Forschungen
Troia in der Spätbronzezeit
- 2000-2005: Schnittleitung im Bereich der Architektur von Troia IV‒V und VI Spät‒VII
- Seit 2008: Auswertung von Schmuck und anderen Kleinfunden des 2. Jt. v.Chr. aus den Grabungen von Manfred Korfmann und Ernst Pernicka
- Neuaufnahme und Auswertung der Kleinfunde aus den Grabungen von Heinrich Schliemann und Carl Blegen.
- Seit 2015 Vorbereitung des Bandes: Troia 1987–2012: Grabungen und Forschungen III. Troia VI und Troia VII (zusammen mit E. Pernicka, P. Jablonka, P. Pavúk und D. Thumm-Doğrayan).
Der Schwerpunkt dieser Forschungen liegt in der Auswertung der Kleinfunde. Im Gegensatz zur trojanischen Keramik oder Architektur waren sie nie Gegenstand systematischer Untersuchungen. Dabei sind Funde wie Siegel, Schmuck aus Karneol, Glas oder Metall, Steingefäße oder Werkzeuge aus verschiedenen Materialien eine äußerst wichtige Quelle für die Erforschung regionaler und überregionaler Beziehungen und beweisen Kontakte unter anderem zum minoischen und mykenischen Kulturkreis sowie nach Zypern und zu anderen Gebieten. Gleichzeitig liefern Halbprodukte und Gussformen bedeutende Informationen über die lokale Produktion.
Publikationen (Auswahl):
- M. Pieniążek, Luxury and Prestige on the Edge of the Mediterranean World. Jewellery from Troia and the Northern Aegean in the 2nd Millenium B.C. and its Context. In: M.-L. Nosch – R. Laffineur (Hrsg.), Kosmos, Jewellery, Adornment and Textiles in the Aegean Bronze Age. 13th International Aegean Conference held at Copenhagen 2010 (Aegaeum 33, Leuven 2012) 501–508.
- M. Pieniążek, Troianischer Schmuck im Kontext. Ein Vorbericht zu den Schmuckfunden des 2. Jahrtausends v. Chr., Studia Troica 19 (2012) 205–218.
- R. Becks ‒ P. Hnila ‒ M. Pieniążek, Troia in der früher Eisenzeit – VIIb1-VIIb2. In: M. Korfmann (Hrsg.), Troia – Archäologie eines Siedlungshügels und seiner Landschaft (Mainz 2006) 181–188.
Nordägäis im 2. Jt. v. Chr.
2012-2014: IEF Fellowship in Istanbul/Heidelberg: Patterns of Trade and Consumption of Valuable Objects in the Northern Aegean Area in the 2nd Millennium BC
Im Fokus des Projektes stehen Funde wie Schmuck, Waffen, Steingefäße, Siegel und Figurinen des 2. Jahrtausends v. Chr. im nordwestlichen Anatolien und im nördlichen Griechenland (Troas, nordägäische Inseln, südliches Thrakien, Makedonien). Besonders diese Fundgattungen waren durch ihre herausragende Optik oder Funktion bei verschiedenen Mitgliedern der Gesellschaft begehrt und liefern so wichtige Informationen über die Relevanz, Intensität und Richtung der Außenkontakte. Sowohl Import- als auch Exportbeziehungen können dadurch nachempfunden werden, wie auch der Transfer bestimmter Technologien erkennbar ist, die es erlaubten, die Gegenstände lokal herzustellen, zu imitieren oder auch in neue Formen oder neue Objekte zu transferieren. Dank ihrer Funktion als Prestigegüter, oft auch bedingt durch ihren materiellen Wert oder als Träger symbolischer Bedeutungen, können solche Funde auch Hinweise auf verborgene Bereiche der Vergangenheit geben, wie zum Beispiel soziale Strukturen, bestimmte Bräuche oder Religion. Folgende Fragen werden untersucht: Tragweite und Richtung der Handelskontakte auf lokaler und überregionaler Ebene, die Rolle der lokalen Produktion und die Bedeutung der verschiedenen kostbaren Objekte für die Gesellschaft des 2. Jahrtausends v. Chr. in der Nordägäis.
Publikationen:
- S. Gimatzidis ‒ M. Pieniążek ‒ S. Votruba (Hrsg.), Archaeology across Past and Present Borders: Fragmentation, Transformation and Connectivity in the North Aegean and the Balkans during the Late Bronze and Early Iron Age. Proceedings of the session organized during the 20th Annual Meeting of European Association of Archaeologists in Istanbul, September 2014. (in Vorbereitung).
- M. Pieniążek, Foreign Influences and Indigenous Transformations: Late Bronze Age ‘Imports’ in the North Aegean. In: S. Gimatzidis ‒ M. Pieniążek ‒ S. Votruba (Hrsg.), Archaeology across Past and Present Borders: Fragmentation, Transformation and Connectivity in the North Aegean and the Balkans during the Late Bronze and Early Iron Age. Proceedings of the session organized during the 20th Annual Meeting of European Association of Archaeologists in Istanbul, September 2014. (eingereicht)
- M. Pieniążek, Dress and Body Ornaments as a Testimony to Cross-cultural Influences in the Northern Area of the Aegean. In: C. Maner – K. Kopanias – N. Stampolidis (Hrsg.), Nostoi. Indigenous Culture, Migration and Integration in the Aegean Islands and Western Anatolia during the Late Bronze and Early Iron Age (Istanbul 2015).
- S. Gimatzidis ‒ M. Pieniążek ‒ S. Votruba, Archaeology across Past and Present Borders: Fragmentation, Transformation and Connectivity in the North Aegean and the Balkans during the Late Bronze and Early Iron Age. The European Archaeologist, Session Reports, 58‒61.
Westanatolien im 2. Jt. v. Chr.
- Regionale und überregionale Kontakte, lokale Produktion und Identität Westanatoliens
- Kleinfunde des archäologischen Grabungsprojektes in Kaymakçı
Seit 2014: Kaymakçı, Mitarbeit als Spezialistin für die Auswertung der Kleinfunde.
Das archäologische Grabungsprojekt Kaymakcı gehört zu den Gygaia Projects und wird von Prof. Christopher Roosevelt und Prof. Christina Luke geleitet (Koç Universität Istanbul). Kaymakçı ist eine Zitadelle der Spätbronzezeit, die am Rand des Gygaia-Sees, ca. 200 km östlich von Izmir und ca. 10 km südlich des antiken Sardes liegt. Die geomagnetische Prospektion hat ergeben, dass die Zitadelle mit drei bis vier ringförmigen Umfassungsmauern umgeben ist. Die Größe der Zitadelle beträgt 8.6 ha, die gesamte Fläche wird auf ca. 25 ha geschätzt. Es ist eine der größten bekannten westanatolischen Siedlungen und wahrscheinlich ein wichtiges Zentrum eines politischen Territoriums, das man als Şeha-Flussland identifizieren kann, das aus hethitischen Schriftquellen gut bekannt ist.
Zu den Kleinfunden, die während der Kampagnen 2014-2015 geborgen wurden, gehören vor allem Schmuck, Figurinen und Werkzeuge aus verschiedenen Materialien. Die Ergebnisse der Grabungen sind für die Kenntnisse der westanatolischen Kultur von sehr großem Interesse. Bis jetzt wurden vor allem Fundstellen an der Ägäis-Küste untersucht (wie Troia, Panaztepe oder Milet); aus dem inneren Westanatolien ist nur ein großes Zentrum bekannt: Beycesultan, das sich jedoch weit im Osten befindet, in einem Gebiet, das schon direkt an das hethitische Zentralanatolien grenzte.
Es ist geplant, dass sich die Untersuchungen nicht nur auf Kaymakçı beschränken, sondern das gesamte Westanatolien einschließen. Dieser Bereich, der sich im 2 Jt. v.Chr. zwischen dem hethitischen Zentralplateau und der minoisch-mykenischen Ägäis erstreckte, gehört zu den am wenigsten erforschten und am wenigsten verstandenen Kulturlandschaften der Bronzezeit. Ziel des Projektes ist es, unter anderem die Merkmale der materiellen Kultur zu definieren, die man weder als ägäische noch als hethitische Importe, sondern als lokale, westanatolische Objekte identifizieren kann.
Erste Publikationen befinden sich in Vorbereitung.
Allgemein zu Kaymakçı:
- C. Roosevelt, Lydia before the Lydians, in: N. D. Cahill (ed.), The Lydians and Their World (Istanbul 2010) 37–74.
- C. Roosevelt, Mapping site-level microtopography with Real-Time Kinematic Global Navigation Satelite System (RTK GNSS) and Unmanned Aerial Vehicle Photogrammetry (UAVP), Open Archaeology 1, 2014, 29-53. Online
C. Roosevelt – P. Cobb – E. Moss – B. Olson – S. Ünlüsoy, Excavations is Destruction Digitization: Advances in Archaeological Practise, Journal of Field Archaeology 40, 3, 2015, 325–346.
Bronzezeitlicher Schmuck im Ost-Mittelmeerraum
Seit 2012
Das Projekt begann mit Untersuchungen der spätbronzezeitlichen Schmuckfunde aus Troia, wurde aber weiter entwickelt und umfasst Fallstudien aus der Nord- und Südägäis, Anatolien und Nordsyrien, von der Früh- bis zur Spätbronzezeit. Die Forschungen konzentrieren sich auf die Herstellungstechnik und Herkunft sowie soziopolitische und symbolische Bedeutung von Schmuck. Die Herstellungstechnik der Perlen aus Halbedelsteinen wird in Zusammenarbeit mit M. Kenoyer und G. Ludvik aus Wisconsin untersucht, die SEM-Analysen von Silikonabdrücken durchführen. Die bisherigen Untersuchungen umfassen Funde aus Troia, Beşik-Tepe, Hattusa, Ägina-Kolonna, Alalach, Thessaloniki-Toumba und Mykene.
Publikationen:
- M. Pieniążek, Amber and Carnelian: Two Different Careers in the Aegean Bronze Age, Proceedings of the EAA Session „4000 Years of World Career – Amber from the Neolithic to Iron Age”. Fontes Archaeologici Posnaniensis. (eingereicht)
- G. Ludvik ‒ M. Kenoyer ‒ M. Pieniążek ‒ W. Aylward, New Insights into the Stone Beads of Bronze Age Troy: Scanning Electron Microscopy and Manufacture Analysis. Anatolian Studies 65, 2015, 1‒18.
- G. Ludvik ‒ M. Pieniążek ‒ M. Kenoyer, Stone Bead-making Technology and Beads from Hattusa: A Preliminary Report. In: A. Schachner, Die Arbeiten in Boğazköy-Hattuša 2013. Archäologischer Anzeiger 2014/1, 147‒153.
- M. Pieniążek ‒ E. Kozal, Anatolian Beads and Pins in the 2nd Millennium BC: A Discussion of their Origin, Function and Distribution. In: A. Golani ‒ Z. Wygnańska (Hrsg.), Proceedings of the Workshop: Beyond Ornamentation – Jewelry as an Aspect of Material Culture in the Ancient Near East. PAM 23/1, Special Studies (Warsaw 2012) 187‒207.
Archäologie des Kultes
Seit 2011
Die Beschäftigung mit diesem Forschungsthema begann mit der Neu-Interpretation der Fundstelle Voronovka 2 in der Südukraine (ursprünglich bearbeitet im Rahmen der Dissertation) und wird derzeit im Bereich des ägäischen Raumes fortgesetzt. Untersucht werden Merkmale der sakralen Architektur sowie Bedeutung und Funktion von archäologischen Funden aus kultischen Kontexten.
Publikationen:
- M. Pieniążek und C. Chabot Aslan, Heroic Past, Memory and Ritual at Troy. In: Metaphysis: Proceedings of the 15th International Aegean Conference Held at Vienna, April 2014 (Vienna 2016) 423–432.
- M. Pieniążek, Kultische Landschaften in der Steppe. Zu den Anfängen sakraler Architektur im Nordponticum, Prähistorische Zeitschrift 86/1, 2011, 8–31.
Soziopolitische Organisation und politische Ökonomie in der Ägäis während des 2. Jahrtausends v.Chr.
Seit 2010
Diese Forschungen sind soziopolitischen und ökonomischen Systemen und ihren Wandlungen in der Ägäis gewidmet. Die Ägäis war im 2. Jt. v. Chr. ein Raum wichtiger Transformationen: Am Ende der Mittelbronzezeit kam es hier zu bedeutenden Veränderungen, die zur Herausbildung starker vorstaatlicher und staatlicher Organisationen geführt haben (ca. 15.-13. Jh. v. Chr.). Diese Entwicklung durchlief um ca. 1200 v. Chr. eine tiefe Krise und wurde am Ende des 11. Jh. v. Chr. fast im gesamten ägäischen Raum unterbrochen. In Rahmen dieses Projektes wird nicht nur ‒ wie bis jetzt üblich ‒ die Südägäis, sondern auch die Nordägäis, unter anderem die Troas, analysiert. Die Troas als eine komplexe, aber vorstaatliche politische Landschaft bildet eine äußerst interessante Fallstudie.
Publikationen:
- M. Pieniążek ‒ P. Pavúk, Towards Understanding the Socio-political Structures and Social Inequalities in Western Anatolia during the Late Bronze Age. In: H. Meller ‒ H. P. Hahn ‒ R. Jung ‒ R. Risch (Hrsg.), Arm und Reich – Zur Ressourcenverteilung in prähistorischen Gesellschaften. Tagungsband des 8. Mitteldeutschen Archäologentages in Halle, 22. – 24. November 2015. (eingereicht)
- M. Pieniążek, A Polity in Transition: Troy in the 2nd Millennium BC. In: M. Bartelheim/B. Horejs/R. Krauß (eds.), Von Baden bis Troia: Ressourcennutzung, Metallurgie und Wissenstransfer. Eine Jubiläumsschrift für Ernst Pernicka. Oriental and European Archaeology 3 (Rahden/Westf. 2016) 513–534.
- P. Pavúk ‒ M. Pieniążek ‒ S. Riehl, Troy and the Troad in the 2nd Millennium: Changing Patterns in the Use of Landscape. In: G. Touchais – R. Laffineur – F. Rougemont (Hrsg.), Physis. Natural Environment and Human Interaction in the Prehistoric Aegean. Aegaeum 37 (Paris 2014) 111‒120.
- M. Pieniążek, Mobilization and/or Redistribution in the North? Some Comments on the Economic System of Troy. Forum Note in: M. Galaty ‒ D. Nakassis ‒ W. A. Parkinson, Redistribution in Aegean Palatial Societies, AJA 115/2, 2012, Forum online.
Siedlungen in der Nordpontischen Steppe
Seit 2003
Die Thematik des Lebens im Bereich der Südukraine war Thema der Dissertation (Rigorosum in 2009) und wird weiter fortgesetzt. Im Fokus stehen dabei die Beziehungen zwischen Mensch und Naturraum (Vegetation, Geländerelief, Klima, Verfügbarkeit von Baumaterial) sowie Strategien bei Hausbau und Lebensweise (nomadisch, halbnomadisch, sesshaft).
Publikationen:
- M. Pieniążek, Architektur in der Steppe. Spätbronzezeitliche Siedlungen im nordpontischen Raum. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 211 (Tübingen 2012, Dissertationsschrift).
- M. Pieniążek, Leben in der Steppe. Auf dem Weg zur Erforschung spätbronzezeitlicher Besiedlungsstruktur im nordpontischen Raum. In: B. Horejs ‒ T. L. Kienlin (Hrsg.), Siedlung und Handwerk. Studien zu sozialen Kontexten in der Bronzezeit. Beiträge zu den Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft Bronzezeit 2007 und 2008. UPA 194 (Bonn 2010) 139–156.
- M. Pieniążek, Domestic Architecture in the Steppe: A Discussion on the Availability of Building Resources and on the Building Strategies of the Late Bronze Age Sabatinovka Culture in the Southern Ukraine. In: L. M. Popova ‒ C. W. Hartley ‒ A. T. Smith (Hrsg.), Social Orders and Social Landscapes (Cambridge 2007) 416–448.