The Francophonie in Tübingen
Interview with Prof. Amos
Listen
Sprecher 1: Blandine Leroy
Liebe Frau Professor Amos, danke für Ihre Bereitschaft, dieses Interview mit mir durchzuführen.
Sprecher 2: Prof. Karin Amos
Merci beaucoup pour l’invitation, Madame Leroy, Je suis très heureuse de vous revoir.
Sprecher 1
Merci. Sie haben, Professor Amos, an der Universität Tübingen, das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre inne. Und Sie sind Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Allgemeine Pädagogik. Ich würde Sie erst mal gerne fragen, welche Sprachen Sie in der Schule und dann während Ihres Studiums gelernt haben. Haben Sie Französisch gelernt? Haben Sie schon schöne Erfahrungen mit dieser Sprache gemacht?
Und vielleicht können Sie uns eine kleine Anekdote oder ein Erlebnis erzählen?
Sprecher 2
Ja, sehr gerne. Ich habe tatsächlich in der Schule auch Französisch gelernt. Ich habe mit Englisch begonnen, dann Französisch dazu genommen und später auch Latein und würde an dieser Stelle schon gerne auf Wilhelm von Humboldt zu sprechen kommen, der Sprache und Bildung in einem engen Zusammenhang gesehen hat und darauf hingewiesen hat, dass die Sprache ein Zugang zur Welt ist, dass Sprache also grundsätzlich den Horizont in jeder Hinsicht erweitert.
Zugang zu anderen Kulturen, zu anderen Denkweisen, zu anderen Wahrnehmungen und Einstellungen. Also ein wirklich globaler Weltzugang. Dem stimme ich also von ganzem Herzen zu,. Ich habe auch eine große Leidenschaft für Frankreich, dann aber doch Englisch studiert und am Ende auch in Amerikanistik promoviert. Aber die Verbindung zu Frankreich blieb erhalten, weil ich über Alexis de Tocqueville „de la démocratie en Amerique“ promoviert habe, und zwar über die Rezeption dieser Schrift in den USA im 19. Jahrhundert.
Das heißt, mir war auch die Sprache wichtig in Verbindung zu meinem anderen Fach, nämlich Geschichte. Und diese Verbindung versuche ich auch jetzt noch während meiner Tätigkeit als Erziehungswissenschaftlerin zu halten, weil mir die historische Dimension sehr wichtig ist. Nach meinem ersten Staatsexamen bin ich dann als Teaching Assistent an das Mills College gegangen. Das ist ein Frauen College an der Westküste der USA.
Ich wollte eigentlich an die Ostküste gehen, weil ich zuvor in Boston an der Historical Society ein Praktikum absolviert hatte und von Neuengland ganz begeistert war. Dann hat es mich aber nach Kalifornien verschlagen, und ich muss aber sagen, dass ich mich sofort in Nordkalifornien verliebt habe. Also eine großartige Region und eine sehr abwechslungsreiche. Wirklich eine sehr schöne Erfahrung. Und in dieser Zeit habe ich dann meine Sprachkompetenz auch wirklich noch mal enorm erweitern können, weil ich in die Sprache eingetaucht bin.
Und das ist dann noch mal ein tieferes Verständnis auch gewesen für Humboldts Vorstellung, dass Sprache eben ein Weltzugang eröffnet. Ich war am Mills College auch zuständig für die deutsche Sprachvermittlung, das heißt, es hat mir auch auf die eigene Sprache noch mal eine andere Perspektive eröffnet. Und obwohl ich dann in Amerikanistik promoviert hatte, hat mich dann eigentlich schon in dieser Zeit mein Weg in die erziehungswissenschaftliche Komparatistik gelenkt.
Und ich muss sagen, aktuell habe ich Doktorandinnen aus China, Taiwan, Mexiko, Südafrika und Kenia und bin über die afrikanischen Studierenden mit Ubuntu in Verbindung gekommen, was auch noch mal einen neuen Blick auf Bildung eröffnet. Also Sprache und Bildungsprozesse sind wirklich sehr eng miteinander verbunden und ich muss sagen, ich unterstütze auch sehr die Bemühungen eines dekolonialen Blickes auch auf unsere Wissensbestände.
Denn ich finde, dass wir auch immer wieder kritisch reflektieren sollten, wo unser Wissen herkommt und welches Wissen wir ausblenden.
Sprecher 1
Deshalb verstehe ich jetzt, warum im Juni 2023 das Zentrum für frankophone Welten gegründet worden ist. Frau Professorin, wie, wie steht es mit dem Frankophonie- Bezug an der Uni Tübingen?
Sprecher 2
Ja, der frankophone Bezug ist eigentlich schon sehr alt und interessanterweise ist ja das Jahr 2023 auch das Jahr gewesen: Des 60-jährigen Jubiläums des Elysee Vertrages. Der hat ja die deutsch französische Zusammenarbeit noch mal wesentlich intensiviert und vorangebracht. Und 1963 war auch das Jahr an dem die Partnerschaft zwischen Tübingen und Marseille begonnen hat. Also schon eine sehr lange und alte Partnerschaft. (die Partnerschaft besteht seit 1957)
Und mit der Eröffnung des Zentrums für frankophone Welten hat die Universität die Bedeutung der Frankophonie für Forschung und Lehre, aber auch für den Transfer in die Gesellschaft noch mal besonders betont. Das Zentrum für frankophone Welten bündelt in besonderer Weise die Aktivitäten und verstärkt die Kooperation in Forschung und Lehre ist ein wichtiger Ort der Vernetzung und eben auch ein wirklicher Inkubator für neue Ideen.
Und ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass unsere europäische Universitätsallianz CIVIS ebenfalls drei frankophone Universitäten beinhaltet: Aix-Marseille, die auch die Projektkoordination inne hat, darüber hinaus aber eben auch noch die Université Libre de Brüssel und die Universität von Lausanne. Wie man auch bemerken muss, spielt natürlich auch Kanada und das frankophone Afrika eine ganz wichtige Rolle, wenn es um frankophone Welten geht.
Und in CIVIS ist die Kooperation mit Afrika auch sehr stark verankert. Und hier sind ebenfalls noch mal drei frankophone afrikanische Universitäten assoziiert. Das alles sind natürlich nur Schlaglichter, denn selbstverständlich gibt es – und das zeigt das Zentrum für frankophone Welten sehr deutlich – vielfältige Verbindungen in nahezu allen Fächern und einer großen Zahl frankophone Länder. Das Engagement reicht über das gesamte Fächerspektrum von den Geistes- und Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, den Lebens- und Naturwissenschaften und der Medizin; aber auch die theologischen Fakultäten und die Juristische Fakultät haben langjährige Kooperationsbeziehungen in Forschung und Lehre im frankophonen Raum.
Und schließlich sollte ich auch erwähnen, dass zahlreiche unserer insgesamt über 4000 internationalen Studierenden aus diesem Raum kommen und natürlich auch viele Forschende.
Sprecher 1
Vielen Dank. Wir erleben momentan eine sehr komplexe Welt, die eine Wirkung auf uns und unsere Hochschule hat. Worauf Ihrer Meinung nach sollen wir im Hinblick auf Studium und Lehre besonders achten?
Sprecher 2
Und welche Rolle spielt die Frankophonie dabei? Das ist natürlich eine ganz zentrale Frage. Ja, ich denke, wir sind Kernländer Europas und wir müssen eine wichtige Verantwortung übernehmen, gerade in diesen Zeiten, die politisch und gesellschaftlich sehr unruhig sind. Und Universitäten als gesellschaftliche Akteure haben hier auch eine ganz wichtige Rolle. Deswegen denke ich, dass wir unsere Aktivitäten in allen Bereichen intensivieren sollten.
Wir machen ja schon sehr viel gemeinsam, aber man kann immer noch mehr machen und das sollten wir tun. Wir haben ja viele Schlüsselprobleme als wichtige Herausforderungen, die aber gleichzeitig auch Chancen sind. Ich denke, Digitalisierung und KI ist etwas, was Europa wahrscheinlich anders entwickelt als andere Regionen in der Welt, aber eben eine wichtige Aufgabe, der sich unsere Universitäten auch stellen sollten.
Der Klimawandel ist ein wichtiges Thema. Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt uns alle. Insofern denke ich, dass wir eben in allen Bereichen noch stärker als bisher zusammenarbeiten sollten. Aber ich denke eben auch, dass Universitäten nicht nur der Ort sind, an dem Studierende ihre Qualifikation erwerben und ihre fachlichen Kompetenzen, sondern Universitäten sind auch der Ort des Austauschs aus und der Gestaltung von Gesellschaft.
Und da wir möchten, dass unsere Studierenden gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, ist es unsere Aufgabe, sie darauf vorzubereiten. Und ein ganz wichtiger Weg, denke ich, ist gerade die deutsch-französische Zusammenarbeit.
Sprecher 1
Schön, Frau Amos, Im Juni 2023 wurde das Zentrum für frankophone Welten an der Universität Tübingen gegründet und feierlich eröffnet. Wie wichtig ist die Frankophonie an unserer Universität und warum?
Sprecher 2
Ja, sie ist ein ganz, ganz wichtiger Baustein unserer internationalen, aber auch interdisziplinären Zusammenarbeit und Entwicklung. Und gerade mit Aix-Marseille haben wir ja schon sehr, sehr lange Erfahrungen. Auch ganz viele double degrees und inzwischen sind es, glaube ich, fünf double degree Studiengänge, inzwischen sogar ein triple degree mit Aix- Marseille und eben ein ganz breites Fächerspektrum in den deutsch-französischen Bachelor- und Masterstudiengängen.
Sprecher 2
Ein Fächerspektrum, das sich von International Economics über Geschichte und ein Masterprogramm mit dem Namen Interkulturelle deutsch-französische Studien erstreckt . Das Spektrum reicht so weit und dann eben auch noch die double degrees mit den Universitäten Lyon und Strasbourg sind zu nennen. Und am Romanischen Seminar gibt es, neben den klassischen Studiengängen der französischen Literatur und Sprachwissenschaften, den Masterstudiengang Cultures du Sud Global, was eben gleichzeitig dann auch den Horizont noch mal erweitert,
auf den globalen Süden . Auch für Promovierende und für Postdocs haben wir zahlreiche Angebote und Programme. Das heißt, wir sind hier eigentlich sehr, sehr gut aufgestellt und bilden ein sehr, sehr breites Spektrum ab.
Sprecher 1
Vielen Dank. Zum Schluss dieses Interviews würde ich Sie gern fragen, welche Wünsche Sie für die Frankophonie an der Universität Tübingen haben und für unser Zentrum.
Sprecher 2
Ja, ich habe vor allen Dingen zunächst einmal den großen Dank an das Zentrum und an alle, die die Frankophonie an unserer Universität gestalten. Und ich wünsche Ihnen allen, dass Sie mit der gleichen Energie und dem gleichen Elan Ihre Arbeit fortsetzen und möglichst noch mehr Menschen begeistern können. Also mehr Forschende und mehr Studierende für dieses sehr, sehr wichtige Thema.
Sprecher 1
Vielen Dank! Mit diesem Elan und mit dieser Motivation sage ich Ihnen un grand merci. Et au revoir.
Sprecher 2
Un grand merci à vous aussi et au revoir
Liebe Frau Professor Amos, danke für Ihre Bereitschaft, dieses Interview mit mir durchzuführen.
Sprecher 2: Prof. Karin Amos
Merci beaucoup pour l’invitation, Madame Leroy, Je suis très heureuse de vous revoir.
Sprecher 1
Merci. Sie haben, Professor Amos, an der Universität Tübingen, das Amt der Prorektorin für Studium und Lehre inne. Und Sie sind Professorin für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Allgemeine Pädagogik. Ich würde Sie erst mal gerne fragen, welche Sprachen Sie in der Schule und dann während Ihres Studiums gelernt haben. Haben Sie Französisch gelernt? Haben Sie schon schöne Erfahrungen mit dieser Sprache gemacht?
Und vielleicht können Sie uns eine kleine Anekdote oder ein Erlebnis erzählen?
Sprecher 2
Ja, sehr gerne. Ich habe tatsächlich in der Schule auch Französisch gelernt. Ich habe mit Englisch begonnen, dann Französisch dazu genommen und später auch Latein und würde an dieser Stelle schon gerne auf Wilhelm von Humboldt zu sprechen kommen, der Sprache und Bildung in einem engen Zusammenhang gesehen hat und darauf hingewiesen hat, dass die Sprache ein Zugang zur Welt ist, dass Sprache also grundsätzlich den Horizont in jeder Hinsicht erweitert.
Zugang zu anderen Kulturen, zu anderen Denkweisen, zu anderen Wahrnehmungen und Einstellungen. Also ein wirklich globaler Weltzugang. Dem stimme ich also von ganzem Herzen zu,. Ich habe auch eine große Leidenschaft für Frankreich, dann aber doch Englisch studiert und am Ende auch in Amerikanistik promoviert. Aber die Verbindung zu Frankreich blieb erhalten, weil ich über Alexis de Tocqueville „de la démocratie en Amerique“ promoviert habe, und zwar über die Rezeption dieser Schrift in den USA im 19. Jahrhundert.
Das heißt, mir war auch die Sprache wichtig in Verbindung zu meinem anderen Fach, nämlich Geschichte. Und diese Verbindung versuche ich auch jetzt noch während meiner Tätigkeit als Erziehungswissenschaftlerin zu halten, weil mir die historische Dimension sehr wichtig ist. Nach meinem ersten Staatsexamen bin ich dann als Teaching Assistent an das Mills College gegangen. Das ist ein Frauen College an der Westküste der USA.
Ich wollte eigentlich an die Ostküste gehen, weil ich zuvor in Boston an der Historical Society ein Praktikum absolviert hatte und von Neuengland ganz begeistert war. Dann hat es mich aber nach Kalifornien verschlagen, und ich muss aber sagen, dass ich mich sofort in Nordkalifornien verliebt habe. Also eine großartige Region und eine sehr abwechslungsreiche. Wirklich eine sehr schöne Erfahrung. Und in dieser Zeit habe ich dann meine Sprachkompetenz auch wirklich noch mal enorm erweitern können, weil ich in die Sprache eingetaucht bin.
Und das ist dann noch mal ein tieferes Verständnis auch gewesen für Humboldts Vorstellung, dass Sprache eben ein Weltzugang eröffnet. Ich war am Mills College auch zuständig für die deutsche Sprachvermittlung, das heißt, es hat mir auch auf die eigene Sprache noch mal eine andere Perspektive eröffnet. Und obwohl ich dann in Amerikanistik promoviert hatte, hat mich dann eigentlich schon in dieser Zeit mein Weg in die erziehungswissenschaftliche Komparatistik gelenkt.
Und ich muss sagen, aktuell habe ich Doktorandinnen aus China, Taiwan, Mexiko, Südafrika und Kenia und bin über die afrikanischen Studierenden mit Ubuntu in Verbindung gekommen, was auch noch mal einen neuen Blick auf Bildung eröffnet. Also Sprache und Bildungsprozesse sind wirklich sehr eng miteinander verbunden und ich muss sagen, ich unterstütze auch sehr die Bemühungen eines dekolonialen Blickes auch auf unsere Wissensbestände.
Denn ich finde, dass wir auch immer wieder kritisch reflektieren sollten, wo unser Wissen herkommt und welches Wissen wir ausblenden.
Sprecher 1
Deshalb verstehe ich jetzt, warum im Juni 2023 das Zentrum für frankophone Welten gegründet worden ist. Frau Professorin, wie, wie steht es mit dem Frankophonie- Bezug an der Uni Tübingen?
Sprecher 2
Ja, der frankophone Bezug ist eigentlich schon sehr alt und interessanterweise ist ja das Jahr 2023 auch das Jahr gewesen: Des 60-jährigen Jubiläums des Elysee Vertrages. Der hat ja die deutsch französische Zusammenarbeit noch mal wesentlich intensiviert und vorangebracht. Und 1963 war auch das Jahr an dem die Partnerschaft zwischen Tübingen und Marseille begonnen hat. Also schon eine sehr lange und alte Partnerschaft. (die Partnerschaft besteht seit 1957)
Und mit der Eröffnung des Zentrums für frankophone Welten hat die Universität die Bedeutung der Frankophonie für Forschung und Lehre, aber auch für den Transfer in die Gesellschaft noch mal besonders betont. Das Zentrum für frankophone Welten bündelt in besonderer Weise die Aktivitäten und verstärkt die Kooperation in Forschung und Lehre ist ein wichtiger Ort der Vernetzung und eben auch ein wirklicher Inkubator für neue Ideen.
Und ich möchte an dieser Stelle erwähnen, dass unsere europäische Universitätsallianz CIVIS ebenfalls drei frankophone Universitäten beinhaltet: Aix-Marseille, die auch die Projektkoordination inne hat, darüber hinaus aber eben auch noch die Université Libre de Brüssel und die Universität von Lausanne. Wie man auch bemerken muss, spielt natürlich auch Kanada und das frankophone Afrika eine ganz wichtige Rolle, wenn es um frankophone Welten geht.
Und in CIVIS ist die Kooperation mit Afrika auch sehr stark verankert. Und hier sind ebenfalls noch mal drei frankophone afrikanische Universitäten assoziiert. Das alles sind natürlich nur Schlaglichter, denn selbstverständlich gibt es – und das zeigt das Zentrum für frankophone Welten sehr deutlich – vielfältige Verbindungen in nahezu allen Fächern und einer großen Zahl frankophone Länder. Das Engagement reicht über das gesamte Fächerspektrum von den Geistes- und Sozial- und Wirtschaftswissenschaften, den Lebens- und Naturwissenschaften und der Medizin; aber auch die theologischen Fakultäten und die Juristische Fakultät haben langjährige Kooperationsbeziehungen in Forschung und Lehre im frankophonen Raum.
Und schließlich sollte ich auch erwähnen, dass zahlreiche unserer insgesamt über 4000 internationalen Studierenden aus diesem Raum kommen und natürlich auch viele Forschende.
Sprecher 1
Vielen Dank. Wir erleben momentan eine sehr komplexe Welt, die eine Wirkung auf uns und unsere Hochschule hat. Worauf Ihrer Meinung nach sollen wir im Hinblick auf Studium und Lehre besonders achten?
Sprecher 2
Und welche Rolle spielt die Frankophonie dabei? Das ist natürlich eine ganz zentrale Frage. Ja, ich denke, wir sind Kernländer Europas und wir müssen eine wichtige Verantwortung übernehmen, gerade in diesen Zeiten, die politisch und gesellschaftlich sehr unruhig sind. Und Universitäten als gesellschaftliche Akteure haben hier auch eine ganz wichtige Rolle. Deswegen denke ich, dass wir unsere Aktivitäten in allen Bereichen intensivieren sollten.
Wir machen ja schon sehr viel gemeinsam, aber man kann immer noch mehr machen und das sollten wir tun. Wir haben ja viele Schlüsselprobleme als wichtige Herausforderungen, die aber gleichzeitig auch Chancen sind. Ich denke, Digitalisierung und KI ist etwas, was Europa wahrscheinlich anders entwickelt als andere Regionen in der Welt, aber eben eine wichtige Aufgabe, der sich unsere Universitäten auch stellen sollten.
Der Klimawandel ist ein wichtiges Thema. Das Thema Nachhaltigkeit beschäftigt uns alle. Insofern denke ich, dass wir eben in allen Bereichen noch stärker als bisher zusammenarbeiten sollten. Aber ich denke eben auch, dass Universitäten nicht nur der Ort sind, an dem Studierende ihre Qualifikation erwerben und ihre fachlichen Kompetenzen, sondern Universitäten sind auch der Ort des Austauschs aus und der Gestaltung von Gesellschaft.
Und da wir möchten, dass unsere Studierenden gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, ist es unsere Aufgabe, sie darauf vorzubereiten. Und ein ganz wichtiger Weg, denke ich, ist gerade die deutsch-französische Zusammenarbeit.
Sprecher 1
Schön, Frau Amos, Im Juni 2023 wurde das Zentrum für frankophone Welten an der Universität Tübingen gegründet und feierlich eröffnet. Wie wichtig ist die Frankophonie an unserer Universität und warum?
Sprecher 2
Ja, sie ist ein ganz, ganz wichtiger Baustein unserer internationalen, aber auch interdisziplinären Zusammenarbeit und Entwicklung. Und gerade mit Aix-Marseille haben wir ja schon sehr, sehr lange Erfahrungen. Auch ganz viele double degrees und inzwischen sind es, glaube ich, fünf double degree Studiengänge, inzwischen sogar ein triple degree mit Aix- Marseille und eben ein ganz breites Fächerspektrum in den deutsch-französischen Bachelor- und Masterstudiengängen.
Sprecher 2
Ein Fächerspektrum, das sich von International Economics über Geschichte und ein Masterprogramm mit dem Namen Interkulturelle deutsch-französische Studien erstreckt . Das Spektrum reicht so weit und dann eben auch noch die double degrees mit den Universitäten Lyon und Strasbourg sind zu nennen. Und am Romanischen Seminar gibt es, neben den klassischen Studiengängen der französischen Literatur und Sprachwissenschaften, den Masterstudiengang Cultures du Sud Global, was eben gleichzeitig dann auch den Horizont noch mal erweitert,
auf den globalen Süden . Auch für Promovierende und für Postdocs haben wir zahlreiche Angebote und Programme. Das heißt, wir sind hier eigentlich sehr, sehr gut aufgestellt und bilden ein sehr, sehr breites Spektrum ab.
Sprecher 1
Vielen Dank. Zum Schluss dieses Interviews würde ich Sie gern fragen, welche Wünsche Sie für die Frankophonie an der Universität Tübingen haben und für unser Zentrum.
Sprecher 2
Ja, ich habe vor allen Dingen zunächst einmal den großen Dank an das Zentrum und an alle, die die Frankophonie an unserer Universität gestalten. Und ich wünsche Ihnen allen, dass Sie mit der gleichen Energie und dem gleichen Elan Ihre Arbeit fortsetzen und möglichst noch mehr Menschen begeistern können. Also mehr Forschende und mehr Studierende für dieses sehr, sehr wichtige Thema.
Sprecher 1
Vielen Dank! Mit diesem Elan und mit dieser Motivation sage ich Ihnen un grand merci. Et au revoir.
Sprecher 2
Un grand merci à vous aussi et au revoir
Interview with Dr. Francis Bohissou
Listen
Blandine Leroy
Bonjour Monsieur Bohissou, Un grand merci d'être avec nous aujourd'hui. Vous êtes médecin, Vous êtes spécialisé dans la médecine tropicale, ici à Tübingen, plus précisément dans la parasitologie, et vous êtes également membre du Centre des mondes francophones depuis octobre 2023. Pourriez-vous peut être vous présenter un peu plus amplement et nous dire quel est votre rapport à la langue française et pourquoi l'Allemagne et pas un pays francophone ?
Francis Bohissou
Merci beaucoup, Madame Leroy pour l'occasion que vous m'accordez de m'exprimer par rapport à mon expérience avec la langue française et aussi mon expérience en tant que chercheur en Allemagne ici. Donc moi c'est Francis Bohissou, je suis médecin béninois, mais le Bénin qui est un pays de l'Afrique de l'Ouest et comme vous l’avez dit je suis médecin parasitologiste et je suis aussi spécialiste en santé publique.
Plus précisément, je suis responsable d'une unité de parasitologie au sein du Centre de Recherche entomologique de Cotonou au Bénin, qui est un centre de recherche du ministère de la Santé du Bénin et qui s'investit dans l'étude des maladies à transmission vectorielle. Je profite de l'occasion aussi pour faire un petit coucou au directeur du centre Gil Padonou et au directeur Martin C. Akogbeto et à mon mentor qui m’a introduit au sein de la parasitologie, malheureusement décédé il y a 3 ans et demi, Alain. (Nahum)
Mais en dehors du Bénin, j'ai aussi une affiliation au Burkina Faso, précisément à l'unité de recherche clinique de Nanoro qui est aussi un centre recherche aussi affilié au ministère de la Santé du Burkina Faso au sein duquel je travaille avec le Docteur Paul Sondo et le professeur Tinto Halidou qui est mon superviseur de thèse actuellement.
En tant que chercheur, mes centres d'intérêt sont comme vous l’avez déjà dit et introduit les maladies parasitaires, les maladies tropicales en particulier le paludisme par exemple, qui est une maladie d'une grande importance dans nos pays tropicaux. Mais aussi je m'intéresse aussi aux maladies tropicales négligées comme la schistosomiase urinaire et comme études secondaires, ces dernières années, je me suis aussi quand même un tant soit peu intéressé aux maladies non transmissibles.
Donc voilà, un peu de façon ramassée un peu qui est Francis Bohissou mais un peu par rapport à la question concernant mon rapport avec la langue française. Oui voilà, il faut dire que le Benin est un pays francophone déjà. Donc déjà dès les cours primaires, on est déjà introduits dans la langue française parce que c'est la langue officielle du Bénin. Et déjà que ce soit au niveau primaire, au niveau secondaire et au niveau universitaire, cette langue a occupé une place importante au cœur de l'enseignement et de l'éducation dans notre pays.
Blandine Leroy
Monsieur Bohissou, alors vous avez fait vos études, donc en français ?
Dr. Francis Bohissou
Oui, j'ai fait mes études en français dans un pays francophone.
Blandine Leroy
Et qu'est-ce qui vous a motivé de venir à l'université de Tübingen ? Alors pourquoi vous n'êtes pas allé dans un pays francophone ?
Dr. Francis Bohissou
Oui, avant de venir à cette question, j'aimerais raconter une petite histoire en rapport avec la langue française au niveau universitaire. Quand, après ma formation de médecin, j'ai voulu me lancer dans la recherche. Il fallait quand même se former. Et c'est à ce titre que j'ai d'abord, comme vous l'avez dit, d’abord focalisé sur les universités francophones.
Et c'est de là que je me suis rendu compte que la Francophonie offrait une opportunité aux chercheurs africains à travers les formations ouvertes à distance organisée par l’intermédiaire de l’agence universitaire la francophonie. Et à ce titre, déjà en 2014, j'ai participé à un diplôme en épidémiologie au cours duquel j’ai eu un soutien de l’Agence Universitaire de la Francophonie, à travers une demi-bourse qui m’a été offerte.
Ça, c'était vraiment mon premier contact avec la Francophonie qui vraiment englobe tous les pays francophones. Ma seconde expérience aussi, c'est que dans la même veine, en 2020 aussi, j'ai eu à bénéficier encore d'une demi-bourse de la francophonie pour faire aussi mon master en santé publique à l'université d'Aix-Marseille. Donc, mes premiers contacts avec la formation avec l'enseignement universitaire ont été faits dans les pays francophones.
Mais après cette expérience là et surtout quand j'étais en train de faire mon master à l'université d'Aix-Marseille. C'est à ce moment-là, en faisant mes recherches que je me suis rendu compte que l’université d'Aix-Marseille est en collaboration avec l'Université de Tübingen et pour moi, c’était une opportunité. J’ai maintenant beaucoup d’expériences et de background dans les universités francophones, il va falloir que j'ouvre mon horizon pour aller au delà aussi de la langue française aussi.
Et c’est à travers l’Université d’Aix Marseille que je me suis rendu compte que l’Université de Tübingen aussi collaborait avec l’Université d’Aix Marseille. C’était unne opportunité pour moi non seulement d'avoir une formation de grande qualité vu toute l'histoire que représente l’Université de Tübingen dans le monde de la recherche et aussi de toutes les collaborations que l’ institut de médecine tropicale de Tübingen a avec mon centre au Bénin et aussi au Burkina Faso.
Donc c'est comme ça que de la francophonie, je me suis retrouvé en Allemagne.
Blandine Leroy
C'est donc grâce au partenariat entre l'Université de Aix-Marseille et de Tübingen que vous avez été attiré en Allemagne. Et comment vous vivez encore le français dans votre quotidien de médecin maintenant, ici depuis que vous êtes ici ?
Dr. Francis Bohissou
Oui, D'abord, il faut déjà dire au pays aussi parce que, comme je le disais tantôt, la langue officielle, c'est le français. Et au Bénin, nous avons plusieurs dialectes, si bien que pour communiquer avec les patients, déjà, c'est par le biais du français, par le biais du français dans le quotidien de ma pratique médicale. Quand je venais ici, c’était pour moi une découverte de la langue allemande que je ne maîtrisais pas beaucoup, mais il s'est fait que, en venant ici à l'Institut aussi, j'ai rencontré d'autres étudiants, d'autres doctorants de pays francophones du Cameroun, du Gabon. Donc, étant donné que nous partageons la langue française en commun, cela m’a facilité l'intégration au niveau de l'Allemagne ici, parce que je me suis retrouvé avec d'autres pays, d'autres communautés qui parlent la langue française.
Donc si je ne parlais pas la langue française vous imaginez que je ne pourrais pas communiquer avec d’autres personnes. Donc c'est comme ça qu'au quotidien et qu'on le veuille ou non, il y a comme une communauté au sein même de notre institut où on se rencontre et encore récemment, j'ai rencontré une Belge avec laquelle je me familiarise aussi par la langue francophone.
Notre expérience aussi, qui est très importante et c'est une source de communion, une source de discussion. Une plateforme qui permet à tout un chacun de s'exprimer, de se rencontrer.
Blandine Leroy
Oui et c'est sûrement là la motivation que vous avez eue de participer, d'être membre du Centre des mondes francophones depuis octobre 23.
Peut-être que vous pouvez nous dire quelle a été votre motivation.
Francis Bohissou
C'était vraiment en 2023 et c'est par le biais de ma superviseuse Dr. Jana Held. C'est elle qui a reçu une offre du Centre des mondes francophones pour les offres de bourses, d'accompagnement pour des voyages dans les pays francophones. Et comme elle savait que j'étais francophone, elle m’a dit voilà une opportunité. Est-ce que tu es intéressé ?
Donc c'est à partir de là que j'ai su que le Centre des mondes francophones existait à Tübingen et automatiquement, je n'ai pas hésité un seul instant parce que je me dis voici encore un réseau où je me sentirais à l'aise pour partager plus l'expérience française avec avec une communauté qui est déjà en place et qui soutient en plus les chercheurs.
Et ça, c'est une opportunité que je n'allais pas laisser passer.
Blandine Leroy
Oui, et dans dans ce Centre, peut être pourriez-vous nous dire quelles sont vos attentes, Qu'est-ce qu'on pourrait mettre en place pour vous, médecin ou pour votre groupe de recherche ?
Dr. Francis Bohissou
Je pense que déjà, il faut quand même dire que le Centre francophone, même s’il s'est installé il n’y a pas longtemps, il fait beaucoup d'activités pour mettre en commun, pour créer des échanges académiques, des conférences, des ateliers qui permettent aux étudiants, aux chercheurs de discuter, d'échanger. Je pense que moi, je souhaite d'abord souhaiter ce que cela puisse s'augmenter encore davantage, qu'il y a encore plus de rencontres entre les chercheurs et les étudiants.
Et aussi, et il y a beaucoup de francophones qui viennent en Allemagne, à l’université de Tübingen. Et c'est vrai qu'ils ne sont pas toujours informés par rapport aux possibilités qu'offre le Centre des mondes francophones. Donc, c'est comment faire pour que le Centre puisse avoir plus de visibilité auprès de ses arrivants des pays francophones ? Parce que au départ, quand tu viens d'un pays francophone, tu ne parles par forcément l’allemand, tu ne maîtrise pas forcément la langue allemande.
Mais quand tu as une communauté, une communauté qui t'accueille et après t’introduit donc ça fait le pont entre ceux qui viennent du monde francophone et son accession en allemand ici. Et ça, je pense qu'on peut encore créer des réseaux. On peut encore créer des plateformes, on peut créer des points focaux pour accueillir ces nouveaux arrivants et les intégrer de plus en plus au niveau du Centre, au niveau du Centre francophone, mais aussi un point important.
Le Centre, c'est aussi parce qu'on parle de francophonie, on parle de la France, mais aussi il y a beaucoup de pays francophones, aussi africains qui communiquent dans cette langue sont vraiment. Il serait plus intéressant de donner plus de visibilité à ces chercheurs qui viennent des pays africains francophones.
Blandine Leroy
Ah oui, c'est la raison pour laquelle ce centre a été créé de toute façon. Donc un grand merci pour vos propositions. Vous auriez peut-être un souhait plus concret à formuler.
Dr. Francis Bohissou
Oui, oui, c'est ça, surtout moi ce qui m'intéresse c'est mettre en place un système, le plus important c'est qu'il a souvent un défaut d'informations par rapport aux étudiants. Donc c'est comment faire pour que dans chaque institut, qu’ il y ait une personne qui se charge du relais, des informations du Centre auprès des étudiants ou pré doctorants chercheurs, ça doit créer comme des sous unités qui vont renforcer le Centre dans sa globalité.
Et ça permet aussi de valoriser les activités que le Centre fait. Parce que quand tu es dans les instituts, on est souvent focalisé pas la recherche que l'on fait ; les laboratoires par exemple, donc on n’est pas toujours informé de ce qui se passe. Mais s'il y a quelques personnes de l'institut qui ont des informations, c'est à vous de relayer cela le pour que ceux qui sont là puissent informer les autres de ce qui se passe là.
Ça va permettre plus de visibilité. C'est plus de participation et d'engouement aux activités du Centre des mondes francophones.
Blandine Leroy
Un grand merci à vous Monsieur Bohissou. Peut être une dernière question un peu en parallèle qu'est-ce que vous lisez en ce moment ?
Dr. Francis Bohissou
Actuellement, par rapport à la lecture, avec le changement, la mutation qu'il y a au niveau des langues. Moi, j'ai toujours aimé la poésie et l'une des choses que j'ai apprécié dans la langue française, ce sont les fables de La Fontaine. Quand j'étais au primaire, les fables de La Fontaine, la poésie de Victor Hugo, ça fait partie des choses qui m'ont nourri et aussi j'ai toujours été bercé par les littéraires, les écrivains qui aiment la langue française, comme Aimé Césaire et Hamadou Hampâté Bâ par exemple, mais aussi Jean Pliya un chercheur béninois qui a écrit beaucoup de livres en français.
Et ce sont ses livres que je suis en train de lire maintenant. Comme les « tresseurs de cordes » (Jean Pliya) et d’autres comme « Sous l'orage »(Seydou Badian), donc ce sont des livres qui m'accompagnent dans le quotidien avec les activités du laboratoire, la recherche, les thèses. Il y a beaucoup de choses à faire, mais quand même, je ne perds pas de temps et de temps en temps pour me ressourcer, surtout dans la poésie, dans les livres de Victor Hugo comme Les Misérables que j'ai beaucoup appréciés.
Blandine Leroy
Donc vous vous ressourcez grâce à des grands auteurs francophones, français et francophones. Et la poésie française a une grande place dans votre vie ?
Dr. Francis Bohissou
Exactement. Depuis que j'étais enfant. Une petite anecdote : Quand j'étais enfant, on devait choisir des poésies et qu'est-ce que je choisissais ? Une fable de La Fontaine ou bien soit une poésie de Victor Hugo. Ça a toujours été pour moi quelque chose que j'appréciais faire
Et jusqu'à présent, j'aime la poésie.
Blandine Leroy
Vous avez une et une fable favorite ?
Dr. Francis Bohissou
Mon poème favori est celui « pour mon père » (Maurice Carême).
Mon père aimé, mon père à moi,
Toi qui me fais bondir
Sur tes genoux
Comme un chamois,
Que pourrais-je te dire
Que tu ne sais déjà ?
Il fait si doux
Quand ton sourire
Éclaire tout
sous notre toit !
Je me sens fort, je me sens roi,
Quand je marche à côté de toi.
Ça fait partie des choses que j’ai aimé.
Blandine Leroy
Et on va terminer cette interview avec un beau poème. Un grand merci à vous Monsieur Bohissou et à bientôt.
Dr. Francis Bohissou
Merci beaucoup pour l'opportunité. Ce fut vraiment un plaisir de discuter avec vous et longue vie au Centre des mondes francophones.
Blandine Leroy
Merci, au revoir.
Dr. Francis Bohissou
Merci beaucoup.
Bonjour Monsieur Bohissou, Un grand merci d'être avec nous aujourd'hui. Vous êtes médecin, Vous êtes spécialisé dans la médecine tropicale, ici à Tübingen, plus précisément dans la parasitologie, et vous êtes également membre du Centre des mondes francophones depuis octobre 2023. Pourriez-vous peut être vous présenter un peu plus amplement et nous dire quel est votre rapport à la langue française et pourquoi l'Allemagne et pas un pays francophone ?
Francis Bohissou
Merci beaucoup, Madame Leroy pour l'occasion que vous m'accordez de m'exprimer par rapport à mon expérience avec la langue française et aussi mon expérience en tant que chercheur en Allemagne ici. Donc moi c'est Francis Bohissou, je suis médecin béninois, mais le Bénin qui est un pays de l'Afrique de l'Ouest et comme vous l’avez dit je suis médecin parasitologiste et je suis aussi spécialiste en santé publique.
Plus précisément, je suis responsable d'une unité de parasitologie au sein du Centre de Recherche entomologique de Cotonou au Bénin, qui est un centre de recherche du ministère de la Santé du Bénin et qui s'investit dans l'étude des maladies à transmission vectorielle. Je profite de l'occasion aussi pour faire un petit coucou au directeur du centre Gil Padonou et au directeur Martin C. Akogbeto et à mon mentor qui m’a introduit au sein de la parasitologie, malheureusement décédé il y a 3 ans et demi, Alain. (Nahum)
Mais en dehors du Bénin, j'ai aussi une affiliation au Burkina Faso, précisément à l'unité de recherche clinique de Nanoro qui est aussi un centre recherche aussi affilié au ministère de la Santé du Burkina Faso au sein duquel je travaille avec le Docteur Paul Sondo et le professeur Tinto Halidou qui est mon superviseur de thèse actuellement.
En tant que chercheur, mes centres d'intérêt sont comme vous l’avez déjà dit et introduit les maladies parasitaires, les maladies tropicales en particulier le paludisme par exemple, qui est une maladie d'une grande importance dans nos pays tropicaux. Mais aussi je m'intéresse aussi aux maladies tropicales négligées comme la schistosomiase urinaire et comme études secondaires, ces dernières années, je me suis aussi quand même un tant soit peu intéressé aux maladies non transmissibles.
Donc voilà, un peu de façon ramassée un peu qui est Francis Bohissou mais un peu par rapport à la question concernant mon rapport avec la langue française. Oui voilà, il faut dire que le Benin est un pays francophone déjà. Donc déjà dès les cours primaires, on est déjà introduits dans la langue française parce que c'est la langue officielle du Bénin. Et déjà que ce soit au niveau primaire, au niveau secondaire et au niveau universitaire, cette langue a occupé une place importante au cœur de l'enseignement et de l'éducation dans notre pays.
Blandine Leroy
Monsieur Bohissou, alors vous avez fait vos études, donc en français ?
Dr. Francis Bohissou
Oui, j'ai fait mes études en français dans un pays francophone.
Blandine Leroy
Et qu'est-ce qui vous a motivé de venir à l'université de Tübingen ? Alors pourquoi vous n'êtes pas allé dans un pays francophone ?
Dr. Francis Bohissou
Oui, avant de venir à cette question, j'aimerais raconter une petite histoire en rapport avec la langue française au niveau universitaire. Quand, après ma formation de médecin, j'ai voulu me lancer dans la recherche. Il fallait quand même se former. Et c'est à ce titre que j'ai d'abord, comme vous l'avez dit, d’abord focalisé sur les universités francophones.
Et c'est de là que je me suis rendu compte que la Francophonie offrait une opportunité aux chercheurs africains à travers les formations ouvertes à distance organisée par l’intermédiaire de l’agence universitaire la francophonie. Et à ce titre, déjà en 2014, j'ai participé à un diplôme en épidémiologie au cours duquel j’ai eu un soutien de l’Agence Universitaire de la Francophonie, à travers une demi-bourse qui m’a été offerte.
Ça, c'était vraiment mon premier contact avec la Francophonie qui vraiment englobe tous les pays francophones. Ma seconde expérience aussi, c'est que dans la même veine, en 2020 aussi, j'ai eu à bénéficier encore d'une demi-bourse de la francophonie pour faire aussi mon master en santé publique à l'université d'Aix-Marseille. Donc, mes premiers contacts avec la formation avec l'enseignement universitaire ont été faits dans les pays francophones.
Mais après cette expérience là et surtout quand j'étais en train de faire mon master à l'université d'Aix-Marseille. C'est à ce moment-là, en faisant mes recherches que je me suis rendu compte que l’université d'Aix-Marseille est en collaboration avec l'Université de Tübingen et pour moi, c’était une opportunité. J’ai maintenant beaucoup d’expériences et de background dans les universités francophones, il va falloir que j'ouvre mon horizon pour aller au delà aussi de la langue française aussi.
Et c’est à travers l’Université d’Aix Marseille que je me suis rendu compte que l’Université de Tübingen aussi collaborait avec l’Université d’Aix Marseille. C’était unne opportunité pour moi non seulement d'avoir une formation de grande qualité vu toute l'histoire que représente l’Université de Tübingen dans le monde de la recherche et aussi de toutes les collaborations que l’ institut de médecine tropicale de Tübingen a avec mon centre au Bénin et aussi au Burkina Faso.
Donc c'est comme ça que de la francophonie, je me suis retrouvé en Allemagne.
Blandine Leroy
C'est donc grâce au partenariat entre l'Université de Aix-Marseille et de Tübingen que vous avez été attiré en Allemagne. Et comment vous vivez encore le français dans votre quotidien de médecin maintenant, ici depuis que vous êtes ici ?
Dr. Francis Bohissou
Oui, D'abord, il faut déjà dire au pays aussi parce que, comme je le disais tantôt, la langue officielle, c'est le français. Et au Bénin, nous avons plusieurs dialectes, si bien que pour communiquer avec les patients, déjà, c'est par le biais du français, par le biais du français dans le quotidien de ma pratique médicale. Quand je venais ici, c’était pour moi une découverte de la langue allemande que je ne maîtrisais pas beaucoup, mais il s'est fait que, en venant ici à l'Institut aussi, j'ai rencontré d'autres étudiants, d'autres doctorants de pays francophones du Cameroun, du Gabon. Donc, étant donné que nous partageons la langue française en commun, cela m’a facilité l'intégration au niveau de l'Allemagne ici, parce que je me suis retrouvé avec d'autres pays, d'autres communautés qui parlent la langue française.
Donc si je ne parlais pas la langue française vous imaginez que je ne pourrais pas communiquer avec d’autres personnes. Donc c'est comme ça qu'au quotidien et qu'on le veuille ou non, il y a comme une communauté au sein même de notre institut où on se rencontre et encore récemment, j'ai rencontré une Belge avec laquelle je me familiarise aussi par la langue francophone.
Notre expérience aussi, qui est très importante et c'est une source de communion, une source de discussion. Une plateforme qui permet à tout un chacun de s'exprimer, de se rencontrer.
Blandine Leroy
Oui et c'est sûrement là la motivation que vous avez eue de participer, d'être membre du Centre des mondes francophones depuis octobre 23.
Peut-être que vous pouvez nous dire quelle a été votre motivation.
Francis Bohissou
C'était vraiment en 2023 et c'est par le biais de ma superviseuse Dr. Jana Held. C'est elle qui a reçu une offre du Centre des mondes francophones pour les offres de bourses, d'accompagnement pour des voyages dans les pays francophones. Et comme elle savait que j'étais francophone, elle m’a dit voilà une opportunité. Est-ce que tu es intéressé ?
Donc c'est à partir de là que j'ai su que le Centre des mondes francophones existait à Tübingen et automatiquement, je n'ai pas hésité un seul instant parce que je me dis voici encore un réseau où je me sentirais à l'aise pour partager plus l'expérience française avec avec une communauté qui est déjà en place et qui soutient en plus les chercheurs.
Et ça, c'est une opportunité que je n'allais pas laisser passer.
Blandine Leroy
Oui, et dans dans ce Centre, peut être pourriez-vous nous dire quelles sont vos attentes, Qu'est-ce qu'on pourrait mettre en place pour vous, médecin ou pour votre groupe de recherche ?
Dr. Francis Bohissou
Je pense que déjà, il faut quand même dire que le Centre francophone, même s’il s'est installé il n’y a pas longtemps, il fait beaucoup d'activités pour mettre en commun, pour créer des échanges académiques, des conférences, des ateliers qui permettent aux étudiants, aux chercheurs de discuter, d'échanger. Je pense que moi, je souhaite d'abord souhaiter ce que cela puisse s'augmenter encore davantage, qu'il y a encore plus de rencontres entre les chercheurs et les étudiants.
Et aussi, et il y a beaucoup de francophones qui viennent en Allemagne, à l’université de Tübingen. Et c'est vrai qu'ils ne sont pas toujours informés par rapport aux possibilités qu'offre le Centre des mondes francophones. Donc, c'est comment faire pour que le Centre puisse avoir plus de visibilité auprès de ses arrivants des pays francophones ? Parce que au départ, quand tu viens d'un pays francophone, tu ne parles par forcément l’allemand, tu ne maîtrise pas forcément la langue allemande.
Mais quand tu as une communauté, une communauté qui t'accueille et après t’introduit donc ça fait le pont entre ceux qui viennent du monde francophone et son accession en allemand ici. Et ça, je pense qu'on peut encore créer des réseaux. On peut encore créer des plateformes, on peut créer des points focaux pour accueillir ces nouveaux arrivants et les intégrer de plus en plus au niveau du Centre, au niveau du Centre francophone, mais aussi un point important.
Le Centre, c'est aussi parce qu'on parle de francophonie, on parle de la France, mais aussi il y a beaucoup de pays francophones, aussi africains qui communiquent dans cette langue sont vraiment. Il serait plus intéressant de donner plus de visibilité à ces chercheurs qui viennent des pays africains francophones.
Blandine Leroy
Ah oui, c'est la raison pour laquelle ce centre a été créé de toute façon. Donc un grand merci pour vos propositions. Vous auriez peut-être un souhait plus concret à formuler.
Dr. Francis Bohissou
Oui, oui, c'est ça, surtout moi ce qui m'intéresse c'est mettre en place un système, le plus important c'est qu'il a souvent un défaut d'informations par rapport aux étudiants. Donc c'est comment faire pour que dans chaque institut, qu’ il y ait une personne qui se charge du relais, des informations du Centre auprès des étudiants ou pré doctorants chercheurs, ça doit créer comme des sous unités qui vont renforcer le Centre dans sa globalité.
Et ça permet aussi de valoriser les activités que le Centre fait. Parce que quand tu es dans les instituts, on est souvent focalisé pas la recherche que l'on fait ; les laboratoires par exemple, donc on n’est pas toujours informé de ce qui se passe. Mais s'il y a quelques personnes de l'institut qui ont des informations, c'est à vous de relayer cela le pour que ceux qui sont là puissent informer les autres de ce qui se passe là.
Ça va permettre plus de visibilité. C'est plus de participation et d'engouement aux activités du Centre des mondes francophones.
Blandine Leroy
Un grand merci à vous Monsieur Bohissou. Peut être une dernière question un peu en parallèle qu'est-ce que vous lisez en ce moment ?
Dr. Francis Bohissou
Actuellement, par rapport à la lecture, avec le changement, la mutation qu'il y a au niveau des langues. Moi, j'ai toujours aimé la poésie et l'une des choses que j'ai apprécié dans la langue française, ce sont les fables de La Fontaine. Quand j'étais au primaire, les fables de La Fontaine, la poésie de Victor Hugo, ça fait partie des choses qui m'ont nourri et aussi j'ai toujours été bercé par les littéraires, les écrivains qui aiment la langue française, comme Aimé Césaire et Hamadou Hampâté Bâ par exemple, mais aussi Jean Pliya un chercheur béninois qui a écrit beaucoup de livres en français.
Et ce sont ses livres que je suis en train de lire maintenant. Comme les « tresseurs de cordes » (Jean Pliya) et d’autres comme « Sous l'orage »(Seydou Badian), donc ce sont des livres qui m'accompagnent dans le quotidien avec les activités du laboratoire, la recherche, les thèses. Il y a beaucoup de choses à faire, mais quand même, je ne perds pas de temps et de temps en temps pour me ressourcer, surtout dans la poésie, dans les livres de Victor Hugo comme Les Misérables que j'ai beaucoup appréciés.
Blandine Leroy
Donc vous vous ressourcez grâce à des grands auteurs francophones, français et francophones. Et la poésie française a une grande place dans votre vie ?
Dr. Francis Bohissou
Exactement. Depuis que j'étais enfant. Une petite anecdote : Quand j'étais enfant, on devait choisir des poésies et qu'est-ce que je choisissais ? Une fable de La Fontaine ou bien soit une poésie de Victor Hugo. Ça a toujours été pour moi quelque chose que j'appréciais faire
Et jusqu'à présent, j'aime la poésie.
Blandine Leroy
Vous avez une et une fable favorite ?
Dr. Francis Bohissou
Mon poème favori est celui « pour mon père » (Maurice Carême).
Mon père aimé, mon père à moi,
Toi qui me fais bondir
Sur tes genoux
Comme un chamois,
Que pourrais-je te dire
Que tu ne sais déjà ?
Il fait si doux
Quand ton sourire
Éclaire tout
sous notre toit !
Je me sens fort, je me sens roi,
Quand je marche à côté de toi.
Ça fait partie des choses que j’ai aimé.
Blandine Leroy
Et on va terminer cette interview avec un beau poème. Un grand merci à vous Monsieur Bohissou et à bientôt.
Dr. Francis Bohissou
Merci beaucoup pour l'opportunité. Ce fut vraiment un plaisir de discuter avec vous et longue vie au Centre des mondes francophones.
Blandine Leroy
Merci, au revoir.
Dr. Francis Bohissou
Merci beaucoup.
Interview with Lisa Minich
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Salut tout le monde, je m'appelle Lisa et je vous salue de Nancy. Ici, je fais mon semestre à l'étranger dans les cadres d'Erasmus en sciences de l'éducation. J'ai commencé à apprendre le français en sixième à l'âge de onze ans. À partir du lycée, je n'ai malheureusement plus pu suivre des cours de français. Donc, dans les années qui ont suivi, j'ai naturellement oublié une grande partie de ce que j'avais appris et je trouve cela très dommage.
Enfin, je voulais utiliser la langue. C'est la raison pour laquelle j'ai décidé de passer un semestre ici en France. J'ai donc commencé à prendre des cours de français à l'université de Tübingen, où j'ai pu raviver mon français grâce à mes professeurs. J'aime le français parce que c'est une langue qui est parlée dans une grande partie du monde. Donc si on parle en langue, ça ouvre beaucoup de portes, soit professionnellement, soit dans la vie personnelle.
Passons à un sujet un peu moins agréable dans le temps que j'ai passé ici. J'ai remarqué qu'il y a beaucoup de gens qui ne sont pas très bons en langues étrangères. En tant qu'étudiante d'échange, ça m'a malheureusement souvent rendue difficile de me faire comprendre d'une manière ou d'une autre, et j'avais même suscité un sentiment d'exclusion.
Et c'est pourquoi je souhaite que le monde francophone soit un peu plus ouvert aux influences extérieures. Donc ouais, ça commence par l'apprentissage de langues. Merci beaucoup. Et ouais, ouais, passez une bonne journée, Au revoir.
Enfin, je voulais utiliser la langue. C'est la raison pour laquelle j'ai décidé de passer un semestre ici en France. J'ai donc commencé à prendre des cours de français à l'université de Tübingen, où j'ai pu raviver mon français grâce à mes professeurs. J'aime le français parce que c'est une langue qui est parlée dans une grande partie du monde. Donc si on parle en langue, ça ouvre beaucoup de portes, soit professionnellement, soit dans la vie personnelle.
Passons à un sujet un peu moins agréable dans le temps que j'ai passé ici. J'ai remarqué qu'il y a beaucoup de gens qui ne sont pas très bons en langues étrangères. En tant qu'étudiante d'échange, ça m'a malheureusement souvent rendue difficile de me faire comprendre d'une manière ou d'une autre, et j'avais même suscité un sentiment d'exclusion.
Et c'est pourquoi je souhaite que le monde francophone soit un peu plus ouvert aux influences extérieures. Donc ouais, ça commence par l'apprentissage de langues. Merci beaucoup. Et ouais, ouais, passez une bonne journée, Au revoir.
Interview mit Prof. Rembert Eufe
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Sprecher 1: Blandine Leroy
Bonjour, Professor Eufe. Danke für Ihre Bereitschaft, dieses Interview mit mir zu machen.
Sprecher 2: Prof. R.Eufe
Ja. Bonjour und hallo. Und vielen Dank für diese Einladung. Gerne. Ich habe mich gefreut über Ihre Einladung.
Sprecher 1
Professor Eufe, Sie sind an der Universität als Sprachwissenschaftler tätig und auch unter anderem Mitglied des Zentrums für frankophone Welten. Vielleicht können Sie uns kurz erzählen, welche Beziehung Sie zu der französischen Sprache haben?
Sprecher 2
Ja, gerne. Meine ersten Kontakte mit Französisch und Frankreich ähneln wahrscheinlich denen, die auch viele andere hier in Deutschland so erlebt haben. Wir waren, als ich Kind war, mit meinen Eltern in Frankreich mal im Urlaub und am Atlantik und an der Mittelmeerküste. Und ich erinnere mich noch an ein von der Sonne auf- und überheiztes kleines Zelt auf einem Campingplatz am Mittelmeer.
Sprecher 2
Ich war damals sehr klein und ich weiß noch, wir waren dann noch an der Ardèche. Da haben wir dann in einem Bach gefischt und so etwas, wie, wie gesagt, wie es viele andere erleben. Also Frankreich als Land, in dem man das erste Mal zu einem Urlaub ist.
Sprecher 1
Und wann haben Sie sich entschieden, daraus ein Studium zu machen oder eine Forschung?
Sprecher 2
Ja, in der Schule habe ich dann Französisch gelernt, und zwar ab der neunten Klasse. Also bei mir war es die dritte Fremdsprache nach Englisch und Lateinisch. Und dann hatten wir auch einen Schüleraustausch. Auch das haben ja sehr, sehr viele Schulen in Deutschland, ein Austauschprogramm mit einer französischen Schule, das hat sich ja sehr, sehr etabliert und ist inzwischen seit Jahrzehnten eigentlich was Alltägliches, glaube ich, im Alltag einer Schule.
Sprecher 2
Und in meinem Fall ging es nach Laon. Das liegt im Departement Aisne. Das ist also die Picardie, zwei Autostunden nordöstlich von Paris. Und ich erinnere mich noch, dass Laon sich damit rühmt, die älteste Hauptstadt Frankreichs zu sein, weil es im zehnten Jahrhundert die Hauptstadt war eines französischen Königs, bevor dann sein Nachfolger die Hauptstadt nach Paris verlegt hat.
Sprecher 1
Und ab wann haben Sie entschieden, Französisch als Studienfach zu nehmen?
Sprecher 2
Ja, eigentlich von Anfang an, also es war in meinem Studium mein Nebenfach. Mein Hauptfach war zwar Italienisch, aber Französisch war auch von Anfang an dabei und ich habe das dann auch beibehalten. Im Studium habe ich auch dann eine Freundschaft geschlossen mit einem Franzosen, die bis heute hält. Also wir haben uns eigentlich zufällig in einer Kneipe abends mal kennengelernt und er arbeitet auch noch in Deutschland.
Sprecher 2
Ich denke, dass es auch so etwas würde ich sagen, das ist normaler geworden in den letzten Jahren, dass auch Franzosen und Französinnen in Deutschland arbeiten und umgekehrt. Also dieser europäische Arbeitsmarkt, in dem die persönlichen Kontakte dann auch einfach leichter werden.
Sprecher 1
Ja, haben Sie noch viele Kontakte in Ihrer Forschungsarbeit mit Frankreich?
Sprecher 2
Ja, sehr viel. Da gehört es wirklich dazu. Und nach meiner Doktorarbeit, das war ein italienisches Thema auch, habe ich dann als Deutschlektor in Frankreich gearbeitet, weil das eben dann auch in meinem Bereich sehr, sehr wichtig ist, dass man Frankreich-Erfahrung vorweisen kann. Und ich war ein Jahr in Caen. Da war zufällig eine Lektoren Stelle frei für ein Jahr.
Sprecher 2
Und ja, Paris ist natürlich ein Wahnsinnsanziehungspunkt für Deutsche allgemein, aber ich finde, man sollte sich auch andere Orte in Frankreich ansehen und alles will immer nach Paris. Aber ich glaube, dass auch die anderen Städte wirklich wichtig sind, um einen Eindruck von Frankreich und dem Leben in Frankreich zu bekommen und deswegen war das auch eine Entscheidung, hinter der ich voll gestanden habe, dann auch in eine kleinere Stadt in Frankreich zu gehen.
Sprecher 2
Und dann war ich noch ein Jahr in Straßburg, auch als Lektor und zufälligerweise zwei Städte auch, in denen ich dann viel noch auch gelernt habe über das deutsch-französische Verhältnis und über die deutsch-französische Vergangenheit. Das sind zwei Städte, in denen das sehr präsent ist. Straßburg natürlich, das Elsass zwischen Deutschland und Frankreich, mit dem Hin und Her der Kriege der vergangenen Jahrhunderte, unter denen die Region gelitten hat.
Sprecher 1
Und diese Sprache begleitet sie immer noch jetzt als Professor?
Sprecher 2
Ja,
Sprecher 1
Weil ich habe in Erfahrung gebracht, dass Sie das Französische in Kanada lehren.
Sprecher 2
Ja, also allgemein die Frankophonie lehre ich gerne. Also, um ein wirklich gutes und angemessenes Bild auch vom Französischen heute zu bekommen, da finde ich, gehört die Frankophonie einfach dazu. Also ich behandle das immer gern in den Kursen. Ich merke auch, dass es die Studierenden auch sehr interessiert und wir haben viele Studierende, die danach ins Lehramt gehen und die auch Bescheid wissen sollten für ihren Französischunterricht und gerade heutzutage hat man ja auch immer mehr Menschen in Deutschland, die Französisch sprechen, die aber nicht aus Frankreich kommen.
Sprecher 2
Also das ist schon ein ganz wichtiger Aspekt auch der Forschung und Lehre zum Französischen. Und ich habe ja zwei Vorlesungen gegeben und zwei Seminare zu Kanada und zwei Vorlesungen zur Frankophonie allgemein.
Sprecher 1
Sie sind auch Mitglied vom Zentrum für frankophone Welten und vielleicht könnten Sie uns kurz erzählen: Was war Ihre Motivation, diesem Zentrum beizutreten und was vielleicht abschließend, was Sie sich wünschen von diesem Zentrum?
Sprecher 2
Ja, ich merke schon jetzt, dass sich das gelohnt hat, da beizutreten. Also es war für mich eine Selbstverständlichkeit, weil ich so viele Veranstaltungen zur französischen Sprache tatsächlich auch hier anbiete und auch Forschungen zu verschiedenen Frankophonie-Themen, also Briefe des 18. Jahrhunderts zum Beispiel oder ich habe mir das Französische, das gesprochen wird in der französischen Nationalversammlung, mit Studierenden zusammen angesehen.
Sprecher 2
Deswegen war es für mich eine Selbstverständlichkeit. Und ich merke auch schon jetzt, dass das Zentrum für frankophone Welten da wichtige Impulse gibt, weil ich mit Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch komme. Ja, von manchen wusste ich gar nicht, dass sie so einen starken Frankreichschwerpunkt oder Französisch-Schwerpunkt haben. Bei anderen wusste ich es, aber man hat jetzt einen Rahmen, sich zu treffen und sich intensiver darüber auszutauschen und vielleicht gemeinsame Ideen auch zu entwickeln für Forschungsprojekte und auch für die Vermittlung von Frankophonie-Aspekten in der Lehre auch.
Sprecher 1
Professor Eufe, was hat Sie motiviert, Sprachwissenschaftler für Französisch zu werden?
Sprecher 2
Ja, das ist ja eigentlich eine interessante Frage. Warum lernt man Sprachen und viele Menschen lernen gerne Sprachen. Warum lernt man gerne Sprachen? Also bei mir war das auch so, dass mich das fasziniert hat, mich in einer Fremdsprache auszudrücken und auch gerade mich auf Französisch auszudrücken. Ich weiß gar nicht, was das eigentlich genau ist. Also es gibt ja auch Menschen, die das sehr unangenehm finden und quälend finden.
Sprecher 2
Und tatsächlich ist es ja oft auch, man muss sich den Kopf zerbrechen, bis man das richtige Wort findet. Aber irgendwie, es hat was. Und jetzt, im Falle des Französischen auch und im Fall der Sprachwissenschaft fasziniert mich eigentlich so auch die Entstehung des Französischen aus dem Lateinischen und dann die Zusammenhänge auch zwischen den romanischen Sprachen, also das sie sich ebenfalls aus dem Lateinischen entwickelt haben, aber dann doch andere Sprachen geworden sind.
Sprecher 2
Und dann kommt dazu, dass das Französische eben eine unserer wichtigsten Nachbarsprachen ist, eine lebende Nachbarsprache. Es ist eine Sprache, die uns so nah ist und doch aber auf interessante Weise auch so anders ist. Also Faszination für sprachliche Alterität. Und natürlich ist Französisch eine Sprache, die auch eben das europäische Geistesleben entscheidend beeinflusst hat. Und das ist vielleicht ein Anlass, noch mal auf die Frankophonie zu sprechen zu kommen.
Sprecher 2
Denn in gewisser Weise ist auch Deutschland ein Teil der Frankophonie gewesen und ist es auch heute noch. Das Französische wird ja hier gelernt auch. Und viele haben sicher schon mal gehört, dass eben Französisch lange die Sprache des europäischen Adels war, eben auch in Deutschland, und dass eben diese Adligen Französisch schrieben und auf Französisch sich unterhielten. Also das bekannteste Beispiel ist natürlich Friedrich der Große.
Sprecher 1
Sehen Sie diese Sprache momentan mit der Reform der Schule ein bisschen in Gefahr?
Sprecher 2
Ja, in Baden-Württemberg wird ja gegenwärtig die Rückkehr zu G9 praktiziert und dabei sind aber die Fremdsprachen stark reduziert worden und ja, Baden-Württemberg als Nachbarland zu Frankreich sollte sich das besonders beim Französischen wirklich dringend noch einmal überlegen. Und es wird auch von vielen Eltern zu Recht auch kritisiert, dass die Fremdsprachen ja reduziert werden mit diesem neuen G9.
Sprecher 1
Als Sprachwissenschaftler und als Vater von Kindern, die Französisch sicherlich lernen – was wäre Ihr Appell an die Politik in Baden-Württemberg?
Sprecher 2
Ja, die Schule und die Universität sind ja verbunden. Und wer in der Schule Französisch lernt, der kann es dann auch schon, wenn er zum Beispiel dann später studiert. Auch jemand, der, der nicht studiert, natürlich, auch da sind die Kontakte einfach da. Aber ja auch eben Frankreich und Belgien als wichtige europäische Nachbarländer. Gerade jetzt, wo der anglophone Bereich, also die anglophonen Länder, sich eher abwenden von Europa, da ist es wichtig, auch die gemeinsame Forschung weiterzuentwickeln über Dinge, Entwicklungen, die nicht auf ein Land beschränkt sind, also wenn wir ja natürlich Veränderungen der Umwelt nehmen, die natürlich nicht vor den Grenzen halt machen, aber auch gesellschaftliche Veränderungen, die sich in diesen Ländern, in unseren Ländern parallel oder verzögert, nur dann ähnlich vollziehen.
Sprecher 1
Haben Sie momentan Forschungsprojekte, die Sie dazu bringen, in engen Kontakt mit frankophonen Professoren und Professorinnen zu treten?
Sprecher 2
Ja, ich habe das schon erwähnt, ich befasse mich mit Briefen des 18. Jahrhunderts, die gefunden wurden auf gekaperten Schiffen. Und das sind Briefe aus Übersee. Und das ist natürlich interessantes Material im Hinblick auf die Frage: Wie hat sich das Französische in der Frankophonie ausdifferenziert? Aber verschiedene andere Fragen auch. Ein Aspekt ist zum Beispiel die französische Orthographie, also mit Erleichterung kann man als Deutscher da sehen, dass auch die Frankophonen selbst zum Beispiel mit der französischen Orthographie ihre Probleme hatten und dass es in diesen Briefen des 18. Jahrhunderts teilweise sehr wild zugeht im Hinblick auf die Orthographie.
Sprecher 1
Wie motivieren Sie ihre Studierende mit der Sprache, mit der Komplexität der Sprache umzugehen?
Sprecher 2
Variation? Es gibt natürlich diese feste, festgeschriebene Norm, aber in der Praxis, im Gebrauch ist noch Platz für sehr viel Variation. Und damit sind wir wieder bei der Frankophonie. Da ist sowieso die Variation dann ganz naheliegend, also dass die Sprache sich verändert, je stärker sie sich ausbreitet und ausgebreitet hat.
Sprecher 1
Wenn man in die Zukunft schaut, was wünschen Sie sich als Professor an der Uni Tübingen für die Sprache? Haben Sie Wünsche für bestimmte Infrastrukturen, für bestimmte Studiengänge?
Sprecher 2
Ja, was meiner Meinung nach interessant wäre, gerade für diese europäische Perspektive, zum Beispiel ein Deutsch-Französischer Lehramtsstudiengang. Das ist aber sehr schwierig, weil über Schule und Bildung immer sehr viel gestritten wird. Und wenn dann eine andere Partei an die Macht kommt, dann kommt die nächste Schulreform. Und wenn man dann einen gemeinsamen Studiengang hat, für den man dann ja ein Programm festlegen muss, dann fliegt das sehr leicht wieder auseinander.
Sprecher 2
Also so was ist sehr schwierig. Und die Vorstellung, was Bildung ist und was in der Schule unterrichtet werden sollte und wie unterrichtet werden sollte, das ist sehr stark auch von nationalen Traditionen geprägt und wir haben ja gemeinsame Studiengänge tatsächlich mit sprachlich-geschichtlichen Schwerpunkten. Aber gerade so vor diesem europäischen Hintergrund wäre, dass meines Erachtens interessant, auch im Hinblick auf das Bildungswesen, auf die künftigen Sprachlernenden.
Sprecher 1
Dann ein Appell an die Politik, diese Sprache und die Kultur und was sie alles mit sich bringt, im Auge zu behalten.
Sprecher 2
Ja, auf jeden Fall. Genau.
Sprecher 1
Alors, je vous dis un grand merci, au revoir.
Sprecher 2
Au revoir.
Bonjour, Professor Eufe. Danke für Ihre Bereitschaft, dieses Interview mit mir zu machen.
Sprecher 2: Prof. R.Eufe
Ja. Bonjour und hallo. Und vielen Dank für diese Einladung. Gerne. Ich habe mich gefreut über Ihre Einladung.
Sprecher 1
Professor Eufe, Sie sind an der Universität als Sprachwissenschaftler tätig und auch unter anderem Mitglied des Zentrums für frankophone Welten. Vielleicht können Sie uns kurz erzählen, welche Beziehung Sie zu der französischen Sprache haben?
Sprecher 2
Ja, gerne. Meine ersten Kontakte mit Französisch und Frankreich ähneln wahrscheinlich denen, die auch viele andere hier in Deutschland so erlebt haben. Wir waren, als ich Kind war, mit meinen Eltern in Frankreich mal im Urlaub und am Atlantik und an der Mittelmeerküste. Und ich erinnere mich noch an ein von der Sonne auf- und überheiztes kleines Zelt auf einem Campingplatz am Mittelmeer.
Sprecher 2
Ich war damals sehr klein und ich weiß noch, wir waren dann noch an der Ardèche. Da haben wir dann in einem Bach gefischt und so etwas, wie, wie gesagt, wie es viele andere erleben. Also Frankreich als Land, in dem man das erste Mal zu einem Urlaub ist.
Sprecher 1
Und wann haben Sie sich entschieden, daraus ein Studium zu machen oder eine Forschung?
Sprecher 2
Ja, in der Schule habe ich dann Französisch gelernt, und zwar ab der neunten Klasse. Also bei mir war es die dritte Fremdsprache nach Englisch und Lateinisch. Und dann hatten wir auch einen Schüleraustausch. Auch das haben ja sehr, sehr viele Schulen in Deutschland, ein Austauschprogramm mit einer französischen Schule, das hat sich ja sehr, sehr etabliert und ist inzwischen seit Jahrzehnten eigentlich was Alltägliches, glaube ich, im Alltag einer Schule.
Sprecher 2
Und in meinem Fall ging es nach Laon. Das liegt im Departement Aisne. Das ist also die Picardie, zwei Autostunden nordöstlich von Paris. Und ich erinnere mich noch, dass Laon sich damit rühmt, die älteste Hauptstadt Frankreichs zu sein, weil es im zehnten Jahrhundert die Hauptstadt war eines französischen Königs, bevor dann sein Nachfolger die Hauptstadt nach Paris verlegt hat.
Sprecher 1
Und ab wann haben Sie entschieden, Französisch als Studienfach zu nehmen?
Sprecher 2
Ja, eigentlich von Anfang an, also es war in meinem Studium mein Nebenfach. Mein Hauptfach war zwar Italienisch, aber Französisch war auch von Anfang an dabei und ich habe das dann auch beibehalten. Im Studium habe ich auch dann eine Freundschaft geschlossen mit einem Franzosen, die bis heute hält. Also wir haben uns eigentlich zufällig in einer Kneipe abends mal kennengelernt und er arbeitet auch noch in Deutschland.
Sprecher 2
Ich denke, dass es auch so etwas würde ich sagen, das ist normaler geworden in den letzten Jahren, dass auch Franzosen und Französinnen in Deutschland arbeiten und umgekehrt. Also dieser europäische Arbeitsmarkt, in dem die persönlichen Kontakte dann auch einfach leichter werden.
Sprecher 1
Ja, haben Sie noch viele Kontakte in Ihrer Forschungsarbeit mit Frankreich?
Sprecher 2
Ja, sehr viel. Da gehört es wirklich dazu. Und nach meiner Doktorarbeit, das war ein italienisches Thema auch, habe ich dann als Deutschlektor in Frankreich gearbeitet, weil das eben dann auch in meinem Bereich sehr, sehr wichtig ist, dass man Frankreich-Erfahrung vorweisen kann. Und ich war ein Jahr in Caen. Da war zufällig eine Lektoren Stelle frei für ein Jahr.
Sprecher 2
Und ja, Paris ist natürlich ein Wahnsinnsanziehungspunkt für Deutsche allgemein, aber ich finde, man sollte sich auch andere Orte in Frankreich ansehen und alles will immer nach Paris. Aber ich glaube, dass auch die anderen Städte wirklich wichtig sind, um einen Eindruck von Frankreich und dem Leben in Frankreich zu bekommen und deswegen war das auch eine Entscheidung, hinter der ich voll gestanden habe, dann auch in eine kleinere Stadt in Frankreich zu gehen.
Sprecher 2
Und dann war ich noch ein Jahr in Straßburg, auch als Lektor und zufälligerweise zwei Städte auch, in denen ich dann viel noch auch gelernt habe über das deutsch-französische Verhältnis und über die deutsch-französische Vergangenheit. Das sind zwei Städte, in denen das sehr präsent ist. Straßburg natürlich, das Elsass zwischen Deutschland und Frankreich, mit dem Hin und Her der Kriege der vergangenen Jahrhunderte, unter denen die Region gelitten hat.
Sprecher 1
Und diese Sprache begleitet sie immer noch jetzt als Professor?
Sprecher 2
Ja,
Sprecher 1
Weil ich habe in Erfahrung gebracht, dass Sie das Französische in Kanada lehren.
Sprecher 2
Ja, also allgemein die Frankophonie lehre ich gerne. Also, um ein wirklich gutes und angemessenes Bild auch vom Französischen heute zu bekommen, da finde ich, gehört die Frankophonie einfach dazu. Also ich behandle das immer gern in den Kursen. Ich merke auch, dass es die Studierenden auch sehr interessiert und wir haben viele Studierende, die danach ins Lehramt gehen und die auch Bescheid wissen sollten für ihren Französischunterricht und gerade heutzutage hat man ja auch immer mehr Menschen in Deutschland, die Französisch sprechen, die aber nicht aus Frankreich kommen.
Sprecher 2
Also das ist schon ein ganz wichtiger Aspekt auch der Forschung und Lehre zum Französischen. Und ich habe ja zwei Vorlesungen gegeben und zwei Seminare zu Kanada und zwei Vorlesungen zur Frankophonie allgemein.
Sprecher 1
Sie sind auch Mitglied vom Zentrum für frankophone Welten und vielleicht könnten Sie uns kurz erzählen: Was war Ihre Motivation, diesem Zentrum beizutreten und was vielleicht abschließend, was Sie sich wünschen von diesem Zentrum?
Sprecher 2
Ja, ich merke schon jetzt, dass sich das gelohnt hat, da beizutreten. Also es war für mich eine Selbstverständlichkeit, weil ich so viele Veranstaltungen zur französischen Sprache tatsächlich auch hier anbiete und auch Forschungen zu verschiedenen Frankophonie-Themen, also Briefe des 18. Jahrhunderts zum Beispiel oder ich habe mir das Französische, das gesprochen wird in der französischen Nationalversammlung, mit Studierenden zusammen angesehen.
Sprecher 2
Deswegen war es für mich eine Selbstverständlichkeit. Und ich merke auch schon jetzt, dass das Zentrum für frankophone Welten da wichtige Impulse gibt, weil ich mit Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch komme. Ja, von manchen wusste ich gar nicht, dass sie so einen starken Frankreichschwerpunkt oder Französisch-Schwerpunkt haben. Bei anderen wusste ich es, aber man hat jetzt einen Rahmen, sich zu treffen und sich intensiver darüber auszutauschen und vielleicht gemeinsame Ideen auch zu entwickeln für Forschungsprojekte und auch für die Vermittlung von Frankophonie-Aspekten in der Lehre auch.
Sprecher 1
Professor Eufe, was hat Sie motiviert, Sprachwissenschaftler für Französisch zu werden?
Sprecher 2
Ja, das ist ja eigentlich eine interessante Frage. Warum lernt man Sprachen und viele Menschen lernen gerne Sprachen. Warum lernt man gerne Sprachen? Also bei mir war das auch so, dass mich das fasziniert hat, mich in einer Fremdsprache auszudrücken und auch gerade mich auf Französisch auszudrücken. Ich weiß gar nicht, was das eigentlich genau ist. Also es gibt ja auch Menschen, die das sehr unangenehm finden und quälend finden.
Sprecher 2
Und tatsächlich ist es ja oft auch, man muss sich den Kopf zerbrechen, bis man das richtige Wort findet. Aber irgendwie, es hat was. Und jetzt, im Falle des Französischen auch und im Fall der Sprachwissenschaft fasziniert mich eigentlich so auch die Entstehung des Französischen aus dem Lateinischen und dann die Zusammenhänge auch zwischen den romanischen Sprachen, also das sie sich ebenfalls aus dem Lateinischen entwickelt haben, aber dann doch andere Sprachen geworden sind.
Sprecher 2
Und dann kommt dazu, dass das Französische eben eine unserer wichtigsten Nachbarsprachen ist, eine lebende Nachbarsprache. Es ist eine Sprache, die uns so nah ist und doch aber auf interessante Weise auch so anders ist. Also Faszination für sprachliche Alterität. Und natürlich ist Französisch eine Sprache, die auch eben das europäische Geistesleben entscheidend beeinflusst hat. Und das ist vielleicht ein Anlass, noch mal auf die Frankophonie zu sprechen zu kommen.
Sprecher 2
Denn in gewisser Weise ist auch Deutschland ein Teil der Frankophonie gewesen und ist es auch heute noch. Das Französische wird ja hier gelernt auch. Und viele haben sicher schon mal gehört, dass eben Französisch lange die Sprache des europäischen Adels war, eben auch in Deutschland, und dass eben diese Adligen Französisch schrieben und auf Französisch sich unterhielten. Also das bekannteste Beispiel ist natürlich Friedrich der Große.
Sprecher 1
Sehen Sie diese Sprache momentan mit der Reform der Schule ein bisschen in Gefahr?
Sprecher 2
Ja, in Baden-Württemberg wird ja gegenwärtig die Rückkehr zu G9 praktiziert und dabei sind aber die Fremdsprachen stark reduziert worden und ja, Baden-Württemberg als Nachbarland zu Frankreich sollte sich das besonders beim Französischen wirklich dringend noch einmal überlegen. Und es wird auch von vielen Eltern zu Recht auch kritisiert, dass die Fremdsprachen ja reduziert werden mit diesem neuen G9.
Sprecher 1
Als Sprachwissenschaftler und als Vater von Kindern, die Französisch sicherlich lernen – was wäre Ihr Appell an die Politik in Baden-Württemberg?
Sprecher 2
Ja, die Schule und die Universität sind ja verbunden. Und wer in der Schule Französisch lernt, der kann es dann auch schon, wenn er zum Beispiel dann später studiert. Auch jemand, der, der nicht studiert, natürlich, auch da sind die Kontakte einfach da. Aber ja auch eben Frankreich und Belgien als wichtige europäische Nachbarländer. Gerade jetzt, wo der anglophone Bereich, also die anglophonen Länder, sich eher abwenden von Europa, da ist es wichtig, auch die gemeinsame Forschung weiterzuentwickeln über Dinge, Entwicklungen, die nicht auf ein Land beschränkt sind, also wenn wir ja natürlich Veränderungen der Umwelt nehmen, die natürlich nicht vor den Grenzen halt machen, aber auch gesellschaftliche Veränderungen, die sich in diesen Ländern, in unseren Ländern parallel oder verzögert, nur dann ähnlich vollziehen.
Sprecher 1
Haben Sie momentan Forschungsprojekte, die Sie dazu bringen, in engen Kontakt mit frankophonen Professoren und Professorinnen zu treten?
Sprecher 2
Ja, ich habe das schon erwähnt, ich befasse mich mit Briefen des 18. Jahrhunderts, die gefunden wurden auf gekaperten Schiffen. Und das sind Briefe aus Übersee. Und das ist natürlich interessantes Material im Hinblick auf die Frage: Wie hat sich das Französische in der Frankophonie ausdifferenziert? Aber verschiedene andere Fragen auch. Ein Aspekt ist zum Beispiel die französische Orthographie, also mit Erleichterung kann man als Deutscher da sehen, dass auch die Frankophonen selbst zum Beispiel mit der französischen Orthographie ihre Probleme hatten und dass es in diesen Briefen des 18. Jahrhunderts teilweise sehr wild zugeht im Hinblick auf die Orthographie.
Sprecher 1
Wie motivieren Sie ihre Studierende mit der Sprache, mit der Komplexität der Sprache umzugehen?
Sprecher 2
Variation? Es gibt natürlich diese feste, festgeschriebene Norm, aber in der Praxis, im Gebrauch ist noch Platz für sehr viel Variation. Und damit sind wir wieder bei der Frankophonie. Da ist sowieso die Variation dann ganz naheliegend, also dass die Sprache sich verändert, je stärker sie sich ausbreitet und ausgebreitet hat.
Sprecher 1
Wenn man in die Zukunft schaut, was wünschen Sie sich als Professor an der Uni Tübingen für die Sprache? Haben Sie Wünsche für bestimmte Infrastrukturen, für bestimmte Studiengänge?
Sprecher 2
Ja, was meiner Meinung nach interessant wäre, gerade für diese europäische Perspektive, zum Beispiel ein Deutsch-Französischer Lehramtsstudiengang. Das ist aber sehr schwierig, weil über Schule und Bildung immer sehr viel gestritten wird. Und wenn dann eine andere Partei an die Macht kommt, dann kommt die nächste Schulreform. Und wenn man dann einen gemeinsamen Studiengang hat, für den man dann ja ein Programm festlegen muss, dann fliegt das sehr leicht wieder auseinander.
Sprecher 2
Also so was ist sehr schwierig. Und die Vorstellung, was Bildung ist und was in der Schule unterrichtet werden sollte und wie unterrichtet werden sollte, das ist sehr stark auch von nationalen Traditionen geprägt und wir haben ja gemeinsame Studiengänge tatsächlich mit sprachlich-geschichtlichen Schwerpunkten. Aber gerade so vor diesem europäischen Hintergrund wäre, dass meines Erachtens interessant, auch im Hinblick auf das Bildungswesen, auf die künftigen Sprachlernenden.
Sprecher 1
Dann ein Appell an die Politik, diese Sprache und die Kultur und was sie alles mit sich bringt, im Auge zu behalten.
Sprecher 2
Ja, auf jeden Fall. Genau.
Sprecher 1
Alors, je vous dis un grand merci, au revoir.
Sprecher 2
Au revoir.
Interview mit Dr. Ulli Hägele
Listen
Sprecher 1: Blandine Leroy
Bonjour, Monsieur Hägele
Sprecher 2: Dr. Ulli Hägele
Bourjour, Madame Leroy
Sprecher 1
Vielen Dank, dass Sie mir dieses Interview geben. Vielen Dank für Ihre Zeit. Im Rahmen des Monats der Frankophonie sammle ich Erfahrungsberichte unter den Studierenden, den Lehrenden und überhaupt den Menschen, die mit Französisch etwas zu tun haben. Monsieur Hägele, Sie leiten das Tübinger Campusradio Micro-Europa am Zentrum für Medienkompetenz an der Universität Tübingen. Uns interessiert heute nicht ihre Funktion, sondern eher ihr Forschungsgebiet und ihre Geschichte, besser gesagt die Geschichte Ihres Vaters.
Sprecher 1
Können Sie uns erzählen? Was hat das mit der Sprache zu tun?
Sprecher 2
Ja, mein Vater ist Jahrgang 1925 gewesen. Er ist nicht so alt geworden, ist 1993 gestorben und er ist als junger Mann noch in den Krieg gezogen. Er war in Russland, und er war dann auch in Frankreich und ist auf dem Rückmarsch im April 1945, genauer gesagt am 16. oder 17. April 1945 hier durch Pfäffingen gekommen, wollte nach Stuttgart zurück, wo er gewohnt hat, wo seine Eltern wohnten und ist dann dort in Pfäffingen von französischen Soldaten gefangen worden.
Sprecher 1
Könnten Sie uns vielleicht sagen, wo Pfäffingen liegt?
Sprecher 2
Pfäffingen liegt hier zwischen Tübingen und Herrenberg, grob gesagt. Also es ist ganz in der Nähe. Das ist nicht weit, nicht außerhalb, nicht sehr weit von Tübingen und ist auch nicht sehr weit von Stuttgart entfernt. Er hatte damals vor, durch den Schönbuch zulaufen, und dann wäre er oben auf den Fildern herausgekommen, in Echterdingen. Und dann wäre er bald wieder zu Hause gewesen und in Echterdingen waren die Amerikaner schon da.
Und mein Vater ist dann, wie gesagt, festgenommen worden von einer französischen Patrouille und ist unmittelbar in das französische Kriegsgefangenenlager nach Montceau-les-Mines gebracht worden und musste dort im Bergwerk arbeiten. Das war ein Erz- oder Kohlebergwerk. Und er hat dort unter, sagen wir mal, sehr, sehr schwierigen Bedingungen arbeiten müssen. Die Verpflegung war sehr schlecht, es gab kaum was zu essen und er hat innerhalb eines Jahres etwa 30, 35 Kilo abgenommen.
Als er wog, dann am Schluss dann noch 45 Kilo.
Sprecher 1
Und wie ging es mit ihm weiter?
Sprecher 2
Er ist dann dort in der Nähe auf einen Karren geladen worden, mit anderen Gefangenen. Und er wurde dann in eine Provinzstadt oder so ein größeres Dorf gefahren. Und von dort aus, von der Ladefläche aus, wurde er dann verkauft an einen Bauer aus dem Burgund. Die konnten die Gefangenen regelrecht ersteigern. Und er hat mir mal erzählt, dass er dann irgendwie für 20 oder für 30 Francs dann an diesen Bauer aus Burgund versteigert wurde.
Sprecher 2
Und dann ist er mit Roger, er hieß Roger Paquez, nach Burgund nach Les Ormes, einem kleinen Dorf, das ist im Departement Yonne, in der Nähe von Auxerre, vielleicht so 40, 50 Kilometer entfernt südlich, und ist dann dort auf diesen Gutshof gekommen. Von diesem Zeitpunkt an ist es ihm besser gegangen. Die haben ihn dort wieder aufgepäppelt, weil er sollte ja auch ein bisschen arbeiten.
Er hat dort Familienanschluss gefunden und das war, wie er mir dann rückblickend erzählt hat, eine sehr, sehr schöne Zeit für ihn. Dann ab diesem Zeitpunkt, wo er dann in diesem Dorf arbeiten konnte.
Sprecher 1
Hat Ihr Vater das Ihnen erzählt und wenn ja, ab wann? In seinem erwachsenen Leben? Wie alt war er damals.
Sprecher 2
Als er uns oder mir das erzählt hat, Ich war so 5-6-7 Jahre alt und mein Vater war niemand, der nicht über den Krieg geredet hat. Also er hat häufig über den Krieg geredet, vor allem über seine Gefangenschaft. Und als wir an Fasching mit der Pistole immer rumgeknallt haben, als Jungs, hat er immer gesagt, wir sollen das nicht tun.
Und er hätte im Krieg mit Waffen zu tun gehabt und er würde niemals mehr eine Waffe in die Finger nehmen. Und er wollte da uns dann auch beeinflussen. Aber uns hat es natürlich nicht so tangiert. Er hat dann immer über Frankreich gesprochen und konnte perfekt Französisch, also viel besser als ich. Und dann war es eben dann, als ich fünf war.
Das war 1963. Wir hatten einen VW Käfer wie damals viele und wir sind dann mal eine Woche in Urlaub gefahren und er wollte unbedingt nach Frankreich fahren, hatte aber nicht als Ziel angegeben, dass wir da nach Burgund fahren, wo er in der Kriegsgefangenschaft war.
Sprecher 1
Eine Zwischenfrage: Wie hat Ihr Papa überhaupt Französisch gelernt? Nur in Gefangenschaft? Oder hatte er schon in der Schule vielleicht?
Sprecher 2
Nein. Mein Vater hieß Erich, hatte natürlich in der Schule kein Französisch gehabt, hat schon so eine Art Realschule durchlaufen, hat dann so eine Art Notzeugnis bekommen, weil er ja in den Krieg ziehen musste. Er hat dort in der Gefangenschaft, also ich denke nicht in Montceau-les-Mines, sondern dann auf diesem französischen Gutshof Französisch gelernt. Er hatte ein Vokabelheft gehabt, das hat er mir oft gezeigt, weil ich ja dann in der Schule auch Französisch gelernt habe.
Und dann hat er mir gezeigt: 'Schau mal hier, du musst die Regeln, musst du auswendig lernen. In Französisch musst du sehr viel auswendig kennen. Die reflexiven Verben zum Beispiel muss man auswendig lernen – dormir, partir, mentir, sortir, se repentir. Das habe ich von meinem Vater, das habe ich nie vergessen oder auch die Endungen, also sprich, welche Verben sind regelmäßig oder nicht. Es gibt die Regeln und die Ausnahmen. Keine Regel ohne Ausnahmen. Das ist ja so im Französischen. Diese Ausnahmen muss man immer auswendig lernen.
Sprecher 1
Ihr Vater war eigentlich kein Fachmann für die Sprache aber konnte sie schon…
Sprecher 2
...er hat sich die Sprache angeeignet.
Sprecher 1
Ja, das ist bewundernswert.
Sprecher 2
Immerhin, er hatte natürlich da auch abends Zeit. Also die haben nicht ewig gearbeitet. Nein, nicht 16 Stunden. Und dann hat er die Wintermonate Zeit gehabt, in denen auch relativ wenig – das ist auch heute noch so, dass man in der Landwirtschaft im Winter eher Maschinen repariert oder irgendwas anderes macht. Und er hatte natürlich da auch Zeit, um die Sprache zu lernen.
Sprecher 2
Und dann kam noch dazu, dass die Familie Paquez mehrere kleine Kinder hatte damals, die alle so in den vierziger Jahren geboren wurden. Also das waren wie die Orgelpfeifen von fünf bis was weiß ich, sieben, acht Jahre alt. Und mit denen hat er sich natürlich auch beschäftigt. Und er hat über diese Kinder die Sprache sehr, sehr gut lernen können, weil Kinder haben ja eine ganz eigene, etwas einfachere Sprache.
Sprecher 2
Und wenn man eine Fremdsprache lernt, ist es ganz gut, man unterhält sich mit Kindern, weil so kommt man auch viel besser in die Sprache rein. Das hat er mir mal auch erzählt.
Blandine Leroy
Das heißt, das ist ein Mann, der durchaus durch diesen Aufenthalt auf diesem Bauernhof einen positiven Bezug zu der Sprache gefunden hat.
Sprecher 2
Auf jedem Fall. Es hat ihm später dann auch geholfen, als er wieder zu Hause war. Er hat ja Speditionskaufmann gelernt. Er war lange Zeit in Stuttgart bei einer großen Spedition, die hieß Paul von Maur, war er in der Auslandsabteilung und ist auch sehr häufig, in den sechziger Jahren nach Paris gefahren. Um da – es gab dort eine Dependance – irgendwie auszuhelfen.
Blandine Leroy
Also hat er durchaus diese Sprache, die er so erworben hatte, auf eine besondere Art beruflich weiterverwenden können.
Sprecher 2
Genau.
Sprecher 1
Und dann als Kind. Also Sie haben gerade erzählt, er hat Ihnen sein Vokabelheft gezeigt. Und wie haben Sie die französische Sprache schulisch erlebt?
Sprecher 2
Als Kind habe ich sie noch gar nicht erlebt, weil im Kindergarten und in der Grundschule haben wir keine Sprachen gelernt. Ich habe die französische Sprache erlebt vor Ort. Wir waren das erste Mal 1963 in Frankreich. Das habe ich vorher schon so ein bisschen ansatzweise erzählt. Und er hat dann irgendwann mal die Idee gehabt, wir fahren da jetzt vorbei, ohne dass wir uns bei den Bauern dort angemeldet hätten.
Und dann sind wir da vorbeigefahren und es ist so ein richtiger Gutshof, so ein Vierseithof kann man auch sagen, mit Schloss dabei. Und einen Wassergraben gab es auch. Und da war so ein Tor zum Innenhof. Wir sind außen stehen geblieben und er ist dann aus dem Auto ausgestiegen und er ist dann reingegangen und...
Sprecher 2
...ja, und dann gab es auf einmal so ein Schrei und dann hat die Bauersfrau Lucienne hat ihn erkannt und geschrien: 'Mimil, Mimil, tu es arrivé!'
Da war ein riesen Bohei und wir sind da richtig wie Familienmitglieder eigentlich. Ja, wir sind aufgenommen worden. Wir hatten eine Pension damals irgendwo gebucht, weiter weg und die musste abgestellt werden, weil die haben darauf bestanden, dass wir in dem Gästezimmer bleiben. Und wir durften da im Prinzip gar nicht mehr weg. Und das war 1963.
Blandine Leroy
Das ist eine sehr, sehr schöne, rührende Geschichte eigentlich, wo die deutsch-französische Beziehung einfach einen anderen Aspekt zeigt.
Dr. Ulli Hägele
Was ja noch dazukommt: Mein Vater, ... ich habe immer gedacht, er sei drei Jahre lang in Kriegsgefangenschaft gewesen, also ein Jahr im Bergwerk und zwei Jahre auf dem Gutshof. Und erst lange Zeit nach seinem Tod, als ich mal meine eigenen Unterlagen sortiert habe –ich habe nach seinem Tod auch sehr viel von ihm übernommen. Also seine Briefe zum Beispiel, die er nach Hause geschrieben hat aus Frankreich.
Dann habe ich irgendwann mal gesehen, er hat meinen Großeltern nach Stuttgart geschrieben, 1947, das muss so im Sommer 1947 gewesen sein. 'Liebe Eltern, meine Gefangenschaft ist jetzt vorbei. Ich habe mich aber entschlossen, dass ich noch ein Jahr hier weiterarbeite, dass ich noch ein Jahr bleibe und erst im nächsten Jahr, also 1948, wieder nach Stuttgart komme.' Das war für mich vollkommen neu.
Also dass jemand, dass man als Kriegsgefangener dann freiwillig, noch ein Jahr bleiben will. Sicherlich hatte dann auch Lohn gekriegt, gehe ich davon aus oder er hat vielleicht auch keinen gekriegt, aber offenbar hat ihm dieses Leben dort auf dem Land so gut gefallen, dass er nicht so schnell heim gehen wollte. Und wir müssen ja das eine sehen: Stuttgart war fast total zerstört, wie viele andere deutsche Städte. Seine Arbeitsstelle, wo er gearbeitet hat, war zerstört und möglicherweise hat er natürlich auch Nachricht bekommen von seinen Eltern aus Stuttgart, dass sehr viel kaputt ist. Und dann hat er sich vielleicht gedacht, okay, dann kann ich auch noch ein Jahr bleiben und besser Französisch lernen und vielleicht bringt mir das dann später im Beruf auch noch was.
Blandine Leroy
Also eine kluge, wagemutige Entscheidung. Und ich weiß, dass sie da ist als Studierende und als erwachsenen Mann, das Französische sie begleitet hat, weil vielleicht erzählen sie uns, was für eine Doktorarbeit ja oder woran sie gearbeitet haben.
Sprecher 2
Zunächst mal zur französischen Sprache. Ich habe dann durch die Tatsache dessen, dass wir dann häufig eingeladen wurden von den Bauern. Auch zu einer Hochzeit war man 1966 eingeladen. Und da bin ich schon vom Hören her sehr, sehr schön in diese französische Sprache so ein bisschen reingekommen und als Kind, saugt man das ja in sich auf. Was ich total faszinierend fand, ist, dass sie alle geraucht haben.
Entweder Gauloises oder Gitanes. Alle ohne Filter. Und es gab dann auch diese Gitanes mit Maisblatt. Die haben sie dann immer ausgehen lassen und haben die quasi den ganzen Tag irgendwie zwischen den Lippen gehabt. Das fand ich natürlich als Kind faszinierend. Und auch die französischen Autos, also diese Gangsterlimousinen, die damals noch sehr, sehr häufig im Straßenverkehr anzutreffen waren.
Und als Bub war das für mich natürlich eine Offenbarung, so was zu sehen und dann das Essen auch. Also ich kann mich noch erinnern, 1966 war mal auf die Hochzeit eingeladen, da hat ein Sohn des Roger Paquez hat geheiratet und da waren wir zur Hochzeit eingeladen und da waren wir abends dann vor der Hochzeit, waren wir in einer Provinzstadt.
Joigny hieß die Provinzstadt. Das war so etwa 30 Kilometer von Les Ormes weg. Da gab es ein Restaurant, wo man sehr, sehr gut essen konnte. Damals schon, und da waren wir abends zum Essen eingeladen, im engsten familiären Kreis. Und da weiß ich noch, da gab es zum Nachtisch Mousse au chocolat und so was haben wir natürlich in Deutschland nicht gekannt.
Und ich weiß noch, meine Mutter hat sich dann von dem Koch das Rezept geben lassen und hat dann von dem Zeitpunkt, also 1966, regelmäßig dann auch in Deutschland, wo wir gewohnt haben, in der Nähe von Stuttgart in Leonberg hat sie dann eben auch mal so eine Mousse gemacht. Also die Küche hat uns natürlich sehr, sehr beeindruckt und die Sprache auch.
Ich habe dann, als ich dann auf dem Gymnasium war, habe ich dann natürlich Französisch dann belegt und man muss dazu sagen, dass ich ganz schlechte Lehrer in Französisch hatte. Ich hatte eine Französischlehrerin, die hatte mich auf den Kieker, obwohl ich eigentlich gar nicht so schlecht geredet habe, weil ich ja regelmäßig dann auch in den Ferien dort auf dem Bauernhof war.
Immer drei Wochen. Und wenn man drei Wochen in Frankreich ist und dort mit jungen Menschen zu tun hat und ich war eigentlich mündlich total fit und schriftlich, aber irgendwie nicht so und das war dann ein Riesenproblem. Deshalb war ich in der Schule auf Französisch nicht so sehr gut, aber ich habe das dann trotzdem durchgezogen bis zum Abi. Und mich hat diese Geschichte eigentlich nie losgelassen. Das ist das, was Sie vorher sagten, als ich dann studiert habe.
Sprecher 1
Wann war Ihr Abschluss in der Schule oder wann haben Sie Ihren Abschluss gemacht?
Sprecher 2
1978. Ich habe dann Zivildienst gemacht, was dann auch noch dazu kam. Mein Großvater war im Ersten Weltkrieg, hat gegen Frankreich gekämpft. Vor Verdun. Der ist schwer verwundet worden und an der Somme war er auch. Er gehört zu den wenigen Überlebenden, die beide Schlachten in Anführungszeichen 'mitgemacht' haben. Mein Vater war dann in Frankreich auch im Krieg, und ich wollte nicht noch mal Kriegsdienst machen.
Ich wollte, dass da diese Kontinuität in der Familie aufhört. Und auch für mich konnte ich das nicht verantworten, damals in den siebziger Jahren. Ich habe dann den Kriegsdienst verweigert, musste eine Verhandlung machen. Ich bin Gott sei Dank durchgekommen und habe dann mit behinderten Menschen in Sindelfingen in der Schule und beim Fahrdienst gearbeitet. Und für mich war das irgendwie auch klar, dass Völkerverständigung ein ganz, ganz wichtiger Aspekt ist. Auch, dass wir in Europa zusammenhalten müssen. Das war damals auch schon klar, obwohl es damals ja noch offene ... also, es gab ja keine offenen Grenzen, wenn man nach Frankreich fuhr. Mülhausen, die Autobahn gab es ja damals noch gar nicht. Dann musste man über die Brücke und dann war in Deutschland Zoll und in Frankreich auf der anderen Seite war eben auch Zoll.
Sprecher 1
Sie mussten auch die Währung wechseln, die D-Mark in Francs.
Sprecher 2
Ja genau und so bin ich eben auch durch die familiäre Vorbelastung zwei Generationen und die Tatsache dessen, dass ich in der Kindheit dann auch mit Frankreich sehr, sehr viel zu tun hatte. Ich studierte Kunstgeschichte und Empirische Kulturwissenschaft und in Empirische Kulturwissenschaft habe ich dann die Doktorarbeit geschrieben, und zwar über das Bild der Deutschen im französischen Illustrierten der dreißiger Jahre.
Also eine medienhistorische Arbeit, die auch in Frankreich gehandelt hat.
Sprecher 1
Und können Sie uns kurz sagen, wie kam der Deutsche damals in diese Illustrierten rüber und haben Sie den Eindruck, dass sie sich geändert hat?
Sprecher 2
Also es gab ein ganz wichtiges Medium in der Zeit, Das war die Fotomontage, Die ist ja auch in großen Teilen auch von Deutschen mitentwickelt worden. John Heartfield zum Beispiel ist der bekannteste Vertreter dieser politischen Fotomontage. Damals weitgehend unbekannt waren aber auch ein paar Franzosen, die auch mit politischer Fotomontage gearbeitet haben Marinus Jacob Kjeldgaard zum Beispiel, ein Däne, der nach der Jahrhundertwende nach Paris gegangen ist und bei der französischen Illustrierten „J’ai vu“ gearbeitet hat.
„J’ai vu“ war sehr, sehr populär, auch während des Ersten Weltkrieges, hatte eine Auflage von 100.000. Es war ja das einzige Medium damals, in dem man was lesen konnte über den Krieg. Es gab ja weder Kino. Also Kino gab es zwar schon, aber es gab keine Wochenschauen. Fernsehen gab es natürlich auch noch nicht. Und dann gab es in den dreißiger Jahren eben Alexandre Liberman, das ist ein russischstämmiger Zeitgenosse gewesen, Künstler, der nach Paris gekommen war in den zwanziger Jahren, und die beiden haben die politische Fotomontage in Frankreich vorangetrieben.
Und ich habe mich mit diesen beiden Figuren eben auch beschäftigt, musste dann in die Archive gehen, nach Paris, weil das war ja die Zeit, wo es noch kein Internet gab in den frühen neunziger Jahren. Da musste man wirklich noch in die Bibliotheken. Ich war in der Bibliothèque Nationale in Paris, jeden Tag bin ich in dem großen Kuppelsaal gesessen und habe mir eben die Zeitschriften kommen lassen, die Illustrierten, und habe versucht, da meine Reproduktion zu machen und möglichst viel zu sammeln, dass ich dann für die Doktorarbeit, dann das Material zusammen hatte.
Das Bild war kritisch, natürlich, wie John Heartfield das auch kritisch gesehen hat. Es war karikierend zum großen Teil. Die Karikaturen waren ziemlich ätzend, zum großen Teil, die man gesehen hat, Die Texte allerdings muss ich sagen, die waren bei weitem nicht so kritisch, es gab ja französische Journalisten, die in Berlin akkreditiert waren.
Und wenn die schwerwiegende Kritik gegenüber dem Regime geäußert hätte, dann hätten sie ihre Akkreditierung verloren, hätten nicht mehr berichten können. Also das war durchaus zweischneidend. Man konnte im Bild man schon Kritik äußern. Die Bildjournalisten oder die Fotomonteure sind ja alle in Paris gesessen, die sind nicht nach Deutschland gekommen. Und so gab es eben auch eine Diskrepanz zwischen Text und Bild. Auf der anderen Seite, druckten die französischen Illustrierten oft Fotos von Heinrich Hoffmann. Das war Hitlers Leibfotograf. Diese Bilder waren systemkonform. Man konnte sie nur mit Bildunterschrift konterkarieren.
Sprecher 1
Interessant. Haben Sie den Eindruck, dass diese Bilder, die vielleicht eben jenseits der zwei Grenzen, dass sich was getan hat und oder wo sind wir jetzt im Moment?
Sprecher 2
Ja, das ist eine schwere Frage. Also ich denke, es gibt schon auch diese Stereotypen, zum Teil auf beiden Seiten. Die Pickelhaube zum Beispiel ist eines dieser stereotypen Merkmale gewesen, die sich durch die französische Karikatur zieht. Heute hat sie sicherlich nicht mehr die Rolle, aber manchmal sieht man sie dann doch auch noch. Also so was gibt es schon noch.
Sprecher 2
Also diese, diese Versatzstücke aus früheren Zeiten, die sind noch da. Aber ich denke, wir haben uns jetzt grundsätzlich gewandelt. Es ist auch so, dass Stereotypen eben im Bild nicht mehr so sehr im Vordergrund zu stellen sind, weil man ja weiß, man sollte die Nachbarn auch nicht so negativ darstellen. Also das ist ja auch mittlerweile eine No-Go-Geschichte, weil es bleibt ja immer etwas was hängen, wenn man die Nachbarn negativ darstellt und insofern hat sich das schon so ein bisschen geändert.
Ich denke, die politischen Gegner, die stehen heute wo anders ist, die stehen vielleicht heute in Russland, die stehen vielleicht mittlerweile auch in Amerika, aber ich denke, die deutsch-französische Freundschaft, die ist schon sehr, sehr eng, würde ich mal sagen, vor allem auch in dem persönlichen Bereich. Und was ich persönlich so empfinde, ist, dass wir in den sechziger Jahren, also meine Familie, schon sehr früh den Kontakt wieder gesucht haben.
Das war die Zeit, wo es noch nicht selbstverständlich war, dass es politische Kontakte gab. Sie erinnern sich de Gaulle und Adenauer, die haben damals auch erst angefangen, mal wieder miteinander zu reden. Und es hat auch seine Zeit gedauert. Aber ich denke, in dem persönlichen Bereich hat es schon viel, viel früher angefangen. Da gab es natürlich dann andere Regeln und andere Möglichkeiten.
Das heißt aber nicht, dass es heute nicht doch noch Ressentiments in Frankreich gegenüber Deutsche gibt. Meine langjährige Lebensgefährtin, die hat ein Haus übernommen von ihrer Mutter. Das ist in den Süd-Vogesen, also im französischen Teil in der Nähe von Le Tillot im Moseltal, also die Richtung, wo aber die Deutschen nicht waren, also vorm Ersten Weltkrieg, das ist ja immer noch die Grenze.
Wo waren die Deutschen vor dem Ersten Weltkrieg und wo waren sie danach? Und dort in der Gegend haben die Deutschen im Zweiten Weltkrieg dann ziemlich gewütet. Da gab es dann standrechtliche Erschießungen von sogenannten Partisanen und Mitgliedern der Résistance. Und ich kann mich erinnern, als ich da in die Gegend zum ersten Mal kam, das war 1974, hat man schon gespürt, auch wir als junge Menschen, haben gespürt also ich kann das nur für mich sprechen, dass wir jetzt nicht da nicht wohlgelitten sind, vor allem bei der älteren Generation.
Wenn man da gesagt hat: 'Je suis Allemand, je viens de Stuttgart', dann hat man irgendwie schon so gemerkt, dann sind sie in der Abwehrhaltung gegangen, die sind ja jetzt alle tot, das muss man sehen. Also die den Krieg aktiv miterlebt haben, die leben zum großen Teil eben nicht mehr, die wenigen sind jetzt über 100. Und jetzt ist eine zweite oder eine dritte Generation herangewachsen und da stelle ich schon eher eine freundschaftliche Verbundenheit fest.
Aber man kriegt doch immer mit, dass es eigentlich schon ihr Land ist dort, also von den Bauern, die es ja als sie bestimmen. Die sagen dann – 'Wir müssen jetzt mal den Baum fällen, weil Äste runter fallen.' Und dann machen die das halt, die fragen dann nicht lang. Ja, also ich habe so den Eindruck, wir sind da so freundschaftlich verbunden.
Aber es gibt dann doch noch mal eine höhere Instanz dort.
Sprecher 1
Und jetzt hole ich sie Ihnen in dem Jetzt wieder. Und welche Rolle spielt das Französische in Ihrem jetzigem Leben?
Sprecher 2
Also das ist nach wie vor spielt eine ganz, ganz wichtige Rolle. Ich verbringe jeden Urlaub dort Immer. Den ganzen August bin ich dort in dem Bauernhaus. Es ist über das jetzt fast 300 Jahre altes, so ein altes Steinhaus, und wir haben das so zu unserer Lebensaufgabe gemacht. Wir haben ja keine Kinder, dass wir das Haus instand halten und dass wir gucken, dass das Grundstück einigermaßen gut aussieht.
Da ist auch ein See dabei und wir sind als Teil dort der Gemeinde geworden. Also so empfinde ich das schon. Und deshalb spielt Französisch natürlich für mich auch eine große Rolle und ich versuche es auch. Man vergisst ja immer viel dann, wenn man nicht laufend die Sprache spricht. Aber ich versuche dann eben, dass ich im Sommer, wenn ich dort bin, dann schon sehr viel rede.
Und einmal im Monat sind wir mindestens dort, weil wir halt dann auch nach dem Rechten gucken müssen oder weil wir da sehr, sehr gerne sind. Auch jetzt im Winter hat es halt die Landschaft, das ist so hoch, Vogesen über 700 Meter. Das hat natürlich alles seinen Reiz. Also deshalb spielt für mich Frankreich eine sehr, sehr große Rolle.
Sprecher 1
Und in Ihrem professionellen Umfeld, wie nehmen Sie die Sprache wahr.
Sprecher 2
Im professionellen Umfeld? In unserem professionellen Umfeld, ich kann nur sagen, dass ich jahrelang bei den französischen Filmtagen auch mitgearbeitet habe in den achtziger, neunziger Jahren. Das ist schon sehr, sehr lange her. Dann konnte ich das aus beruflichen Gründen nicht mehr machen, weil ich einfach schlichtweg keine Zeit habe.
Und jetzt ist immer noch ein freundschaftlicher Kontakt zu einigen dieser Mitglieder von den französischen Filmtagen. Aber jetzt hier im universitären Kontext eigentlich wenig. Wir machen gerne Sendungen zum Thema Europa und wenn wir so was wie heute jetzt machen, mache ich das natürlich sehr gerne. Aber ansonsten habe ich eigentlich kaum Möglichkeiten, Französisch zu reden.
Sprecher 1
Es ist schade
Sprecher 2
Wir hatten aber schon noch mal andere Kontakte in der Zeit, als ich noch im Ludwig Uhland Institut war. Ich habe ja eine Zeit lang auch im Ludwig Uhland Institut gearbeitet, und da gab es eine ganz, ganz lange Kooperation mit dem Soziologischen Institut in Straßburg, und zwar mit Freddy Raphael, der Jude ist und mit dem wir sehr, sehr eng zusammen gearbeitet haben.
Wir haben uns jedes Jahr getroffen, entweder in Straßburg oder in Tübingen, haben dort auch Exkursionen gemacht. Also wir haben den sogenannten Westwall, die Maginot Linie angeschaut, haben Führungen gemacht, wir haben das Konzentrationslager Struthof-Natzweiler besucht, wir waren in der eine jüdischen Gemeinde in Straßburg, im ehemaligen jüdische Viertel. Und das war eine sehr, sehr intensive Kooperation.
Und jetzt altershalber ist es jetzt halt auch vorbei, weil das war eine Generationenfrage auch und man musste es einfach akzeptieren, dass es manche Themen, die sind dann vorbei, aber es war gut, dass man, dass man daran teilnehmen durfte. Inzwischen ist aber eine neue Generation an Forscher*innen herangewachsen, die den Austausch mit den Kolleg*innen im Elsass weiter pflegt. Vor allem im Ludwig-Uhland-Institut. 2023 gab es zum Beispiel ein internationales Projekt zur Erinnerung an die im Zeichen einer menschenverachtenden Wissenschaft KZ im Natzweiler-Struthof ermordeten jüdischen Frauen und Männer.
Sprecher 1
Dann sind Sie willkommen in das Zentrum für frankophone Welt, das an der Uni jetzt seit 2023 existiert.
Sprecher 2
Vielen Dank.
Sprecher 1
Ja, und vielleicht. Was wünschen Sie sich für die Sprache oder für die deutsch-französische Beziehung?
Sprecher 2
Ich wünsche mir, dass die Sprache hier in Baden-Württemberg an den Gymnasien, dass es eine Pflichtsprache ist. Es ist leider nicht mehr so, dass alle Gymnasiast*innen eine dieser Sprache belegen. Mittlerweile gibt es Spanisch, Russisch, andere Sprachen, die möglicherweise beliebter geworden sind, aber die Franzosen, die Französinnen sind unsere Nachbarn. Es ist nun mal so und ich finde schon, dass wir eigentlich schon die Pflicht haben, auch die Sprache zu lernen.
Weil ohne Sprache, ohne sprachlichen Austausch funktioniert Nachbarschaft nicht und wir können uns nicht nur auf Englisch unterhalten. Klar, in Frankreich können viele Menschen Englisch, in Deutschland mittlerweile auch. Aber es ist ein großer Unterschied, wenn man die jeweilige Landessprache dann auch beherrscht. Das gilt natürlich auch für die Franzosen. Ich weiß das Im Elsass, im Elsass-Lothringen traditionell deutsch sehr gerne unterrichtet wurde, weil es ja lange, lange Zeit auch eine Muttersprache war, also zumindest in einer Dialektform.
Das ist jetzt aber alles vorbei oder weitgehend vorbei, so wie unser schwäbische Dialekt oder der alemannische Dialekt oder der fränkische ja auch auf dem Rückzug ist, weil die Kinder in der Schule einfach Hochdeutsch lernen. Und in Frankreich ist es halt französisch, was zunächst mal gelehrt wird. Und Französisch ist leider, so wie ich das mitbekommen habe, eben auch so ein bisschen ins Hintertreffen geraten.
Und deshalb ist es durchaus auch eine bilaterale Geschichte, die wir anregen müssten. Also dass die Französ*innen in Frankreich Deutsch lernen und dass unsere SchülerInnen hier auf dem Gymnasium eben auch Französisch können.
Sprecher 1
Also durchaus ein Appell an die Politik, an unsere gegenseitige Ministerien für Kultur und Bildung dass man die Sprache nicht vernachlässigen darf, denn die tragen dazu bei, eine weitere gute Beziehung miteinander zu führen. Und wie Sie gesagt haben, man kann auch eine Sprache lernen durch Austausche, durch die Küche, durch Feste.
Sprecher 2
Durch Jumelages zum Beispiel. Es gibt ja sehr, sehr viele Städte. Also Tübingen ist ja mit Aix-en-Provence sozusagen verbandelt, kann man sagen. Ich war da auch schon im Auftrag der Stadt Tübingen. Ich habe mal eine Ausstellung gezeigt eines Fotografen, der hier in jungen Jahren in den Krieg gezogen ist. Allerdings nicht von Tübingen aus, sondern aus Reutlingen 1915, und er war an der Somme.
Und er hat da beeindruckende Bilder gemacht. Und die habe ich damals in der öffentlichen Bibliothek in Aix-en-Provence auf Einladung da präsentiert und es war natürlich total beeindruckend für die Französ*innen. Auch mal die andere Sicht zu sehen. Also sprich, wie die Deutschen den Krieg gesehen haben, weil wir sehen ja immer nur unsere eigene Sicht.
Und diese Fremdwahrnehmung ist natürlich auch total interessant und wir können durch die Städtepartnerschaften können wir natürlich auch den Austausch forcieren. Aber ich habe so ein bisschen den Eindruck, dass die große Zeit der Städtepartnerschaften irgendwie auch so ein bisschen am Abklingen ist. Ich weiß nicht, ob der Eindruck trügt, aber ich glaube fast, dass es so ist.
Sprecher 1
Dann wäre es auch ein Appell an die Schulen und an die Unis, diese Partnerschaften zu pflegen.
Sprecher 2
Wir haben in Aix-en-Provence hier eine hervorragende Universität und ich weiß von einer Studienkollegin von mir bzw eine Freundin, mit der ich zusammen gewohnt habe während dem Studium. Die hat in Öffentliches Recht/Internationales Recht in Aix-en-Provence ein Jahr studiert und hat da dort an der Uni ein Zertifikat gemacht, was ja auch anerkannt wurde. Und solche Beispiele sollten natürlich Schule machen und das müsste man heute noch noch bisschen viel stärker forcieren, weil wenn du ein Jahr lang im Ausland bist und vielleicht sogar auch dort studierst in Aix, dann kannst du natürlich die Sprache und das haben wir ja gerade vorhin gehört, die Sprache ist natürlich unabdingbar.
Sprecher 1
Hätten Sie für uns Zuhörer noch eine zum Abschluss, eine nette Anekdote oder eine schöne Geschichte im.
Sprecher 2
Im Kontext Deutschland-Frankreich?
Sprecher 1
Ja bitte.
Sprecher 2
Ja, da fällt mir spontan ein: 2014, da waren wir in den Vogesen, in diesem schönen Bauernhaus, weil uns hat man schon ein halbes Jahr vorher geplant, weil wir wussten, am 14. Juli kommt die Tour de France durch dieses Dorf. Und das ist natürlich ein super tolles Ereignis, da mal die Tour de France zu sehen, weil in den Vogesen ist es ja bergig und da kann man die Radrennfahrer wirklich sehr, sehr nah sehen.
Dann haben wir das ausgemacht und in der Zwischenzeit kam die Weltmeisterschaft, die Fußballweltmeisterschaft, und dann war irgendwann mal klar, es war ja in Südamerika, in Brasilien. Dann war irgendwann mal klar, die Deutschen stehen gegen Argentinien in Finale und dieses Finale war am 13. Juli 2014.
Sprecher 1
Am Vorabend des Nationalfeiertags Frankreich
Sprecher 2
Und dann hatte ich schon Sorge – wir haben dort kein Fernsehen. Dann habe ich schon Sorge gehabt, dass ich da das Endspiel nicht mitkriegt. Und dann bin ich extra ins Dorf gegangen, habe gefragt: Gibt es da Public Viewing? Und haben die gesagt. 'Ja, da in dem Feuerwehrgerätehaus, da gibt es so einen kleinen Saal, und da machen wir am Sonntagabend machen wir da Public Viewing.'
Ich weiß nicht, wann das Spiel angefangen hat um acht, 20:30. Ja, und dann, das Wetter war total schlecht. Es hat geregnet und geregnet und wir sind dann zu dritt, dann runtergekommen in das Public Viewing, in den Saal in Gemeindesaal. Und dann sind wir vom Bürgermeister persönlich per Handschlag begrüßt worden. Und dann waren wir die einzigen Ausländer und natürlich auch die einzigen Deutschen unter 50 oder 60 Franzosen und Französinnen, die dieses Endspiel angeguckt haben.
Und für wen waren die Franzosen?
Ja, sie werden lachen, die waren für die Deutschen. Und es hat mich total bewegt. Und es gab ja dann diese Szene in der Verlängerung, bei der Schweinsteiger von dem Gegner da im Gesicht getroffen wurde, wo er dann diese Platzwunde hatte und da sind die Franzosen aufgesprungen und geschrien haben: 'Oh Schweinsteiger, ça va pas! Faul!'
Also das war wirklich rührend. Und dann hat ja Götze dann in der 113. Minute dann das Tor geschossen und dann sind die alle hochgesprungen, wie wir auch. Ja, und eigentlich hätte man schon längst draußen sein sollen, weil da ist ja immer das Feuerwerk. Ein Abend vor der Französischen Revolution ist immer das Feuerwerk und die haben da schon angefangen zu ballern.
Aber da ist niemand rausgegangen. Und dann hinterher haben die uns alle, haben die uns alle beglückwünscht, dass wir so eine tolle Mannschaft hätten und es sei so ein tolles Endspiel gewesen und 'bravo' und also das hat mich so tief bewegt, wo ich dann gedacht habe, jetzt endlich sind wir so weit, dass diese Deutschen und die Franzosen wirklich eine freundschaftliche Beziehung haben, weil wir dem anderen eben auch gönnen können, wenn er erfolgreich ist beziehungweise wenn eben die gute Mannschaft gewonnen hat.
Also das fand ich für mich ein unvergessliches Erlebnis.
Sprecher 1
Im sportlichen Begeisterung vereint.
Sprecher 2
Richtig
Sprecher 1
Ja, danke. Dann würde ich sagen Vive la relation franco-allemande!
Sprecher 2
Vive la France.
Sprecher 1
Vive l’Allemagne, Monsieur Hägele, aurevoir
Bonjour, Monsieur Hägele
Sprecher 2: Dr. Ulli Hägele
Bourjour, Madame Leroy
Sprecher 1
Vielen Dank, dass Sie mir dieses Interview geben. Vielen Dank für Ihre Zeit. Im Rahmen des Monats der Frankophonie sammle ich Erfahrungsberichte unter den Studierenden, den Lehrenden und überhaupt den Menschen, die mit Französisch etwas zu tun haben. Monsieur Hägele, Sie leiten das Tübinger Campusradio Micro-Europa am Zentrum für Medienkompetenz an der Universität Tübingen. Uns interessiert heute nicht ihre Funktion, sondern eher ihr Forschungsgebiet und ihre Geschichte, besser gesagt die Geschichte Ihres Vaters.
Sprecher 1
Können Sie uns erzählen? Was hat das mit der Sprache zu tun?
Sprecher 2
Ja, mein Vater ist Jahrgang 1925 gewesen. Er ist nicht so alt geworden, ist 1993 gestorben und er ist als junger Mann noch in den Krieg gezogen. Er war in Russland, und er war dann auch in Frankreich und ist auf dem Rückmarsch im April 1945, genauer gesagt am 16. oder 17. April 1945 hier durch Pfäffingen gekommen, wollte nach Stuttgart zurück, wo er gewohnt hat, wo seine Eltern wohnten und ist dann dort in Pfäffingen von französischen Soldaten gefangen worden.
Sprecher 1
Könnten Sie uns vielleicht sagen, wo Pfäffingen liegt?
Sprecher 2
Pfäffingen liegt hier zwischen Tübingen und Herrenberg, grob gesagt. Also es ist ganz in der Nähe. Das ist nicht weit, nicht außerhalb, nicht sehr weit von Tübingen und ist auch nicht sehr weit von Stuttgart entfernt. Er hatte damals vor, durch den Schönbuch zulaufen, und dann wäre er oben auf den Fildern herausgekommen, in Echterdingen. Und dann wäre er bald wieder zu Hause gewesen und in Echterdingen waren die Amerikaner schon da.
Und mein Vater ist dann, wie gesagt, festgenommen worden von einer französischen Patrouille und ist unmittelbar in das französische Kriegsgefangenenlager nach Montceau-les-Mines gebracht worden und musste dort im Bergwerk arbeiten. Das war ein Erz- oder Kohlebergwerk. Und er hat dort unter, sagen wir mal, sehr, sehr schwierigen Bedingungen arbeiten müssen. Die Verpflegung war sehr schlecht, es gab kaum was zu essen und er hat innerhalb eines Jahres etwa 30, 35 Kilo abgenommen.
Als er wog, dann am Schluss dann noch 45 Kilo.
Sprecher 1
Und wie ging es mit ihm weiter?
Sprecher 2
Er ist dann dort in der Nähe auf einen Karren geladen worden, mit anderen Gefangenen. Und er wurde dann in eine Provinzstadt oder so ein größeres Dorf gefahren. Und von dort aus, von der Ladefläche aus, wurde er dann verkauft an einen Bauer aus dem Burgund. Die konnten die Gefangenen regelrecht ersteigern. Und er hat mir mal erzählt, dass er dann irgendwie für 20 oder für 30 Francs dann an diesen Bauer aus Burgund versteigert wurde.
Sprecher 2
Und dann ist er mit Roger, er hieß Roger Paquez, nach Burgund nach Les Ormes, einem kleinen Dorf, das ist im Departement Yonne, in der Nähe von Auxerre, vielleicht so 40, 50 Kilometer entfernt südlich, und ist dann dort auf diesen Gutshof gekommen. Von diesem Zeitpunkt an ist es ihm besser gegangen. Die haben ihn dort wieder aufgepäppelt, weil er sollte ja auch ein bisschen arbeiten.
Er hat dort Familienanschluss gefunden und das war, wie er mir dann rückblickend erzählt hat, eine sehr, sehr schöne Zeit für ihn. Dann ab diesem Zeitpunkt, wo er dann in diesem Dorf arbeiten konnte.
Sprecher 1
Hat Ihr Vater das Ihnen erzählt und wenn ja, ab wann? In seinem erwachsenen Leben? Wie alt war er damals.
Sprecher 2
Als er uns oder mir das erzählt hat, Ich war so 5-6-7 Jahre alt und mein Vater war niemand, der nicht über den Krieg geredet hat. Also er hat häufig über den Krieg geredet, vor allem über seine Gefangenschaft. Und als wir an Fasching mit der Pistole immer rumgeknallt haben, als Jungs, hat er immer gesagt, wir sollen das nicht tun.
Und er hätte im Krieg mit Waffen zu tun gehabt und er würde niemals mehr eine Waffe in die Finger nehmen. Und er wollte da uns dann auch beeinflussen. Aber uns hat es natürlich nicht so tangiert. Er hat dann immer über Frankreich gesprochen und konnte perfekt Französisch, also viel besser als ich. Und dann war es eben dann, als ich fünf war.
Das war 1963. Wir hatten einen VW Käfer wie damals viele und wir sind dann mal eine Woche in Urlaub gefahren und er wollte unbedingt nach Frankreich fahren, hatte aber nicht als Ziel angegeben, dass wir da nach Burgund fahren, wo er in der Kriegsgefangenschaft war.
Sprecher 1
Eine Zwischenfrage: Wie hat Ihr Papa überhaupt Französisch gelernt? Nur in Gefangenschaft? Oder hatte er schon in der Schule vielleicht?
Sprecher 2
Nein. Mein Vater hieß Erich, hatte natürlich in der Schule kein Französisch gehabt, hat schon so eine Art Realschule durchlaufen, hat dann so eine Art Notzeugnis bekommen, weil er ja in den Krieg ziehen musste. Er hat dort in der Gefangenschaft, also ich denke nicht in Montceau-les-Mines, sondern dann auf diesem französischen Gutshof Französisch gelernt. Er hatte ein Vokabelheft gehabt, das hat er mir oft gezeigt, weil ich ja dann in der Schule auch Französisch gelernt habe.
Und dann hat er mir gezeigt: 'Schau mal hier, du musst die Regeln, musst du auswendig lernen. In Französisch musst du sehr viel auswendig kennen. Die reflexiven Verben zum Beispiel muss man auswendig lernen – dormir, partir, mentir, sortir, se repentir. Das habe ich von meinem Vater, das habe ich nie vergessen oder auch die Endungen, also sprich, welche Verben sind regelmäßig oder nicht. Es gibt die Regeln und die Ausnahmen. Keine Regel ohne Ausnahmen. Das ist ja so im Französischen. Diese Ausnahmen muss man immer auswendig lernen.
Sprecher 1
Ihr Vater war eigentlich kein Fachmann für die Sprache aber konnte sie schon…
Sprecher 2
...er hat sich die Sprache angeeignet.
Sprecher 1
Ja, das ist bewundernswert.
Sprecher 2
Immerhin, er hatte natürlich da auch abends Zeit. Also die haben nicht ewig gearbeitet. Nein, nicht 16 Stunden. Und dann hat er die Wintermonate Zeit gehabt, in denen auch relativ wenig – das ist auch heute noch so, dass man in der Landwirtschaft im Winter eher Maschinen repariert oder irgendwas anderes macht. Und er hatte natürlich da auch Zeit, um die Sprache zu lernen.
Sprecher 2
Und dann kam noch dazu, dass die Familie Paquez mehrere kleine Kinder hatte damals, die alle so in den vierziger Jahren geboren wurden. Also das waren wie die Orgelpfeifen von fünf bis was weiß ich, sieben, acht Jahre alt. Und mit denen hat er sich natürlich auch beschäftigt. Und er hat über diese Kinder die Sprache sehr, sehr gut lernen können, weil Kinder haben ja eine ganz eigene, etwas einfachere Sprache.
Sprecher 2
Und wenn man eine Fremdsprache lernt, ist es ganz gut, man unterhält sich mit Kindern, weil so kommt man auch viel besser in die Sprache rein. Das hat er mir mal auch erzählt.
Blandine Leroy
Das heißt, das ist ein Mann, der durchaus durch diesen Aufenthalt auf diesem Bauernhof einen positiven Bezug zu der Sprache gefunden hat.
Sprecher 2
Auf jedem Fall. Es hat ihm später dann auch geholfen, als er wieder zu Hause war. Er hat ja Speditionskaufmann gelernt. Er war lange Zeit in Stuttgart bei einer großen Spedition, die hieß Paul von Maur, war er in der Auslandsabteilung und ist auch sehr häufig, in den sechziger Jahren nach Paris gefahren. Um da – es gab dort eine Dependance – irgendwie auszuhelfen.
Blandine Leroy
Also hat er durchaus diese Sprache, die er so erworben hatte, auf eine besondere Art beruflich weiterverwenden können.
Sprecher 2
Genau.
Sprecher 1
Und dann als Kind. Also Sie haben gerade erzählt, er hat Ihnen sein Vokabelheft gezeigt. Und wie haben Sie die französische Sprache schulisch erlebt?
Sprecher 2
Als Kind habe ich sie noch gar nicht erlebt, weil im Kindergarten und in der Grundschule haben wir keine Sprachen gelernt. Ich habe die französische Sprache erlebt vor Ort. Wir waren das erste Mal 1963 in Frankreich. Das habe ich vorher schon so ein bisschen ansatzweise erzählt. Und er hat dann irgendwann mal die Idee gehabt, wir fahren da jetzt vorbei, ohne dass wir uns bei den Bauern dort angemeldet hätten.
Und dann sind wir da vorbeigefahren und es ist so ein richtiger Gutshof, so ein Vierseithof kann man auch sagen, mit Schloss dabei. Und einen Wassergraben gab es auch. Und da war so ein Tor zum Innenhof. Wir sind außen stehen geblieben und er ist dann aus dem Auto ausgestiegen und er ist dann reingegangen und...
Sprecher 2
...ja, und dann gab es auf einmal so ein Schrei und dann hat die Bauersfrau Lucienne hat ihn erkannt und geschrien: 'Mimil, Mimil, tu es arrivé!'
Da war ein riesen Bohei und wir sind da richtig wie Familienmitglieder eigentlich. Ja, wir sind aufgenommen worden. Wir hatten eine Pension damals irgendwo gebucht, weiter weg und die musste abgestellt werden, weil die haben darauf bestanden, dass wir in dem Gästezimmer bleiben. Und wir durften da im Prinzip gar nicht mehr weg. Und das war 1963.
Blandine Leroy
Das ist eine sehr, sehr schöne, rührende Geschichte eigentlich, wo die deutsch-französische Beziehung einfach einen anderen Aspekt zeigt.
Dr. Ulli Hägele
Was ja noch dazukommt: Mein Vater, ... ich habe immer gedacht, er sei drei Jahre lang in Kriegsgefangenschaft gewesen, also ein Jahr im Bergwerk und zwei Jahre auf dem Gutshof. Und erst lange Zeit nach seinem Tod, als ich mal meine eigenen Unterlagen sortiert habe –ich habe nach seinem Tod auch sehr viel von ihm übernommen. Also seine Briefe zum Beispiel, die er nach Hause geschrieben hat aus Frankreich.
Dann habe ich irgendwann mal gesehen, er hat meinen Großeltern nach Stuttgart geschrieben, 1947, das muss so im Sommer 1947 gewesen sein. 'Liebe Eltern, meine Gefangenschaft ist jetzt vorbei. Ich habe mich aber entschlossen, dass ich noch ein Jahr hier weiterarbeite, dass ich noch ein Jahr bleibe und erst im nächsten Jahr, also 1948, wieder nach Stuttgart komme.' Das war für mich vollkommen neu.
Also dass jemand, dass man als Kriegsgefangener dann freiwillig, noch ein Jahr bleiben will. Sicherlich hatte dann auch Lohn gekriegt, gehe ich davon aus oder er hat vielleicht auch keinen gekriegt, aber offenbar hat ihm dieses Leben dort auf dem Land so gut gefallen, dass er nicht so schnell heim gehen wollte. Und wir müssen ja das eine sehen: Stuttgart war fast total zerstört, wie viele andere deutsche Städte. Seine Arbeitsstelle, wo er gearbeitet hat, war zerstört und möglicherweise hat er natürlich auch Nachricht bekommen von seinen Eltern aus Stuttgart, dass sehr viel kaputt ist. Und dann hat er sich vielleicht gedacht, okay, dann kann ich auch noch ein Jahr bleiben und besser Französisch lernen und vielleicht bringt mir das dann später im Beruf auch noch was.
Blandine Leroy
Also eine kluge, wagemutige Entscheidung. Und ich weiß, dass sie da ist als Studierende und als erwachsenen Mann, das Französische sie begleitet hat, weil vielleicht erzählen sie uns, was für eine Doktorarbeit ja oder woran sie gearbeitet haben.
Sprecher 2
Zunächst mal zur französischen Sprache. Ich habe dann durch die Tatsache dessen, dass wir dann häufig eingeladen wurden von den Bauern. Auch zu einer Hochzeit war man 1966 eingeladen. Und da bin ich schon vom Hören her sehr, sehr schön in diese französische Sprache so ein bisschen reingekommen und als Kind, saugt man das ja in sich auf. Was ich total faszinierend fand, ist, dass sie alle geraucht haben.
Entweder Gauloises oder Gitanes. Alle ohne Filter. Und es gab dann auch diese Gitanes mit Maisblatt. Die haben sie dann immer ausgehen lassen und haben die quasi den ganzen Tag irgendwie zwischen den Lippen gehabt. Das fand ich natürlich als Kind faszinierend. Und auch die französischen Autos, also diese Gangsterlimousinen, die damals noch sehr, sehr häufig im Straßenverkehr anzutreffen waren.
Und als Bub war das für mich natürlich eine Offenbarung, so was zu sehen und dann das Essen auch. Also ich kann mich noch erinnern, 1966 war mal auf die Hochzeit eingeladen, da hat ein Sohn des Roger Paquez hat geheiratet und da waren wir zur Hochzeit eingeladen und da waren wir abends dann vor der Hochzeit, waren wir in einer Provinzstadt.
Joigny hieß die Provinzstadt. Das war so etwa 30 Kilometer von Les Ormes weg. Da gab es ein Restaurant, wo man sehr, sehr gut essen konnte. Damals schon, und da waren wir abends zum Essen eingeladen, im engsten familiären Kreis. Und da weiß ich noch, da gab es zum Nachtisch Mousse au chocolat und so was haben wir natürlich in Deutschland nicht gekannt.
Und ich weiß noch, meine Mutter hat sich dann von dem Koch das Rezept geben lassen und hat dann von dem Zeitpunkt, also 1966, regelmäßig dann auch in Deutschland, wo wir gewohnt haben, in der Nähe von Stuttgart in Leonberg hat sie dann eben auch mal so eine Mousse gemacht. Also die Küche hat uns natürlich sehr, sehr beeindruckt und die Sprache auch.
Ich habe dann, als ich dann auf dem Gymnasium war, habe ich dann natürlich Französisch dann belegt und man muss dazu sagen, dass ich ganz schlechte Lehrer in Französisch hatte. Ich hatte eine Französischlehrerin, die hatte mich auf den Kieker, obwohl ich eigentlich gar nicht so schlecht geredet habe, weil ich ja regelmäßig dann auch in den Ferien dort auf dem Bauernhof war.
Immer drei Wochen. Und wenn man drei Wochen in Frankreich ist und dort mit jungen Menschen zu tun hat und ich war eigentlich mündlich total fit und schriftlich, aber irgendwie nicht so und das war dann ein Riesenproblem. Deshalb war ich in der Schule auf Französisch nicht so sehr gut, aber ich habe das dann trotzdem durchgezogen bis zum Abi. Und mich hat diese Geschichte eigentlich nie losgelassen. Das ist das, was Sie vorher sagten, als ich dann studiert habe.
Sprecher 1
Wann war Ihr Abschluss in der Schule oder wann haben Sie Ihren Abschluss gemacht?
Sprecher 2
1978. Ich habe dann Zivildienst gemacht, was dann auch noch dazu kam. Mein Großvater war im Ersten Weltkrieg, hat gegen Frankreich gekämpft. Vor Verdun. Der ist schwer verwundet worden und an der Somme war er auch. Er gehört zu den wenigen Überlebenden, die beide Schlachten in Anführungszeichen 'mitgemacht' haben. Mein Vater war dann in Frankreich auch im Krieg, und ich wollte nicht noch mal Kriegsdienst machen.
Ich wollte, dass da diese Kontinuität in der Familie aufhört. Und auch für mich konnte ich das nicht verantworten, damals in den siebziger Jahren. Ich habe dann den Kriegsdienst verweigert, musste eine Verhandlung machen. Ich bin Gott sei Dank durchgekommen und habe dann mit behinderten Menschen in Sindelfingen in der Schule und beim Fahrdienst gearbeitet. Und für mich war das irgendwie auch klar, dass Völkerverständigung ein ganz, ganz wichtiger Aspekt ist. Auch, dass wir in Europa zusammenhalten müssen. Das war damals auch schon klar, obwohl es damals ja noch offene ... also, es gab ja keine offenen Grenzen, wenn man nach Frankreich fuhr. Mülhausen, die Autobahn gab es ja damals noch gar nicht. Dann musste man über die Brücke und dann war in Deutschland Zoll und in Frankreich auf der anderen Seite war eben auch Zoll.
Sprecher 1
Sie mussten auch die Währung wechseln, die D-Mark in Francs.
Sprecher 2
Ja genau und so bin ich eben auch durch die familiäre Vorbelastung zwei Generationen und die Tatsache dessen, dass ich in der Kindheit dann auch mit Frankreich sehr, sehr viel zu tun hatte. Ich studierte Kunstgeschichte und Empirische Kulturwissenschaft und in Empirische Kulturwissenschaft habe ich dann die Doktorarbeit geschrieben, und zwar über das Bild der Deutschen im französischen Illustrierten der dreißiger Jahre.
Also eine medienhistorische Arbeit, die auch in Frankreich gehandelt hat.
Sprecher 1
Und können Sie uns kurz sagen, wie kam der Deutsche damals in diese Illustrierten rüber und haben Sie den Eindruck, dass sie sich geändert hat?
Sprecher 2
Also es gab ein ganz wichtiges Medium in der Zeit, Das war die Fotomontage, Die ist ja auch in großen Teilen auch von Deutschen mitentwickelt worden. John Heartfield zum Beispiel ist der bekannteste Vertreter dieser politischen Fotomontage. Damals weitgehend unbekannt waren aber auch ein paar Franzosen, die auch mit politischer Fotomontage gearbeitet haben Marinus Jacob Kjeldgaard zum Beispiel, ein Däne, der nach der Jahrhundertwende nach Paris gegangen ist und bei der französischen Illustrierten „J’ai vu“ gearbeitet hat.
„J’ai vu“ war sehr, sehr populär, auch während des Ersten Weltkrieges, hatte eine Auflage von 100.000. Es war ja das einzige Medium damals, in dem man was lesen konnte über den Krieg. Es gab ja weder Kino. Also Kino gab es zwar schon, aber es gab keine Wochenschauen. Fernsehen gab es natürlich auch noch nicht. Und dann gab es in den dreißiger Jahren eben Alexandre Liberman, das ist ein russischstämmiger Zeitgenosse gewesen, Künstler, der nach Paris gekommen war in den zwanziger Jahren, und die beiden haben die politische Fotomontage in Frankreich vorangetrieben.
Und ich habe mich mit diesen beiden Figuren eben auch beschäftigt, musste dann in die Archive gehen, nach Paris, weil das war ja die Zeit, wo es noch kein Internet gab in den frühen neunziger Jahren. Da musste man wirklich noch in die Bibliotheken. Ich war in der Bibliothèque Nationale in Paris, jeden Tag bin ich in dem großen Kuppelsaal gesessen und habe mir eben die Zeitschriften kommen lassen, die Illustrierten, und habe versucht, da meine Reproduktion zu machen und möglichst viel zu sammeln, dass ich dann für die Doktorarbeit, dann das Material zusammen hatte.
Das Bild war kritisch, natürlich, wie John Heartfield das auch kritisch gesehen hat. Es war karikierend zum großen Teil. Die Karikaturen waren ziemlich ätzend, zum großen Teil, die man gesehen hat, Die Texte allerdings muss ich sagen, die waren bei weitem nicht so kritisch, es gab ja französische Journalisten, die in Berlin akkreditiert waren.
Und wenn die schwerwiegende Kritik gegenüber dem Regime geäußert hätte, dann hätten sie ihre Akkreditierung verloren, hätten nicht mehr berichten können. Also das war durchaus zweischneidend. Man konnte im Bild man schon Kritik äußern. Die Bildjournalisten oder die Fotomonteure sind ja alle in Paris gesessen, die sind nicht nach Deutschland gekommen. Und so gab es eben auch eine Diskrepanz zwischen Text und Bild. Auf der anderen Seite, druckten die französischen Illustrierten oft Fotos von Heinrich Hoffmann. Das war Hitlers Leibfotograf. Diese Bilder waren systemkonform. Man konnte sie nur mit Bildunterschrift konterkarieren.
Sprecher 1
Interessant. Haben Sie den Eindruck, dass diese Bilder, die vielleicht eben jenseits der zwei Grenzen, dass sich was getan hat und oder wo sind wir jetzt im Moment?
Sprecher 2
Ja, das ist eine schwere Frage. Also ich denke, es gibt schon auch diese Stereotypen, zum Teil auf beiden Seiten. Die Pickelhaube zum Beispiel ist eines dieser stereotypen Merkmale gewesen, die sich durch die französische Karikatur zieht. Heute hat sie sicherlich nicht mehr die Rolle, aber manchmal sieht man sie dann doch auch noch. Also so was gibt es schon noch.
Sprecher 2
Also diese, diese Versatzstücke aus früheren Zeiten, die sind noch da. Aber ich denke, wir haben uns jetzt grundsätzlich gewandelt. Es ist auch so, dass Stereotypen eben im Bild nicht mehr so sehr im Vordergrund zu stellen sind, weil man ja weiß, man sollte die Nachbarn auch nicht so negativ darstellen. Also das ist ja auch mittlerweile eine No-Go-Geschichte, weil es bleibt ja immer etwas was hängen, wenn man die Nachbarn negativ darstellt und insofern hat sich das schon so ein bisschen geändert.
Ich denke, die politischen Gegner, die stehen heute wo anders ist, die stehen vielleicht heute in Russland, die stehen vielleicht mittlerweile auch in Amerika, aber ich denke, die deutsch-französische Freundschaft, die ist schon sehr, sehr eng, würde ich mal sagen, vor allem auch in dem persönlichen Bereich. Und was ich persönlich so empfinde, ist, dass wir in den sechziger Jahren, also meine Familie, schon sehr früh den Kontakt wieder gesucht haben.
Das war die Zeit, wo es noch nicht selbstverständlich war, dass es politische Kontakte gab. Sie erinnern sich de Gaulle und Adenauer, die haben damals auch erst angefangen, mal wieder miteinander zu reden. Und es hat auch seine Zeit gedauert. Aber ich denke, in dem persönlichen Bereich hat es schon viel, viel früher angefangen. Da gab es natürlich dann andere Regeln und andere Möglichkeiten.
Das heißt aber nicht, dass es heute nicht doch noch Ressentiments in Frankreich gegenüber Deutsche gibt. Meine langjährige Lebensgefährtin, die hat ein Haus übernommen von ihrer Mutter. Das ist in den Süd-Vogesen, also im französischen Teil in der Nähe von Le Tillot im Moseltal, also die Richtung, wo aber die Deutschen nicht waren, also vorm Ersten Weltkrieg, das ist ja immer noch die Grenze.
Wo waren die Deutschen vor dem Ersten Weltkrieg und wo waren sie danach? Und dort in der Gegend haben die Deutschen im Zweiten Weltkrieg dann ziemlich gewütet. Da gab es dann standrechtliche Erschießungen von sogenannten Partisanen und Mitgliedern der Résistance. Und ich kann mich erinnern, als ich da in die Gegend zum ersten Mal kam, das war 1974, hat man schon gespürt, auch wir als junge Menschen, haben gespürt also ich kann das nur für mich sprechen, dass wir jetzt nicht da nicht wohlgelitten sind, vor allem bei der älteren Generation.
Wenn man da gesagt hat: 'Je suis Allemand, je viens de Stuttgart', dann hat man irgendwie schon so gemerkt, dann sind sie in der Abwehrhaltung gegangen, die sind ja jetzt alle tot, das muss man sehen. Also die den Krieg aktiv miterlebt haben, die leben zum großen Teil eben nicht mehr, die wenigen sind jetzt über 100. Und jetzt ist eine zweite oder eine dritte Generation herangewachsen und da stelle ich schon eher eine freundschaftliche Verbundenheit fest.
Aber man kriegt doch immer mit, dass es eigentlich schon ihr Land ist dort, also von den Bauern, die es ja als sie bestimmen. Die sagen dann – 'Wir müssen jetzt mal den Baum fällen, weil Äste runter fallen.' Und dann machen die das halt, die fragen dann nicht lang. Ja, also ich habe so den Eindruck, wir sind da so freundschaftlich verbunden.
Aber es gibt dann doch noch mal eine höhere Instanz dort.
Sprecher 1
Und jetzt hole ich sie Ihnen in dem Jetzt wieder. Und welche Rolle spielt das Französische in Ihrem jetzigem Leben?
Sprecher 2
Also das ist nach wie vor spielt eine ganz, ganz wichtige Rolle. Ich verbringe jeden Urlaub dort Immer. Den ganzen August bin ich dort in dem Bauernhaus. Es ist über das jetzt fast 300 Jahre altes, so ein altes Steinhaus, und wir haben das so zu unserer Lebensaufgabe gemacht. Wir haben ja keine Kinder, dass wir das Haus instand halten und dass wir gucken, dass das Grundstück einigermaßen gut aussieht.
Da ist auch ein See dabei und wir sind als Teil dort der Gemeinde geworden. Also so empfinde ich das schon. Und deshalb spielt Französisch natürlich für mich auch eine große Rolle und ich versuche es auch. Man vergisst ja immer viel dann, wenn man nicht laufend die Sprache spricht. Aber ich versuche dann eben, dass ich im Sommer, wenn ich dort bin, dann schon sehr viel rede.
Und einmal im Monat sind wir mindestens dort, weil wir halt dann auch nach dem Rechten gucken müssen oder weil wir da sehr, sehr gerne sind. Auch jetzt im Winter hat es halt die Landschaft, das ist so hoch, Vogesen über 700 Meter. Das hat natürlich alles seinen Reiz. Also deshalb spielt für mich Frankreich eine sehr, sehr große Rolle.
Sprecher 1
Und in Ihrem professionellen Umfeld, wie nehmen Sie die Sprache wahr.
Sprecher 2
Im professionellen Umfeld? In unserem professionellen Umfeld, ich kann nur sagen, dass ich jahrelang bei den französischen Filmtagen auch mitgearbeitet habe in den achtziger, neunziger Jahren. Das ist schon sehr, sehr lange her. Dann konnte ich das aus beruflichen Gründen nicht mehr machen, weil ich einfach schlichtweg keine Zeit habe.
Und jetzt ist immer noch ein freundschaftlicher Kontakt zu einigen dieser Mitglieder von den französischen Filmtagen. Aber jetzt hier im universitären Kontext eigentlich wenig. Wir machen gerne Sendungen zum Thema Europa und wenn wir so was wie heute jetzt machen, mache ich das natürlich sehr gerne. Aber ansonsten habe ich eigentlich kaum Möglichkeiten, Französisch zu reden.
Sprecher 1
Es ist schade
Sprecher 2
Wir hatten aber schon noch mal andere Kontakte in der Zeit, als ich noch im Ludwig Uhland Institut war. Ich habe ja eine Zeit lang auch im Ludwig Uhland Institut gearbeitet, und da gab es eine ganz, ganz lange Kooperation mit dem Soziologischen Institut in Straßburg, und zwar mit Freddy Raphael, der Jude ist und mit dem wir sehr, sehr eng zusammen gearbeitet haben.
Wir haben uns jedes Jahr getroffen, entweder in Straßburg oder in Tübingen, haben dort auch Exkursionen gemacht. Also wir haben den sogenannten Westwall, die Maginot Linie angeschaut, haben Führungen gemacht, wir haben das Konzentrationslager Struthof-Natzweiler besucht, wir waren in der eine jüdischen Gemeinde in Straßburg, im ehemaligen jüdische Viertel. Und das war eine sehr, sehr intensive Kooperation.
Und jetzt altershalber ist es jetzt halt auch vorbei, weil das war eine Generationenfrage auch und man musste es einfach akzeptieren, dass es manche Themen, die sind dann vorbei, aber es war gut, dass man, dass man daran teilnehmen durfte. Inzwischen ist aber eine neue Generation an Forscher*innen herangewachsen, die den Austausch mit den Kolleg*innen im Elsass weiter pflegt. Vor allem im Ludwig-Uhland-Institut. 2023 gab es zum Beispiel ein internationales Projekt zur Erinnerung an die im Zeichen einer menschenverachtenden Wissenschaft KZ im Natzweiler-Struthof ermordeten jüdischen Frauen und Männer.
Sprecher 1
Dann sind Sie willkommen in das Zentrum für frankophone Welt, das an der Uni jetzt seit 2023 existiert.
Sprecher 2
Vielen Dank.
Sprecher 1
Ja, und vielleicht. Was wünschen Sie sich für die Sprache oder für die deutsch-französische Beziehung?
Sprecher 2
Ich wünsche mir, dass die Sprache hier in Baden-Württemberg an den Gymnasien, dass es eine Pflichtsprache ist. Es ist leider nicht mehr so, dass alle Gymnasiast*innen eine dieser Sprache belegen. Mittlerweile gibt es Spanisch, Russisch, andere Sprachen, die möglicherweise beliebter geworden sind, aber die Franzosen, die Französinnen sind unsere Nachbarn. Es ist nun mal so und ich finde schon, dass wir eigentlich schon die Pflicht haben, auch die Sprache zu lernen.
Weil ohne Sprache, ohne sprachlichen Austausch funktioniert Nachbarschaft nicht und wir können uns nicht nur auf Englisch unterhalten. Klar, in Frankreich können viele Menschen Englisch, in Deutschland mittlerweile auch. Aber es ist ein großer Unterschied, wenn man die jeweilige Landessprache dann auch beherrscht. Das gilt natürlich auch für die Franzosen. Ich weiß das Im Elsass, im Elsass-Lothringen traditionell deutsch sehr gerne unterrichtet wurde, weil es ja lange, lange Zeit auch eine Muttersprache war, also zumindest in einer Dialektform.
Das ist jetzt aber alles vorbei oder weitgehend vorbei, so wie unser schwäbische Dialekt oder der alemannische Dialekt oder der fränkische ja auch auf dem Rückzug ist, weil die Kinder in der Schule einfach Hochdeutsch lernen. Und in Frankreich ist es halt französisch, was zunächst mal gelehrt wird. Und Französisch ist leider, so wie ich das mitbekommen habe, eben auch so ein bisschen ins Hintertreffen geraten.
Und deshalb ist es durchaus auch eine bilaterale Geschichte, die wir anregen müssten. Also dass die Französ*innen in Frankreich Deutsch lernen und dass unsere SchülerInnen hier auf dem Gymnasium eben auch Französisch können.
Sprecher 1
Also durchaus ein Appell an die Politik, an unsere gegenseitige Ministerien für Kultur und Bildung dass man die Sprache nicht vernachlässigen darf, denn die tragen dazu bei, eine weitere gute Beziehung miteinander zu führen. Und wie Sie gesagt haben, man kann auch eine Sprache lernen durch Austausche, durch die Küche, durch Feste.
Sprecher 2
Durch Jumelages zum Beispiel. Es gibt ja sehr, sehr viele Städte. Also Tübingen ist ja mit Aix-en-Provence sozusagen verbandelt, kann man sagen. Ich war da auch schon im Auftrag der Stadt Tübingen. Ich habe mal eine Ausstellung gezeigt eines Fotografen, der hier in jungen Jahren in den Krieg gezogen ist. Allerdings nicht von Tübingen aus, sondern aus Reutlingen 1915, und er war an der Somme.
Und er hat da beeindruckende Bilder gemacht. Und die habe ich damals in der öffentlichen Bibliothek in Aix-en-Provence auf Einladung da präsentiert und es war natürlich total beeindruckend für die Französ*innen. Auch mal die andere Sicht zu sehen. Also sprich, wie die Deutschen den Krieg gesehen haben, weil wir sehen ja immer nur unsere eigene Sicht.
Und diese Fremdwahrnehmung ist natürlich auch total interessant und wir können durch die Städtepartnerschaften können wir natürlich auch den Austausch forcieren. Aber ich habe so ein bisschen den Eindruck, dass die große Zeit der Städtepartnerschaften irgendwie auch so ein bisschen am Abklingen ist. Ich weiß nicht, ob der Eindruck trügt, aber ich glaube fast, dass es so ist.
Sprecher 1
Dann wäre es auch ein Appell an die Schulen und an die Unis, diese Partnerschaften zu pflegen.
Sprecher 2
Wir haben in Aix-en-Provence hier eine hervorragende Universität und ich weiß von einer Studienkollegin von mir bzw eine Freundin, mit der ich zusammen gewohnt habe während dem Studium. Die hat in Öffentliches Recht/Internationales Recht in Aix-en-Provence ein Jahr studiert und hat da dort an der Uni ein Zertifikat gemacht, was ja auch anerkannt wurde. Und solche Beispiele sollten natürlich Schule machen und das müsste man heute noch noch bisschen viel stärker forcieren, weil wenn du ein Jahr lang im Ausland bist und vielleicht sogar auch dort studierst in Aix, dann kannst du natürlich die Sprache und das haben wir ja gerade vorhin gehört, die Sprache ist natürlich unabdingbar.
Sprecher 1
Hätten Sie für uns Zuhörer noch eine zum Abschluss, eine nette Anekdote oder eine schöne Geschichte im.
Sprecher 2
Im Kontext Deutschland-Frankreich?
Sprecher 1
Ja bitte.
Sprecher 2
Ja, da fällt mir spontan ein: 2014, da waren wir in den Vogesen, in diesem schönen Bauernhaus, weil uns hat man schon ein halbes Jahr vorher geplant, weil wir wussten, am 14. Juli kommt die Tour de France durch dieses Dorf. Und das ist natürlich ein super tolles Ereignis, da mal die Tour de France zu sehen, weil in den Vogesen ist es ja bergig und da kann man die Radrennfahrer wirklich sehr, sehr nah sehen.
Dann haben wir das ausgemacht und in der Zwischenzeit kam die Weltmeisterschaft, die Fußballweltmeisterschaft, und dann war irgendwann mal klar, es war ja in Südamerika, in Brasilien. Dann war irgendwann mal klar, die Deutschen stehen gegen Argentinien in Finale und dieses Finale war am 13. Juli 2014.
Sprecher 1
Am Vorabend des Nationalfeiertags Frankreich
Sprecher 2
Und dann hatte ich schon Sorge – wir haben dort kein Fernsehen. Dann habe ich schon Sorge gehabt, dass ich da das Endspiel nicht mitkriegt. Und dann bin ich extra ins Dorf gegangen, habe gefragt: Gibt es da Public Viewing? Und haben die gesagt. 'Ja, da in dem Feuerwehrgerätehaus, da gibt es so einen kleinen Saal, und da machen wir am Sonntagabend machen wir da Public Viewing.'
Ich weiß nicht, wann das Spiel angefangen hat um acht, 20:30. Ja, und dann, das Wetter war total schlecht. Es hat geregnet und geregnet und wir sind dann zu dritt, dann runtergekommen in das Public Viewing, in den Saal in Gemeindesaal. Und dann sind wir vom Bürgermeister persönlich per Handschlag begrüßt worden. Und dann waren wir die einzigen Ausländer und natürlich auch die einzigen Deutschen unter 50 oder 60 Franzosen und Französinnen, die dieses Endspiel angeguckt haben.
Und für wen waren die Franzosen?
Ja, sie werden lachen, die waren für die Deutschen. Und es hat mich total bewegt. Und es gab ja dann diese Szene in der Verlängerung, bei der Schweinsteiger von dem Gegner da im Gesicht getroffen wurde, wo er dann diese Platzwunde hatte und da sind die Franzosen aufgesprungen und geschrien haben: 'Oh Schweinsteiger, ça va pas! Faul!'
Also das war wirklich rührend. Und dann hat ja Götze dann in der 113. Minute dann das Tor geschossen und dann sind die alle hochgesprungen, wie wir auch. Ja, und eigentlich hätte man schon längst draußen sein sollen, weil da ist ja immer das Feuerwerk. Ein Abend vor der Französischen Revolution ist immer das Feuerwerk und die haben da schon angefangen zu ballern.
Aber da ist niemand rausgegangen. Und dann hinterher haben die uns alle, haben die uns alle beglückwünscht, dass wir so eine tolle Mannschaft hätten und es sei so ein tolles Endspiel gewesen und 'bravo' und also das hat mich so tief bewegt, wo ich dann gedacht habe, jetzt endlich sind wir so weit, dass diese Deutschen und die Franzosen wirklich eine freundschaftliche Beziehung haben, weil wir dem anderen eben auch gönnen können, wenn er erfolgreich ist beziehungweise wenn eben die gute Mannschaft gewonnen hat.
Also das fand ich für mich ein unvergessliches Erlebnis.
Sprecher 1
Im sportlichen Begeisterung vereint.
Sprecher 2
Richtig
Sprecher 1
Ja, danke. Dann würde ich sagen Vive la relation franco-allemande!
Sprecher 2
Vive la France.
Sprecher 1
Vive l’Allemagne, Monsieur Hägele, aurevoir