LEAD Graduate School & Research Network

Gemeinsam forschen an großen Fragen: Interdisziplinär

LEAD bringt Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unterschiedlicher Fachgebiete zusammen, die gemeinsam an großen Fragen der Bildungsforschung arbeiten, wie die folgenden drei Projekte beispielhaft zeigen.

Intelligentes Feedback

Wie lässt sich die Digitalisierung für das Lernen nutzen? Das zeigt bei LEAD unter anderem das FeedBook, ein interaktives webbasiertes Workbook für den Englischunterricht, das von Computerlinguistinnen und Computerlinguisten entwickelt wurde. Innerhalb von LEAD wird es nun zusammen mit den Forschungsbereichen Bildungswissenschaften, Fachdidaktik und Schulpsychologie ausgebaut. Das Besondere am FeedBook: Mithilfe von künstlicher Intelligenz macht es sich ein Bild von den Fähigkeiten der Lernenden, wählt individuell lernförderliche Aufgaben aus und gibt während der Aufgabenbearbeitung Rückmeldung, so dass der Lerngegenstand schrittweise eingeübt und verstanden werden kann.

„Das System ist eine Art persönlicher Trainer“, erklärt Computerlinguist Detmar Meurers, der das FeedBook federführend entwickelt hat. Dabei macht das System Lehrkräfte keineswegs überflüssig, sondern unterstützt sie. Über das FeedBook erfahren sie zudem auch, wo die Stärken und Schwächen ihrer Schülerinnen und Schüler liegen und können den Unterricht darauf gezielter ausrichten. Dass das FeedBook funktioniert, ist bereits nachgewiesen: Eine Studie mit 12 siebten Klassen hat gezeigt, dass die Englischleistungen nach den spezifischen Hilfestellungen des FeedBook deutlich besser sind.

Aufmerksamkeit im Unterricht

Aufmerksamkeit ist eine zentrale Grundvoraussetzung für den Lernerfolg. Gerade jungen Lehrkräften fällt es jedoch schwer, die Aufmerksamkeit ihrer Schülerinnen und Schüler beständig im Blick zu haben, sie zu fördern und entsprechend zu lenken. Die Unterrichtsforschung widmet sich dieser Thematik traditionell mithilfe von Unterrichtsvideos, die allerdings bisher aufwendig manuell kodiert und analysiert werden. Ein interdisziplinäres Team aus Informatik, Kognitionspsychologie und Bildungswissenschaften hat sich bei LEAD dieser Problematik angenommen. Die Forscherinnen und Forscher von LEAD entwickeln gemeinsam einen computergestützten Ansatz, der die Analyse von Unterrichtsprozessen erheblich erleichtert und so wertvolle Informationen für weitere Forschung, aber auch Anschauungsmaterial für Lehrkräfte in der Ausbildung liefern kann.

Bisher ist es dem Team um LEAD-Mitglied Patricia Goldberg gelungen, einen Algorithmus zu trainieren, der zum Beispiel die Blickrichtung, die Kopfhaltung und den Gesichtsausdruck bei Lernenden in Hochschulseminaren automatisch erfasst und zu einer Abschätzung der Aufmerksamkeit verdichtet. Die Ergebnisse hängen tatsächlich mit der selbstberichteten Aufmerksamkeit der Lernenden zusammen. Zudem konnten sie zeigen, dass die Kombination von möglichst verschiedenen Informationen die Genauigkeit und Zuverlässigkeit des Algorithmus verbessert. Nun wird geprüft, ob sich dieser Ansatz auch auf den Schulunterricht anwenden lässt, indem Unterrichtsvideos von verschiedenen Fächern und Jahrgangsstufen ausgewertet werden.

www.wissenschaftscampus-tuebingen.de

Das digitale Klassenzimmer

Das am Leibniz-Institut für Wissensmedien (IWM) angesiedelte Tübingen Digital Teaching Lab (TüDiLab), ein Gemeinschaftsprojekt der Tübingen School of Education und des IWM, bis 2022 geleitet von der langjährigen LEAD-Co-Direktorin und IWM-Professorin Katharina Scheiter, simuliert ein Klassenzimmer, das mit interaktiven Whiteboards, einem Klassensatz Laptops und Tablets, Beamer und Kamera ausgestattet ist. Eingerichtet wurde es aus zwei Gründen: Zum einen finden hier als Teil der Lehrkräfteausbildung der Universität Tübingen Seminare zum Thema medienbasierter Unterricht statt. Zum anderen lässt sich im TüDiLab und vor allem mit dessen technischem Equipment der Einsatz digitaler Medien im Unterricht sehr gut erforschen.

Beispiel Physikunterricht: Eine Studie konnte zeigen, dass Simulations- und Videoexperimente eine geeignete Alternative zu klassischen Experimenten im Unterricht sind. Vorausgesetzt, das Experimentieren wird mit geeigneten Videos und Arbeitsblättern unterstützt. Diese Erkenntnis ist vor allem für individuelle Lernphasen relevant. Zum Beispiel, wenn Lehrkräfte Experimente zur Nachbereitung des Schulunterrichts als Hausaufgabe aufgeben und die Schülerinnen und Schüler sich diese in Onlineexperimenten selbst erarbeiten sollen.

www.tuedilab-tuebingen.de

Gemeinsam forschen an großen Fragen: Institutionell

Mit seiner interdisziplinären Ausrichtung hat LEAD die wissenschaftliche Zusammenarbeit am Standort Tübingen gestärkt, indem sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die zuvor kaum Berührungspunkte hatten, über LEAD vernetzt haben. LEAD hat mit seiner Arbeit auch dazu beigetragen, die Tübinger Bildungsforschung national und international sichtbar zu machen. Auf diese Weise war LEAD ein wichtiger Faktor bei der Gründung mehrerer zentraler Forschungseinrichtungen.

Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung

Im September 2014 gründeten das Land Baden-Württemberg, die Hector Stiftung II und die Universität Tübingen das Hector-Institut für Empirische Bildungsforschung, das von LEAD-Mitglied Ulrich Trautwein geleitet wird. Zunächst unterstützte die Hector Stiftung II das Institut für zehn Jahre mit 7,5 Millionen Euro. Weitere Mittel in Höhe von bis zu 1,8 Millionen Euro stellte das Land Baden-Württemberg für ein innovatives Postdoktorandenprogramm zur Verfügung, das in das Hector-Institut integriert ist. Ziel der Tübingen Postdoctoral Academy for Research on Education (PACE) ist es, anknüpfend an das strukturierte Promotionsprogramm von LEAD, auch Postdoktorandinnen und Postdoktoranden in ihrer Qualifikation zu unterstützen. 2021 sagte die Hector-Stiftung nach umfangreicher Evaluation eine Förderung von 19 Millionen Euro über weitere zehn Jahre zu.

Deutsches Zentrum für Psychische Gesundheit

Optimale Forschungsbedingungen zu schaffen, um psychische Gesundheit zu fördern und psychische Erkrankungen besser zu behandeln, ist ein zentrales Anliegen des Deutschen Zentrums für Psychische Gesundheit (DZPG), das seit 2021 auch einen Standort in Tübingen hat. Dessen Koordinator ist LEAD-Mitglied Andreas Fallgatter, ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Tübingen. In einem mehrstufigen Bewerbungsverfahren konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Zentrums für Psychische Gesundheit am Universitätsklinikum und der Medizinischen Fakultät der Universität Tübingen zusammen mit weiteren Kooperationspartnern, darunter LEAD, überzeugen. Die am Zentrum beteiligten LEAD-Mitglieder kommen aus den Fachgebieten Psychiatrie und Psychotherapie, Schulpsychologie, Neuro- wissenschaften, Klinische Psychologie und Bildungswissenschaften.

Tübingen Center for Digital Education

2022 hat die Universität Tübingen das Tübingen Center for Digital Education eröffnet. Das Zentrum wird innovative Formen des Lehrens und Lernens mit digitalen Medien erforschen, die praktische Anwendung dieser Methoden erproben und – in Zusammenarbeit mit Partnerschulen – den Transfer in die Praxis vorbereiten. Es wird für fünf Jahre mit insgesamt 1,35 Millionen Euro von der Vector Stiftung gefördert. Leiter des neuen Zentrums ist LEAD-Mitglied Andreas Lachner, Professor für Erziehungswissenschaften mit dem Schwerpunkt Lehren und Lernen mit digitalen Medien.

Gemeinsam forschen an großen Fragen: International

„Ich bin mit LEAD seit seiner Gründung 2012 verbunden – zunächst als Gastmitglied, dann als Co-Vorsitzende zweier internationaler Treffen von Motivationswissenschaftlern in Tübingen und Kalifornien und vor allem als Empfängerin der Ehrendoktorwürde und Mitglied des Symposiums zu Motivation und Selbstregulation 2022. Ich schätze die Zusammenarbeit mit LEAD sehr."

Prof. Dr. Jacquelynne Eccles