Der Vortrag nutzt den Umweg über die US-amerikanische Debatte um eine „Cultural Sociology“, wie sie von Jeffrey Alexander und seinen Kollegen angestoßen wurde, um einen Blick auf Möglichkeiten qualitativer Forschung in der aktuellen Krise wie auch über diese Krise zu werfen.
Alexander hat „Cultural Sociology“ als ein ‚starkes Programm‘ entworfen, das die Diskreditierung des Kulturellen in der Soziologie nach dem Niedergang der Soziologie Parsons‘ überwindet, sich aber nicht auf Kultur als Teilbereich bezieht. Cultural Sociology fragt nach Sinn und Bedeutung in allen sozialen Phänomenbereichen und stützt sich dabei vorzugsweise auf interpretative Verfahren. Man fühlt sich an Max Webers Frage nach der „Kulturbedeutung“ sozialer und historischer Sachverhalte erinnert.
Einerseits könnte man diesen Vorstoß im deutschen Kontext als unnötig erachten, sind doch die Konzepte von Sinn und Kultur schon bei den Klassikern der Soziologie zentral, und sind doch die qualitativen Methoden gerade wegen dieser Traditionslinie anspruchsvoll aufgestellt.
Gleichwohl könnte der Impuls einer sich selbstbewusst präsentierenden Cultural Sociology gerade für die Interpretation der gegenwärtigen Krise, in der aus guten Gründen epidemiologische – und damit rechnerische Verfahren – im Vordergrund stehen, anregend sein. Dies soll in dem Vortrag in Grundzügen ausgelotet werden.
Den Vortrag als Audio-Datei sowie im Vortrag angesprochene Materialien finden Sie unter:
https://vitruv.uni-tuebingen.de/ilias3/goto_pr01_sess_7279.html