International Center for Ethics in the Sciences and Humanities (IZEW)

Sonja Nonnenmacher (geb. Häcker)

Dissertationsprojekt

Sonja Nonnenmacher (geb. Häcker)Einstellung und Entscheidungsprozesse von Patienten mit amyotropher Lateralsklerose bezüglich lebensnotwendiger Biotechniken

Die amyotrophe Lateralsklerose (ALS) ist eine progrediente degenerative Erkrankung der Motoneurone. Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer remissionslosen Ausbreitung der Paresen auf alle quergestreiften Muskelgruppen, während das Bewusstsein und die kognitiven Funktionen erhalten bleiben. Der Krankheitsverlauf vollzieht sich in den meisten Fällen rasch, zeigt keinerlei Remissionen und endet nach durchschnittlich drei bis fünf Jahren tödlich. Wenn die Patienten sich jedoch für lebenserhaltende Maßnahmen (künstliche Ernährung und Beatmung), also für ein Leben in Abhängigkeit von Biotechniken entscheiden, können sie noch viele Jahre leben.

Trotz hoher Lebensqualität, auch bei fast vollständiger Lähmung, werden nur etwa 5% aller ALS-Patienten invasiv beatmet, und nur ca. 1% hat sich willentlich für die Beatmung entschieden. Widersprüchlich hierzu befürworten Patienten, die bereits beatmet werden, ihre Beatmung zu 88%, egal ob sie die Beatmung gewünscht hatten oder notfallmäßig (unerwünscht) erhielten.

Die Frage, warum ALS-Patienten sich nicht für bereits langjährig erprobte und weitgehend risikolose Biotechniken entscheiden, kann bis jetzt nicht hinreichend beantwortet werden. Das Ziel meines Promotionsprojektes ist es, durch eine Befragung der Betroffenen Faktoren zu finden, die den Entscheidungsprozess für oder gegen lebensnotwendige Biotechniken beeinflussen und die den Unterschied zwischen Befürwortung und Ablehnung näher bestimmen. Durch eine systematische Analyse der empirischen Daten zum aktuellen Gebrauch von Biotechniken kann der ethische Diskurs zur Selbstgestaltung des Menschen und zu Fragen am Lebensende bereichert werden.

Zur Person

2000-2006 Studium der Psychologie in Tübingen (Diplom), seit Februar 2007 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Medizinische Psychologie und Verhaltensneurobiologie der Universität Tübingen (Prof. Birbaumer) schwerpunktmäßig im Bereich „Brain-Computer-Interfaces (BCI)“, Lehrtätigkeit an der Medizinischen Fakultät Tübingen (Bereich „Medizinische Psychologie“), seit November 2007 Mitglied am Graduiertenkolleg „Bioethik“ der Universität Tübingen.

Kontakt

sonja.haecker[at]uni-tuebingen.de