Eine Karriere als Wissenschaftlerin oder Wissenschaftler bietet sehr viele positive Seiten, wie zum Beispiel die Möglichkeit, eigenständig und selbstbestimmt forschen zu können. Die Entscheidung über einen Verbleib in der Wissenschaft sollte aber bewusst und in Kenntnis aller relevanter Faktoren getroffen werden. Unbefristete Stellen in der Wissenschaft sind rar. Nur ein kleiner Teil der promovierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler werden später auf eine unbefristete Professur an einer Universität berufen. Auch die Zahl der unbefristeten Stellen im akademischen Mittelbau ist begrenzt. Zudem regelt in Deutschland das Wissenschaftszeitvertragsgesetz die Höchstdauer einer befristeten Beschäftigung in der Wissenschaft. Wem nach Ablauf dieser Frist der Übergang auf eine unbefristete Stelle nicht gelingt, muss sich darauf einstellen, immer wieder neue befristete drittmittelfinanzierte Stellen anzunehmen oder sich beruflich umzuorientieren.
Wird nach der Promotion eine wissenschaftliche Karriere angestrebt, ist der nächste Schritt eine weitere Qualifizierungsphase. Diese lässt sich in die frühe und die fortgeschrittene Postdoc-Phase unterteilen und sollte insgesamt sechs bis acht Jahre nicht überschreiten. Der Übergang in die frühe Postdoc-Phase – die ersten ein bis zwei Jahre nach Abschluss der Promotion – ist oft fließend, da die Überarbeitung und Veröffentlichung der Dissertation häufig noch in diese Zeit fällt. Gleichzeitig werden neue Projekte begonnen, die der Schärfung und Weiterentwicklung des eigenen Forschungsprofils dienen. Zentral für diese Phase sind die Vertiefung und Erweiterung des eigenen Netzwerks innerhalb der scientific community und das Verfassen erster eigener Drittmittelanträge.
Die frühe Postdoc-Phase sollte auch zur weiteren Reflexion des angestrebten Karrierewegs genutzt werden, hierzu sind auch Gespräche mit Betreuenden wichtig. Der Übergang in die fortgeschrittene Phase oder der Beginn einer Habilitation sollten nur dann erfolgen, wenn die betreffende Wissenschaftlerin beziehungsweise der betreffende Wissenschaftler und die Betreuenden zu dem Schluss kommen, dass der weitere Karriereweg in der Wissenschaft aussichtsreich ist.
In der fortgeschrittenen Postdoc-Phase – ca. vier bis sechs Jahre nach der Promotion – gibt es verschiedene Möglichkeiten, die zur Berufung auf eine Professur führen können. Der klassische Weg ist die Habilitation, das heißt das Verfassen einer zweiten Qualifikationsschrift, häufig auf einer befristeten Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin beziehungsweise wissenschaftlicher Mitarbeiter. Mit der erfolgreich abgeschlossenen Habilitation wird die venia legendi verliehen, die zur Berufung auf eine Professur qualifiziert. Neben der Habilitation haben sich in den vergangenen Jahren weitere mögliche Wege zu einer Professur herausgebildet: die Nachwuchsgruppenleitung, die Juniorprofessur und die Tenure-Track Professur.
Hausberufungen sind im deutschen Wissenschaftssystem nur in Ausnahmefällen möglich, das heißt ein Verbleib an derselben Institution von der Promotion bis zur Berufung ist nicht möglich. Die Institution muss in der Regel mindestens einmal gewechselt werden.
Je nach Fach sind neben einer Universität auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen oder Fachhochschulen als Arbeitgeber für promovierte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler interessant. Dies gilt besonders für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in den Natur-, Lebens- und Sozialwissenschaften.
Außeruniversitäre Forschungseinrichtungen der Max Planck Gesellschaft, der Fraunhofer-Gesellschaft, der Leibniz-Gemeinschaft oder der Helmholtz-Gemeinschaft werden von Bund- und Ländern finanziell gefördert und betreiben sowohl Grundlagen- als auch anwendungsbezogene Forschung. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler können sich hier auf die Forschung konzentrieren, da sie in der Regel keine Lehre betreiben.
Anwendungsbezogenheit ist auch ein wichtiges Merkmal der Fachhochschulen. Hier liegt der Schwerpunkt einer Tätigkeit als Professorin oder Professor aber wiederum auf der Lehre. Die Voraussetzung für die Berufung auf eine FH-Professur sind in der Regel die Promotion, relevante Berufs- und Praxiserfahrung sowie didaktische Eignung. Eine Habilitation wird nicht vorausgesetzt.
Martina Bross