Therapie der Harninkontinenz durch zellbasierte Regeneration des Harnröhrensphinkters (DFG Klinische Forschergruppe 273)
Erste Förderphase Juli 2012 – Juni 2015
Harninkontinenz, definiert als häufiger ungewollter Harnverlust, führt bereits in geringem Ausmaß zu sozialen, bei größeren Mengen aber auch zu gesundheitlichen Problemen. Die in Deutschland allein durch Behelfsmittel für Inkontinenz entstehenden Kosten übersteigen jährlich eine halbe Milliarde Euro. Für die häufigste Ursache von Harninkontinenz, der Streßinkontinenz (SUI), meist bedingt durch eine Schwäche oder Fehlfunktion des Harnröhrenschließmuskels, existiert bisher keine nachhaltige kurative Behandlung. Die hier vorgestellte Klinische Forschergruppe (KFO) untersucht verschiedene Aspekte einer möglichen kurativen, zellbasierten Therapie zur Stärkung des geschwächten Harnröhrensphinkters.
Drei klinische Kernfragen stehen dabei im Mittelpunkt:
- Können Zellen oder Implantate zielgenau und intraoperativ nachvollziehbar in den Harnröhrenschließmuskel appliziert werden?
- Integrieren sich die applizierten Zellen physiologisch in den Muskel und finden sie Anschluss an den nervalen Steuermechanismus?
- Verbleiben die applizierten Zellen vital im Injektionsgebiet, und welche regenerative Rolle spielen sie über die Zeit?
Dazu werden in verschiedenen Teilprojekten neue Stammzellquellen und deren Eigenschaften erschlossen, deren Verhalten in vitro und in vivo bezüglich zellulärer Veränderungen, neuromuskulärer Anbindung, funktioneller Auswirkung und nicht invasiver Nachweisbarkeit durch Bildgebung untersucht. Ein weiteres Arbeitspaket befasst sich mit der endoskopischen, zielgenauen und dosierten Applikation dieser Zellen in den Schließmuskelapparat unter Zuhilfenahme einer speziell auf den Schließmuskelbereich abgestimmten Bildgebung. Diese Teilaspekte werden durch Versuche im Großtiermodell zusammengefasst, validiert und für die klinische Anwendung vorbereitet.
Die Forschergruppe wird durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.
Sprecher:
Prof. Dr. med. Arnulf Stenzl, Urologische Universitätsklinik Tübingen
Leiter:
Prof. Dr. rer. nat. Wilhelm Aicher, Urologische Universitätsklinik Tübingen
Projekte der Förderphase 2012 – 2015:
- Teilprojekt 1:
Differenzierung mesenchymaler Stromazellen und definierter Subpopulationen zu Muskelzellen unter biochemischer und biomechanischer Stimulation - Teilprojekt 3:
Vergleichende Untersuchungen zur Regenerationskapazität verletzter oder degenerierter Schließmuskeln im Tiermodell mit humanen mesenchymalen Stammzellen aus Knochenmark, Fett und Plazenta - Teilprojekt 4:
Molekulare Strategien zur Unterstützung der funktionellen Reinnervation des dysfunktionellen Harnröhrenschließmuskels unter Anwendung des Transkriptionsfaktors p53 - Teilprojekt 5:
Signalverarbeitung und Modellierung zur objektiven Bestimmung der vom Harnröhren-Schließmuskel ausgeübten Kraft zur Beurteilung des Regenerationsstatus - Teilprojekt 6:
Zielgenaue Applikation der zellulären Therapie - Querschnittprojekt 1:
In vivo Bildgebung injizierter differenzierter Zellen und Stammzellen in situ im Schweinesphinkter und Etablierung eines in vivo Kleintiermodells zur Aufklärung der Mobilität und Verweildauer von in den Muskel injizierten Zellen - Querschnittprojekt 2:
Funktionelle Analyse in vitro differenzierte MyozytenServiceprojekt – (Finanzierung aus eigenen Mitteln)Untersuchungen zur optimalen Injektionsapplikation regenerationskompetenter mesenchymaler Stammzellen und die Rolle lokaler Entzündung bei der zellbasierten Behandlung von Sphinkterdefekten
Beteiligte Institutionen
- Universitätsklinik für Urologie, Tübingen
- Medizinische Universitätsklinik, Sektion für Transplantationsimmunologie & Immunhämatologie
- Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Tübingen, Siegfried-Weller-Instituts für Unfallmedizinische Forschung
- Hertie-Institut für Klinische Hirnforschung
- Institut für Systemdynamik, Universität Stuttgart
- Fraunhofer IPA, Stuttgart
- Department für Radiologie, Universitätsklinikum Tübingen
- Abteilung für Diagnostische und Interventionelle Radiologie
- Abteilung für Präklinische Bildgebung und Radiopharmazie
- Naturwissenschaftliches und Medizinisches Institut an der Universität Tübingen (NMI)