Prof. Dr. Barbara Frank-Job

Sprachwissenschaft / Universität Bielefeld, Fakultät für Linguistik und Literaturwissenschaft

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Projekt: Das Spiel mit Sprachen und Varietäten im lateinisch-romanischen Mittelalter

Das Projekt untersucht, wie in mittelalterlichen Texten das sprachliche Kontinuum zwischen Latein und romanischen Volkssprachen spielerisch dargestellt wird. In einer Situation, in der das Latein als selbstverständliche überregionale Schrift- und Distanzsprache zur Verfügung steht, greifen Autoren nur dann zu anderen sprachlichen Varietäten, wenn sie den dadurch erzielten sprachlichen Kontrast nutzen wollen. Der Einsatz dieses sprachlichen Kontrastes verrät dem Forscher Interessantes zur Wahrnehmung und Kategorisierung von Sprachen und Varietäten durch die historischen Akteure und lässt Veränderungen in der sozialen Bewertung, der identitätsstiftenden Funktion und den gesellschaftlichen Einsatzbereichen der Sprachen und Varietäten sichtbar werden. Der spielerische Einsatz verschiedener Sprachen oder Register in mittelalterlichen Texten ist zwar schon früh in der mediävistischen Literatur zur Kenntnis genommen worden (insbesondere in Philologie und Literaturwissenschaft vgl. z.B. Lalanne 1845, Campanile 1991, Strabon 1998,Wright 1991, Banniard 1992, Le Briz / Veysseyre 2010). Speziell mit Bezug auf die Kontaktsituation Latein-romanische Volkssprachen liegen bislang jedoch nur sehr wenige Arbeiten vor (Banniard 1992, Frank-Job 2002, Baldzuhn/Putzo 2011) Ausnahmen sind einige linguistische Arbeiten aus dem Kontext des Freiburger Sonderforschungsbereichs 321 „Übergänge und Spannungsfelder zwischen Mündlichkeit und Schriftlichkeit“, an denen das Projekt direkt anknüpfen kann: Koch 1993,1995,1999, Selig 1993, Frank-Job 2003b, 2010, Kaps 2005). Speziell die Bedeutung lateinisch-romanischer Mischtexte für die Sprachwahrnehmung der Volkssprache ist jedoch bislang kaum untersucht (Frank-Job 1999; Frank-Job 2002). Das Projekt erstellt zunächst ein Korpus von Texten, in denen ein solcher sprachlicher Kontrast zwischen Latein und Volkssprache einerseits, verschiedenen volkssprachlichen Varietäten andererseits fassbar wird und analysiert dieses Textkorpus dann daraufhin, welche Konzepte von Sprache, Varietät und sprachlichen Normen den spielerischen Thematisierungen zugrunde liegen. Als Ausgangskorpus dienen auf Seiten der lateinischen Schriftlichkeit die digitalisierte Patrologie Latina, für die frühromanische Schriftlichkeit die im Inventaire systématique (Frank & Hartmann 1997) erfassten Dokumente.

Biographie

Promotion 1992 und Habilitation 1998 in romanischer Philologie, Universität Freiburg: Hochschuldozentur Univ. Tübingen, Gastprofessuren und Vertretungen Humboldt-Universität Berlin, Regensburg, Bielefeld. Seit 2004 C4-Professorin für Sprache und Kommunikation / Linguistik romanischer Sprachen Universität Bielefeld. Forschungsschwerpunkte: Empirische Untersuchung der Zusammenhänge von Kommunikationsprozessen, Varietätengebrauch und der Emergenz und Verbreitung von Sprachwandel. Publikationen zu den Anfängen der romanischen Sprachen von der Spätantike bis zur Frühen Neuzeit, zu Interaktionsprozessen in unterschiedlichen Medien und deren Auswirkungen auf die Ausbildung neuer sprachlicher Verfahren, zum Zusammenhang von Kommunikation, Kognition und Sprache. Wichtige Forschungsprojekte u.a. SFB 321, Projekte B5 (Frank & Hartmann 1997, Dokumentation der ersten Jahrhunderte romanischer Schriftlichkeit, deren Systematik auf der Einbettung der historischen Texte in sozio-kommunikativen Kontexten beruht) und B12 (zusammen mit Thomas Haye und Doris Tophinke zur Ausdifferenzierung schriftlicher lateinischer und romanischer Diskurstraditionen im mittelalterlichen Europa, vgl. Frank / Haye / Tophinke 1997).. Habilitationsprojekt (Frank-Job 1999): Kombination kognitions- und kommunikationstheoretischer Ansätze mit korpuslinguistischer Analysen; Untersuchung der Ausdifferenzierung von schriftlichen Texttypen in Frankreich zwischen 800 und 1200. (Vgl. auch Frank-Job 2002, 2003a/b). In einem Verbundprojekt mit Alexander Mehler (Informatik) und Philippe Blanchard (Physik) erweitert sie ihr Vorgehen um die Möglichkeiten der quantitativen Korpuslinguistik: Überprüfung von Hypothesen zur Ausbreitung von Sprachwandelphänomenen (Frank-Job 2011). In einem weiteren Verbundprojekt mit Alexander Mehler (Informatik), Bernhard Jussen (Geschichtswissenschaft), Peter Koch und Maria Selig (beide romanistische Sprachwissenschaft) untersucht sie die Möglichkeiten der aktuellen netzwerkanalytischen und texttechnologischen Forschung zur qualitativen und quantitativen Analyse spätlateinischer Korpora (BMBF-Verbundprojekt Computational Historical Semantics, Laufzeit 4-2013-3-2016). In einem Verbundprojekt des Bielefelder Center for InterAmerican Studies „Die Amerikas als Verflechtungsraum (2013-2017) leitet sie gemeinsam mit Anna Schröder (Anglistik) die Projektlinie: Virtuelle Kommunikationsräume von Migration und Diaspora.

Publikationen (Auswahl)

Selig, Maria / Frank, Barbara / Hartmann, Jörg (Hrsg.) (1993), Le Passage à l'écrit des langues romanes. Tübingen: Narr (Script-Oralia 46).

Frank, Barbara (1994), Die Textgestalt als Zeichen. Lateinische Handschriftentradition und die Verschriftlichung der romanischen Sprachen. Tübingen: Narr (ScriptOralia 67).

Frank, Barbara & Hartmann, Jörg (1997), Inventaire systématique des premiers documents des langues romanes. 5 Bände, Tübingen: Narr (= ScriptOralia 100/I-V).

Frank, Barbara / Tophinke, Doris / Haye, Thomas (Hrsg.) (1997), Gattungen mittelalterlicher Schriftlichkeit. Tübingen: Narr (ScriptOralia 99).

Frank, Barbara (1999): Untersuchungen zum schriftkulturellen Ausbau des Französischen (9. - 13. Jahrhundert). Online-Publikation der Habilitationsschrift.

Mehler, Alexander / Frank-Job, Barbara / Blanchard, Philippe & Eikmeyer, Hans-Jürgen (2008) "Sprachliche Netzwerke", in: Stegbauer, Christian (Hrsg.) 2008: Netzwerkanalyse und Netzwerktheorie. Ein neues Paradigma in den Sozialwissenschaften. Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften, 413-427.

Frank-Job, Barbara (2009), "Les traditions de textes paraliturgiques et le passage à l'écrit du vernaculaire", in : Kullmann, Dorothea (Hg.), L'Eglise et la littérature vernaculaire dans la France médiévale, Actes du Colloque tenu au St. Michael’s College, Toronto, mars 2007, Toronto: Pontifical Institute of Mediaeval Studies, 35-59.

Frank-Job, Barbara (2011), "Zu den Leistungen eines netzwerkanalytischen Ansatzes für die empirische Linguistik“. In: Dessì-Schmid, S. / Detges, U. / Gévaudan, P. / Mihatsch, W. / Waltereit, R. (Hrsg.) Rahmen des Sprechens. Beiträge zu Valenztheorie, Varietätenlinguistik, Kreolistik, Kognitiver und Historischer Semantik. Tübingen: Narr Francke Attempto Verlag, 3-16.

Frank-Job, Barbara & Kluge, Bettina (2012) "Die kommunikative Konstruktion virtueller Identitäten im Web 2.0: Blogs von Immigranten nach Québec". In: Gerstenberg,Annette / Osthus,Dietmar / Polzin-Haumann, Claudia (Hrsg.): Sprache und Öffentlichkeit im realen und virtuellen Raum. Akten der gleichnamigen Sektion des Frankoromanistentags 2010 in Duiburg-Essen.Bonn: Romanistischer Verlag, 47-78.

Frank-Job, Barbara / Mehler, Alexander / Sutter, Tilmann (Hrsg.) (2012): Die Dynamik sozialer und sprachlicher Netzwerke. Wiesbaden: Springer - VS Verlag.