Uni-Tübingen

Newsletter Uni Tübingen aktuell Nr. 3/2024: Schwerpunkt 100 Jahre Universitätsbund

100 Jahre Universitätsbund Tübingen: Eine Plattform für den Dialog der Universität mit Stadt, Bevölkerung und Wirtschaft

Interview mit Christian O. Erbe, Vorsitzender des Universitätsbundes und Ehrensenator der Universität Tübingen

100 Jahre Universitätsbund: Wofür steht die Vereinigung der Freunde der Universität und welche Bedeutung hat sie heute für die Universität Tübingen?

Der Universitätsbund e.V. unterstützt die Universität Tübingen, das hohe Niveau von Forschung und Lehre beizubehalten und weiter ausbauen zu können und positiv in die Gesellschaft hineinzuwirken. Durch den Universitätsbund erhält die Universität die Möglichkeit, mit der Bevölkerung in Kontakt zu treten und sich mit der Stadtgesellschaft auszutauschen. Eine solche Plattform des Dialogs ist für beide Seiten von großer Bedeutung, da die Universität in Tübingen aufgrund ihrer Größe und Geschichte eine zentrale Position innehat.

Darüber hinaus ist der Universitätsbund das Forum, in dem man als Alumna oder Alumnus der Universität Tübingen Mitglied sein sollte – ich würde sogar sagen: sein muss – um so die enge Verbindung zur Universität zu halten. Aber auch für diejenigen wie mich, die nicht an der Universität Tübingen studieren oder studiert haben, besteht die Möglichkeit, Mitglied dieses Vereins zu werden. Der Universitätsbund führt gewissermaßen interne und externe Freunde der Universität zusammen, das macht die Vereinigung der Freunde der Universität aus.

Welche speziellen Angebote gibt es für Mitglieder des Universitätsbundes?

Die Mitglieder erhalten halbjährliche Mitgliedernachrichten und auf Wunsch das Forschungsmagazin attempto! mit aktuellen Informationen aus der Universität. Weiterhin bieten wir regelmäßig attraktive und exklusive Veranstaltungen wie Führungen durch das Museum der Universität Tübingen MUT an. Alle Mitglieder erhalten auf Wunsch eine @unibund.uni-tuebingen.de-Mailadresse. Seit kurzem trainieren Mitglieder des Universitätsbundes beim Hochschulsport Tübingen zu vergünstigten Konditionen.

Was sind die wichtigsten Projekte und Förderungen, die der Universitätsbund hat?

Alle Studierenden, Promovierenden und Forschenden, aber auch Universitätseinrichtungen können eine Förderung für Projekte im Bereich Studium, Forschung oder Kultur beantragen. Finanziert werden diese Zuschüsse aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden und sonstigen Zuwendungen.

Der Universitätsbund unterscheidet hierbei grundsätzlich zwischen zwei Förderformaten: Kleinere Förderprojekte mit einer Fördersumme unter 5.000 Euro können wir schnell und unbürokratisch zusagen. Diese Förderung ist geeignet für Publikationen, Exkursionen oder Veranstaltungen. Dieses Förderformat wird sehr stark in Anspruch genommen und geschätzt.

Das zweite Förderformat umfasst größere und langfristige Projekte, die wir als förderungswürdig erachten. Dazu zähle ich unter anderem die Förderung des Wissenschaftsmagazins oder den Flügel für die Neue Aula. Für einige Projekte starten wir auch Spendenaufrufe, so zuletzt für die Kampagne "Solidarität mit der Ukraine" zugunsten geflüchteter ukrainischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler.

Seit 2011 werden Deutschlandstipendien an der Universität Tübingen vom Universitätsbund gefördert. Im vergangenen Jahr haben wir insgesamt 30 Deutschlandstipendien finanziert, das Jahr zuvor konnten wir sogar 50 Stipendien unterstützen. Unser Ziel ist es, diese Förderhöhe auch im Jahr 2024 beizubehalten. Außerdem sind wir zusammen mit der Universitätsstiftung der Sponsor für die Promotionspreise der Universität.

Neben den beiden Förderformaten möchte ich noch einen dritten Bereich erwähnen, in dem wir tätig sind: die Verwaltung der Stiftungen. Da gibt es zum einen die Universitätsstiftung als selbstständige Stiftung und zum anderen eine große Anzahl von nicht selbstständigen Stiftungen. Alle drei Standbeine tragen den Universitätsbund und geben ihm eine stabile Grundlage.

Welche Projekte hat der Universitätsbund für das Jubiläumsjahr im Fokus?

Zu unserem 100. Jubiläum planen wir, unter dem Motto „Fördern statt Feiern“ Mittel für die Umgestaltung des Eingangsbereichs der Universitätsbibliothek zur Verfügung zu stellen. Dazu werben wir auch für zusätzliche Spenden. In der Bibliothek soll bei diesem Prestigeprojekt ein Ort der Begegnung und des Austauschs, ein Ort zum Lernen und Verweilen entstehen. Natürlich soll das Projekt auch die Sichtbarkeit des Universitätsbundes erhöhen, also eine Win-Win-Situation für Universitätsbibliothek und Universitätsbund.

Beim 525-jährigen Universitätsjubiläum hat der Universitätsbund 2002 die beiden Brunnen vor der Neuen Aula gestiftet. Hat er für das Jubiläumsjahr der Universität 2027 bereits Pläne?

Da das Jubiläumsjahr der Universität noch in etwas weiterer Ferne liegt, kann ich noch nichts Konkretes sagen. Aber so viel ist schon bekannt: Bei den Planungen für das 550-jährige Jubiläum der Universitätsgründung ist der Universitätsbund natürlich mit involviert. Die Universitätsleitung hat einen Beirat einberufen, um ein Konzept für das Jubiläum 2027 zu erstellen und auch umzusetzen. Diesem Beirat gehören Personen aus verschiedensten Richtungen und Gremien an. Auch der Universitätsbund ist hier vertreten.

Was sind Ihre persönlichen Vorstellungen und Ideen für die Zukunft des Universitätsbunds?

Die Funktion des Universitätsbundes als Brückenbauer zwischen Universität und der Wirtschaft in der Region ist für mich von zentraler Bedeutung. An Hochschulstandorten, die sehr technisch ausgerichtet sind, gibt es viel anwendungsbezogene Forschung und eine große Nähe zur Industrie. Das haben wir in Tübingen so noch nicht, auch wenn es in einzelnen Disziplinen – etwa in der Humanmedizin – bereits erfolgreiche Kooperationen gibt. Aber gerade im geisteswissenschaftlichen und im sozialwissenschaftlichen Bereich sehe ich noch großes Potential. Wir sollten deshalb viel stärker ins Auge fassen, dass die Universität nicht einfach solitär dasteht, sondern auch einen wichtigen Teil des Wirtschaftsgeschehens in Tübingen darstellt.

Die enge Zusammenarbeit des Bereichs Informatik mit externen Partnern insbesondere auch aus der Wirtschaft, ist für mich ein Paradebeispiel dafür, was sich aus der Universität heraus alles entwickeln kann. Ich denke da an die Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, an das von Professor Bernd Schöllkopf mitgegründete ELLIS-Institut oder an Cyber Valley und die Zusammenarbeit mit Unternehmen wie Amazon oder Bosch im Bereich Künstliche Intelligenz. Das hat für Tübingen einen sehr großen Stellenwert. Es ist sehr bemerkenswert, dass sich in den vergangenen zwei Jahrzehnten die Gewerbesteuereinnahmen der Stadt Tübingen auf 60 Millionen Euro vervielfacht haben. Ein Motor dieser Entwicklung war die Synergie zwischen Forschung und Industrie. An dieser Schnittstelle sind Mitglieder des Universitätsbundes aktiv und bilden ein breit aufgestelltes Netzwerk.

Der Universitätsbund hat bereits vor einiger Zeit einen Kooperationsvertrag mit der Universität Tübingen geschlossen, in dem einige Felder aufgelistet sind, in denen der Universitätsbund noch aktiver werden kann. Diesen Kooperationsvertrag möchte der Universitätsbund gerne erneuern, gerade weil bereits viele Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft im Universitätsbund oder gar im Vorstand aktiv sind und zu dem großen Freundeskreis der Universität Tübingen zählen. 

Eine Stärkung der Zusammenarbeit der Geistes- und Sozialwissenschaften mit der Industrie – wie könnte das aussehen?

Als Präsident der Industrie- und Handelskammer Reutlingen und des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages weiß ich, wie wichtig die Kooperation und Verzahnung von großen und mittelständischen Unternehmen mit den Hochschulen ist: Gut ausgebildete Fachleute werden in Deutschland in allen Branchen gesucht. Die Unternehmen schauen hier aber nicht nur auf theoretisches Wissen, sondern sind auch an Praxiserfahrung der Hochschulabgänger interessiert. Deshalb ist es wichtig, dass Studierende so früh wie möglich einen Praxisbezug haben.

Nehmen Sie den Bereich der Pädagogik – viele von unseren künftigen Lehrerinnen und Lehrern haben noch nie ein Unternehmen von innen gesehen. Durch meine Beiratstätigkeit bei der Tübingen School of Education weiß ich, dass hier ein großes Potenzial besteht: dass Lehrer besser verstehen, was in der Wirtschaft passiert, und dieses Wissen in den Unterricht an den weiterführenden Schulen einfließt. Auch Studierende, etwa der Theologie, profitieren von Praxiserfahrung, und sie sind umgekehrt auch für die Industrie interessant. Auf diesem Feld gibt es sehr viele Denkansätze und das sollte man unbedingt weiter ausbauen, denn alle profitieren davon, wenn Studierende mit Menschen aus der Praxis, aus der Industrie zusammenkommen.

Sie sind Ehrensenator der Universität Tübingen, engagieren sich im Universitätsbund und auch in vielen anderen Projekten an der Universität. Warum ist Ihnen persönlich dieses Engagement für die Universität so wichtig?

Erstens: Die Innovation in Baden-Württemberg ist unser Ticket in die Zukunft. Ohne Innovation werden wir nicht bestehen können. Die Rahmenbedingungen für Innovation sind kompliziert, aber was wir tatsächlich haben, das sind Geist, Intelligenz und Bildung. Allein in der Region haben wir neben der Universität Tübingen fünf weitere Hochschulen, aus denen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für unsere Unternehmen rekrutieren. Neben Forschung und Lehre steht hier ganz klar die Ausbildung der nächsten Generation im Mittelpunkt. Deshalb ist es mir wichtig meinen Teil dazu beizutragen, dass die Universität ihren exzellenten Ruf verteidigen und weiter ausbauen kann.

Der zweite wichtige Punkt ist mein persönliches Erleben. Ich bin hier in Tübingen aufgewachsen und habe in dieser Zeit festgestellt, dass es in der Stadt immer zwei Bereiche gab. Auf der einen Seite die Universität, die durch ihre Größe und Bedeutung für die Stadt schon immer im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stand und somit auch die Blicke der Stadtverwaltung prioritär auf sie gerichtet waren. Und auf der anderen Seite gab es die Wirtschaft, die in der weiter zurückliegenden Vergangenheit allerdings noch sehr klein war. Entsprechend gering war das öffentliche Interesse, wenn es um die Belange der regionalen Wirtschaft ging.

Das hat sich in den vergangenen zehn Jahren deutlich geändert und Tübingen hat dadurch an Bedeutung gewonnen, auch überregional. Das freut mich sehr, denn meine Intention war schon immer, Universität und Wirtschaft näher zusammenzubringen und das „Nebeneinander“ zunächst in ein „Miteinander“ und in der Zukunft sogar in ein „Füreinander“ umzuwandeln. Hierdurch werden Synergien möglich, die uns im internationalen Wettbewerb, in dem Universität und Wirtschaft gleichermaßen stehen, stärken. Hierbei wird der Universitätsbund auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen.

Das Interviewte führte Maximilian von Platen.

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