zu beschrieben, aber dabei keine sozialen oder politischen Gesellschaftsentwürfe oder Utopien adressiert, sondern ausschließlich religiöse Auffassungen. Genauer gesagt geht es um die theologischen, insbesondere die heilsgeschichtlichen und häresiologischen Begründungen der Notwendigkeit von Hadithüberlieferung. Dies könnte man sehr gut als eine „Theologie der Hadithüberlieferung“ bezeichnen, ohne dafür den ambivalenten Begriff Ideologie bemühen zu müssen.
Es fällt außerdem auf, dass der Autor nicht auf die Studien von J. Fück (1939), W. Graham (1993) oder E. Dickinson (2002) eingeht, was in diesem Zusammenhang nicht nur erforderlich, sondern für das Thema auch sehr erhellend gewesen wäre. Gerade was die Verbundenheit zum Propheten angeht, die Davidson zurecht immer wieder als Motiv anführt, wären die Überlegungen von Graham zum isnād-Paradigma sehr hilfreich gewesen. Das Phänomen der kurzen isnāde wurde von Dickinson, und zwar gerade mit Bezug auf den von Davidson als Kronzeugen aufgeführten Ibn Ṣalāḥ, ausführlich und einsichtig erörtert.
Etwas überraschend stellt man fest, dass der Autor im Unterkapitel 3 das vermeintliche „Goldene Zeitalter“ der Hadithüberlieferung anführt und damit de facto die reformistische Historiographie der Hadithüberlieferung übernimmt. Demnach hätte nach einer glorreichen formativen Periode eine Art Stagnation der Hadithkultur stattgefunden, die sich danach nur noch auf das Klassifizieren und Kommentieren beschränken und nichts Nennenswertes mehr hervorbringen würde. Bei der Diagnose von geistesgeschichtlichen Höhepunkten und Niedergängen kommt es natürlich immer darauf an, ob man Originalität und Kreativität einem progressistischen Geschichtsverständnis entsprechend definiert; davon abgesehen sind die bestehende Vitalität und Bedeutung der Hadithüberlieferung und Gelehrsamkeit auch nach diesem „Goldenen Zeitalter“ kaum zu leugnen. Dies zeigt ja gerade die Studie von Davidson auf beeindruckende Weise auf. Hier liegt also vermutlich ein Problem der Interpretation vor, wenn die beschriebenen Veränderungen oder Akzentverschiebungen damit zwangsläufig als Post-Goldenes Zeitalter bewertet werden. In dem Konzept des „Goldenen Zeitalters“ scheint ein bestimmtes Verständnis von Hadithüberlieferung durch, das tatsächlich auch für die Grundthese des Autors (siehe unten) bestimmend ist.
Die sehr dichten Beschreibungen machen es unmöglich, in einer kurzen Besprechung auf alle in den einzelnen Kapiteln aufgeworfenen Punkten einzugehen, daher hier nur eine grobe Übersicht. Kapitel 2 behandelt die „post-kanonische Entwicklung der mündlichen Hadithüberlieferung“ und konstatiert eine wachsende Freizügigkeit (Liberalization) der hierfür gelten Regeln und eine zugleich sinkende Bedeutung dieser Praxis. Im 3. Kapitel wird das bedeutsame Thema der ijāza oder Überlieferungs- bzw. Lehrerlaubnis behandelt. Der Autor zeigt, wie sich Modalitäten und vor allem die Funktion dieser Praxis aufgrund der „Kanonisierung“ verändert haben. In Kapitel 4 bringt der Autor eine Gender-Perspektive auf post-kanonische Hadithüberlieferung ein, was schon für sich allein ein wichtiger Beitrag zur Erforschung der gesellschaftlichen Dimension der Hadithüberlieferung wäre. In Kapitel 5 wird die Gattung der 40 Hadithe und der ʿAwāli behandelt, gerade was letztere angeht, eine bisher unterbelichtete Gattung. Nach der Auffassung des Autors, spiegeln beide die Belange der post-kanonischen Hadithüberlieferung wieder, wodurch sich auch ihre Popularität erklären ließe. Kapitel 6 beschäftigt sich mit den Listen bzw. Katalogen von Überlieferern oder von Überlieferungsbeständen, die Gelehrte für sich als einer Art akademischer Genealogie oder Bestandsaufnahme angefertigt haben. Im 7. und letzten Kapitel schließlich geht es um die Gegenwartsrelevanz des Themas, in dem die Herausforderungen besprochen werden, die sich im Zuge der Reformbewegungen und der sozialen und kulturellen Umwälzungen der Moderne für die vorher beschriebene post-kanonische Kultur der Hadithüberlieferung. Dieser Part zeigt, dass der Autor nicht nur beeindruckende Textarbeit geleistet hat, sondern seine Studie durch Feldforschungen und persönliche Begegnungen von Akteuren der zeitgenössischen Hadithüberlieferung verdichten konnte. Dies ist gerade in Anbetracht des heute immer noch kursierenden Vorurteils wichtig, dass die Überlieferung von Hadithen, insbesondere auch die mündliche Überlieferung, im zeitgenössischen Islam keine Rolle mehr spiele und wir es beim Hadith heute nur noch mit schriftlich fixierten Textstücken zu tun hätten.
Kommentar
Einzelne Punkte bezüglich der Schlussfolgerungen, die die der Autor aus seiner Untersuchung der Überlieferungspraktiken zieht, wurden bereits von Issam Eido (Journal of Islamic Studies 33, 2/2022: 236–40) in seiner Rezension angesprochen, weshalb ich mich hier auf die Grundthese des Autors konzentrieren werde. Diese wird bereits in der Einleitung und dann in Kapitel 1 umfassend entfaltet und beruht auf der Unterscheidung zwischen prä-kanonischer und post-kanonischer Hadithüberlieferung. Die erste Frage, die sich hier stellt und die der Autor nicht hinreichend adressiert, ist die Bedeutung des Begriffs kanonisch in diesem Zusammenhang. Jonathan Brown (2007) hat hierzu ausführliche und differenzierte Überlegungen vorgelegt, die z.B. von Josef van Ess (2009) in seiner Rezension kritisch hinterfragt wurden. Es wäre wichtig gewesen zu verstehen, wie der Autor das Kanon-Konzept von Brown beurteilt und inwiefern er es weiterentwickelt oder präzisiert.
Nun zur Grundthese des Autors. Diese argumentiert wissenssoziologisch, um ein Phänomen zu erklären, das bisher in der Forschung nur ansatzweise beachtet wurde: Man könnte es die sunnitische Auffassung von der soteriologischen und spirituellen Bedeutsamkeit der Hadithüberlieferung nennen, aber auch von der Bedeutung, die ihr für das Selbstverständnis des Islams als abschließender Höhepunkt der Heilsgeschichte und damit als privilegiertes Objekt von Gottes Auserwählung, Gnade und Fürsorge zukommt. Schließlich werden auf diese Weise auch die Bedeutung der Hadithüberlieferung für das Schicksal und den Zustand der muslimischen Gemeinde artikuliert. Wie vom Autor erläutert, bildet die Verbundenheit zum Propheten Muhammad den Kern dieser Theologie und dieser Traditionalität. Diese, so der Autor, sei aber erst dann bedeutsam worden, als mit der Kanonisierung die Überlieferer-Kritik obsolet geworden sei. Davidson konstatiert damit eine „Re-Konzeptualisierung der Funktion des Hadith“ (13), die einer „radikalen Verschiebung“ in der Hadithkultur gleichkomme. Die Art und Weise wie sich die Praktiken der Hadithüberlieferung und deren Funktionen (Kp. 2-4) ab dem 11.-12. Jahrhunderten verändert haben, und überhaupt die Kodifizierung der Hadithwissenschaften (ibid.), seien dem Umstand geschuldet, dass die Überlieferungskette und damit auch die Tätigkeit und das Ethos der Hadithgelehrten mit der Etablierung von Hadith-Korpora obsolet geworden wäre. Um dies zu kompensieren und die Hadithgelehrsamkeit am Leben zu erhalten, wurde die von Davidson beschriebene „Ideologie“ der Hadithüberlieferung entwickelt. Daran anschließend ließe sich die Entstehung und Sinnhaftigkeit populärer Gattungen der Hadith-Literatur mit diesen post-kanonischen Anliegen erklären (Kp. 5-6).
Die hier summarisch wiedergegebene Grundthese des Autors scheint mir in ihrer Ausschließlichkeit nicht überzeugend und in ihrem Reduktionismus problematisch. Dafür, dass eine Verschiebung in der Konzeptualisierung der Hadithüberlieferung stattgefunden hat, liefert der Autor ausreichend Belege, zumal dies ja bereits in den Hadithwissenschaften thematisiert wird. Aber die Erklärung für die Ursache dieses Phänomens, sowie die Schlussfolgerungen, die der Autor aus seinen Interpretationen der Befunde zieht, gehen offenbar von einem einseitigen Verständnis von Hadithüberlieferung aus. Sind die vom Autor festgestellten und beschriebenen Spannungen und die daraufhin sich abzeichnende Verschiebung nicht eher als Ausdruck der Emanzipierung der Hadith-Gelehrsamkeit zu verstehen? Mit Emanzipierung ist hier gemeint, dass das Überliefern von Hadithen zunehmend zu einem Zweck an sich wird und nicht mehr so stark im Dienst vor allem der Normenfindung (al-fiqh) steht. Diese Annahme macht natürlich nur Sinn, wenn man nicht von vornherein davon ausgeht – wie der Autor es offenbar tut -, dass Hadithüberlieferung nur dazu dient, verlässliches Material für die anderen Disziplinen zu liefern und als dalīl, als Beleg, für Normen zu fungieren. Ander gesagt, nur unter der Voraussetzung, dass man der Hadithüberlieferung ein intrinsisches epistemisches Interesse aberkennt, kann die These von Davidson eine sinnvolle Erklärung für die oben erwähnte „Verschiebung“ sein. Darüber hinaus ist es nachvollziehbar, dass die theologische Begründung und Bedeutung der Hadithüberlieferung mit der Konstitution von repräsentativen Hadith Korpora in den Vordergrund gerückt ist und expliziter formuliert wurde. Aber die Artikulation einer theologischen Dimension der Hadithüberlieferung nur als „Verteidigung“ der Interessen einer sozialen Gruppe zu erklären, scheint mir nur bedingt plausibel. Ist es nicht ein reduktives Verständnis der Hadithüberlieferung und -wissenschaften wenn man in ihnen nur ein technisches Verfahren der Sicherung von Informationen sieht, das erst nachträglich theologisch begründet werden musste, um den sozial-religiösen Status der Hadithgelehrten zu bewahren? Projizieren wir hier nicht unsere moderne, historisierende und säkulare Vorstellung von Überlieferung auf den Hadith? Ist es hingegen nicht gut vorstellbar bzw. warum sollte es nicht plausibel sein, dass sowohl die Gelehrten des Hadith als auch die Gemeinde insgesamt der Überlieferung der prophetischen Verkündigung eine soteriologische und heilsgeschichtliche Bedeutung zugemessen hat – und zwar von Anfang an?
Eine letzte Anmerkung zu dem Begriff „Tradition“, der ja im Haupttitel des Buches ganz prominent figuriert: Man versteht schon, was der Autor mit diesem Begriff meint, jedoch ist es schade, dass er nicht die Gelegenheit wahrnimmt, die seine reichhaltigen Untersuchungen ihm bieten, um näher auf diesen Begriff einzugehen und ihn schärfer zu fassen, da dieser Begriff in der Islamforschung doch sehr ungenau verwendet wird. Was genau ist Tradition in diesem Zusammenhang und inwiefern erlauben es die Ergebnisse dieser Studie, das sunnitische und post-kanonische Traditionsverständnis präziser zu definieren?
Fazit
Carrying on the Tradition ist eine äußerst informative und reichhaltige Lektüre, die Spaß macht und einen immer wieder mit informativen Details überrascht. Dies ist der Sorgfalt des Autors geschuldet und offenbar seiner Leidenschaft für das Thema. Hier liegt ein Werk vor, dass uns über einen Aspekt der kulturellen, sozialen und religiösen Geschichte des Islams erhellt und einen bemerkenswerten Beitrag dazu leistet, unser Verständnis des Hadith und seiner Überlieferung zu bereichern und zu verbessern. Über die dem Werk zugrunde liegende These lässt sich sicherlich diskutieren, aber es ist auch hier ein Verdienst des Autors, diese Diskussion nun auf fundierte Weise in die Hadithforschung einzubringen.
(Ruggero Vimercati Sanseverino)
Omar Suleiman’s Meeting Muhammad: A modern rendering of the classical genre of the shama’il al-Muhammadiya.
The ´ilm al-shama’il al-Muhammadiya – the compilations of the outward and inward descriptions of Prophet Muhammad - is one of the five genres in the Muslim tradition that comprises the knowledge about the Prophet. Classical texts of this genre, like that of al-Tirmidhi (d. 279/892) – one of the leading Muslim compilers of hadith collections, have become popular texts of the Muslim pietistic tradition, and have been commented on by a number of celebrated scholars throughout the centuries. What would a modern shama’il compilation look like, and what purpose would it serve?
Omar Suleiman’s Meeting Muhammad seems to address just that question. In his mid-30s, Suleiman has emerged as one of the most celebrated Muslim scholars in the United States, enjoying a global following, appearing in events together with the likes of former President Carter, having appeared and interviewed by leading global satellite channels such as CNN and BBC. A Muslim theologian teaching in a Baptist University, Suleiman is known for his interfaith and human rights activism. The title of this book – Meeting Muhammad – has been part of his pastoral work, promoted in the YouTube channel of the Yaqeen Institute, founded by Suleiman.
In the introduction Suleiman invites the reader to imagine the presence of the Prophet among his contemporaries, people who learned from him, invited him to share a meal, wondered at the gravity of his presence, or prayed with him. The accounts of the disciples of the Prophet, then, become the vehicle through which Muslims can later attempt to experience prophetic presence. These accounts, therefore, as Suleiman writes, seek to serve two theological purposes: “By examining these narrations, not only does our love for him increase, but we can also long to be from among his Companions in the next world.“ Love for the Prophet has long been recognized in the Muslim tradition as the key element that accomplishes the realization of faith.
In 30 chapters that comprise the book, after the Introduction, Suleiman takes the reader through descriptions of the Prophet’s appearance, demeanor, ethics, behavior, and manners; the way he prayed, performed miracles, or conversed with angels and his disciples, the way he lived in poverty, opposed oppression or dealt with the loss of his loved ones. On rare occasions the author quotes a source, since this is not a text written as a scholarly reference work, but a text of personal devotion. The author brings several descriptive texts together in an approachable, easy-to-read, but beautifully written prose.
Chapters are separated by beautiful calligraphic designs of particular hadith texts, written on green pages. While written primarily for pastoral purposes, the text can be used in courses that explore different aspects of Muslim prophetology as a way of introducing students to the genre of the shama’il, to Muslim imagery of the Prophet and the ways of emotional and ethical connections with him. Additionally, the the text serves scholars to consider examples of contemporary Western Muslim adoptions of classical texts and genres.
(Besnik Sinani)
In the Presence of the Prophet in Early Modern and Contemporary Islam, Vol 1-3.
Brill has completed the publication of a three-volume text titled In the Presence of the Prophet in Early Modern and Contemporary Islam, presented by the editors as “the first attempt to explore the dynamics of the representation of the Prophet Muhammad in the course of Muslim history until the present.” As such, these open-access volumes promise to be indispensable reference sources for students and researchers focusing on aspects of Muslim prophetology.
The first volume, edited by Denis Gril, Stefan Reichmuth, and Dilek Sarmis is concerned with the process of the formation and later transformation of the image of the Prophet Muhammad, with a focus on Prophet–centered piety and politics. The volume offers a number of articles that collectively present a rich display of different doctrinal, literary, and artistic manifestations of Muslim scholarship on the Prophet and on prophecy. The notion of ‘prophetic presence’ emerges as an important theme in the volume.
The second volume, edited by Rachida Chih, Stefan Reichmuth, and David Jordan gravitates towards the interconnection between the figure of the Prophet and the formations of religious authority in Islam. Prophetic heritage, in the form of material culture, Muslim spirituality, or scholarly and biological genealogy, appears to be one of the key concepts in this volume. The articles comprising this volume offer diverse historical, geographical, and ideological case studies, and introduce the tension between the secularization and sacralization of the image of the Prophet, which is addressed again in volume 3.
The third and final volume of this publication, edited by Nelly Amri, Rachida Chih, and Stefan Reichmuth, is concerned with forms of prophetic-centered piety in Islam, especially with forms of veneration and devotion to the Prophet. Once again, the theme of prophetic presence emerges as a crucial thematic concept, especially as it relates to the study of Muslim praxis, and how practices are related to doctrinal contestations and scholarly community formations. The case studies in this third and final volume bring very diverse and interconnected explorations of regional and historical manifestations of the veneration practices of the Prophet in Islam.
(Besnik Sinani)
Comparative Review of Annemarie Schimmel, Und Muhammad ist Sein Prophet - Die Verehrung des Propheten in der islamischen Frömmigkeit (Munich 1981) and of Tilman Nagel, Allahs Liebling - Ursprung und Erscheinungsformen des Mohammedglaubens (Munich 2008)
The two works are representative of two approaches to the study of the veneration of the Prophet. They interrogate this religious, historical and social phenomenon from two different perspectives, which gives an idea of how and why the research on this theme is conducted. The other interest in analyzing them lies in the fact that both authors place their research on the prophetic figure in the present day. They try to contribute to, and even influence, certain public debates about the relationship between the West and Islam. The prophetic figure is for them an essential element of these debates, which shows the importance of research on the veneration of the Prophet, not only from the point of view of scholarly knowledge, but also from a societal point of view.
Schimmel, Annemarie. Und Muhammad ist Sein Prophet. Die Verehrung des Propheten in der islamischen Frömmigkeit. 3rd ed. Diederichs Gelbe Reihe 32. Düsseldorf; Köln: Hugendubel, 1995. (English translation with some additional material: And Muhammad Is His Messenger: The Veneration of the Prophet in Islamic Piety. Chapel Hill: The University of North Carolina Press, 1985).
Annemarie Schimmel (1922-2003), the internationally recognised grande dame of German Islamic Studies, taught in Turkey, Pakistan and at Harvard and enjoys great popularity in the Muslim world (Arab, Turkish and Indo-Pakistani). Given her background, she is undoubtedly a singular and original figure, but at the same time a controversial one, especially because of her attitude towards Khomeini's fatwa against S. Rushdie. Her academic culture is impregnated with two currents: on the one hand, the German orientalist tradition - represented by her two mentors Helmuth Ritter and Fritz Meier - with its philological approach as well as its literary approach which revives the fascination for the Persian world on the part of writers such as Goethe and Rückert; on the other hand, the (Protestant) phenomenology of religions in the tradition of the Marburg School (Rudolph Otto and Friedrich Heiler) where she taught. This is an attempt to understand Islam 'from the inside', i.e. from the point of view of the religious actor himself. A. Schimmel's research focuses on Sufism, a subject to which she has devoted a now classic study (Mystical Dimensions of Islam), and more specifically on Rūmī. Indo-Muslim literature, especially mystical poetry, constitutes the second strand of her research, the third being Islamic art, especially calligraphy. Overall, it can be concluded that she was interested in the forms of expression of Muslim religiosity. This is particularly apparent in her Edinburgh Lectures, where she provides a phenomenological overview of the sacred in Islam. Her works are generally characterized by an accessible writing style, which corresponds to a pedagogical and intercultural concern: With her work, she wishes to contribute to Völkerverständigung, 'mutual understanding between peoples'.
Her book “And Muhammad is His Prophet" - The Veneration of the Prophet in Muslim Piety is part of this intercultural approach. The author wants to remedy what she describes as the West's misunderstanding of Muslim veneration of the Prophet. She also states that she wants to continue the research begun in the book of the historian of religions and Protestant theologian Tor Andrae: Die Person Muhammeds in Lehre und Glaube seiner Gemeinde, published in 1918 in Stockholm. The aim is to develop certain themes of Andrae’s work and in particular to complement it with material on the poetic expressions of the Prophet's veneration. Schimmel’s book deals with the doctrinal, ritual, literary and sometimes historical aspects of the veneration of the Prophet. It discusses the soteriological value of the Muhammadan model, the miracles attributed to the Prophet, the theological conception of the Prophet's exceptional status, including the problem of the relationship between the Prophet's humanity and his metahistorical and spiritual reality, as well as Sufi conceptions of the Prophet and the role of his veneration in Muslim spirituality, the festivities dedicated to the celebration of certain events in the life of the Prophet, poetry dedicated to the praise of the Prophet, especially the vernacular poetry of the Turkish and Indo-Muslim world, the role of the veneration of the Prophet in the revival of Sufism in the nineteenth century, and the prophetology of Muḥammad Iqbal. The author explains these phenomena related to the veneration of the Prophet as an expression of the desire of believers to get closer to the Prophet after his physical disappearance.
Nagel, Tilman. Allahs Liebling: Ursprung und Erscheinungsformen des Mohammedglaubens. München: De Gruyter Oldenbourg, 2008.
Tilman Nagel (b. 1942) is also an important figure in German Islamic Studies. Heir to a research tradition linked to Rudi Parret, he follows a philological and doctrinal approach and a historical-critical perspective. According to some of his statements, he challenges the validity of the social sciences (i.e. sociology and anthropology) to understand the Muslim world. Unlike Schimmel, Nagel has spent his entire academic career in Germany. He has dealt with a multitude of topics, including the relationship between politics and community, the history of Muslim theology and law, and rationalism in Islam in the eleventh century. In 2008, a year after his retirement from the University of Göttingen, he published two books on the figure of the Prophet Muhammad: a biographical study of more than 1000 pages, and a study of the history of the Sunni understanding of the Prophet, the Mohammedglauben ('belief in Muhammad').
Nagel also wishes to complement T. Andrae's work, but from a different perspective than that of A. Schimmel. His critical and historical analysis of the Sunni literature on the Prophet aims to trace the process of a gradual de-historicization of the prophetic figure. What he claims to be an idealization is explained as a desire to transform the prophetic figure into a purely dogmatic reality, even metaphysical in the case of Sufism, beyond the reach of any critical questioning. The study Allahs Liebling - Ursprung und Erscheinungsformen des Mohammedglaubens (The Beloved of Allah - Origin and Modalities of Belief in Muhammad) aims to clarify in this way “why the Muslim refers more to the Prophet than to God in everything he does”. The book is divided into two parts. The first part examines the theological foundations of the "belief in Muhammad". The author attempts to show that the Prophet monopolizes access to knowledge of the divine order and that this central and mediating function of the Prophet is intrinsic to the very structure of Islam. It then discusses the theological argument used to prove the legitimacy of this prophetic monopoly. The 'belief in Muhammad', and thus in his monopoly of the divine word, is intended, according to the author, to affirm the believer in the conviction of the primacy of Islam and of the Muslim community vis-à-vis other religions and communities. The second part deals with the various forms of the 'omnipresence of the Prophet' in Sunni Islam. The author identifies the famous Kitāb al-Shifā of Qāḍī ʾIyāḍ as the work that succeeded in imposing on Muslim thought a dogmatic conception of the Prophet and of the believer's duties towards him. The next phase of the "belief in Muhammad" would be to emphasize the metahistorical, i.e. cosmological and metaphysical, dimension of the Prophet in devotional and Sufi literature. This literature would demand an unconditional imitation of the prophetic model and would affirm a conception completely detached from the historical reality of the Muhammadan figure. As in A. Schimmel's book, T. Nagel's book is explicitly situated in the current debates on the integration of Muslims in Western societies. T. Nagel postulates that integration is only possible if Muslims accept, through a re-historicization of the prophetic person, to relativize and rationalize its normative authority. By linking the 'belief in Muhammad' to the idea of a presumed religious exclusivism of Islam, the author sees this belief as the reason for what he sees as Islam's inability to reform and adapt to a secular context.
In conclusion, it remains to say that both authors stress the importance and contemporary relevance of research on the veneration of the Prophet. For one, it is a matter of clearing up the Western misunderstanding of the veneration of the Prophet Muhammad, and for the other, it is a matter of pointing out, in the spirit of a historical-critical Aufklärung, the significance of the dogmatization of the Prophetic figure for the integration of Muslims in Europe.
Both approaches constitute a particular interest for Islamic Theology in a European and Western context. They represent the two major perspectives on Muslim’s relations to the Prophet Muhammad in Western academia, and in public discourse, too. On the one hand, the effort to understand how Muslims perceive the founding figure of their religion, and on the other hand a critical assessment of this Muslim perception. Islamic Theology can contribute in a considerable way to academically reflect both approaches and to the bring them in dialogue with the Muslim community: it disposes of the theoretical and methodological means to articulate a clearer understanding of how Muslims relate to their Prophet and why they do so; but Islamic Theology also allows for a critical engagement with the thesis that the veneration of the Prophet is the product of a manipulative dogmatization, and for developing alternative concepts to the argumentation derived from this, according to which a home for Islam in secular and plural societies would only be possible under the condition of relativizing the significance of the Prophet in the religious life of Muslims. A theological perspective can argue that, at the contrary, a secularization of the prophetic figure, instead of opening the way for a genuine European Islam, opens the way for its ideologization – and that the resulting alienation of the Muslim community from its vital source has dramatic consequences as the example of jihadism demonstrates. The task of Islamic Theology in this respect is to academically reflect on how the Muslim’s community’s connection to the Prophet Muhammad can be articulated within a secular context in a meaningful and intelligible way.
(Ruggero Vimercati Sanseverino)
Graham, William A. Divine Word and Prophetic Word in Early Islam: A Reconsideration of the Sources, with Special Reference to the Divine Saying or Hadîth Qudsî. Berlin ; New York: Walter de Gruyter, 1977.
With this study, the scholar of the science of religions William Graham makes an essential contribution to hadith studies, but also to Islamic theology in general. The ḥadīth qudsī/ilāhī or "sacred or divine hadith" traditions, hitherto neglected and misunderstood in academic research, are examined in this study in a comprehensive and insightful manner. But beyond the question of the meaning of this category of hadiths, Graham is able to use the ḥadīth qudsī to reflect on the Islamic understanding of revelation. The author clearly demonstrates how a "unitive understanding" of God's revelation to Muhammad must be assumed in the early Islamic community. According to this, revelation was dynamically experienced by the Prophet's contemporaries as God's activity of revelation that is inseparably interwoven with the person and action of the Prophet Muhammad. In this way, the study also makes an important contribution to our understanding of Islamic prophetology. Admittedly, Graham's interpretation of the early Islamic concept of revelation is sometimes influenced by Fazlur Rahman's theses. This gives the author's reflections a certain and probably unintentional reformist undertone. Nevertheless, other conclusions can certainly be drawn from the collected material and Graham's reflections. And last but not least, the study provides these basic insights from which important enquiries can be made into contemporary theories of revelation as they are being debated in Qur'anic studies. The thesis formulated in one way or another by Nasr Abu Zayd, Angelika Neuwirth, Mouhanad Khourchide and others that the Qur'an is to be understood as divine revelation/inspiration/communication, the wording of which ultimately comes from Muhammad, appears in a new or different light against the background of Graham's study: Is the Qur'an not being confused here with the ḥadīth qudsī?
(Ruggero Vimercati Sanseverino)