Die Universität Tübingen ist international breit aufgestellt und nimmt daher am sogenannten Außenwirtschaftsverkehr teil, der den Bestimmungen der Exportkontrolle unterliegt. Universität, Forschende und Verwaltung fallen in zahlreichen Tätigkeitsfeldern unter exportkontrollrechtliche Regelungen. Dazu gehören insbesondere:
internationale Forschungskooperationen
Dienstreisen
Exporte von wissenschaftlichem Gerät, Materialien und Software
die Entwicklung neuer Technologien
Wissens- und Datentransfers
Veröffentlichungen
die Zusammenarbeit mit internationalen Forschenden, z.B. GastwissenschaftlerInnen
die Einstellung von Personal
All diese Aktivitäten können unter bestimmten Voraussetzungen genehmigungspflichtig oder sogar verboten sein. Dabei will die Exportkontrolle nicht die Freiheit von Wissenschaft und Forschung oder den Außenwirtschaftsverkehr einschränken. Vielmehr sollen die Bestimmungen den Missbrauch von sensiblen Forschungsgütern und Know-how bis hin zur Gefährdung der nationalen Sicherheit verhindern. Kritische Einzelfälle müssen daher erkannt werden, um nicht gegen geltendes Recht zu verstoßen.
Merkblätter zur Unterstützung der Prüfprozesse finden Sie hier (Anmeldung erforderlich).
Weitere Informationen
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat auf seiner Website ausführliche Informationen zum Thema Exportkontrolle zusammengestellt.
Speziell für den Forschungsbereich finden Sie umfangreiche Erläuterungen und Hinweise zum Umgang mit Exportkontrolle einschließlich betroffene Tätigkeitsbereiche/Technologien, Praxisfälle etc. in den Veröffentlichungen des BAFA:
Weitere Informationen bieten die Empfehlungen des Gemeinsamen Ausschusses zum Umgang mit sicherheitsrelevanter Forschung von Deutscher Forschungsgemeinschaft (DFG) und Nationaler Akademie der Wissenschaften Leopoldina:
Umgang mit Risiken in internationalen Kooperationen
Bei internationalen Forschungskooperationen in von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekten sollen künftig auch die möglichen Risiken solcher Kooperationen stärker und systematischer reflektiert werden. Hierzu hat die DFG Empfehlungen formuliert. Die Empfehlungen sollen insbesondere bei der Zusammenarbeit mit Forscherinnen und Forschern in autoritär regierten Ländern dazu führen, potenzielle Missbrauchsmöglichkeiten von Forschungsergebnissen realistisch einzuschätzen und auf dieser Grundlage abgewogene Entscheidungen zu treffen. Sie richten sich in erster Linie an antragstellende Personen und Forschungseinrichtungen, sollen aber auch in den Begutachtungs- und Entscheidungsprozess der DFG eingebunden werden (Zitiert aus der Pressemitteilung der DFG vom 29.09.2023).
Die Universität bietet ab dem Herbst 2023 regelmäßig Schulungen für Beschäftigte im Bereich der Exportkontrolle an. Die Schulungen sensibilisieren die Teilnehmenden für die Ziele und Vorgaben der Exportkontrolle und zeigen Lösungsansätze für den praktischen Umgang mit der Exportkontrolle an einer Universität auf. Die Anmeldung erfolgt über ILIAS. Die entsprechenden Links finden Sie auf der Homepage der Personalentwicklung.
„Der Fokus der deutschen und europäischen Exportkontrolle liegt darauf, eine Verbreitung (Proliferation) von Massenvernichtungswaffen sowie eine unkontrollierte Weitergabe von konventionellen Rüstungsgütern zu verhindern. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass sensible Güter zu interner Repression oder anderen schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen verwendet oder zur Förderung des Terrorismus ins Ausland geliefert oder anderweitig zur Verfügung gestellt werden.“ (Handbuch Exportkontrolle und Academia, S. 15).
Kontrolliert werden neben konventionellen Rüstungsgütern auch Güter (= Gegenstände/Waren, Technologie und Software), die üblicherweise für zivile Zwecke eingesetzt, aber auch im militärischen Bereich verwendet werden können („Dual-Use-Güter“). Betroffen sind Güter, die in Güterlisten auf nationaler (Ausfuhrliste, Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung (AWV), Teil I Abschnitte A und B) und EU-Ebene (Anhänge I und IV der EU- Dual- Use-Verordnung) genannt werden. Aber auch nicht gelistete Güter sind relevant, wenn eine beabsichtigte kritische Verwendung bekannt ist (Artikel 4 Abs. 1, 2 EU- Dual- Use- Verordnung). Bei Bezug zu bestimmten Gütern bzw. Verwendungen unterliegt auch eine technische Unterstützung (z.B. Unterweisung, Beratungsleistung) der Exportkontrolle. Außerdem gelten länderbezogene Embargos (Embargoländer). Zudem sind personenbezogene Sanktionen zu beachten. Diese verbieten es, bestimmten, in den Sanktionslisten aufgeführten natürlichen und juristischen Personen, unmittelbar oder mittelbar Gelder oder Vermögenswerte jeglicher Art (etwa auch wirtschaftlich verwertbare Forschungsergebnisse) zur Verfügung zu stellen. Für die Universität Tübingen bedeutet das, dass wir sicherstellen müssen, dass Personen und Institutionen, mit denen wir eine Zusammenarbeit eingehen, nicht von den Sanktionslisten erfasst sind (europäische Sanktionslistenüberprüfung über https://www.sanctionsmap.eu/#/main).
Verantwortung und Sanktionen im Bereich der Exportkontrolle
„Jede/r WissenschaftlerIn, jede Forschungseinrichtung muss seine/ihre jeweilige Eigenverantwortung im Bereich der Exportkontrolle wahrnehmen. Dies betrifft einerseits die Ausfuhr von Waren (z. B. Laborequipment, Testausrüstung), dabei insbesondere auch die Ausfuhr von verkörperter Technologie (in E-Mails, auf Datenträgern, in Clouds etc.), sowie andererseits die unverkörperte („intangible“) Weitergabe von Wissen, den Know-how-Transfer, also die sog. „Technische Unterstützung.“ (Broschüre Exportkontrolle in Forschung & Wissenschaft, S. 12)
Die Exportkontrollvorschriften gelten sowohl für natürliche Personen wie z.B. WissenschaftlerInnen als auch für juristische Personen wie die Universität. Verstöße gegen die exportkontrollrechtlichen Vorgaben werden bei Personen mit hohen Geldbußen oder gar Freiheitsstrafen (bis zu 10 Jahren) und bei Hochschulen mit hohen Geldbußen (bis zu 10 Mio. Euro, im Einzelfall auch mehr) geahndet. Damit einher gehen entsprechende Reputationsverluste. Tätigkeiten an Forschungseinrichtungen und Universitäten können im Einzelfall auch z.B. den US-Ausfuhrbestimmungen unterliegen; auch die Nichtbeachtung dieser ausländischen Vorschriften kann schwerwiegende Konsequenzen haben.
Für das Exportkontrollrecht ist es ohne Belang, auf welche Weise ein verbotener Export im wissenschaftlichen Kontext stattfindet. Beispiele wären etwa:
Eine E-Mail im Rahmen einer wissenschaftlichen Zusammenarbeit an ausländische WissenschaftlerInnen oder Organisationen.
Software die in eine Cloud mit Zugriff aus dritten Staaten eingestellt wird.
Die Veröffentlichung von Fachbeiträgen (auch) im Ausland oder auf einer Internetseite.
Export im Rahmen der Bereitstellung von Ergebnissen im Rahmen eines Forschungs- und Entwicklungsvertrages.
Wenn anlässlich einer Auslandsreise Wissen mündlich weitergegeben wird.
Wenn ein Export dadurch stattfindet, dass WissenschaftlerInnen der Universität Tübingen in das Ausland technische Geräte mitnehmen, die kritische Bestandteile enthalten oder auf denen exportkontrollrechtlich sensible Daten vorgehalten werden, die z.B. beim Grenzübergang im Ausland von den dortigen Behörden gescannt werden.
Betroffen sein können auch die Betreuung von Studien- und Abschlussarbeiten sowie von DoktorandInnen und PostdoktorandInnen. Auch im Zuge der Zusammenarbeit mit GastwissenschaftlerInnen oder der Beschäftigung von ausländischen MitarbeiterInnen kann es zu einer genehmigungspflichtigen technischen Unterstützung kommen.