Die Professur vertritt das Fach Medienwissenschaft in seiner Breite bei gleichzeitiger Profilierung im Bereich Digitalisierung und gesellschaftliche Verantwortung. Die Digitalisierung durchzieht sämtliche Bereiche des Lebens und verändert dabei auch Medienproduktion, -inhalte und -gebrauch grundlegend. Daher ist Medien- und Kommunikationswissenschaft zugleich „Digitalisierungswissenschaft“. Das jedoch nicht erst, seitdem die Digitalisierung ganz weit oben auf der Agenda von Politik und Wirtschaft steht, sondern bereits seit mehr als drei Jahrzehnten. Entscheidend ist aus Sicht einer sozial- und kulturwissenschaftlich fundierten, interdisziplinär verankerten Medienwissenschaft, die Digitalisierung in ihrer technischen und ökonomischen, rechtlichen, ethischen und sozialen Dimension zu fassen, um individuelle wie gesellschaftliche Ursachen und Folgen eines veränderten Medienhandelns zu analysieren und sich am gesellschaftlichen Diskurs zu beteiligen.
Mit diesem Fachverständnis und in dem Wissen, dass Entgrenzungsprozesse beschleunigt stattfinden – sei es zwischen Kommunikator*in und Rezipient*in, Öffentlichkeit und Privatheit, Journalismus und Public Relations, nationalen und transnationalen Medienkulturen oder Information und Unterhaltung – werden am Lehrstuhl zwei Themenbereiche verstärkt bearbeitet: der eine umfasst das Verhältnis von Öffentlichkeiten, Medien, Demokratie und ist stärker auf der Makroebene angesiedelt, der andere fokussiert auf soziale Ungleichheit, auf Inklusion und Exklusion in und durch Medien und nimmt Mikro- und Mesoebene in den Blick. Im Mittelpunkt stehen Wandlungsprozesse durch digital vernetzte Medien, die Formierung von Protestbewegungen und alternativen Öffentlichkeiten, Ein- und Ausschlüsse sozialer Gruppen, Möglichkeiten der Teilhabe, Medienhandeln und Medienaneignung. Die Forschung zu Medien und Stereotypen aus intersektionaler Perspektive ermöglicht, diese Themenbereiche zu verbinden, sie theoretisch zu fundieren und empirisch zu bearbeiten und dabei beispielsweise die Reproduktion von Geschlechterstereotypen und Rassismen durch Algorithmen und Künstliche Intelligenz in den Blick zu nehmen.
Ein wichtiges Anliegen der am Lehrstuhl tätigen Wissenschaftler*innen ist, eine öffentlichkeitstheoretisch fundierte, auf Partizipation zielende, (ideologie-)kritische Haltung innerhalb und außerhalb der Universität zu vertreten und Digitalisierung als vielschichtiges und folgenreiches, dennoch aktiv gestaltbares Phänomen zu kommunizieren. Wissenstransfer soll in mehrere Richtungen erfolgen. Mit der neuen Profillinie „Öffentlichkeit und Verantwortung“ des Tübinger Masterstudiengangs Medienwissenschaft bieten sich vielfältige Chancen, Studierenden und allen interessierten Bürger*innen Kenntnisse über Öffentlichkeiten, Medienkulturen sowie verantwortliches Medienhandeln zu vermitteln mit dem Ziel den gesellschaftlichen Diskurs zu beleben.