Zu den fünf Core Facilities an der Universität Tübingen, die durch Mittel aus der Exzellenzstrategie des Bundes und der Länder finanziert werden, gehört die Tübingen Structural Microscopy (TSM). Insgesamt acht Elektronenmikroskope sind organisatorisch unter dem Dach der Core Facility vereint und werden von den beteiligten Laboren der Fachbereiche Biologie und Geowissenschaften sowie des Zentrums für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) betreut.
„Die Services der TSM umfassen Projektberatung, Betreuung am Gerät und Schulungen zu Geräten, Techniken und Methoden. Wir begleiten die Forschungsprojekte in unterschiedlichem Umfang je nach Kenntnisstand. Darunter fällt auch die methodische Beratung bei der Forschungsantragsstellung und beim Verfassen der Publikationen“, erklärt Dr. Stefan Fischer, Leiter der Tübingen Structural Microscopy Core Facility (TSM). Fischer ist Biologe und seit 2014 an der Universität Tübingen. Zuvor war er als Postdoc im kanadischen Halifax und hat sich dort auf 3D-Elektronenmikroskopie spezialisiert. Für die Nachwuchsausbildung beteiligt sich die TSM mit elektronenmikroskopischen Kursen, die in Bachelor- und Masterstudiengänge eingebunden sind.
Der Vorstand der TSM besteht neben Dr. Stefan Fischer aus Prof. Dr. Oliver Betz, Gruppenleiter Evolutionsbiologie der Invertebraten im Institut für Evolution und Ökologie, Prof. Dr. Andreas Kappler, Gruppenleiter Geomikrobiologie im Fachbereich Geowissenschaften, und Dr. Mark Stahl, Leiter der Zentralen Bereiche am Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP). Von zentraler Seite sind Prof. Dr. Peter Grathwohl, Prorektor für Forschung und Innovation, und Dr. Andrea Schaub, Leiterin des Dezernats für Forschung, Teil des Vorstands.
Die TSM ist dezentral organisiert. Die zugehörigen Labore („Member Labs“) und Elektronenmikroskope sind auf dem Campus Morgenstelle in einem Radius von weniger als 100 m auf die Fachbereiche Biologie und Geowissenschaften sowie das Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) verteilt. Entsprechend breit gefächert ist die Erfahrung mit Probenvorbereitungsmethoden und Anwendungen der Elektronenmikroskopie.
„Besonders spannend ist, dass die Vielfalt der Forschungsthemen und Fragestellungen durch die beteiligten Fachbereiche sehr zugenommen hat. Bei neuen Themen müssen wir Prozesse immer wieder spezifisch anpassen und optimieren, beispielsweise die Fixierung der Proben. Die Qualität der Probenvorbereitung ist maßgeblich entscheidend für die Qualität der folgenden Analysen und deren Aussagekraft. Ein wichtiger Teil unserer Arbeit liegt daher in der Beratung und Konzeption von elektronenmikroskopischen Untersuchungen und der Optimierung der spezifischen Probenpräparation“, erläutert Stefan Fischer.
Die Core Facility wurde 2020 mit dem Ziel gegründet, die Koordination der bereits auf der Morgenstelle vorhandenen Elektronenmikroskope, die zu diesem Zeitpunkt noch nicht Teil einer Core Facility waren, zu bündeln und zukünftige neue Mikroskope integrieren zu können.
„Wir verfügen über zwei Transmissionselektronenmikroskope (TEM), vier Rasterelektronenmikroskope (REM), ein Focused Ion Beam Rasterelektronenmikroskop (FIB) und einen Electron Probe Microanalyzer (EPMA), die in unseren Member Labs in den Fachbereichen Biologie und Geowissenschaften sowie im Zentrum für Molekularbiologie der Pflanzen (ZMBP) stehen.“ Für ihre Untersuchungen nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler neben der reinen Elektronenmikroskopie auch die Kombination aus Fluoreszenz-, konfokaler Laserscanning- und Elektronenmikroskopie.
„Das im Geo- und Umweltforschungszentrum (GUZ) installierte Cryo-FIB-SEM kam Anfang 2020 dazu und ist das erste Gerät, dass zentral der TSM unterstellt ist“, sagt Stefan Fischer. „Eine besondere Eigenschaft dieses Geräts ist, dass wir neben Raumtemperaturproben in diesem Gerät auch gefrorene Proben untersuchen können. Dies ermöglicht die Vermeidung chemischer Fixierungsprozesse und eine Untersuchung von Proben möglichst nah am nativen Zustand.“ Das Gerät kann nicht nur Oberflächen abbilden, sondern diese auch mit einem Gallium-Ionenstrahl abtragen, was dreidimensionale hochauflösende Untersuchungsverfahren ermöglicht.
Schwerpunktmäßig werden die Geräte der TSM derzeit vor allem für Forschungsprojekte aus den Geowissenschaften, der Biologie und dem Exzellenzcluster Controlling Microbes to Fight Infections (CMFI) genutzt. Im Rahmen des CMFI werden gegenwärtig elektronenmikroskopische Untersuchungen aus dem Bereich der Umweltbiotechnologie von Prof. Dr. Lars Angenent und Dr. Bastian Molitor durch die TSM begleitet. So wurde unter anderem ein Projekt an urtümlichen Archaeen, Methanothermobacter thermautotrophicus, elektronenmikroskopisch unterstützt. Diese spielen eine große Rolle in der Biotechnologie, da sie Methan produzieren, welches fossiles Erdgas ersetzen kann. Darüber hinaus begleitet die TSM zurzeit ein Projekt zur Bildung und Ausscheidung der Eisen-bindenden und antimikrobiell wirkenden organischen Verbindung Pulcherrimin durch Staphylococcus epidermis von Prof. Dr. Andreas Kappler, Prof. Dr. Andreas Peschel und Prof. Dr. Heike Brötz-Oesterhelt.
„In den Geowissenschaften haben wir unter anderem Projekte mit Umweltproben, bei denen es beispielsweise darum geht, den Zusammenhang zwischen dem Auftauen des Permafrostbodens und der Freisetzung von Klimagasen (Kohlendioxid und Methan) durch Mikroorganismen zu zeigen“, so Fischer. Ein Projekt, für das Daten in der TSM gewonnen wurden und das größere mediale Aufmerksamkeit bekam, war vor einigen Jahren die Untersuchung von Arsen in Böden und Pflanzen in Reisfeldern in Asien durch die Arbeitsgruppe Geomikrobiologie um Prof. Dr. Andreas Kappler.
Johannes Baral