Seit Anfang Januar ist Gianluca Panati zu Gast am Fachbereich Mathematik der Universität Tübingen. Ermöglicht hat diesen Forschungsaufenthalt der Friedrich Wilhelm Bessel-Forschungspreis der Humboldt-Stiftung, mit dem der italienische Mathematiker ausgezeichnet worden ist. Der Preis ist für Wissenschaftler gedacht, die nicht in Deutschland leben und weniger als 18 Jahre einen Doktortitel tragen. Bis Ende August arbeitet er mit Professor Dr. Stefan Teufel an der mathematischen Beschreibung der physikalischen Eigenschaften neuer Materialien.
Professor Dr. Gianluca Panati von der Universität La Sapienza in Rom hat den Bessel-Preis der Humboldt-Stiftung für seine interdisziplinäre Arbeit auf mehreren Gebieten erhalten: „Ich bin immer meiner Leidenschaft gefolgt, nämlich dem subtilen Zusammenspiel von Mathematik und Physik. Wir entwickeln neue mathematische Theoreme, um physikalische Konzepte zu erklären“, sagt er. „Galileo sagte, das Buch der Natur sei in der Sprache der Mathematik geschrieben – und das ist das Besondere an der mathematischen Physik“.
Panati arbeitet derzeit über die Mathematik von topologischen Materialien, deren Transporteigenschaften – die Leitfähigkeit etwa – bei kontinuierlichen Verformungen robust sind. „Ich würde mich sogar soweit aus dem Fenster lehnen und sagen, dass wir am Anfang eines neuen Zeitalters in der Physik stehen. Wir hatten das Zeitalter der Atomphysik, dann die Ära der Molekularphysik – jetzt ist die Zeit für die topologische Materialphysik gekommen.“ Ab etwa 2005 wurden neue Materialien entwickelt, die Ladungs- oder Spinströme aufweisen, die keine Wärme ableiten und deren Leitfähigkeit nicht durch Unordnung oder kontinuierliche Verformungen beeinträchtigt wird. Dies dürfte sich als nützlich erweisen – beispielsweise in der Prozessortechnologie, die an ihre physikalischen Grenzen gestoßen ist.
Panati betont, wie wichtig es sei, physikalische Phänomene zu verstehen und sie mathematisch zu beschreiben: „Deshalb wird die Zusammenarbeit zwischen Mathematik und Physik immer wichtiger“. Er kennt Professor Stefan Teufel seit mehr als 20 Jahren; die beiden arbeiteten schon in den 2000er-Jahren an gemeinsamen Projekten zur Quantentheorie – speziell zur raum-adiabatischen Störungstheorie – an der TU München.
Professor Panati war schon mehrfach zu Kurzbesuchen an der Universität Tübingen und freut sich darauf, das Frühjahr und den Sommer hier zu verbringen. Er wird in dieser Zeit mit Doktoranden und Doktorandinnen sowie Postdocs in der „sehr aktiven Forschungsgruppe“ unter der Leitung von Professor Teufel zusammenarbeiten. Er betont, dass der Bessel-Preis sich an Wissenschaftler aus dem Ausland richtet, die zu diesem Zeitpunkt ihrer Karriere sowohl die notwendige Erfahrung wie auch die erforderliche Zeit haben, um innovative Langzeitprojekte zu planen.
Amanda Crain