Der Radiologie fällt in der Patientenversorgung eine wichtige Aufgabe zu: eine Vielfalt von modernen bildgebenden Verfahren ermöglicht frühe und genaue Diagnosen, sodass die Patienten schnell eine geeignete Therapie erhalten können. Zugleich ist die Radiologie in der Forschung ein hochdynamisches Gebiet. „Die Bildgebung ist immer genauer geworden, wir können zum Beispiel die Größe und Form eines Tumors im Detail darstellen“, sagt Professor Dr. Konstantin Nikolaou. „Doch das reicht noch nicht. Wenn wir darüber hinaus im Bild physiologische Prozesse und Funktionen verfolgen können, welche Zellen sich wie Tumorzellen verhalten oder wie Tumorzellen auf eine Behandlung reagieren, können wir noch viel gezielter eingreifen.“ Als Nachfolger von Professor Dr. Claus Claussen ist Nikolaou seit dem 1. April Ärztlicher Direktor der Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie an der Radiologischen Klinik der Universität Tübingen.
Konstantin Nikolaou wurde in Bonn als Sohn eines griechischen Theologen und einer deutschen Gymnasiallehrerin geboren. Er ist in München aufgewachsen, wo er vor dem Umzug nach Tübingen auch seit 2007 als Leitender Oberarzt und stellvertretender Ärztlicher Direktor am Institut für Klinische Radiologie des Klinikums der Ludwig-Maximilians-Universität tätig war. Auslandserfahrungen bringt der 40-Jährige unter anderem durch einen längeren Forschungsaufenthalt an der Mount Sinai School of Medicine in New York mit.
Die molekulare und funktionelle Bildgebung, für die auch häufig verschiedene Methoden „multimodal“ kombiniert werden, werden als ein Schlüsselfach der sogenannten personalisierten Medizin gesehen, also der individuellen Abstimmung von Therapien auf den einzelnen Patienten. Aber nicht nur in der Diagnostik, sondern auch in der Therapie macht die Radiologie ständig Fortschritte. Im Rahmen der interventionellen Radiologie wird der Radiologe auch als Therapeut tätig, zum Beispiel indem ein verengtes Gefäß in einer minimal-invasiven kathetergestützten Intervention aufgedehnt wird und alle Behandlungsschritte live im Bild verfolgt werden können. In der Radiologie habe man mit allen möglichen Erkrankungen von Infektionen über neurologische Erkrankungen und Diabetes bis zur Unfallchirurgie zu tun und müsse den Überblick behalten, sagt Nikolaou. „Natürlich kommt man ohne Spezialisten nicht aus. Das macht die Radiologie zu einem sehr kommunikativen Fach.“ Diese weite Spannbreite findet der Mediziner reizvoll. Wenn er aber Schwerpunkte nennen soll, sagt er, dass er vor allem in der Krebsmedizin und bei Herzerkrankungen neue Methoden in die Praxis bringen will.
Praxisnähe und die Bereitschaft, sich mit den Möglichkeiten der Radiologie in der Patientenversorgung unter finanziellen Restriktionen auseinanderzusetzen, beweist Nikolaou durch seine Zusatzqualifikationen: Er hat einen Master of Health Business Administration abgeschlossen und sich im ärztlichen Qualitätsmanagement fortgebildet.
Die neuen Technologien in der Radiologie sind auch für viele Studierenden in der Medizin ein Anziehungspunkt. „In der Lehre ist stark in den Vordergrund gerückt, dass man den angehenden Ärzten über das theoretische Detailwissen hinaus das Handwerkszeug zum Lösen medizinischer Probleme an die Hand geben muss“, sagt Nikolaou. „Dort passt die Radiologie gut hinein, denn sie fördert das problemorientierte Denken.“
Janna Eberhardt